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Prußen

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Die Pruzzen, oder auch Prussen oder Prußen, waren ein baltischer Volksstamm, der zwischen Weichsel und Memel siedelte, und auf den der Name Preußen zurückgeht. Die Bezeichnung Russen und Pruzzen (beziehungsweise Reußen und Preußen) haben eventuell einen gemeinsamen Ursprung und bedeuten laut einer Theorie blonde Menschen.

Als Brus werden sie von einem bajuwarischen Geographen im 9. Jahrhundert erwähnt; spätere Reisende wie Wulfstan von Haithabu und Ibrahim Ibn Jakub berichten ebenfalls über sie. Die Identifizierung in frühen Quellen, etwa die Aesti in Tacitus Germania oder in Jordanes De Origine Actibusque Getarum ("Vom Ursprung und den Taten der Gothen"), bleibt spekulativ.

In der Geschichtsschreibung tauchen die Pruzzen auf, als der böhmische Bischof Adalbert von Prag 997 versuchte, sie zu christianisieren. Die parallel zur Missionierung erfolgende Eroberungsversuche durch Boleslaw I. machten Adalbert als Spion verdächtig; seine Missachtung der heiligen Haine führte dann zu seinem Tod durch die Pruzzen.

In der Folgezeit versuchte Polen mehrmals, das Siedlungsgebiet der Pruzzen zu erobern, um damit einen Zugang zur Ostsee zu gewinnen. Diese ebenfalls unter dem Vorwand der Missionierung durchgeführten Kriegszüge scheiterten jedoch am Widerstand der Pruzzen. Um eine sichere Nordgrenze zu erreichen, bot der polnische Fürst Konrad von Masowien dem Deutschen Ritterorden Landrechte im Gegenzug für militärische Unterstützung an. Diese Landrechte wurden vom Papst und dem römischen Kaiser formell bestätigt.

Im Laufe des 13. Jahrhundert gelang dem Deutschen Orden nach langen Auseinandersetzungen, die Pruzzen zu unterwerfen und zu christianisieren.

  • 1234 erfolgreicher Feldzug des Ordens gegen die Pruzzen.
  • 1249 Vertrag von Christburg mit Friedensbedingungen.
  • 1260 bis 1272 Aufstand der Pruzzen

Während der prußischen Aufstände kam in Folge von Mord und Umsiedlungen eine Hohe Zahl von Pruzzen ums Leben, nach neuerer Forschung, je nach Gebiet, 20 bis 50% der Bevölkerung. Die in Texten des 19. und frühen 20 Jh. vertretene These, wonach bis zu 80% der Pruzzen umgekommen seien, lässt sich nicht halten. Die Behauptung ging von rassistischen Überlegungen aus und war verbunden mit der Mutmaßung, der Deutsche Orden habe einen "germanischen Siedlungsraum" schaffen wollen. Die den Krieg Überlebenden konnte noch lange ihre ethnische Identität bewahren und akkulturierten sich erst nach Jahrhunderten an das deutsche und litauische, zum Teil auch an das polnische Element.

In den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten sah der vom deutschen Orden gegründete Ordensstaat den geförderten Zustrom deutscher Ritter, Bauern und Bürger, wodurch die Altpreußische Sprache als eigenständige verschwand, aber Teile davon im ostpreußischen Platt und in den Ortsnamen erhalten blieben. Die vorchristliche Kultur der Pruzzen wurde von der katholischen Kirche unterdrückt. Nach der Reformation trat sie wieder offener in Erscheinung, und wurde noch bis ins 17. und 18. Jahrhundert etwa vom preußischen Historiker Christoph Hartknoch nachgewiesen. Die deutschen und anderen Einwanderer begannen sich zusammen mit den eigentlichen Pruzzen gemeinsam als Preußen zu verstehen. Die offizielle Landessprache wurde das (Mittel)niederdeutsche der Hanse, spezifisch die ostpreußischen Dialekte. In Danzig wurde die Niederdeutsche offizielle Amtssprache etwa 1577 vom Hochdeutschen abgelöst, was wahrscheinlich mit dem habsburgisch-kaiserlichen Vorstand des Deutschen Ordens als Administratoren Preußens zusammenhing.

Literatur

Boockmann, Hartmut: Deutsche Geschichte im Osten Europas -Ostpreußen und Westpreußen, Berlin 2002, ISBN 3-88680-772-X

Wunder, Heide: Siedlungs- und Bevölkerungsgeschichte der Komturei Christburg <13.-16. Jahrhundert>, Wiesbaden 1968