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Liste von Bauwerken des Jugendstils

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Jugendstilservice 1902: Die geschwungene Linienführung ist typisches Merkmal des Jugendstils
Stuhl entworfen von Henry van de Velde für das Speisezimmer von Schloss Lauterbach in Neukirchen/Pleiße
Wiener Secession (Jugendstil): Wiener Stadtbahnstation Karlsplatz von Otto Wagner 1898. Zu beachten ist hier die ornamentale Behandlung der Fassade im oberen Bereich.
Wiener Secession (Jugendstil)
Gemeindehaus (Obecní dům) in Prag
Wasserkraftwerk Heimbach im Jugendstil
Mietshaus am Homburger Platz in Ilmenau, erbaut um 1905

Der Jugendstil ist eine kunstgeschichtliche Epoche um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Weitere Bezeichnungen sind Art Nouveau, Modern Style, Modernisme, Stile Liberty oder Wiener Secession.

Herkunft des Begriffs

Der Begriff ist nur im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden und in Lettland in Gebrauch, so benannt nach der 1896 gegründeten Münchner illustrierten Kulturzeitschrift Die Jugend. Dabei ist dieser Begriff in seinem heutigen relativ wertfreien Sinne durch die spätere kunstgeschichtliche Rezeptionsliteratur geprägt worden. Beim Aufkommen des Begriffs um 1901 wird der Jugend- und Secessionsstil in den einschlägigen Zeitschriften ('Dekorative Kunst', Autoren: Hermann Muthesius, Julius Meier-Graefe) als kritisches Etikett für die modische Popularisierung und die dabei als karikierend empfundene Nachahmung der neuen Formen in den (Einzel-)Werken von Künstlern wie etwa van de Velde durch die Industrie mit ihrer ('billigen') kunstgewerblichen Massenproduktion verwendet.

Kennzeichen und Programmatik

Äußerlich kennzeichnende Teile oder Elemente des Jugendstils sind dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte florale Ornamente und die Aufgabe von Symmetrien.

Bei solchen formalen Klassifizierungen darf allerdings nicht übersehen werden, dass der Jugendstil keineswegs eine so geschlossene Bewegung war, wie die Bezeichnung 'Jugendstil' heute bei uns den Anschein erwecken mag. Es handelt sich um eine Reihe von teilweise auch sehr divergierenden Strömungen innerhalb Europas, die sich allenfalls in der Abkehr vom Historismus wirklich 'einig' waren, also der Ablehnung der bis dato gängigen Praxis der Nachahmung historisch überlieferter Formvorbilder.

Mit dem Jugendstil verbinden sich zahlreiche künstlerische Programme und Manifeste. Er steht im heutigen Verständnis unter anderem auch für große gesamtkünstlerische Gestaltungen, wie etwa dem Palais Stoclet in Brüssel, in der alles vom äußeren Bauwerk bis zur dekorativen Innenausstattung im einheitlichen Sinne durchgestaltet wurde. Damit wurde auch die Forderung nach der großen Verschmelzung von 'Kunst und Leben' verknüpft, der Wiedereinbeziehung der Kunst in das Alltägliche, im Sinne einer umfassenden künstlerischen Neugestaltung aller alltäglichen Dinge, wobei den dekorativen Künsten ein ganz besonderes Gewicht zukam. In diesem Punkt knüpfte der Jugendstil allerdings an den Historismus an, der bereits das "Gesamtkunstwerk" zum Programm erhoben hatte. Zugleich war dies der programmatische Gegenentwurf zur Abgehobenheit und Abgesondertheit auratischer Kunstwerke in der reinen Sphäre der sogenannten 'hohen' oder Bildenden Kunst.

Zur Programmatik des Jugendstils gehörte aber auch die Forderung nach Funktionalität und Ausdruck der Funktion in der Erscheinung der Dinge, dass also die Funktionen eines Gebäudes auch dessen Gestaltung sichtbar bestimmen sollte. So beispielsweise sollten die Fassaden nicht länger symmetrisch und von axialen Aufteilungen bestimmt sein müssen, sondern einer aus dem Grundriss entwickelten Raumvorstellung folgen dürfen. Insgesamt gehört die Abkehr von den historischen Bauformen und die intensive Suche nach neuen dekorativen Gestaltungsmöglichkeiten in Architektur und Kunstgewerbe zum erklärten Programm vieler Künstler des Jugendstils. Eines der zentralen Fragen des Jugendstils war in gewisser Weiterführung der Stildebatten des 19. Jahrhunderts die Frage nach dem sog. 'modernen' Stil, dem 'Stil unserer eigenen Zeit'.

Historische Entwicklung und Verbreitung

Entstehung

Geschichtlich steht der Jugendstil zwischen Historismus und moderner Kunst. Diese Stilrichtung dauerte ca. 20 Jahre. Er kann als eine Antwort auf verschiedene vorausgehende Zeitströmungen des 19. Jahrhunderts verstanden werden:

  • Die industrielle Revolution und damit das Aufkommen kitschiger, mit Verzierungen überladener, maschinell hergestellter Massenware im viktorianischen England.
  • Den Historismus im Frankreich der so genannten Belle Epoque, der in Verbindung mit den Bedürfnissen des gehobenen Bürgertums in grotesken Schwulst ausuferte. In etwas weniger schwülstiger Form dominierte der Historismus auch in Süddeutschland. In Österreich, insbesondere in der gehobenen Gesellschaft der Metropole Wien, war der Maler Hans Makart mit seinen prachtvollen neobarocken Allegorien ein gefeierter Repräsentant dieser Malweise. Seinen Kritikern diente er als Namensgeber einer abfällig gemeinten Wortschöpfung: Makartismus oder Makartstil nannten diese jenen opulenten Stil.
  • In München dominierte ebenfalls die großbürgerlich bestimmte Malkunst, charakterisiert und beherrscht durch den Lenbachkreis um den Maler Franz von Lenbach.

Die Arts and Crafts-Bewegung in England

Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen in den verschiedenen Ländern muss der Jugendstil, die Art Nouveau, der Sezessionsstil, der Modern Style als internationales Phänomen, das die gesamte westliche Kunst umfasste, verstanden werden. Ihren Ursprung hat sie in der Arts and Crafts-Bewegung in England. Wegbereiter waren die Werkkünstler William Morris, der Architekt Philip Webb, der Kunstkritiker und Sozialphilosoph John Ruskin und die präraffaelitische Bruderschaft um die Künstler Dante Gabriel Rossetti und Edward Burne-Jones. Letztere ähnelt in einigen Aspekten an die Bewegung der Nazarener im deutschsprachigen Raum. 1861 gründete Morris, der überzeugt war, dass sich alles Kunstgewerbe in völliger Entartung befand, mit Freunden die Firma Morris, Marshall, Faulkner & Co. Ab 1875 hieß das Unternehmen Morris & Co. Ideale dieser Werkstatt waren einfache Schönheit, Nützlichkeit und Qualität. Maschinenarbeit war ausgeschlossen. Noch heute berühmt sind die Morris-Tapeten. 1891 gründete Morris einen bibliophilen Verlag, die Kelmscott Press. Das erste Buch dieses Verlages, The Story of Glittering Plain, mit eigens entworfenen neuen Techniken, Materialien und Schrifttypen, wurde ein überwältigender Erfolg beim Publikum.

1883 gründeten verschiedene Artist-Designers, die sich dem Kunsthandwerk verpflichtet fühlten, die Arts and Crafts Exhibition Society. Weitere Werkstätten entstanden, beispielsweise 1882 die Century Guild von Arthur Mackmurdo und 1888 die School of Handicraft von Charles Ashbee.

Auch das japanische Stilelement fand über England seinen Eingang in die europäische Kunst und sollte zu einem prägenden Bestandteil der Jugendstilkunst werden. 1854 und 1862 fanden in London große Ausstellungen japanischer Kunst statt. 1858 schloss England ein Handelsabkommen mit Japan. Japanische Holzschnitte, Möbel, Keramiken und Lackarbeiten wurden in großer Anzahl nach England importiert. Unter denjenigen, die sich für diese Kunst begeisterten, war der Designer und Dozent Christopher Dresser, der mit seinen kunsthandwerklichen Entwürfen, vor allem aber mit seinen Büchern einen großen Einfluss auf die Bewegung hatte. 1877 reiste er im Auftrag der New Yorker Firma Tiffany nach Japan. Der gebürtige Amerikaner James Whistler, seit 1859 in London war ebenfalls einer der Pioniere, die den Japonismus in England populär machten. Japanische Farbholzschnitte waren in besonderem Maße das stilistische und technische Vorbild für Whistlers Arbeit.

Als weitere Protagonisten sind die Architekten und Designer Ernest Gimson und Charles Voysey sowie der Unternehmer Sir Arthur Liberty und der Künstler Charles Ricketts zu nennen. Oscar Wilde vertraute Ricketts die Illustration und Produktion der Mehrzahl seiner Werke an.

Der wohl bekannteste Künstler des englischen Modern Style ist der Illustrator Aubrey Beardsley. Stilistisch ließ sich der Autodidakt Beardsley von Burne-Jones, vor allem aber von Whistler inspirieren. Thematisch begeisterte und entsetzte Beardsley mit seinen morbiden, frivolen, kunstreich-kühl ziselierten Grafiken sowohl seine Zeitgenossen als auch spätere Betrachter seiner Kunst bis in die heutige Zeit.

Verbreitung in Deutschland

Ursprünge

Der Jugendstil ist in Deutschland aus lokalen Bewegungen und Künstleravantgarden entstanden, die erst im Laufe der Jahre und über die vielen neu gegründeten Kunstzeitschriften zu einem überregionalen Ideenaustausch gelangten.

Namensgeber der Bewegung, die in Deutschland zuvor als Art Nouveau oder als Yachting Style bezeichnet wurde, war die künstlerische Wochenzeitschrift Die Jugend, die erstmalig im Mai 1896 in München erschien. Als weitere einflussreiche Zeitschriften sind der Münchner Simplicissimus und die Berliner Zeitschrift Pan zu nennen.

Einer der rührigsten Mitarbeiter bei Jugend und Pan war der Maler und Gestalter Otto Eckmann. Ebenso wie seine Vorgänger in England befasste er sich intensiv mit der japanischen Kunst. Ihn interessierte besonders die flächige Darstellung von Naturmotiven. Sein Lieblingstier, der Schwan, wurde zu einem der Leitmotive des Jugendstils.

München

Weitere Künstler, die dazu beitrugen, dass München zu einem der Zentren des Jugendstils wurde, sind:

  • Hermann Obrist, der 1895 mit seiner Stickarbeit Peitschenhieb, einem Wandbehang, der eine Zyklame darstellt, großes Aufsehen erregte. Obrist gründete 1897 gemeinsam mit Freunden, darunter Peter Behrens, die Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk, um die Produktion und den Verkauf der neuen Kunstrichtung zu fördern.
  • August Endell, der die Fassade des 1897 gebauten Hauses Elvira entwarf. Mit seinem Drachenornament war dieses Haus ein spektakulärer Blickfang im Münchner Stadtbild. Leider wurde das Haus im 2. Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut.
  • Richard Riemerschmid mit seinen Möbeln und Raumentwürfen.
  • Der Architekt, Raumgestalter, Bildhauer, Maler und Gestalter Bernhard Pankok.
  • Bruno Paul mit seinen Möbelentwürfen, die sowohl auf der Weltausstellung in Paris 1900 als auch in St. Louis 1904 preisgekrönt wurden.
  • Der Architekt Martin Dülfer.
  • Der Architekt und Innenarchitekt Hans Eduard von Berlepsch-Valendas

Darmstadt

Neben München entwickelte sich Darmstadt zum zweiten Zentrum des Jugendstils in Deutschland. Motor dieser Entwicklung war der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. Bei Besuchen in England hatte sich der weltoffene Großherzog, ein Enkel der Königin Viktoria, mit der Arts and Crafts-Bewegung vertraut gemacht. 1899 berief er sieben junge Künstler nach Darmstadt in die Künstlerkolonie. Er ließ auf der Mathildenhöhe durch den Architekten Joseph Maria Olbrich ein Ateliergebäude errichten, außerdem hatten die Künstler die Möglichkeit, sich eigene Wohnhäuser zu bauen. Neben Olbrich waren Peter Behrens, Hans Christiansen, Ludwig Habich und Patriz Huber weitere bedeutende Künstler unter den Darmstädter Sieben.

Bad Nauheim

Auf Betreiben des Darmstädter Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein entstand in Bad Nauheim überwiegend durch Künstler der Darmstädter Künstlerkolonie ein einzigartiges Ensemble von Kur-Anlagen: Sprudelhof, Trinkkuranlage, Badehäuser, Parks und die Maschinenzentrale nebst Wäscherei. Es prägt noch heute, neben etlichen weiteren Jugendstilbauten, das Stadtbild und macht es zu einem außerordentlichen Gesamtkunstwerk der Zeit um 1910. Weil dieses Ensemble heute auch in seinen Details noch weitgehend erhalten ist, ist Bad Nauheim als einzige deutsche Stadt im Réseau Art Nouveau Network vertreten, in dem derzeit 15 europäische Städte wie Barcelona, Budapest, Brüssel, Glasgow, Helsinki oder Wien sowie Havanna, als einziger Vertreter aus Übersee, zusammengeschlossen sind.

Berlin

In der Reichshauptstadt (Berlin) dominierte um 1890 der wilhelminische Prunk. Eine Ausstellung des Norwegers Edvard Munch führte 1892 zu einem Eklat, an dem sich jedoch der Widerstand einiger Künstler gegen die offizielle Kunst kristallisierte. Gegen die Schließung der Ausstellung protestierte eine Gruppe von elf Künstlern, unter ihnen Walter Leistikow, Max Liebermann und Max Klinger. Auf Initiative des Schriftstellers Otto Julius Bierbaum und des Schriftstellers, Herausgebers und Unternehmers Julius Meier-Graefe erschien 1895 die bereits erwähnte sehr exklusive und teure Zeitschrift Pan, die Impulse für neue Kunst geben sollte. Bereits 1900 musste die Zeitschrift wegen fehlenden wirtschaftlichen Erfolges wieder eingestellt werden. In den fünf Jahren, die der Zeitschrift beschieden waren, veröffentlichte jedoch ein großer Teil der künstlerischen Elite Deutschlands darin. Als Jugendstil-Künstler des Pan sind besonders zu nennen:

Berlin entwickelte sich zum Zentrum der deutschen Jugendstil-Schmuckkunst. Neben Cranach sind Hugo Schaper, Hermann Hirzel und Bruno Möhring zu nennen. Ihr floraler Stil erinnert in mancher Hinsicht an den des Belgiers Henry van de Velde.

Nicht zu vergessen gilt auch der Architekt Albin Müller, welcher in Darmstadt wirkte. Er baute 1911-1913 u.a. das heute unter Denkmalschutz stehende Sanatorium Dr. Barner in Braunlage im Harz.

Hagen

Der Mäzen Karl Ernst Osthaus gab in Hagen den Anstoß zum Hagener Impuls. Zwischen 1900 und dem ersten Weltkrieg wollte er eine Künstlerkolonie in Hohenhagen entstehen lassen. Der erste Weltkrieg verhinderte jedoch seine Fertigstellung. So sind nur wenige der geplanten Bauten verwirklicht worden, diese jedoch von namhaften Künstlern die Osthaus nach Hagen holte. Unter anderem sind dies Henry van de Velde, Peter Behrens, Richard Riemerschmidt.

Weitere Künstler und Zentren des Jugendstils in Deutschland

Jugendstil-Villa in Ilmenau mit den typischen „verspielten“ Schmuckelementen an der Fassade (Baujahr 1907)

Henry van de Velde war nicht nur in seinem Heimatland Belgien, sondern später auch in Deutschland ein Protagonist des Jugendstils. 1897 zeigte er bei der Kunstgewerbeausstellung in Dresden viel beachtete Inneneinrichtungen. 1904 wurde er Leiter der Weimarer Kunstgewerbeschule. Noch heute bewundert werden die Porzellan-Service der Manufaktur Meißen, die er 1904 und 1905 entwarf.

Unter den Künstlern im Künstlerdorf Worpswede war Heinrich Vogeler derjenige, der sich in seiner Arbeit am engsten vom Jugendstil und seinen Idealen leiten ließ. Bekannt ist insbesondere Vogelers 1905 entstandenes Gemälde Sommerabend auf dem Barkenhoff, das ihn selbst und seine Worpsweder Künstlerfreunde zeigt, unter ihnen Paula Modersohn-Becker, ihr Mann Otto Modersohn und die Bildhauerin Clara Westhoff.

Art Nouveau in Frankreich

Die Galerie L'Art Nouveau

1871 zog der Hamburger Samuel Bing nach Paris. Er war zuvor im fernen Osten gewesen und handelte nun mit japanischen Farbholzschnitten, Keramik und Gebrauchskunst. 1894 lernte er auf einer USA-Reise Louis Comfort Tiffany kennen und verkaufte anschließend auch dessen Produkte in Europa. 1895 gründete er, um dem stark anwachsenden Geschäftsbetrieb gerecht zu werden, eine großzügige neue Galerie, die er L'Art Nouveau nannte.

In dieser Galerie standen Gemälde und grafische Arbeiten von in Frankreich lebenden Künstlern aller Richtungen zum Verkauf, beispielsweise Blätter von Henri de Toulouse-Lautrec, aber auch Impressionisten, Symbolisten und viele mehr. Man konnte kunsthandwerkliche Arbeiten des Amerikaners Louis Comfort Tiffany, des Deutschen Karl Koepping oder von Emile Gallé, eines der besten Meister der Schule von Nancy, kaufen. Bing sorgte dafür, dass Möbel von Henry van de Velde erstmalig in Frankreich erhältlich waren. Später gründete Bing eine eigene Werkstatt und ließ dort Möbel nach Entwürfen von Edouard Colonna, Georges de Feure und Eugène Gaillard fertigen.

1903 verkaufte er seine Galerie an den Möbelkünstler Louis Majorelle. Es war nur folgerichtig, dass seine Galerie, die so entscheidend dazu beigetragen hatte, dass Frankreich und Paris zu europäischen Zentren dieser Kunstrichtung wurden, zum Namensgeber der Bewegung wurde.

Paris

Spiegel und Sessel von Hector Guimard
Métrostation Porte Dauphin, Paris

Paris wurde in vielerlei Hinsicht ein Zentrum des Art Nouveau:

  • Der Schmuckkünstler René Lalique entwickelte ab 1895 eine neue Formen- und Farbenwelt bei Schmuckstücken: Er ließ sich von der Ideenwelt des Symbolismus und den Formen der Natur, von Pflanzen, deren Blüten, Insekten, Fischen leiten. Er bevorzugte Materialien wie Glas, Email, Perlmutt, Elfenbein und Horn. Er setzt durch, dass statt des Materialwerts des Schmuckstückes der künstlerische Wert in den Vordergrund trat. Mit seinen Arbeiten hatte er einen so großen Erfolg, dass er schon 1890 dreißig Angestellte beschäftigte.
  • Ein weiterer bedeutende Meister der Schmuckkunst in Paris waren Georges Fouquet, der häufig nach Entwürfen von Alfons Mucha arbeitete. Besonders bekannt wurde er durch seine Schmuckstücke für die Schauspielerin Sarah Bernhardt. Weitere bekannte Pariser Schmuckkünstler sind Lucien Gaillard, der sich besonders von japanischer Kunst inspirieren ließ, sowie die Maison Vever, die Firma der Brüder Paul und Henri Vever.
  • Die Möbelkunst von Männern wie Eugène Gaillard, Edouard Colonna und Georges de Feure war tonangebend für Frankreich und darüber hinaus.
  • Der bekannteste Name unter den französischen Jugendstilkünstlern dürfte Henri de Toulouse-Lautrec sein. Auch Jules Chéret, Eugène Grasset, Alfons Mucha, Théophile Steinlen trugen das ihre dazu bei, dass die Plakatkunst mit neuen Techniken wie der Lithografie und anspruchsvoller künstlerischer Gestaltung zu einer anerkannten Kunstform und zu einem Sammelobjekt für Kunstliebhaber wurde.
  • Selbst die Pariser Metro wurde um 1900 zum Objekt der Art Nouveau. Dass es dazu kam, ist Hector Guimard zu verdanken, der die Pariser Metroeingänge mit phantasievollen Schmiedeeisengittern und den berühmten geschwungenen Schriftzügen gestaltete. Der Begriff Style Métro wurde sogar zum zweiten Synonym für den französischen Jugendstil. Außerdem erwarb sich Guimard auch als Möbelkünstler einen Ruf, der bis in die heutige Zeit anhält.

Nancy

Nancy war neben Paris das zweite Zentrum des Art Nouveau. Die Ecole de Nancy (Schule von Nancy, die sich durch Glas, Porzellan, Möbel und andere kunstgewerbliche Arbeiten auszeichnete, wurde 1901 von Emile Gallé gegründet. In den Jahren zuvor, ab 1894, hatte sich Gallé zunächst mit einer Glasbläserei, später auch mit Möbelwerkstätten als Künstler und Unternehmer hervor getan. Auf den Weltausstellungen 1889 und 1900 wurden seine Arbeiten preisgekrönt.

Neben Gallé waren der berühmte Möbelkünstler Louis Majorelle sowie Jean-Antonin Daum und Eugène Vallin die Gründungsmitglieder der Schule von Nancy. Ein berühmter Glaskünstler der Schule von Nancy war Daum Frères.

Kirche am Steinhof, Wien

Secessionsstil in Österreich

In Österreich wurde die Entwicklung ab 1897 vor allem in Wien voran getrieben durch die Zeitschrift Ver Sacrum und durch die Künstlergruppe der Wiener Secession, geführt unter anderem von Gustav Klimt, Joseph Maria Olbrich und von dem Dichter Hermann Bahr. Demzufolge bekam die Kunstrichtung in Österreich den Namen Secessionsstil. Neben Klimt waren Otto Wagner, Josef Hoffmann und Josef Plecnik bekannte Künstler des Secessionsstils.

Außerdem weltweit bekannt wurde die Wiener Werkstätte mit u.a. Koloman Moser, Josef Hoffmann und Dagobert Peche, die das Kunsthandwerk (Innenarchitektur, Keramik, Textil, Mode, Glas,...) zur Perfektion trieben.

Belgien

Stuhl von Henry van de Velde

Der Einfluss des Jugendstils in Belgien zeigt sich auch heute noch in der Hauptstadt Brüssel. Die Brüsseler Stadtgemeinde Sint-Gillis (oder Saint Gilles) ist in ihrem Zentrum vom Jugendstil geprägt. Auch in den Stadtgemeinden Schaerbeek, Etterbeek und Ixelles findet man viele Jugendstilgebäude. Vor allem der Architekt Victor Horta trug zu dieser Prägung der Stadt bei.

Andere wichtige belgische Jugendstil-Künstler sind Paul Hankar, Gustave Serrurier-Bovy, Philippe Wolfers sowie der bereits mehrfach erwähnte Henry van de Velde, der auch in Deutschland so entscheidend zur Entwicklung des Jugendstils beitrug.

Verbreitung in anderen Ländern

Es gibt kaum ein westliches Land, das nicht vom Jugendstil beeinflusst wurde. Erwähnenswert sind unter anderem:

  • In Ungarn gilt Ödön Lechner mit seinen Bauten als namhafter Vertreter.
  • Unter dem Einfluss deutscher Architekten ist in der Stadt Riga in Lettland der Jugendstil zu einer der noch heute das Stadtbild wesentlich prägenden Architekturrichtungen geworden.
  • In Spanien entwickelte sich in Katalonien der stark verspielte Modernisme unter anderem von Antoni Gaudí, Lluís Domènech i Montaner und Josep Puig i Cadafalch.
  • In den USA wurde Louis Comfort Tiffany, der durch seine einzigartige, patentierte Glastechnik berühmt wurde und der auch die europäische Entwicklung stark beeinflusste, bereits erwähnt. Auch der Architekt Frank Lloyd Wright ist zu nennen, dessen frühe Arbeiten stark vom japanischen Einfluss geprägt sind. Der Grafiker und Schriftkünstler William Bradley ließ sich stark von William Morris, Aubrey Beardsley und anderen englischen Künstlern beeinflussen und trug so den europäischen Einfluss zurück nach Amerika.
  • Alfons Maria Mucha (*24. Juli 1860 Ivančice in Mähren; † 14. Juli 1939 Prag) war ein tschechischer Plakatkünstler, Graphiker, Illustrator, Maler und Kunstgewerbler, der als einer der herausragenden Repräsentanten des Jugendstils gilt.

Ende des Jugendstils

Das Ende des Jugendstils in Deutschland kann man auf die große Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906 datieren. In deren unmittelbaren Folge wird unter Beteiligung oder späterer Mitwirkung einer Reihe von mit dem sogenannten Jugendstil bekannt gewordenen Künstlern (van de Velde, Behrens, Niemeyer, Endell, Obrist) 1907 der Deutsche Werkbund gegründet, der nunmehr – insbesondere unter seinem Vorsitzenden Hermann Muthesius – die Sachlichkeit, Schlichtheit und Gediegenheit zu neuen Leitbildern erhebt.

Für die Zeit in den Jahren zwischen 1906 und 1914 hat sich in der kunstgeschichtlichen Literatur keine allgemein gebräuchliche Stilbezeichnung etabliert. Man könnte sie in Abgrenzung von sog. Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre als "erste Sachlichkeit" bezeichnen. Andere Begriffe dafür sind "Reformstil" (unscharf in der zeitlichen Eingrenzung) oder "Halbzeit der Moderne" (nach der gleichnamigen Ausstellung 1991). Etwa um 1914 liegen in Deutschland (in Wien etwas früher) die Anfänge des sog. Expressionismus, der uns in vereinfachenden geschichtlichen Darstellungen oftmals als Ablösung des Jugendstils präsentiert wird.

Es ist zu vergegenwärtigen, dass jede Stilbezeichnung eine sehr verallgemeinernde und zugleich abstrahierende Betrachtungsweise oftmals divergierender Zeitströmungen, rivalisierender und parallel laufender künstlerischer 'Trends' darstellt und stets die Frage aufwirft, was und wer mit dem Begriff eingeschlossen werden soll, und was und wer außerhalb zu betrachten ist.

Bedeutende Bauwerke des Jugendstils

Jugendstil-Krematorium im Stuttgarter Pragfriedhof
Jugendstil-Haus Felix Zawojski in Karlsbad
Villa Esche Chemnitz
Schloss Lauterbach Salon
Jugendstil-Villa in Ilmenau

Deutschland

Österreich

Sonstige

Ein von Hector Guimard entworfener Métroeingang in Montréal
Das Gebäude Masia freixa in Terrassa, 1907-1910 von Lluis Muncunill erbaut, beherbergt heute das Konservatorium
Riga

Museen

  • Das Berliner Bröhan-Museum zeigt Möbel, Porzellan, Glas, Keramik und Metallarbeiten aus der Epoche des Jugendstils und des Art Déco.
  • Das Musée d'Orsay in Paris zeigt in mehreren Sälen Möbel, Haushaltsgegenstände und Ornamente des Art Nouveau aus Belgien und aus den französischen Zentren Nancy und Paris.
  • Das Brüsseler Musée Horta zeigt das Haus des Jugendstilarchitekten Victor Horta. Architektur und Innenausstattung sind dem Besucher großenteils frei zugänglich und bilden eine stilistische Einheit.

Literatur

  • Friedrich Ahlers-Hestermann: Stilwende. Aufbruch der Jugend um 1900. Gebr. Mann, Berlin 1956 Zur Geschichte der Bewegung
  • Lydia L. Dewiel: Jugendstil. DuMont, Köln 2002, ISBN 3-8321-5384-5
  • Gabriele Fahr-Becker: Jugendstil. Köln 1996, ISBN 3-89508-212-0 Prachtvoll ausgestatteter Bildband
  • Pierre-Olivier Fanica ; Gérard Boué : Céramiques impressionnistes & grès art nouveau - Montigny-sur-Loing et Marlotte, 1872 - 1958 , Paris , Massin , 2005 , ISBN 2-7072-0512-5
  • Hiltrud A. M. Hölzinger und Christina Uslular-Thiele: Jugendstil in Bad Nauheim. Geleitwort Bernd Bohde, Vorwort Gerd Weiß, Nachwort Gert Selle. (Mit 17 Künstler-Biografien). Alle Texte deutsch/englisch. Königstein i. Ts. 2005. ISBN 3-7845-7100-X
  • Stefanie Lieb: Was ist Jugendstil? Eine Analyse der Jugendstilarchitektur 1890 – 1910. Darmstadt 2000
  • Hermann Muthesius: Neues Ornament und neue Kunst. In: Dekorative Kunst, 1901 S. 349-366. Quelle zur Entstehung des Begriffs Jugendstil, zeitgenössische Kritik, siehe Seite 349
  • Hermann Muthesius: Kultur und Kunst: Gesammelte Aufsätze über künstlerische Fragen der Gegenwart. Jena und Leipzig 1904 Quelle zur Entstehung des Begriffs Jugendstil, zeitgenössische Kritik, siehe Seite 13
  • [1] (franz.) Art nouveau, Bildbeispiele
Commons: Jugendstil – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Jugendstilarchitektur – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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