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Geschichte von Hadeln und Wursten

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Der altsächsische Gau Haduloha ("Kampfwald") umfasste sowohl das Gebiet der späteren Landschaft Land Hadeln, als auch das Land Wursten, sowie die Geest- und Moor-Gebiete rund um das heutige Bad Bederkesa. Im Norden wurde der Gau von der Mündung der Elbe begrenzt, im Westen von der Mündung der Weser. Die Südgrenze bildeten die Moore der Geeste-Niederung. Die Ostgrenze verlief wahrscheinlich über die Höhen der Wingst bis an die Mündung der Oste.

Der heutige Landkreis Cuxhaven umfasst somit das gesamte Gebiet des alten Gaus. Im Süden und Osten reicht er jedoch über die alten Grenzen hinaus und beinhaltet große Teile der Gaue 'Wigmodia' und 'Ostingabi' (Ostegau).

Frühgeschichte

Nach Widukind von Corvey ("Res gestae Saxonicae", 967/968) sollen die Sachsen, bzw. deren Vorväter, mit Schiffen an den Küsten Hadelns gelandet sein, woraufhin sie die ansässigen Thüringer mit List und Gewalt vertrieben oder unterworfen hätten. Bei archäologischen Ausgrabungen auf der Feddersen Wierde wurden jedoch keine Anzeichen für eine feindliche Invasion entdeckt. Es scheint eher, als ob sich verschiedene verwandte Stämme, wie die Chauken und Angrivarier (Engern), mit den Saxones nördlich der Elbe zu einem neuen Stammesverband zusammen geschlossen hätten. Eine wichtige Fundstelle aus dieser Zeit ist der altsächsische Urnenfriedhof am Gravenberg bei Wanna. Die beiden Wallburgen 'Heidenschanze' und 'Heidenstadt' bei Sievern schützten offenbar den südlichen Eingang nach Hadeln.

Jedoch wanderten im 5. Jahrhundert gerade aus dem Mündungsgebiet von Elbe und Weser viele Sachsen nach England aus (siehe: Angelsachsen). Andere Gruppen wanderten nach Süden und Westen ab, wo sie den aus dem heutigen Westfalen abziehenden Franken nachrückten. Die verlassenen Landstriche an der Weser (dem späteren Land Wursten) wurde etwa seit dem 8. Jahrhundert von Friesen neu besiedelt. Auf die verlassenen Wurten in der Elbmarsch kehrten Sachsen zurück.

Früh- und Hochmittelalter

Nach der Unterwerfung der Sachsen und Friesen durch Karl den Großen wird auch Hadeln christianisiert. Die Kirchen von Ihlienworth und Wremen, sowie die Kapelle von Altenwalde sind Willehad, dem ersten Bischof von Bremen, geweiht. Daneben gehören die Kirchen von Lamstedt, Osterbruch und Süderleda (Wanna) zu den ältesten Gründungen in der Gegend.

Adam von Bremen berichtet, dass das Gebiet im Jahr 994 von einer Flotte Wikinger (Askomannen) heimgesucht wurde. Ein Kontingent, dass in die Weser und die Geeste eindringt, wird aber von den Einheimischen im Glindesmoor, unweit des späteren Bremervörde, bis auf den letzten Mann erschlagen.

Zur Abwehr der Normannengefahr wird Hadeln mit dem südlich angrenzenden Gau Wigmodia zur Grafschaft Lesum zusammen gefasst. Die freien Bauern sind übrigens, als Grundbesitzer, noch zum Kriegsdienst verpflichtet. In dieser Zeit werden auch die Wälle der Pippinsburg bei Sievern aufgeworfen. Es scheint, dass die Wikinger bei Sahlenburg an der Nordwestspitze Hadelns, ebenfalls eine feste Niederlassung gehalten haben. So würde sich erklären, dass ein junger Anführer, der 1040 gefangen und nach Bremen gebracht wurde, vom Erzbischof äußerst gnädig und wohlwollend behandelt wurde. Bei dem Wikinger, der reich beschenkt wieder abzog, handelte es sich um Sven Estridsen, den späteren König von Dänemark.

Erzbischof Adalbert von Bremen erwirbt 1062, als Vormund des jungen König Heinrich IV., die ersten grundherrschaftlichen Ansprüche in Hadeln. Nach Adalberts Sturz fallen die billungischen Güter aber zunächst an die Grafen von Stade.

Im 11. Jahrhundert wird anscheinend die Burg in Bederkesa angelegt.

Um 1100 trennt Lothar von Supplinburg das Land Hadeln, im engeren Sinn, von der Grafschaft Stade ab und erhebt Otterndorf zum Flecken mit Gräfensitz. Dies ist der Anfang der territorialen Zersplitterung des ehemaligen Gaus, und die eigentümliche Sonderrolle des kleinen Land Hadeln in der Geschichte beginnt.

Nach der Erhebung Lothars zum Herzog von Sachsen fördert er den Deichbau und die Kolonisation in den Marschen. Die alteingesessene Bevölkerung und die Rittergeschlechter von den umliegenden Geesten beteiligen sich an der Urbarmachung. Aber besonders die typischen Reihendörfer mit der Namensendung -koop, wie Heringskoop, oder Lüderskoop, werden holländischen Siedlern zugeschrieben. Ob in diese Zeit auch der Bau der Seedeiche fällt, ist nicht bekannt. Noch im Jahr 1164 wird die ganze Küste von einer schweren Sturmflut heimgesucht, bei der Tausende Menschen ertrinken.

Nach dem Sturz des Welfen-Herzogs Heinrich des Löwen fällt Hadeln um 1200 aus unklaren Gründen an die Herzöge aus dem Geschlecht der Askanier. Möglicher Weise geschah dies durch freiwillige Anerkennung der Hadler Kirchspiele. Obwohl die Askanier, genau wie die Welfen, formal die Herzogswürde über ganz Sachsen, Engern und Westfalen beanspruchten, besaß die betreffende Nebenlinie des Hauses Sachsen-Anhalt, außer Hadeln, nur ein Territorium bei Lauenburg, östlich von Hamburg. Schon früh beginnen deshalb die einzelnen Teile des alten Gaus dem Einfluss der fernen und mittellosen Herzöge zu entgleiten. Während das Land Wursten faktisch unabhängig wird, lässt sich das Land Hadeln seine Freiheiten und Privilegien bei jedem Regierungswechsel auf dem Warningsacker, der alten Thingstätte zwischen Otterndorf und Altenbruch, neu bestetigen. Die Herren von Bederkesa hinwiederum betrachten sich als Lehensleute der Welfen-Herzöge. Sie gründen die Kirche in Bederkesa und statten sie mit reichen Pfründen aus. Außerdem beanspruchen sie die Gerichtsbarkeit im Land Wursten, aber nur in der Gegend von Debstedt und Lehe setzen sie sich durch. Nur hier haben sich echte feudale Beziehungen zwischen den grundbesitzenden Adeligen und der mehr oder weniger abhängigen Bauernschaft herausgebildet.

Für die kirchliche Verwaltung bleibt das Gebiet als Archidiakonat Hadeln-Wursten, oder kurz: Propstei Hadeln, aber weitgehend intakt.

Nach der sogenannte Marcellusflut von 1219 erhalten die Hadler das Recht an der Medem nach Gutdünken Schleusen zu bauen.

Aus dem Jahr 1238 ist ein Vertrag zwischen dem Land Wursten und der Stadt Hamburg erhalten, der sich mit dem Strandrecht befasst. So, wie in Hadeln bereits üblich, sollen die Güter auf gestrandeten Schiffen dem Eigentümer so lange erhalten bleiben, wie noch mindestens ein Mann an Bord am Leben ist. Diese gut gemeinte Regelung scheint leider dazu geführt zu haben, dass oftmals die gesamte Besatzung gestrandeter Schiffe unter mysteriösen Umständen verstarb oder verschwand. Das Strandrecht bleibt auch in der Folge ein wichtiger Bestandteil der Zwistigkeiten und Abmachungen zwischen den Marschen und den Hansestädten.

1256 unternehmen die Ritter von Bederkesa zwei Raubzüge nach Wursten. Der zweite misslingt völlig. Einige Edelherren und viele Ritter kommen um.

Der Herzog von Sachsen-Lauenburg überlässt 1286 der Stadt Hamburg die Hälfte der Insel "O" (Neuwerk), sowie die Nordwestspitze Hadelns (Ritzebüttel). Auf Neuwerk errichten die Hamburger 1299 ein Leuchtfeuer, das 'Neue Werk', nach der die Insel nun benannt wird.

Obwohl die Richter und Schulzen des Landes Wursten im Jahr 1300 die Oberhoheit der Herzöge von Sachsen-Lauenburg anerkennen, akzeptieren sie 1304 auch eine geringe, jährliche Abgabe (Nummus) an den Erzbischof von Bremen. Ansonsten verwalten sie sich selbst.

1321 erklären sich die Herren von Elme (Elmlohe) als Burgmannen des Herzogs von Sachsen-Lauenburg und des Gräfen zu Hadeln. Im Fall des Konfliktes zwischen dem Herzog und ihren Verwandten, den Herren von Bederkesa, geloben sie Neutralität. 1326 verbündet sich die Stadt Bremen mit den Wurstern gegen Lehe, von wo aus ihnen (anscheinend von Bederkesa aus) "großer Frevel und Mutwille" angetan wurde. Überhaupt nehmen in der Region die Fehden und Räubereien, zu Land und zu See, ziemlich Überhand.

1334 wird das Benediktinerinnen-Kloster Altenwalde, das zuerst in Midlum gegründet wurde, nach Neuenwalde verlegt.

1343 überlassen die Herren von Bederkesa dem Erzbischof die alten, mittlerweile ziemlich nutzlosen, Wälle der Pippinsburg. 1346 gründen sie die Kirche in Elmlohe, da die Einwohner wegen der "Todfeindschaft zwischen ihnen und den (Wurster) Friesen" nicht mehr zu ihrer Mutterkirche gelangen können.

Die große Pestepedemie des 'Schwarzen Todes' von 1349 fordert auch in Hadeln und Wursten ihre Opfer.

Spätmittelalter

1382 kaufen der Erzstift Bremen und der Herzog von Sachsen-Lauenburg den Gebrüdern von der Lieth deren Anteil an der Burg Bederkesa ab. D.h., die ursprünglichen Herren von Bederkesa sind bereits verdrängt, vielleicht nach Elmlohe verzogen.

Nach einer Fehde mit den Lappes erwirbt die Stadt Hamburg 1394 deren Stammsitz, das Schloss Ritzebüttel, mit den dazu gehörigen Dörfern Döse, Duhnen und Stickenbüttel, sowie die Kirchspiele Altenbruch und Groden. Das Amt Ritzebüttel wird so zu einem wichtigen Stützpunkt Hamburgs im Kampf gegen Strand- und Seeräuber.

Nach dem Verlust ihrer Burgen verschwinden die Familien von Bederkesa und die Lappes langsam aus der Geschichte. Ihre Erben sind die Kuhles, die von Luneberg, die von der Lieth und die Laues, die auch Güter im Hadler Sietland und in der Marsch besitzen. Diese Familien gehen nach und nach wieder in der bäuerlichen Bevölkerung auf. Es profitiert v.a. das Klosteramt Neuenwalde, ein wichtiger Stützpunkt der bischöflichen Macht. Die Erzbischöfe erlangen ebenfalls die Kontrolle über den alten Ostegau, das spätere Amt Neuhaus/Oste, mitsamt der Börde Lamstedt.

Im Jahre 1400 erhält der Flecken Otterndorf die Stadtrechte. Das Schloss, das zuvor vom Erzbischof zerstört worden war, wird mit maßgeblicher Hilfe Hamburgs wieder auf- und ausgebaut. Von 1407 bis 1481 befindet sich das Land Hadeln sogar in hamburgischen Pfandbesitz. Schon zu dieser Zeit ist in Otterndorf eine Latein-Schule nachweisbar. Der Name Land Hadeln bezieht sich zu dieser Zeit aber nur noch auf die wohlhabenden Kirchspiele des Hochlands: Altenbruch, Lüdingworth, Nordleda, Neuenkirchen, Osterbruch und Otterndorf.

Wie schon ein Mal zuvor, zerstören 1420 aufständische Hadler und Kehdinger das erzbischöfliche Schloss Neuhaus.

1444 wird das ganze Land Wursten, wegen Strandraub an hamburger Gütern, mit dem Bann belegt. Der Bann wird in der Folge zwei mal verschärft und erst 1451 wieder gelöst.

1445 verpfändet der Herzog auch noch die Vogtei Bederkesa an Hamburg, während die Burg und die Gerichtsbarkeit schon längere Zeit dem Bremer Rat gehören. Zur Vogtei Bederkesa gehörten bereits seit 1388 auch die fünf Kirchspiele des Hadler Sietlands: Ihlienworth, Steinau, Odisheim, Süderleda und Wanna.

1456 kommt es zu einem gewaltsamen Aufstand der Hadler gegen die Hamburger. Die Hadler fordern nicht nur den ungehinderten Export von Weizen nach Holland, sondern auch die volle Gerichtsbarkeit und die Wahl des Gräfen, allerdings vergeblich. Während die Hamburger ihre Reiterei aus Ritzebüttel einsetzten, verschanzen sich die Hadler in ihren Kirchen. Durch Vermittlung verschiedener Räte kommt es zu einem Waffenstillstand und Gefangenenaustausch.

1462 und 1466 flackern auch in Wursten Aufstände gegen die Besatzung von Ritzebüttel auf.

Nachdem Herzog Johann von Sachsen-Lauenburg das Land Hadeln aus dem hamburgischen Pfandbesitz ausgelöst hatte, versucht er 1484 leichtsinniger Weise das Land Wursten mit Waffengewalt für seine Herrschaft zurück zu gewinnen.Seine böhmischen Söldner werden aber von den erbosten Wurstern aufgerieben, und der Herzog flieht zur Wasserburg Bederkesa. Als sich die Wurster zur Belagerung aufmachen, kann er sich angeblich nur mit Hilfe der Ihlienworther retten, die ihn heimlich auf einem Kahn heraus schmuggeln. Da die Burg schlecht vorbereitet ist, ergibt sie sich bald und kommt nie wieder unter die Kontrolle der Herzöge. Faktischer Eigentümer ist jetzt endgültig die Stadt Bremen. Die fünf Kirchspiele des Sietlands scheinen zu dieser Zeit aber wieder an Hadeln gefallen zu sein. Ein Jahr später erscheint ein bremisches Heer, das mit der Unterstützung der Wurster die Burg Elme zerstört.

Bauernkriege

1499 gärt es noch immer im Land Wursten. Die Einwohner verweigern dem Erzbischof den Gehorsam. Als Beweis, dass die Wurster dem Erzbischof auch in weltlichen Dingen Untertan seien, wird die jährliche Abgabe des 'Nummus' von 1304 angeführt. In einer bischöflichen Denkschrift heißt es: "Die Wurster wie ihre Marschennachbarn wollen sich nicht raten lassen, weil sie den Herrn nicht fürchten, ihre Obrigkeit nicht ehren, den Kirchen nicht gehorchen. Deshalb werden sie elende Sklaven sein der Fürsten der Finsternis." Mit letzteren sind übrigens der neue Regent von Hadeln, Herzog Magnus, sowie Graf Johann von Oldenburg gemeint.

Nach der Unterwerfung der Marschen von Butjadingen und Stadland, westlich der Weser, durch Graf Johann, versuchte der Rat von Bremen die Friesen zu einer Erhebung gegen Oldenburg aufzuwiegeln, allerdings vergeblich. Die Wurster wenden sich statt dessen um Schutz an den Erzbischof. Dieser nimmt die 'Unterwerfung' gnädig an und sendet prompt 1300 (bremische und hamburgische) Kriegsknechte ins Land. Auch Hadeln wird besetzt.

Herzog Magnus stellt daraufhin die 'Schwarze Garde' auf und erhält von den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg zwei 'Schlangenbüchsen' (Kanonen) und zwei Tonnen Schießpulver. Ende des Jahres zieht Magnus von Lehe aus gegen Wursten, wird aber bei Weddewarden geschlagen, überrumpelt auf dem Rückzug die Burg Bederkesa, und geht dann nach Hadeln. Anscheinend wird auch das Kloster Neuenwalde verwüstet. Am Neujahrstag 1500 erscheinen aber die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg mit Kriegsvolk vor Bremen. Diese überzeugen den Erzbischof den status quo vor Beginn der Feindseligkeiten wieder herzustellen. Die Schwarze Garde zieht ab und tritt in den Dienst des Königs von Dänemark, der sie gegen die aufständischen Dithmarscher, nördlich der Elbe, einsetzt. Dort werden die Söldner übrigens schon kurz darauf bei Hemmingstedt größten Teils vernichtet.

Der kriegerische Nachfolger des Erzbischofs Johann, Christoph von Braunschweig, denkt aber nicht daran den status quo beizubehalten. Er unterwirft 1512 die Kirchspiele Oppeln, Bülkau, Kehdingbruch und Belum. Diese hatten bisher, unter dem Vorwand zum Land Hadeln zu gehören, ihre Freiheit behaupten können. Sie werden nun an das erzbischöfliche Amt Neuhaus angeschlossen. Die Abgaben im Land Wursten werden unter Androhung schwerer Strafen eingetriebn.

Nachdem sich der Erzbischof bei seinen welfischen Verwandten und bei den bremischen Ständen rückversichert hatte, beginnt er im Dezember 1517 schließlich den ersten Eroberungskrieg gegen Wursten. Nach einem ersten Sieg bei Weddewarden unterliegen die Wurster am Wremer Siel. Sofort gibt der Erzbischof Befehl bei Weddewarden eine Festung zu erbauen. Er hebt die Verfassung auf und beansprucht die Gerichtsbarkeit. Die Wurster müssen, zum ersten Mal in ihrer Geschichte, Frondienst leisten.

Schon im Frühjahr des nächsten Jahres ist die Festung fertig. Als zwei Gesandte des Erzbischofs auch noch die Weddewardener Feldmark fordern, ist das Maß voll. Es kommt zum Gesandtenmord auf dem Klenckenhamm. In dem folgenden Aufstand werden die Ländereien des Klosters Neuenwalde verheert. Das Amt Neuhaus wird von Wurstern und Hadlern gemeinsam geplündert. Bederkesa wird bestürmt, die Börden Lamstedt und Ringstedt werden verwüstet. Danach huldigen die Wurster dem Herzog Magnus. Dieser bestätigt ihnen ihre alten Privilegien.

Die welfischen Verwandten des Erzbischofs vermitteln zunächst einen Waffenstillstand zwischen Erzbischof Christoph und dessen Onkel und Schwager (!) Herzog Magnus. Danach werden erstere in die Hildesheimer Stiftsfehde verwickelt und erleiden eine schwere Niederlage. Die Rache an den Wurstern muss erst einmal verschoben werden.

Erst 1524 erscheinen wieder 7000 Kriegsknechte, die für den Erzbischof die Länder Hadeln und Wursten erobern sollen. Im August dringen sie über Sievern in Wursten ein und stellen die Verteidiger auf dem Kirchhof von Mulsum. Zwar besitzen die Wurster Geschütze, können aber nicht mit ihnen umgehen. Sie erleiden große Verluste, und das Land wird geplündert. Danach dringen die Söldner auch in Hadeln ein, ohne auf Widerstand zu stoßen. Auch hier richten sie große Schäden an.

Im Jahr darauf wenden sich die letzten, verzweifelten Aufständler an Herzog Magnus. Dieser wirbt daraufhin ca. 1800 Kriegsknechte aus Ostfriesland an. in Wursten können sie aber, wegen der schweren Verwüstungen, schon nicht mehr genug Verpflegung finden. In Lehe sammelt sich während dessen das Aufgebot des Erzbischofs. Der nächtliche Überfall der herzöglichen Truppen auf Lehe missling. Dann wird ihnen der Rückzug abgeschnitten.

Der Erzbischof setzt nach seinem endgültigen Sieg seine Vögte in alle Wurster Kirchspiele. Die '16 Berater' werden abgesetzt. Hiermit wird das Ende der mehr als 300-jährigen Selbstbestimmung des Landes Wursten für immer besiegelt.

Fraglich sind die Zusammenhänge dieser Vorkommnisse mit dem großen Bauernkrieg, der weit entfernt, aber praktisch zur selben Zeit, in Oberschwaben ausbricht.

Reformation

Schon 1521 hatte ein gewisser Prediger Gerhard zum ersten Mal die neue Lehre des Martin Luther in Otterndorf verkündet. Sie verbreitete sich aus Mecklenburg, über Hollstein und Dithmarschen, auch nach Hadeln.

In den beiden Kriegsjahren verweigert nun der Pastor von Altenbruch die Pachtzahlungen an den Propst von Hadeln-Wursten. 1526 wird er deshalb nach Neuhaus zitiert. Die Gemeinde erhebt dagegen Einspruch und fordert statt dessen den Propst auf, nach Altenbruch zu kommen, um ihnen das Wort Gottes 'lauter und klarer' zu verkünden. Schließlich wolle der 'gute Hirte' ja auch die Milch und die Wolle seiner 'Schafe' nutzen. Das erboste Antwortschreiben des Propstes lässt nicht auf sich warten. Unverblümt droht er mit der Einschaltung befeundeter oder fremder Fürsten. Außerdem könne er den Altenbruchern das Evangelium sicher besser lehren, als "der ehrlose, entflohene Mönch, der das Volk verkehrt und verleitet."

Mit Genehmigung des Herzogs Magnus, der selbst übrigens katholisch bleibt, wird darauf hin in Altenbruch eine evangelische Predigt gehalten. Der Herzog, als Landesherr, versprach sich davon wohl v.a. eine Schwächung des erzbischöflichen Einflusses in seinen Territorien. Man ist sich der Risiken aber durchaus bewusst. Deshalb werden die Sakramente auch weiterhin in deutscher und lateinischer Form ausgeteilt. In einem diplomatischen Balanceakt erkennen die Hadler formell die Ansprüche des Propstes an, ohne sie faktisch zu erfüllen.

1535 fallen marodierende Söldner, unter dem Kommando eines gewissen Oberst Ovelacker, in Hadeln ein. Mit reicher Beute ziehen sie weiter. Magnus beschuldigt den Erzbischof (wohl nicht ganz zu Unrecht) der Anstiftung. Dadurch werden aber die Ansprüche des Propstes untergraben, und Altenbruch erkämpft sich 1538 als erstes Kirchspiel die freie Wahl des Pfarrers. Nach und nach setzt sich die Reformation auch in den anderen Teilen des Erzstifts durch.

Die Hadler sind auch militärisch nicht immer hilflos. Zu Ostern 1541 schlagen sie den Einfall von 10 Fähnlein Kriegsknechten blutig zurück.

Nach dem Tod Herzog Magnus' im Jahre 1543 nimmt sein energieloser Sohn Franz I. die Huldigung der Hadler Stände entgegen. Er bestetigt ihre Privilegien und veranlasst die Niederschrift des Hadler Landrechts. Bei den drei Ständen Hadelns handelt es sich übrigens nicht, wie sonst üblich, um Klerus, Adel und Bürger, sonder um das 'Erbland Hadeln' (= die wohlhabenden Bauern des Hochlands), die 'Fünf Kirchspiele' (= die weniger wohlhabenden Bauern des Sietlands) und das 'Weichbild Otterndorf' (= Bürger und Stadtbauern). Damit dürfte die Hadler Ständeverfassung ein Unikum in der europäischen Geschichte darstellen.

In den Vor- und Ausläufern des Schmalkaldischen Krieges leidet auch Hadeln wieder unter den Plünderungen und Erpressungen durchziehender Söldner. 1565 grassiert die Pest. 1570 richtet die 'Allerheiligen-Flut' großen Schaden an.

Im Jahre 1567 verzichtet Franz I. offiziell auf alle Ansprüche an Bederkesa, Lehe und dem Land Wursten. Dafür bindet er das Land Hadeln umso enger an seine Herrschaft. Diese zeichnet sich allerdings durch eine ungehemmte Schuldenwirtschaft und üppige Gelage aus, die von den Hadlern mit zusätzlichen Abgaben und Zöllen bezahlt werden müssen, sowie durch den Familienskandal um Franz' kostspielige Mätresse. Ansonsten bemüht er sich etwas um die Entwässerung des Sietlands. Seinem jüngeren Sohn Heinrich, dem Erzbischof von Bremen, verspricht er für den Fall seines Todes, unter Umgehung der älteren Brüder, das Land Hadeln. Dafür muss dieser ebenfalls väterliche Schuldn bezahlen. Als Franz I. 1581 verstirbt brechen vorhersehbarer Weise lange und bittere Erbstreitigkeiten unter seinen Söhnen aus.

Der Erzbischof (der mittlerweile ein reformiert-calvinistisches Glaubensbekenntnis vertritt) nimmt die Huldigung der Hadler entgegen. Endlich scheinen sich die langen Bemühungen der bremer Erzbischöfe um den Besitz des Landes auszuzahlen. Aber schon 1585 stirbt Heinrich in Bremervörde nach einem Sturz vom Pferd. Noch bevor die Nachricht seines Todes ins Land Hadeln gelangt, besetzt sein jüngerer Bruder Moritz das Otterndorfer Schloss. Die Einwohner jedoch umzingeln das Schloss und lassen keine Verpflegung mehr hinein. Als der regierende Herzog von Lauenburg Franz II. erscheint, ergreift Moritz die Flucht. Bald darauf kann Franz II. die Huldigung der Hadler Stände entgegen nehmen.

Um Ostern 1590 beginnt Franz II. mit dem Bau der Franzenburg, praktisch unter den Augen des hamburgischen Schlosses Ritzebüttel, das erst vor kurzem zur Festung erhoben worden war. Trotz, oder gerade wegen dieser offensichtlichen Drohung verläuft seine Herrschaft friedlich. Das Verhältnis zu den Hadler Ständen ist verträglich, auch wenn sich der Herzog oft mit neuen Verordnungen in die Rechtspflege und Kirchenordnung einmischt.

Obwohl es in Hadeln bisher keine besonderen Anzeichen für den in Mitteleuropa grassierenden Hexenwahn gegeben hatte, werden 1601 insgesamt 13 Personen wegen Zauberei verbrannt, während 3 andere bereits im Gefängnis versterben. Die persönlichen Überzeugungen des Herzogs scheinen beim Ausgang des Prozesses eine maßgebliche Rolle gespielt zu haben.

1606 wütet die Pest.

1618 werden beim Amt Ritzebüttel 916 Morgen Land neu eingedeicht. In diesem Koog entwickelt sich auch ein kleines Fischerdorf, der 'Koogshaven'. Dies ist die Keimzelle der späteren Stadt Cuxhaven.

Dreißigjähriger Krieg

Nach Franz II. Tod übernimmt Herzog August 1619 die Herrschaft. Während sich die ersten Kriegsjahre kaum in Hadeln auswirken, marschiert 1626 der Administrator von Magdeburg, im Auftrag des Königs von Dänemark Christian IV. gegen Schloss Ritzebüttel, das überrumpelt wird. Schon bei dieser Aktion handelte es sich nicht mehr um einen konfessionellen Konflikt, sondern um einen Zollstreit. Mehrere Monate liegen dänische Soldaten in Hadeln.

Nach dem Sieg der katholischen Liga über die Dänen in der Schlacht von Lutter am Barenberge, dringen katholische Truppen in den Erzstift Bremen ein, plündern Ritzebüttel, besetzen die Franzenburg und erzwingen hohe Geldzahlungen. Wegen ihrer Ausschreitungen machen sich die Kaiserlichen bald verhasst. Tilly selbst quartiert sich 1628 in der Festung Stade ein. Es beginnt die Rekatholisierung des Erzstifts Bremen.

Nach dem Sieg König Gustav Adolf von Schweden über Tilly bei Breitenfeld, wendet sich das Blatt. Jetzt geht auch der Erzbischof von Bremen gegen die Kaiserlichen vor. Die Franzenburg wird von Hadlern und Wurstern belagert und im Dezember 1631 besetzt. Im nächsten Jahr wird Hadeln für kurze Zeit von den Schweden besetzt. Die Wurster und Hadler halten bei den entstehenden Kämpfen den Ostedeich gegen die Kaiserlichen. Im Juli 1632 räumen die Schweden das Land.

Im Großen und Ganzen ist das Land Hadeln, wie der größte Teil des heutigen Niedersachsen, im Verlauf des Krieges ziemlich glimpflich davon gekommen. Jedoch scheint eine merkliche Verrohung der Sitten eingetreten zu sein. Z.B. wird 1634 der Schultheiß von Oster-Ihlienworth von seinem Kollegen aus Odisheim im Streit erstochen. Das Laster des Tabakrauchens wird von den Schweden übernommen.

Gegen Ende des Krieges kommt es zum Konflikt zwischen Dänemark und Schweden um die Hegemonie in Nordeuropa. 1645 besetzt der schwedische Graf Hans Christoph von Königsmarck die Stifte Bremen und Verden. Wieder sind Einquartierungen und Requirierungen fällig. Auf die Beschwerde der Hadler soll Königsmark geantwortet haben: "Man muss den Hadlern die silbernen Pflüge nehmen, sie können hierfür mit eisernen hinfahren, die Feldarbeit zu verrichten." (Bekannter wurden jedoch seine Enkelin Aurora, die spätere Geliebte August II., des Starken, und sein Enkel Phillipp Christoph, ein Abenteurer, der nach seiner unstandesgemäßen Liaison mit Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (der 'Prinzessin von Ahlden') wahrscheinlich ermordet wurde.)

Nach dem westfälischen Frieden von 1648 wird das Bistum Bremen säkularisiert und fällt an Schweden. Man erhebt aber auch Anspruch auf Lehe und das Amt Bederkesa. Nach langem Streit mit der Stadt Bremen erobert Königsmark 1654 das Schloss im Sturm und lässt den Burgwall schleifen. Das kleine Land Hadeln ist somit vollständig von schwedischem Gebiet umgeben.

Nach dem Tod Herzog Augusts gelangt 1656 sein Halbbruder Julius Heinrich zur Herrschaft. Obwohl dieser Katholik ist und während des Dreißigjährigen Krieges auf Seiten Wallensteins gestanden hatte, bestetigt er den Hadlern alle ihre Privilegien und die alte Kirchenordnung. Im Jahr darauf versuchen die Dänen erneut, den Schweden ihr neu gebildetes Fürstentum Bremen streitig zu machen. (Schwedisch-Polnischer Krieg, 1655 - 60) Eine dänische Kriegsflotte aus Glückstadt landet bei der Belumer Schanze, wird aber bald darauf wieder vertrieben. Ebenso beschießen die Dänen die Leher Schanze und die Stadt Bremervörde. Herzog Julius Heinrich beantragt die Anwerbung von Soldaten, aber die Hadler Stände bevorzugen die Selbstverteidigung durch die Landwehr.

1666 lässt sich Herzog Julius Franz in Hadeln huldigen. Als er 1689, nach weitgehend friedlicher Herrschaft, ohne männliche Erben stirbt, erlischt das askanische Haus von Sachsen-Lauenburg.

Obwohl ein Erbvertrag mit dem welfischen Herzog Georg Wilhelm von Celle-Lüneburg existiert, und die Gesandten aus Kur-Brandenburg, die im Namen des Fürstentum Anhalt Ansprüche erheben, von den Hadler Ständen abgewiesen werden, quartieren sich sowohl schwedische Reiter, als auch kursächsische Truppen im Land Hadeln ein. Um innere Wirren in Deutschland während der Zeit des pfälzischen Erbfolgekrieges gegen Frankreich zu vermeiden, stellt Kaiser Leopold I. das Herzogtum Lauenburg und das Land Hadeln unter seine direkte Verwaltung. Der kaiserliche Kommissar bestetigt den Ständen alle ihre kirchlichen und weltlichen Privilegien. Die neuen Statthalter und Gräfen halten sich danach nur noch selten im Land auf. Eine kleine schwedische 'Schutzwache' verbleibt in Hadeln.

Im Laufe des Großen Nordischen Krieges (1700 - 21) erobern die Dänen das schwedische Fürstentum Bremen. 1712 bricht die Pest unter den Soldaten aus und verbreitet sich im Jahr darauf auch im Umland. Zum Unmut der Stände wird jetzt ständig eine katholische Messe in Otterndorf gehalten, die vom kaiserlichen Kriegsvolk und anderen Fremden gut besucht wird.

1715 verkauft König Friedrich IV. von Dänemark die Herzogtümer Bremen und Verden an Georg I., Kurfürst von Hannover und König von England. Dieser erklärt daraufhin Schweden den Krieg. Gegen Ende des Jahres rückt eine Kompanie Hannoveraner in Hadeln ein, um die schwedische Wache zu entwaffnen. Dem widersetzten sich die Hadler mit unterstützung der Kaiserlichen. Die Hannoveraner ziehen unverrichteter Dinge wieder ab.

Die große 'Weihnachts-Flut' von 1717 richtet furchtbare Schäden an der ganzen Nordseeküste an.

1719 akzeptiert auch die Königin von Schweden eine Entschädigung für die Herzogtümer Bremen und Verden. Damit gehen sie definitiv in hannoverschen Besitz über. Im Land Hadeln steigt während dessen der Unmut über die ständig zunehmenden 'Geschenke' und 'Ehrensolde' an den kaiserlichen Kommissar, etc. Als Georg II., als Inhaber des Herzogtums Lauenburg, von den Hadlern die Huldigung fordert, wären ihm diese gern entgegen gekommen, da in Kur-Hannover solche Praktiken (angeblich) unter strengen Strafen stehen. Aber erst 1731 überlässt Kaiser [[Karl V. (HRR)<Karl V.]] das Land Hadeln an den Kurfürsten von Braunschweig und Lüneburg und König von Großbritannien. Hiermit sind alle Teile Hadelns, außer Ritzebüttel, zum ersten Mal seit mehr als 500 Jahren, wieder unter einem einzigen Souverän vereinigt.

Hadeln unter den Welfen

Im Kurfürstentum Hannover

Der Geheimrat Philipp Adolf von Münchhausen wird als Gräfe eingesetzt, residiert aber in Stade, und siedelt 1746 ganz nach Hannover über. Bei den Hadler Ständen wirbt er erfolgreich um Beiträge für die Errichtung und den Unterhalt der neuen Universität in Göttingen, die 1737 von seinem Bruder Gerlach Adolf von Münchhausen gegründet wird.

Vier Jahre nach der Huldigung löst Georg II. Bederkesa aus dem Pfandbesitz des Grafen Königsmark und richtet dort ein königliches Amt ein.

Schon bald nach Ausbruch des siebenjährigen Krieges (1756-1763) zwischen Österreich, Frankreich, Russland, Schweden und den meisten deutschen Fürstentümern einerseits, und Preußen, Großbritannien und Hannover andererseits, wird das ganze Kurfürstentum Hannover von französischen Truppen besetzt (Konvention von Zeven). Viele Hadler und Wurster fliehen vor den französischen Dragonern nach Hamburg oder Hollstein. Aber bereits Anfang 1758 dängt der Herzog Ferdinand von Braunschweig die Franzosen über den Rhein zurück.

Im weiteren Verlauf des Krieges sollen in Hadeln mehrmals Truppen ausgehoben werden. Die Stände widersetzen sich jedoch, unter Berufung auf ihre alten Privilegien. Sie akzeptieren nur einmalige Kriegsabgaben und die Bereitstellung von Trainknechten. Erst 1762 erzwingt ein Regiment hannoverscher Infanterie, mit der Unterstützung von Kavallerie und zwei Geschützen, die Aushebung von 300 Rekruten. Schon ein Jahr später ist der Krieg zu Ende.

1778 wird Johann Heinrich Voß Rektor der Latein-Schule in Otterndorf. In diese Zeit fällt seine maßgebliche Übersetzung der Odyssee ins Deutsche.

Während der Koalitionskriege (1792-1797; 1798-1802) gegen das revolutionäre Frankreich kommt es wieder zu Einquartierungen und zur Erhebung von Kriegssteuern an Hannover und Preußen. Rekrutierungen werden aber immer noch umgangen.

Mittlerweile kommt es zu Spannungen zwischen Preußen und Großbritannien. 1800 eskaliert der Konflikt um ein preußisches Schiff, das von Engländern gekapert wurde, und nun in Cuxhaven vor Anker liegt. Der hamburger Senat nimmt zwar unter großen Opfern die englische Besatzung gefangen, aber dennoch rücken zwei preußische Bataillone in Ritzebüttel ein. Ein Jahr später marschieren 24 000 preußische Soldaten in Kur-Hannover ein, um die Häfen in den Mündungen der Elbe, Weser und Ems zu verschließen. So versucht man, die Seeherrschaft Großbritanniens zu schwächen. Die Empörung über diesen Willkürakt ist groß.

'Franzosenzeit'

1803 nimmt Großbritannien den Krieg gegen Napoleon I. wieder auf. Daraufhin wird ganz Kur-Hannover von französischen Truppen besetzt. 1805 ziehen die Franzosen ab, um in Österreich zu kämpfen, und die Preußen, die sich in diesem Konflikt neutral verhalten, kehren zurück. Nachdem die Invasion Englands, durch die Vernichtung der französisch-spanischen Flotte bei Trafalgar, endgültig abgewendet wurde, landen englische Truppen in Cuxhaven, und die hannoversche Regierung wird kurzfristig wieder hergestellt.

1806 lassen sich die Preußen Kur-Hannover von Napoleon 'schenken'. Aber noch im selben Jahr bietet er den Briten den selben Köder an. Die Preußen lassen sich provozieren und stellen Frankreich ein verhängnisvolles Ultimatum. Nach den Niederlagen von Jena und Auerstedt müssen sich die Preußen zurück ziehen und die Franzosen besetzen Kur-Hannover ein zweites Mal. Jeglicher Handel mit England wird durch die Kontinentalsperre streng unterbunden. Auch Hadeln muss enorme Kriegskontributionen leisten.

1809 erobern englische Truppen Cuxhaven. Aber bald darauf werden sie von einem dänischen Corps im Auftrag der Frabzosen vertrieben.

1810 wird Kur-Hannover dem Königreich Westfalen, unter der Regierung von Napoleons Bruder Jerome, einverleibt. Das ganze deutsche Küstengebiet wird jedoch abgetrennt und zu einem Teil des Kaiserreichs Frankreich erklärt. Der Code civil wird eingeführt. Für den Bau zweier Forts vor Cuxhaven müssen Arbeitsdienste geleistet werden. Jetzt kommt es auch in Hadeln zu Aushebungen. 40 Rekruten des Jahrgangs 1791 nehmen an Napoleons Feldzug nach Russland teil.

Als die Nachrichten über den Untergang der 'Großen Armee' nach Deutschland gelangen, brechen im März 1813 in den Elbmarschen Aufstände gegen die französischen Besatzer aus. Den Widerstand in Bederkesa führt ein gewisser Hauptmann Böse. Der Aufstand in Lehe wird blutig nieder geschlagen. Die Kriegskontributionen werden mit Gewalt eingetrieben. Schließlich ziehen sich die Franzosen aber doch nach Hamburg und Ritzebüttel zurück. Im November muss sich die Besatzung von Ritzebüttel, nach heftiger Beschießung durch russische Truppen und eine englische Flottille, ergeben.

Nachdem der König von England eine provisorische Militärverwaltung in Hannover eingerichtet hat, müssen die Hadler erneut große Mengen Proviant liefern und Arbeiter für den Festungsbau stellen, dieses Mal aber für die russischen und alliierten Truppen. Das Trauma der 'Franzosenzeit' hat auch in Hadeln die Entstehung eines deutschen Nationalgefühls gefördert. Andererseits bleibt ein starkes Misstrauen gegen die preußischen Hegemoniebestrebungen zurück.

Im Königreich Hannover

1814 eröffnet Georg III. den Landtag in Hannover. Das Kurfürstentum, das neue Territorien hinzu gewonnen hatte, wird zum Königreich erhoben. Nach der Verfassungsreform von 1819 erhält Hannover eine Landständeversammlung mit zwei Kammern, einer ritterschaftlichen und einer bürgerlichen. Unter den 20 Deputierten des freien ländlichen Grundbesitzes ist das Land Hadeln mit zwei Deputierten überdurchschnittlich gut vertreten. In den folgenden Auseinandersetzungen zwischen König, Adel und Volk vertreten die Hadler fast immer eine liberale Position.

Nach seinem Aufenthalt im Seebad Cuxhaven 1823 verfasst Heinrich Heine seine Nordseebilder, mit denen er als erster deutscher Dichter das Meer und die Küste als Sujet entdeckt. Auch später ist er auf der Durchreise oft nach Hadeln gekommen.

Im Februar 1824 durchbriht eine Springflut die Deiche an mehreren Stellen. Aus allen Teilen Deutschlands und aus England gehen Spenden für die Notleidenden ein.

1827 tritt Hannover der Hansestadt Bremen mehrere Morgen des Leher Außendeichs an der Mündung der Geeste ab. Hier wird Bremerhaven gegründet. Schon zwei Jahrzehnte später ist Bremerhaven ein wichtiger Handelsplatz und Deutschlands größter Auswandererhafen.

Nach wiederholten schweren Überschwemmungen im Sietland wirbt der angesehene Hauptmann Böse aus Bederkesa für ein großes Entwässerungsprojekt, den Hadler Kanal, der in der Vergangenheit schon mehrmals projektiert, aber nie realisiert worden war. 1834 verfügt die Landdrostei Stade den Bau, aber die Bauern des Hochlands erreichen (wieder ein Mal) einen Aufschub, da sie selbst von der Entwässerung nicht profitieren, aber an den Kosten beteiligt werden sollen.

1837 endet die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover. Bald nach seiner Thronbesteigung löst Ernst August, der neue König von Hannover, die Ständeversammlung und das Grundgesetz auf. Dieser absolutistische Verfassungsbruch löst in weiten Kreisen Entrüstung und Unverständnis aus. Da viele Hadler eine enge Bezeihung zur Universität Göttingen haben, erregt besonders die Absetzung der Göttinger Sieben große Empörung.

Im Jahr darauf wird in Hannover eine neue Verfassung beraten. Die Hadler, die zuvor die Neuwahlen zur Ständeversammlung boykottiert hatten, lehnen die geplante Zusammenlegung ihres Landes mit den Herzogtümern Bremen und Verden ab, wegen des dortigen Übergewichts der Ritterschaft. Viele wohlhabende Hadler folgen dem Beispiel des Hauptmann Böse und verweigern die Steuerzahlungen. Es kommt zu polizeilichen Überwachungen, Strafeinquartierungen und Strafversetzungen von Beamten.

Nach seiner Rückkehr von Helgoland, wo er das 'Deutschlandlied' gedichtet hatte, besucht Hoffmann von Fallersleben 1842 das Land Hadeln. In Cuxhaven wird ihm von seinen zahlreichen Anhängern ein Festessen ausgerichtet. 1845 erneuert er seinen Besuch, wird aber, unter Protest der Hadler, von der Regierung ausgewiesen.

Während es im März 1848 in Berlin und Wien zur Revolution kommt, erfüllt König Ernst August von Hannover fast widerstandslos die Forderungen der Liberalen nach Pressefreiheit, Bürgerbewaffnung, Vereinsfreiheit, Schwurgerichten, und besonders nach Wahlen für ein deutsches Parlament. Auch in der ersten Kammer der hannoverschen Ständeversammlung wird die Vorherrschaft des Adels gebrochen. Unter den Hadler Liberalen bricht jedoch ein Streit aus, zwischen den Anhängern eines geeinten Deutschlands um Hauptmann Böse, und den Verfechtern eines hannoverschen Partikularismus.

Nach dem Tod Ernst Augusts besteigt 1851 der letzte König von Hannover den Thron, der blinde, wenig volkstümliche Georg V..

Mit etwa 20 Jahren Verspätung beginnt man 1853 endlich mit dem Bau des 'Hadler Kanals'.

1855 kommt es zu einem neuen Verfassungsbruch. Die zweite Kammer wird in der Folge mehrmals für längere Zeit aufgelöst und in der ersten Kammer wird die Ritterschaft wieder alleiniger Vertreter der freien Grundbesitzer. Die Hadler sind mit der Reaktion des Adels natürlich äußerst unzufrieden. Trotz enormer Wahlkampfversprechen der Regierung werden in Hadeln weiterhin oppositionelle, liberale Abgeordnete gewählt.

Während des deutsch-dänischen Krieges von 1864 blockieren drei dänische Fregatten die Schifffahrt in der Elbe- und Wesermündung. Ein vereinigtes Geschwader aus österreichischen und preußischen Schiffen unter Wilhelm von Tegetthoff vertreibt die Dänen nach einem Gefecht bei Helgoland.

Nach voran gegangenen diplomatischen Auseinandersetzungen um Schleswig-Hollstein und die deutsche Verfassung wird das Königreich Hannover 1866 von Preußen annektiert. Die preußischen Kreise Hadeln und Lehe decken sich weitgehend mit der alten Propstei Hadeln, und werden 1871 ein Teil des vereinigten Deutschen Reichs. 1879 nimmt die preußische Justizverwaltung den Kirchspielsgerichten einen Großteil ihrer verbliebenen Aufgaben. 1884 werden die Hadler Stände aufgelöst, 1885 das Konsistorium. Hiermit finden die letzten Reste der Hadler Selbstverwaltung ihr Ende.

Literatur

Eduard Rüther: 'Hadler Chronik. Quellenbuch zur Geschichte des Landes Hadeln.' 1932. Neu heraus gegeben von den Männern vom Morgenstern, Heimatbund an Elb- und Wesermündung, Bremerhaven 1979. Gustav von der Osten: 'Geschichte des Landes Wursten.' 1900 ff. Neu bearbeitete und ergänzte Auflage, 1932.