Zum Inhalt springen

Berghof (Obersalzberg)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Oktober 2009 um 14:11 Uhr durch HotChip (Diskussion | Beiträge) (form). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:Berghof.jpg
Der Berghof 1936

Der Berghof war das Landhaus Adolf Hitlers am Obersalzberg. Seit 1928 war es Hitlers gemietetes Feriendomizil. Nach der Machtübernahme 1933 kaufte er es und ließ es nach und nach zu seiner privaten Sommerresidenz umbauen. Mit dem Bau der „Kleinen Reichskanzlei“ 1937 entwickelte sich das Gebiet als zweiter Regierungssitz zu einem zentralen Ort der Macht im nationalsozialistischen Deutschen Reich.

Internationale Diplomaten und Politiker kamen zu Verhandlungen zum Berghof. Als Führerhauptquartier diente es in der ersten Hälfte des Jahres 1944. Das Gebäude wurde kurz vor Kriegsende durch alliierte Luftangriffe und durch die SS schwer beschädigt, 1952 ließ Bayern das Gebäude sprengen.

Vorgeschichte

Im Mai 1923 reiste Hitler von München an den Obersalzberg. Er wollte Dietrich Eckart treffen, der sich zu dieser Zeit im Gebirgskurhaus Obersalzberg versteckte, da er wegen Beleidigung des Reichspräsidenten Ebert per Haftbefehl gesucht wurde. Im Sommer 1925 diktierte er nach der Entlassung aus der Festungshaft – im später deshalb so genannten Kampfhäusl – den zweiten Band von Mein Kampf, den Max Amann an der Schreibmaschine schrieb.[1] 1928 verfasste Hitler in Berchtesgaden die Außenpolitische Standortbestimmung. In den Jahren 1923 bis 1928 logierte er in verschiedenen Pensionen.

Haus Wachenfeld

Datei:Berghofbau.jpg
Umbau im Juni 1936

Ab Oktober 1928 mietete Hitler Haus Wachenfeld an. Das kleine Landhaus gehörte der Witwe eines Industriellen aus Buxtehude. Im Juni 1933, nach der Machtübernahme, kaufte er dieses Landhaus und nannte es nun „Berghof“. Hitlers Halbschwester Angela Hitler führte den Haushalt. Parteifunktionäre wie Hermann Göring, Albert Speer und Martin Bormann bezogen Zweitwohnsitze im Berchtesgadener Land.[2]

Haus Wachenfeld war zunächst nur mit einem Zaun abgesichert. Die Anwesenheit des neuen Reichskanzlers in dem kleinen Bergort zog jedoch viele Anhänger an. Nach seinen eigenen Plänen ließ er das Haus im Jahr 1933 lediglich ein wenig, bis 1936 jedoch aufwändig umbauen.[3] Das Sicherheitsrisiko seiner neuen „Wahlheimat“ wurde zusätzlich gemindert, indem das gesamte Areal abgesperrt, zum „Führer-Sperrgebiet“ erklärt und bewacht wurde. Zutritt war nur mit Berechtigungsausweis möglich. Hitler empfing Gruppen der HJ, des BDM und anderer Organisationen und präsentierte sich in der idyllischen Bergkulisse als „Kanzler des Volkes“. Im Führerkult der NS-Propaganda präsentierte er sich als „Hitler abseits vom Alltag“ und „Hitler wie ihn keiner kennt“. Zahlreiche entsprechende Fotoalben und Bildbände erschienen.[4]

Ab 1936

Die Große Halle (1936)

Nach dem Umbau stand Hitler ein repräsentatives Haus zur Verfügung, das er zum Empfang von Diplomaten und Prominenten nutzte. In der Vorkriegszeit besuchten ihn dort beispielsweise Prinzregent Paul von Jugoslawien, Graf Ciano (Mussolinis Schwiegersohn), der Herzog von Windsor und Aga Khan III.

Am 12. Februar 1938 kam es zum Diktat des Berchtesgadener Abkommens. Am 15. September 1938 war der britische Premier Chamberlain zu Verhandlungen während der Sudetenkrise auf dem Berghof. Am 5. Januar 1939 traf Hitler den polnischen Außenminister Józef Beck. Am 20. August 1939 telegrafierte er an Stalin und unterbreitete ihm den Nichtangriffspakt. Zu einem Staatsbesuch traf der Ustascha-Führer Ante Pavelić am 6. Juni 1941 ein.

Auch innenpolitisch wurden viele Entscheidungen in der Bergresidenz getroffen. Beispielsweise hielt Hitler am 22. August 1939 eine Ansprache vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht, später auch als Dschingis-Khan-Rede betitelt, in der er den Angriff auf Polen ankündigte. Bei einem Besuch 1943 sprach Henriette von Schirach Hitler auf die Judendeportationen an, gemäß Zeitzeugenaussagen wurde sie daraufhin nicht mehr auf den Berghof eingeladen. Nach der Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto kam Himmler am 19. Juni 1943 zu einer Besprechung, auf der die Umwandlung von Ghettos in Konzentrationslager und die Ermordung der Arbeitsunfähigen beschlossen wurde (Unternehmen Cottbus).[5]

Ausbau der Infrastruktur

Hitler befand sich oft und meist für längere Zeit am Berghof. Bormann, graue Eminenz am Berghof, schuf daher das „Führer-Sperrgebiet“ mit einer umfassenden Infrastruktur. Etwas entfernt vom Berghof, in Bischofswiesen nahe Berchtesgaden, ließ er die Reichskanzlei Dienststelle Berchtesgaden bauen, auch „Kleine Reichskanzlei“ genannt. In Ainring bei Freilassing wurde eigens der Regierungsflughafen Reichenhall - Berchtesgaden errichtet.

Kriegsende

Zwischen Januar und Juni 1944 galt der Berghof und das ihn umgebende „Führer-Sperrgebiet“ formell als Führerhauptquartier. Es war von Luftangriffen lange nicht betroffen gewesen. Am 14. Juli 1944 verließ Hitler den Berghof und kehrte in das Führerhauptquartier Wolfsschanze zurück.

Fünf Tage vor Hitlers Suizid bombardierten Großbomber der Royal Airforce am 25. April 1945 gezielt den Berghof und seine Umgebung. Der Berghof selbst war nach dem Luftangriff nur beschädigt. Am 4. Mai 1945 besetzte die 101. US-Airborne Division, die 3. US-Infanteriedivision und die 2. französischen Panzerdivision Berchtesgaden kampflos. Die Besetzung des Obersalzbergs war derart prestigeträchtig, dass sich amerikanische und französische Einheiten einen Wettlauf geliefert hatten. Vor dem Anrücken der Siegermächte hatten SS-Männer den beschädigten Berghof in Brand gesetzt, auch plünderte die Bevölkerung das Gebäude.[6]

Der Kunstraub im Nationalsozialismus wurde in den Nürnberger Prozessen mit Beweisstücken (wie Fotoalben zu den Gemälden) thematisiert, die US-Soldaten unter anderem im Berghof beschlagnahmt hatten. Auch Hitlers Buchsammlung und andere erhalten gebliebene Privatgegenstände wurden beschlagnahmt.[7]

Der Freistaat Bayern ließ 1952 die Ruine des Berghofs sprengen und Bäume pflanzen.[8]

Personal

Zum ständigen Personal des Berghofs gehörte Herbert Döhring als Hausverwalter. Die drei Zimmermädchen am Berghof waren Anna Plaim,[9] Elfriede König und Resi Stangassinger.[10] Weitere Personen am Berghof waren unter anderem Johanna Wolf, Gerda Christian, Otto Günsche, Hans Baur, Heinrich Heim, Theo Morell und Rochus Misch.

NS-Propaganda

Fotoaufnahmen für die NS-Propaganda erstellten Heinrich Hoffmann und Walter Frentz. Unzählige Propaganda-Postkarten kamen in Umlauf, die Hitlers Sommerresidenz und deren romantisch-friedliche Umgebung zeigten.[11] Auch das versenkbare Panorama-Fenster der großen Halle war allgemein bekannt. Hoffmann erstellte auch farbige Fotopostkarten des „Arbeitszimmer des Führers“. Der Personenkult um den „Führer“, der von seinem hohen Berg herab das Volk regierte, ließ sich im grandiosen Alpenpanorama zwischen Watzmann und Königssee besonders gut inszenieren.[12] Die Alpenidylle stand in deutlichem Kontrast zum restlichen Reich, das vom Ersten Weltkrieg noch gezeichnet war. Wie ein volksnaher Monarch lebte Hitler hier mit Eva Braun und einer Art schlichtem Hofstaat der Bediensteten. Der Diktator, der Vernichtungslager errichten ließ, präsentierte sich hier als Familienmensch und Naturfreund.

Auch nach Kriegsende kursierten noch Postkarten des ehemaligen Hitler-Hauses.[13]

Literatur

  • Ulrich Chaussy: Nachbar Hitler – Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg. Ch. Links Verlag, 6. erweiterte Auflage, Berlin 2007. ISBN 978-3-86153-462-4.

Einzelnachweise

  1. Geoff Walden: Foto Kampfhäusl. Auf: thirdreichruins.com, 30. August 2008.
  2. Fotos der Häuser Speer, Bormann und Göring auf thirdreichruins.com.
  3. Architekt beim Umbau des Hauses Wachenfeld war Alois Degano, 1936 war es Roderich Fick.
  4. Der Obersalzberg in der Propaganda. Obersalzberg-Souvenirs auf obersalzberg.de.
  5. Unternehmen Cottbus auf obersalzberg.de.
  6. Kriegsende am Obersalzberg auf obersalzberg.de.
  7. sueddeutsche.de zu Hitlers Buchsammlung, die sich heute in Washington in der Library of Congress befindet. Vgl. sueddeutsche.de zur Versteigerung von Hitlers Globus 2007 und sueddeutsche.de über Dokumente zum organisierten NS-Kunstraub.
  8. Fotos, auch Sprengung der Ruine im Jahr 1952 auf thirdreichruins.com.
  9. Vgl. Anna Plaim/Kurt Kuch: Bei Hitlers. Zimmermädchen Annas Erinnerungen. Droemer/Knaur, 2005, ISBN 3426777584.
  10. 60 Jahre Kriegsende – Bei Hitlers. Auf: droemer-knaur.de.
  11. Beispiel-Postkarte auf heimatsammlung.de.
  12. Vgl. Foto auf planet-wissen.de.
  13. Postkarte nach Kriegsende auf heimatsammlung.de.

Koordinaten: 47° 38′ 1″ N, 13° 2′ 31″ O