Adam Ferguson
Adam Ferguson (* 20. Juni 1723 in Logierait bei Perth; † 22. Februar 1816 in St Andrews) war ein schottischer Historiker und Sozialethiker der Aufklärung; er gilt als Mitbegründer der Soziologie, da er die Klassenunterschiede der bürgerlichen Gesellschaft aus den Eigentumsverhältnissen ableitete.
Leben
Adam Ferguson ging im schottischen Perth zur Schule und absolvierte sein Studium an der Universität St Andrews. Ab 1745 war er als Militärpfarrer tätig und machte im selben Jahr im Österreichischen Erbfolgekrieg die Schlacht bei Fontenoy mit. 1754 gab er die kirchliche Laufbahn auf und widmete sich fortan der Literatur. Im Januar 1757 wurde er Nachfolger von David Hume als Bibliothekar der Anwaltsfakultät, nahm aber bald darauf eine Stelle als Privatlehrer im Hause des Earls of Bute auf.
1759 wurde Ferguson Professor für Naturphilosophie an der Universität Edinburgh und wechselte 1764 in das Fach Geistes- und Moralphilosophie. Seine erste bedeutende Arbeit, den Essay of Civil Society, veröffentlichte er, gegen den Rat Humes, im Jahr 1767; sie fand große Beachtung und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. 1776 erschien (anonym) seine Schrift zur Amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, die eine Replik auf eine Veröffentlichung des Philosophen Richard Price war und mit der sich Ferguson auf die Seite des britischen Parlaments stellte.
1778 wurde Ferguson zum Leiter der Kommission ernannt, die - erfolglos - versuchte, mit den amerikanischen Rebellen zu verhandeln. 1783 erschien seine History of the Progress and Termination of the Roman Republic, die viel gelesen wurde und mehrere Auflagen erlebte. Er stellte darin anhand der römischen Geschichte die ethischen und politischen Doktrinen dar, denen er sich besonders gewidmet hatte. Das Geschichtswerk ist dabei objektiv und unparteiisch und zeugt von einem gewissenhaften Umgang mit den Quellen. In einigen Partien wird die praktische militärische Erfahrung des Autors deutlich. 1785 legte Ferguson seine Professur nieder und widmete sich nun der Überarbeitung seiner Vorlesungen, die er 1792 unter dem Titel Principles of Moral and Political Science herausgab.
Im Alter von 70 Jahren bereiste Ferguson den Kontinent, um Italien und die wichtigsten europäischen Metropolen zu besuchen, wo er von den jeweiligen wissenschaftlichen Kreisen ehrenvoll empfangen wurde. Seit 1795 ließ er sich zunächst auf Schloss Neidpath bei Peebles, dann in Hallyands am Manor Water und schließlich in St Andrews nieder, wo er 1816 im Alter von 92 Jahren verstarb.
Lehre
Ferguson sieht den Menschen in seinen ethischen Betrachtungen als ein soziales Wesen und er zeigt moralische Vorstellungen an politischen Beispielen konkret auf. Ferguson glaubte an den Fortschritt der Menschheit und konzentrierte sich bei seinen moralischen Betrachtungen auf den Aspekt des Strebens nach Vollkommenheit. Victor Cousin meinte dazu:
"In seiner Methode sehen wir die Weisheit und Umsicht der schottischen Schule, zugleich ist etwas Männlicheres und Entschiedeneres in den Ergebnissen. Das Prinzip der Vollkommenheit ist ein neues, das zugleich rationaler und umfassender ist als das Wohlwollen (benevolence) und das Sympathie (sympathy), was unserer Meinung nach Ferguson als Moralist über seine Vorgänger erhebt."
Mit diesem Prinzip versuchte Ferguson alle moralischen Systeme miteinander in Einklang zu bringen. Ebenso wie Hobbes glaubte er an die Macht des Eigeninteresses bzw. der Nützlichkeit und führte sie im Bereich der Moral als das Gesetz der Selbsterhaltung ein. Hutchesons Theorie eines universellen Wohlwollens und Smiths Vorstellung von der Sympathie verbindet er im Gesetz der Gesellschaft. Da diese beiden Gesetze aber eher als Mittel und weniger als Zweck menschlichen Strebens dienen, bleiben sie dem übergeordneten Ziel, nämlich der Vollkommenheit, untergeordnet.
Im politischen Teil seines Systems folgt Ferguson Montesquieu und spricht sich für die Sache einer wohlregulierten Freiheit und einer freien Regierung aus. Seine Zeitgenossen, mit der Ausnahme von Hume, sahen seine Arbeiten als bedeutend an, ohne dass er selbst allerdings wesentliche eigenständige Beiträge zur Moral- und Gesellschaftslehre beisteuerte, sondern nur bestehende Ansätze neu kombinierte (vgl. Leslie Steven, English Thought in the Eighteenth Century, S. 89-90).
Werke
- An Essay on the History of Civil Society, 1767
- Institutes of Moral Philosophy, 1769
- Principles of Moral and Political Science, 1792
Sekundärliteratur
- Norbert Waszek, "Adam Ferguson". - In: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie des 18. Jahrhunderts. Vol.1: Grossbritannien und Nordamerika, Niederlande. Hrsg. von Helmut Holzhey und Vilem Mudroch. Basel, Schwabe, 2004, pp. 603-618, 632-635 (Bibliographie). ISBN 3-7965-1987-3.
- Zwi Batscha und Hans Medick, "Einleitung," In Adam Ferguson, Versuch über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt/M: Suhrkamp, 1988.
- Lisa Hill, The Passionate Society. The Social, Political, and Moral Thought of Adam Ferguson. Dordrecht:Springer, 2006.
- David Kettler, Adam Ferguson. His Social and Political Thought. [with a new introduction and afterword by the author] New Brunswick and London: Transaction, 2005.
- Eugene Heath and Vincenzo Merolle, Hg., Adam Ferguson: History, Progress and Human Nature. London: Pickering and Chatto, 2008.
Weblinks
- Eintrag in der Classic Encyclopedia (englisch)
Personendaten | |
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NAME | Ferguson, Adam |
KURZBESCHREIBUNG | schottischer Historiker und Sozialethiker der Aufklärung |
GEBURTSDATUM | 20. Juni 1723 |
GEBURTSORT | Logierait bei Perth (Schottland) |
STERBEDATUM | 22. Februar 1816 |
STERBEORT | St Andrews |