Benutzer:DiethartK/Tuotilo von St. Gallen
Tuotilo von St. Gallen
Tutilo von St. Gallen (redirect)
Tuotilo von St. Gallen, oft auch Tutilo von Sankt Gallen oder kurz Tuotilo bzw. Tutilo genannt, * um 850 bis † 27. April (? auch 28. März) 913 (? auch 915) in Sankt Gallen war ein Mönch im Kloster St. Gallen.
Leben

Über das Leben Tuotilos ist nicht viel Fundiertes bekannt. Zum einen gibt es eine eher anekdotisch–literarische Quelle in Form der Schilderungen von Ekkehard IV. in der Geschichte des Klosters St. Gallen, den Casus Sancti Galli.[ADB 1] Darin wird Tuotilo gemeinsam mit Notker Balbulus und Ratpert als Schüler Isos genannt. Die drei Mönche waren nach Ekkehard enge Freunde. Tuotilo wird als ein muskulöser Mann mit einer klaren Stimme geschildert. Er wird ebenso als Maler, Musiker und Erschaffer von feinen Schnitzereien insbesondere der Elfenbeintafeln des Evangelium Longum hervorgehoben.
Zum anderen finden sich in den Urkunden des St. Gallener Klosters neun Erwähnung Tuotilos in verschiedenen Funktionen.
- Presbyter am 30. März 895.[EGR 1] Aus dieser ersten urkundliche Erwähnung leitet E. G. Rüsch ein Geburtsjahr um 850 ab.
- Cellerarius am 2. Juli 898.[EGR 1] Die Funktion des Wirtschaftsverwalters erfordert nach den benediktinischen Regeln eine gefestigte Persönlichkeit, die reif an Charakter ist.
- Secretarius anno 902.[EGR 1] Diese verantwortungsvolle Funktion wird zwar in den benediktinischen Regeln nicht erwähnt, wird sich aber nach E. G. Rüsch «ungefähr mit dem heutigen Mesmeramt decken».[EGR 2]
- Hospitarius Urkunde 4 bis 9. Die letzten urkundlichen Belege erfolgen von 904 bis 912 als Hospitarius . Auch dies ist ein durchaus verantwortungsvolles Amt. Im Zusammenhang mit anderen Erkenntnissen leitet E. G. Rüsch aus diesen Urkunden den 27. April 913 als Todestag ab.[EGR 1]
Zur Herkunft Tuotilos gibt es unterschiedliche Angaben. In der englischen Wikipedia ist Tuotilo gebürtiger Ire.[1] E. G. Rüsch legt dagegen durchaus überzeugend nahe, dass Tuotilo allemanischer Abstammung ist.[EGR 3]
In der englischen Literatur, der englischen Wikipedia und anderen englischen Internetquellen wird der Namens– und Todestag zumeist als der 28. März angegeben.[AB 1][2][3][4] In der deutschsprachigen Literatur wird allerdings der 27. April als Namens– und Todestag genannt und zumeist 913 als Todesjahr.[EGR 4][ADB 1]
Tuotilo ist nie seliggesprochen oder gar kanonisiert worden, wurde aber bis etwa ins 17. Jhdt. in St. Gallen und Umgebung quasi als Heiliger verehrt.[EP 1] Noch heute findet man in der St. Gallener Stiftskirche eine Darstellung von Tuotilo als Mönch mit Palette und Pinsel.[EP 2]
Bei Gustav Schwab findet sich eine Anekdote über eine Auseinandersetzung Tuotilos mit Sindolf, die auf Ekkehards Bericht basiert: Sindolf belauscht heimlich vor dem Fenster ein Gespräch zwischen den drei befreundeten Mönchen. Als Tuotilo dies bemerkt, schickt er Notker in die Kirche und weist Ratpert an, vor das Haus zu gehen und Sindolf mit einer Peitsche zu schlagen. Den auf Grund des entstehenden Lärms herbeieilenden Mönchen erklärt er, als sie Sindolf erkennen: Weh mir, daß ich meine Hand an des Bischofs Vertrauten gelegt habe.[5][6]
Werk
In den Codices sangallenses finden sich einige Werke, die ganz oder in Teilen Tuotilo zugeschrieben werden. Hier eine Auswahl:
- Cod. Sang. 53, Einband aus Elfenbein für das Evangelium Longum.[AvE 1] Diese Elfenbeintafeln sind wohl die bedeutendste Schnitzarbeit Tuotilos.[EGR 5]
- Cod. Sang. 382, ohne Titel.[GS 1] Dieser Codex enthält unter anderem Tropen von Tuotilo.
- Cod. Sang. 484, St. Galler Tropar.[BMvS 1] Diese Handschrift enthält unter anderem das bekannte Hodie cantandus est … (p. 13 bis p. 17).[EGR 6]
- Cod. Sang. 546, Collectio S. Gallensis troporum et sequentiarum[GS 2]
Ekkehard hebt Tuotilo als einen bedeutenden Verfasser von Tropen hervor. Da Tropen, anders als die Sequenzen, in aller Regel nicht mit einem Verfassernamen verbunden wurden, ist es meist nicht einfach, Tuotilo mit einem bestimmten Tropus in Zusammenhang zu bringen. Deshalb sei hier nur stellvertretend auf den Weihnachtstropus Hodie cantandus verwiesen, der allgemein zumindest in Teilen Tuotilo zugeschrieben wird.[EGR 7][KHW 1]
Quellen und Referenzen
- Ekkehart von Sankt Gallen, IV. (980-1056): Casus Sancti Galli, St. Galler Klostergeschichten, Übers. von Hans F. Haefele, 4. Ausgabe, Darmstadt 2002, ISBN 3-534-01417-0
- Anton von Euw: Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts. (Monasterium Sancti Galli 3) St. Gallen 2008
- Beat Matthias von Scarpatetti: Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen. Bd. 2: Abt. III/2: Codices 450-546: Liturgica, Libri precum, Deutsche Gebetbücher, Spritualia, Misikhandschriften 9.-16. Jahrhundert (im Druck), abgerufen am 23. Oktober 2009
- Gustav Scherrer: Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen. Halle 1875
- ↑ GS, S. 131, Beschreibung und Faksimile der Handschrift in den e-codices
- ↑ GS, S. 163-167, Beschreibung und Faksimile der Handschrift in den e-codices
Literatur
- Ernst Gerhard Rüsch: Tuotilo : Mönch und Künstler ; Beiträge zur Kenntnis seiner Persönlichkeit. St. Gallen, 1953, Abhandlung zur Erlangung der Doktorwürde der theologischen Fakultät der Universität Zürich
- ↑ a b c d EGR, S. 5-7
- ↑ EGR, S. 10
- ↑ EGR, S. 8
- ↑ EGR, S. 9
- ↑ EGR, S. 15ff.
- ↑ EGR, S. 32-33
- ↑ EGR, S. 30ff.
- Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons St. Gallen. Band III, Basel 1961
- Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), ab Seite 28, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tutilo&oldid=647123 (Version vom 3. Oktober 2009, 05:25 Uhr UTC)
- ↑ a b Meyer v. Knonau, Artikel: Tutilo, in Allgemeine deutsche Biographie ab S. 28
- Karl Heinrich Wörner: Geschichte der Musik : ein Studien- und Nachschlagebuch. 8. Aufl., neu bearb. von Wolfgang Gratzer, Hrsg. von Lenz Meierott, Göttingen 1993, ISBN 3-525-27812-8
- ↑ KHW, S. 57
- Alban Butler: Butler's lives of the saints. Ed. , rev. and suppl. by Herbert Thurston and Donald Attwater, Teil: 1: January, February, March, 2. ed., London, 1956
- ↑ AB, S. 696
- Johannes Duft und Rudolf Schnyder: Die Elfenbein-Einbände der Stiftsbibliothek St. Gallen. Beuron, 1984, ISBN 3-87071-041-1
- Josef Mantuani: Tuotilo und die Elfenbeinschnitzerei am "Evangelium longum".(= Cod. Nr. 53) zu St. Gallen, Strassburg, 1900
Einzelnachweise
- ↑ englische Wikipedia, Artikel Tuotilo
- ↑ Fios Feasa, Irish Language and Consultancy, [1] abgerufen am 7. Oktober 2009
- ↑ Saint Tutilo of Saint Gall, born c.850 in Ireland died c.915 at St. Gall, von SPQN abgerufen am 7. Oktober 2009
- ↑ Tutilo March 28 + c 915. A gifted and artistic monk at St Gall in Switzerland, von Orthodox England abgerufen am 7. Oktober 2009
- ↑ Gustav Schwab, Die Schweiz in ihren Ritterburgen und Bergschlössern, Band 2, Verlag Johann Felix Jacob Dalp, 1830, S. 104 von Google Books abgerufen am 23. Oktober 2009
- ↑ Ekkehard, "History of the Vicissitudes of St. Gallen" in G. G. Coulton, ed., A Medieval Garner, (London: Constable, 1910), pp. 18-22 von Medieval Sourcebook: Ekkehard of St. Gall: Three Monks of St. Gall abgerufen am 7. Oktober 2009
Weblinks
- e-codices St. Gallen enthält die Faksimiles der Codices Electronici Sangallenses
- Homepage der Stiftsbibliothek St. Gallen
- wissen-digital
- Wikisource ADB:Tutilo
- mueller science
- Medieval Sourcebook