Unendliche Menge
In der Mengenlehre, einem Teilgebiet der Mathematik, definiert man:
- Eine Menge heißt endlich, wenn es eine natürliche Zahl gibt, sodass genau Elemente hat. Das heißt also, dass entweder leer ist (das ist der Fall ), oder dass es eine Bijektion von auf die Menge gibt. heißt Mächtigkeit von .
Damit definiert man dann:
- Eine Menge heißt unendlich, wenn es keine solche natürliche Zahl gibt.
Beispielsweise ist die Menge der Natürlichen Zahlen unendlich.
Im Gegensatz zur Unendlichkeitsdefinition von Richard Dedekind (→ Dedekind-unendlich) erlaubt es diese Definition, Aussagen der Form "alle endlichen Mengen haben die Eigenschaft X" mit Hilfe der vollständigen Induktion zu beweisen. Man muss also zeigen, dass erstens die Leere Menge die Eigenschaft X hat, und dass zweitens für jede endliche Menge M gilt: wenn M die Eigenschaft X hat, und a ein beliebiges Objekt außerhalb von M ist, dann hat auch die Eigenschaft X.
Unterschiedliche Mächtigkeiten unendlicher Mengen
Mächtigkeiten endlicher Mengen sind trivial; schwieriger und interessanter ist die Idee, den Begriff der Mächtigkeit auch auf unendliche Mengen auszuweiten.
Der mengentheoretische Begriff des Unendlichen wird noch interessanter, da es verschiedene Mengen gibt, die unendlich viele Elemente besitzen, die aber nicht bijektiv aufeinander abgebildet werden können. Diese unterschiedlichen Mächtigkeiten werden mit dem Symbol ℵ (Aleph, dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets), und einem (anfangs ganzzahligen) Index bezeichnet (die Indizes durchlaufen die Ordinalzahlen).
Die Mächtigkeit der natürlichen Zahlen (die „kleinste“ Unendlichkeit) ist in dieser Schreibweise ℵ0. Obwohl die natürlichen Zahlen eine echte Teilmenge der rationalen Zahlen sind, besitzen beide Mengen und dieselbe Mächtigkeit ℵ0. (→ Cantors erstes Diagonalargument)
Die Reellen Zahlen bilden eine unendliche Menge, die mächtiger als die Menge der natürlichen und rationalen Zahlen ist; sie ist überabzählbar. Man spricht auch von der Kardinalität der überabzählbaren Mengen erster Stufe. (→ Cantors zweites Diagonalargument)
Die Kontinuumshypothese ist die Behauptung, dass die Mächtigkeit der reellen Zahlen gleich ℵ1, also die nach ℵ0 nächstgrößere Mächtigkeit, ist. Sie ist allein mit den üblichen Axiomen der Mengenlehre (ZFC) weder beweisbar noch widerlegbar.
Zu jeder unendlichen Menge lassen sich weitere Unendlichkeiten mittels Bildung der Potenzmenge (Menge aller Teilmengen) konstruieren. Ob hierbei aus einer Menge mit Mächtigkeit ℵn eine Menge der nächstgrößeren Mächtigkeit ℵ entsteht oder einige Größenordnungen übersprungen werden, ist ein klassisches Problem der Mengenlehre (die verallgemeinerte Kontinuumshypothese). Dieser Vorgang kann (formal) immer weiter geführt werden, so dass es unendlich viele Unendlichkeiten gibt.
Es gibt in der Mengenlehre mehrere „Zahlensysteme“, die unendlich große Zahlen enthalten. Die bekanntesten sind Ordinalzahlen, Kardinalzahlen, Hyperreelle Zahlen und Surreale Zahlen.
Siehe auch
Literatur
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 1, Vieweg+Teubner, ISBN 978-3834807779, Seiten 137 ff.
- Oliver Deiser: Einführung in die Mengenlehre, Springer Berlin 2004, ISBN 978-3540204015, Seiten 91–108.