Cholesterin
Anmerkung: Die korrekte Bezeichnung der besprochenen Substanz lautet Cholesterol. Aufgrund des häufig und nicht nur umgangssprachlich synonym verwendeten Namens Cholesterin wird die Substanz unter diesem abgehandelt. |
Das Cholesterin ist eine Steroid, das den Lipiden (Fetten und fettähnliche Stoffen) zugerechnet wird. Der Name leitet sich vom griechischen "chole" (Galle) und "stereos" (fest) ab, da es in Gallensteinen bereits im 18. Jahrhundert gefunden wurde. Cholesterin ist ein nur im Tierreich vorkommendes Lipid, Pflanzen enthalten kein Cholesterin, wohl aber andere, strukturell ähnliche Sterole.
Cholesterin ist für Menschen und Tiere lebenswichtig.
Beim Menschen wird Cholesterin zum Großteil im Körper produziert, beim Erwachsenen in einer Menge von 1 bis 2 g/Tag, und nur zum kleineren Teil mit der Nahrung aufgenommen. Die Cholesterinresorption kann höchstens 0,5 g/Tag betragen und liegt im Durchschnitt bei 0,1 bis 0,3 g/Tag. Das entspricht 30 bis 60 % des in der Nahrung enthaltenen Cholesterins. Der wichtigste Ort des Cholesterinstoffwechsels ist die Leber.
Der Cholesteringehalt des menschlichen Körper beträgt etwa 150 Gramm. Organe mit hohem Cholesterinumsatz sind das Gehirn, die Nebennieren, die Eierstöcke und die Hoden. Gehirntrockenmasse besteht zu ca. 10 bis 20 % aus Cholesterin.
Funktion
Cholesterin ist ein essenzieller Bestandteil aller tierischen Zellmembranen und erhöht deren Stabilität. Es ist, zusammen mit Proteinen, in der Zellmembran an der Ein- und Ausschleusung von Signalstoffen beteiligt. Zellwachstum und Zellteilung sind ohne genügend Cholesterin nicht möglich.
Es stellt den Ausgangsstoff für die Bildung von z. B. Gallensäuren, Hormonen (Aldosteron, Cortison, Testosteron, Östradiol) und Vitamin D dar.
Cholesterin ist essenziell für die Embryonalentwicklung. Die Missbildungen bei Säuglingen, deren Mütter das Medikament Contergan einnahmen, sind auf eine Störung der Cholesterinsynthese zurückzuführen.
Das Cholesterinmolekül ist evolutionsgeschichtlich sehr alt. Ähnliche Sterole finden sich in Pilzen und Pflanzenzellen. Nur in Bakterien sind kein Cholesterin oder ähnliche Moleküle nachweisbar.
Synthese und Abbau
Die Synthese des scheibenförmigen Moleküls erfolgt über aktivierte Essigsäurereste (Acetylcoenzym A) und über viele komplizierte Zwischenstufen. Im Blut liegt es zu ca. 70 % verestert mit Fettsäuren vor. Die Cholesterinbiosynthese erfolgt hauptsächlich in der Leber, aber Cholesterin kann von allen Zellen synthetisiert werden. Im Gehirn muss Cholesterin vollständig synthetisiert werden, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann.
Cholesterin wird vor allem in der Leber abgebaut und als Gallensäuren über den Darm ausgeschieden.
Ein wichtiges Enzym der Cholesterinsynthese ist die HMG-CoA-Reduktase, die spezifisch und effektiv durch Statine gehemmt werden kann. Die Bildung der HMG-CoA-Reduktase wird u.a. durch Insulin aktiviert. Cholesterin kann die Funktion der HMG-CoA-Reduktase inhibieren und der Körper regelt auf diese Weise die Konzentration von Cholesterin im Körper. So erhöht z. B. viel Zucker den Insulinspiegel und damit die Möglichkeit, Cholesterin zu synthetisieren, wenn der Cholesterinspiegel zu niedrig ist. Ist der Cholesterinspiegel zu hoch, wird die weitere Cholesterinsynthese gehemmt und die HMG-CoA-Reduktase nach einigen Stunden wieder abgebaut.
Blutspiegel
Cholesterin ist im Blut nicht löslich und braucht daher eine wasserlösliche Hülle aus Fett und Eiweiß, es liegt dann als Lipoprotein vor. Im Labor wurde lange Zeit nur das Gesamtcholesterin bestimmt, da die Bestimmung der verschiedenen Lipoproteinen wie HDL und LDL bedeutend aufwändiger ist. Heute wird zunehmend das LDL (low density lipoprotein) und des HDL (high density lipoprotein) getrennt bestimmt, mit dem Ziel, daraus eine Abschätzung des individuellen Herz-Kreislauf-Risikos zu gewinnen.
Durchschnittlicher gemessener Cholesterinwert
Nachfolgend sind die Cholesterinwerte verschiedener Bevölkerungsgruppen beispielhaft aufgeführt. So wurde im Jahr 1990 bei Männern zwischen 50 bis 80 folgende Durchschnittswerte ermittelt.
- Japan: 5.2 mmol entspricht ca. 201 mg/dl
- Frankreich: 6.1 mmol entspricht ca. 236 mg/dl
- Italien: 5.8 mmol entspricht ca. 224 mg/dl
- Schweden: 6.2 mmol entspricht ca. 240 mg/dl
- USA: 5.6 mmol entspricht ca. 216 mg/dl
- Britannien: 6.2 mmol entspricht ca. 240 mg/dl
- Finnland: 6.3 mmol entspricht ca. 244 mg/dl
In Österreich hatten 1997 ca. 72,5% der untersuchten Bevölkerung einen Cholesterinwert >200 mg/dl. In Deutschland waren von 1,2 Millionen Cholesterinmessungen 60% über dem Richtwert (200 mg/dl) und 20% hatten einen Cholesterinspiegel von über 250 mg/dl.
Cholesterintransport (Lipoproteine)
Das HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) transportiert das Cholesterin von den Gefäßen weg zur Leber zurück (reverser Cholesterintransport). Es stellt einen Schutzfaktor gegen Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) und somit gegen den Herzinfarkt dar.
Veganer, die bei ihrer Ernährung völlig auf tierische Produkte inklusive Eier und Milch verzichten, nehmen kein Cholesterin mit der Nahrung auf. Solange sie auf eine ausreichende Vitamin- und Spurenelementzufuhr achten, hat der völlige Verzicht auf Cholesterin keine negativen Konsequenzen, da der Körper ausreichend Cholesterin produziert.
Die Höhe des Cholesterinspiegels hängt vor allem von der körpereigenen Produktion ab. Von der Zufuhr mit der Nahrung hängt der Cholesterinspiegel bei einem Teil der Menschen nicht ab. Dies belegt eine Studie an der Universität Missouri-Columbia, bei der selbst ein wöchentlicher Verzehr von 24 Eiern den Cholesterinspiegel nicht steigern konnte. Daneben gibt es eine Vielzahl genetisch bedingter Hypercholesterinämien. Auch als Folge anderer Erkrankungen kann der Cholesterinspiegel erhöht sein (z.B. Hypothyreose, Niereninsuffizienz, Metabolisches Syndrom).
Das LDL-Cholesterin transportiert Cholesterin zu den extrahepatischen (außerhalb der Leber) befindlichen Geweben und reguliert deren Cholesterinbiosynthese und steht im Verdacht, gefäßschädigend zu sein. Über den LDL-Rezeptor wird die Aktivität der HMG-CoA-Reduktase reduziert und die Aufnahme in die Zelle aktiviert.
"Gutes" und "böses" Cholesterin
In vielen wissenschaftlichen wie populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Cholesterin wird zwischen "gutem" und "bösem" Cholesterin unterschieden.
Nachdem sich die These von der generellen Schädlichkeit eines hohen Gesamt-Cholesterinspiegels in Studien bereits Ende des sechziger Jahre aus wissenschaftlicher Sicht zunehmend als unhaltbar erwies, setzte sich allmählich die These vom "guten" und vom "bösen" Cholesterin durch, lange, bevor der Kreislauf des Cholesterintransports vollständig verstanden war. Nach dieser These gilt HDL-Cholesterin als das "gute" Cholesterin, und LDL-Cholesterin als das "böse" Cholesterin. Diese These wird heute noch in vielen Publikationen verbreitet und gilt immer noch als aktuelle Lehrmeinung. Neuere Erkenntnisse und das verbesserte Wissen über die genaue Funktionsweise der beteiligten Stoffwechselvorgänge lassen diese Sichtweise zumindest als krasse Vereinfachung erscheinen (siehe auch Arteriosklerose).
Das Gesamtcholesterin im Blut sollte nach dieser Vorstellung kleiner als 200 mg/dl sein. Das HDL sollte größer als 35 mg/dl und das LDL sollte kleiner als 120 mg/dl sein. Ob diese Grenzwerte sinnvoll sind, ist aufgrund der völlig uneindeutigen Studienlage und der Tatsache, dass sie von einem Großteil der Bevölkerung überschritten werden, keinesfalls unumstritten. Ein zu hoher (LDL-)Cholesterinspiegel gilt als Risikofaktor für einen Herzinfarkt und andere Durchblutungsstörungen. Mit Statinen lässt sich eine deutliche Senkung des Cholesterinspiegels erreichen. Andererseits zeigt die Behandlung mit Antibiotika oder Aspirin nach einem Herzinfarkt einen signifikant höheren Schutz gegen einen zweiten Infarkt als Statine.
Nach neueren Erkenntnissen spielt insbesondere das LDL-Cholesterin bei der Bildung der schädlichen Plaques in den Gefäßen zwar eine Rolle, aber kann nicht mehr als eigentliche Ursache hierfür angesehen werden. Nach der inzwischen überholten Vorstellung lagert sich das Cholesterin in ähnlicher Weise in den Gefäßen ab, wie Kalk in Wasserrohren. Diese Sichtweise spiegelt sich heute noch in der umgangssprachlichen Bezeichnung "Arterienverkalkung" wieder. Tatsächlich spielen wohl unter anderem Entzündungsvorgänge bei der Arteriosklerose eine wesentlich entscheidendere Rolle.
Generell wird heute bei der Behandlung (vermeintlich) zu hoher Cholesterinspiegel geraten, zunächst die Lebensgewohnheiten des Patienten zu ändern. Durch eine vernüftige Ernährung und vermehrte Bewegung sei in den meisten Fällen eine Besserung zu erwarten. Erst bei einem Fehlschlagen von Ernährungsumstellung und Bewegungstherapie solle dazu geraten werden, Pharmaka zu geben. Da der Cholesterinspiegel tatsächlich kaum längerfristig durch die Ernährung beeinflussbar ist, ist diese Empfehlung umstritten. Nach Auffassung von Kritikern führt diese Empfehlung regelmäßig zur Einnahme von teuren Medikamenten mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen (vgl. z.B. den Lipobay-Skandal) auf wissenschaftlich fragwürdiger Grundlage.
Studien
Das American National Heart, Lung and Blood-Institute führte Metastudien zum gesundheitlichen Nutzen der Cholesterinsenkung durch. 19 Studien wurden analysiert. Untersucht wurden 650.000 Menschen und 70.000 Todesfälle: Geringe Cholesterinspiegel gehen nicht mit einer allgemeinen Erhöhung der Lebenserwartung einher, sondern beziehen sich nur auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sie erhöhen das Risiko von Schlaganfällen und das Krebsrisiko.
Eine Zusammenfassung von 45 Studien in "The Lancet" mit 450.000 Teilnehmern und >13.000 Herzinfarkten stellte keinen Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkten für Personen über 45 Jahre fest. In der bekannten Framingham-Studie wurde trotz gegenteiliger Behauptung letztendlich kein positiver Zusammenhang zwischen Cholesterinspiegel und Herzinfarktgefährdung für Personen über 50 Jahren festgestellt. So zeigt eine Prüfung (Jama, 1987) der Framingham-Studie, dass eine Absenkung des Cholesterinspiegels um 1 mg/dl tatsächlich zu einer Steigerung der Gesamttodesrate von 11 % und zu einer Steigerung der Todesrate durch Herzkrankheiten um 14 % führt. In der ursprünglichen Veröffentlichung waren die Ergebnisse so manipuliert dargestellt worden, dass genau der gegenteilige Eindruck erweckt wurde. Die Framingham-Studie ist in der Zwischenzeit als eines der Musterbeispiele von Fälschung und Betrug in die Lehrbücher eingegangen. In aktuellen Veröffentlichungen wird dies zunehmend bei der so genannten "Framingham Risiko Abschätzung" berücksichtigt und die negative Bedeutung von hohem Cholesterin nimmt mit zunehmenden Alter deutlich ab (BMC, 2004).
Bei Menschen mit einem erheblichen Risiko für Gefäßerkrankungen durch Arteriosklerose, z. B. Herzinfarktpatienten, Diabetiker etc. lässt sich ein positiver Effekt der cholesterinsenkenden Therapie mit Statinen auf die Gesamtsterblichkeit, die kardiovaskuläre Sterblichkeit und die kardiovaskuläre Ereignisrate nachweisen. So ließ sich in der recht ordentlich durchgeführten, sehr aufwändigen englischen Heart Protection Study an 20.000 Patienten über eine zwar geringe, aber signifikante Senkung der Gesamtsterblichkeit von 14,7 % in der Placebogruppe auf ca. 12,9 % in der behandelten Gruppe (mit Simvastatin) nachweisen [1]. (NNT=56). Rund 50 Personen müssen 5 Jahre behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern. Ob dieser Effekt allein auf die cholesterinsenkende Wirkung oder auch auf andere Wirkmechanismen der Statine zurückzuführen ist, ist umstritten und Gegenstand aktueller Forschungsarbeit (vgl. z.B. [2]).
Laut dem wegen seines Verzichts auf Werbung als besonders unabhängig geltenden Arznei-Telegramm (Ausgabe Juni 2004) ist trotz geringfügiger Abnahme von z. B. Herzinfarktszahlen ein lebensverlängernder Nutzen von Statinen nicht belegt und von der Einnahme durch Frauen und über 70-jährigen abzuraten.
Der Einfluss einer kurzfristigen Nahrungsumstellung auf den Cholesterinspiegel ist gering. So hat eine prospektive Studie, die Verbundstudie Ernährungserhebung und Risikofaktoren Analytik (VERA, von 1985 bis 1988 mit 25.000 Teilnehmern) ergeben, dass auch bei verschiedenen Mengen von gesättigten, aber auch ungesättigten Fettsäuren sowohl die HDL- als auch die LDL-Werte sich, wenn überhaupt, nur minimal änderten. Allerdings lässt sich durch eine langfristige drastische Verringerung der Fettzufuhr, z. B. durch einen verlängerten Fastentest, auch der Cholesterinspiegel senken. Die niedrigen Cholesterinspiegel bei Vegetariern und Veganern beruhen wahrscheinlich einerseits auf ihrer geringen Cholesterinaufnahme mit der Nahrung, gleichzeitig auch auf ihrer sonstigen gesundheitsförderlichen Lebensweise.
Eine an Makaken durchgeführte Studie konnte zeigen, dass cholesterinarm ernährte Individuen bei gleicher Kalorienaufnahme erheblich öfter zu Gewalttätigkeit neigen als Tiere aus einer Vergleichsgruppe mit sehr cholesterinhaltiger Nahrung. Neun der zehn gewalttätigsten Individuen in dem Versuch entstammten der cholesterinarm ernährten Gruppe. Die großen Cholesterin-Studien, die mit Menschen durchgeführt wurden, zeigen bei Individuen mit einem niedrigen Cholesterinspiegel eine erheblich und trotz der geringen Gesamtanzahl statistisch signifikant erhöhte Anzahl von Suiziden. Diese Ergebnisse legen nahe, dass der Cholesterinspiegel auch auf die psychische Befindlichkeit des Menschen Auswirkungen hat.
Erkrankungen
Es gibt erbliche Störungen des Cholesterinstoffwechsels (familiäre Hypercholesterinämie), die unabhängig von der Nahrungsaufnahme zu stark erhöhten Cholesterinwerten im Blut führen. Träger dieser Erbfaktoren sind durch Herzinfarkte und andere Gefäßkrankheiten schon in jüngeren Jahren betroffen. Gemäß einer Untersuchung im British Medical Journal 1991 gilt dies nicht mehr für ältere Personen. Hier geht die Mortalität deutlich zurück und liegt nur bei 44 % gegenüber dem Standard. Diese erblichen Formen des hohen Cholesterinspiegels sind zumindest in der reinerbigen Form eher selten.
Interessenlage der Pharmaindustrie
Generell ist bei der Lektüre von Informationen und Studien über Cholesterin zu bedenken, dass es sich bei Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels um eines der lukrativsten Segmente des Arzneimittelmarktes handelt. Große Pharma-Unternehmen erzielen mit solchen Medikamenten Umsätze im Milliardenbereich. Allein für das Bayer-Produkt Lipobay lag die Umsatzprognose laut Geschäftsbericht bei 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, als das Medikament im Jahre 2001 im Zusammenhang mit zahlreichen Todesfällen infolge von Wechselwirkungen mit anderen Cholesterinsenkern vom Markt genommen werden musste. Andere Präparate erzielen noch erheblich höhere Umsätze. Nicht zufällig werden Web-Seiten, die sich mit diesem Thema befassen (z.B. http://www.cholesterin.de ), häufig gerade von Herstellern lukrativer cholesterinsenkender Präparate betrieben.
Auch vermeintlich unabhängige Organisationen und Verbände, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, die Bevölkerung vor den Folgen eines erhöhten Cholesterinspiegels zu warnen, sind nicht immer gegen den Vorwurf gefeit, hierbei auch und besonders die Interessen der Pharmaindustrie zu vertreten. So lässt sich die deutsche Lipid-Liga (DGFF) bei ihrer Aufklärungsarbeit offen von verschiedenen Pharma-Firmen unterstützen. Darüberhinaus gibt es gravierende finanzielle Abhängigkeiten zwischen universitärer Forschung und Industrie. Nicht zufällig werden Studien, aus denen eine negative Wirkung des Cholesterins erkennbar scheint, sechsmal häufiger zitiert als Studien, die eine solche Wirkung nicht erkennen lassen, obwohl sich die Anzahl dieser Studien etwa in der Waage hält.
Die Rolle der Lebensmittelindustrie
Auch die Lebensmittelindustrie hat ein großes Interesse daran, cholesterinfreie, industriell hergestellte Kunstfette wie Margarine und teure, cholesterinarme Lifestyle-Produkte zu verkaufen, da sich mit diesen bessere Margen erzielen lassen als mit klassischen Lebensmitteln wie Butter und Milch.
Bemerkenswert ist das Dilemma der Babynahrungshersteller: Muttermilch enthält einen sehr hohen Anteil an Cholesterin (ca. 25mg/100g, Kuhmilch enthält nur ca. 12mg/100g). Es wäre also ratsam, künstlich hergestellter Säuglingsmilch Cholesterin zuzusetzen, zumal Cholesterin beim Aufbau des Gehirns und Nervensystems eine wesentliche Rolle spielt. Aufgrund der negativen Assoziationen, die der Begriff Cholesterin bei den Verbrauchern als Folge der jahrzehntelang andauernden Anti-Cholesterin-Kampagne hervorruft, verzichten die Hersteller jedoch auf diese Maßnahme. Ob der höhere Cholesterinanteil der Muttermilch dafür verantwortlich ist, dass gestillte Kinder später im Mittel einen höheren IQ entwickeln (Journal of the American Medical Association 287, 2002, 2356), ist noch ungeklärt.
Quellen
- Holtmeier, Hans-Jürgen: Cholesterin, Zur Physiologie, Pathophysiologie und Klinik. Springer, Berlin 1996, ISBN 3-540-60671-8 (Umfassendes Buch, eine Neuauflage wäre wünschenswert)
- Kestin, M. u. a.: Effect of dietary cholesterol in normolipidemic subjects in not modified by nature and amount of dietary fat. In: American Journal of clinical Nutriation 50/1989, S.528
- Kohlmeier, M. et al.: Verbreitung von klinisch-chemischen Risikoindikatoren in der BRD, Wiss. Fachverlag Dr. Fleck, Niederkleen 1993.
- Schwandt, P., Richter, W., Parhofer, K.: Handbuch der Fettstoffwechselstörungen Schattauer, Stuttgart 2.Auflage 2001, ISBN 3-7945-1977-9
- Stehbends, W. E.: Diet and atherogenesis. Nutritions Reviews 47/1989, S.1 (zur Unabhängigkeit des Cholesterins von der Nahrung)
- Ravnskov, U.: Cholesterin lowering trials in coronary heart disease: frequency of citation and outcome. British Medical Journal 305/1993, S.15 (zum Einfluss des Cholesterins auf die Gesamtsterblichkeit)
- Buddecke, E.: Grundriss der Biochemie., 5. Auflage, de Gruyter, 1977, ISBN 3-110-04796-9
- Löffler, Georg/Petrides, Petro E.: Biochemie und Pathobiochemie. 7. Auflage, Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-42295-1
Literatur, die den derzeit gültigen Lehrmeinungen widerspricht
- Ravnskov, Uffe/Pollmer, Udo: Mythos Cholesterin., Hirzel, Stuttgart 2004, ISBN 3-777-61181-6 (gutes Buch, mit hohem Quellenmaterial, in dem der Mythos Cholesterin untersucht wird; geeignet für jeden, der nicht die ca. 10.000 Veröffentlichungen durchsuchen möchte)
- Blech, Jörg:Die Krankheitserfinder. Wie wir zu Patienten gemacht werden., S. Fischer, Frankfurt 2003, S.78 ff, ISBN 3-100-04410-X (zur wirtschaftlichen Ausnutzung der Cholesterin-Phobie)
- Hartenbach, Walter: Die Cholesterin-Lüge. Das Märchen vom bösen Cholesterin, Herbig, 2002, ISBN 3776622776
Weblinks
- Erhöhter Cholesterinspiegel: Familiäre Hypercholesterinämie - Patienteninfo von NetDoktor.at
- Erhöhter Cholesterinspiegel: Hypercholesterinämie - Patienteninfo von NetDoktor.at
- Gutes oder schlechtes Cholesterin?
- http://www.medizinfo.de/kardio/lipide/cholesterin.htm
- Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e.V.
- http://www.thincs.org/
- Cholesterinwert: Panikmache der Krankheitserfinder? bei "nano" (3sat)
- accessexcellence.org: Dysfunctional Cholesterol: When Good Cholesterol Doesn't Do Its Job (engl.)
- http://dradio.de/dlr/sendungen/mahlzeit/152948/ (Information über Cholesterin und Säuglingsnahrung, mit Verweisen auf entsprechende Studien)
- Cholesterin bei Onmeda