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Kestner Gesellschaft

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Eingangshalle der Kestnergesellschaft an der Goseriede

Die Kestnergesellschaft, (Kestner-Gesellschaft), ist ein Kunstverein in Hannover. Der Verein ist zu unterscheiden von dem ebenfalls in Hannover beheimateten Museum August Kestner.

Geschichte

Gründung 1916 und erste Jahre

Die Kestner-Gesellschft wurde am 10. Juni 1916, in den wirtschaftlich schwierigen Jahren des Ersten Weltkriegs gegründet. Die Gründung erfolgte zusammen mit der Hannoverschen Sezession zur Belebung des Kunstlebens. Gründungsanlass war das stocksteife kulturelle Klima der Provinzstadt Hannover, in der der Stadtdirektor unabhängige Ausstellungsmöglichkeiten verhinderte. Daraufhin hatte der Direktor des Kestner-Museums und Direktor der Städischen Galerie Brinckmann in Gemeinschaft mit seinem Assistenten Paul Erich Küppers und dem Direktor der Kunstgewerbeschule Wilhelm von Debschitz, beschlossen, einen neuen Verein ins Leben zu rufen. Das Anliegen war, international wichtige Künstler mit ihren aktuellen Werken nach Hannover zu holen. Der erste Direktor der Räume in der Königstraße war Paul Küppers [1]. Zu den Gründern gehörten neben Hermann Bahlsen, August Madsack und Fritz Beindorff, auch der Maler Wilhelm von Debschitz. In der ersten Ausstellung wurden neue Bilder von Max Liebermann gezeigt. Unter Eckart von Sydow, dem neuen Direktor, erhielt El Lissitzky im Jahr 1923 eine erste Ausstellung und den Auftrag, eine Mappe mit Lithografien als Jahresgabe für die Mitglieder zu entwerfen: die Proun-Mappe. Im gleichen Jahr wurden noch fünf weitere Mappen von Karl Schmidt-Rottluff, Max Kaus, Martel Schwichtenberg, Willy Robert Huth und László Moholy-Nagy aufgelegt [2]. Der Verein hatte unter der Leitung von Alexander Dorner und Justus Bier seine Blüte als Wegbereiter zur modernen Kunst.

Schließung 1936

Im Jahr 1936 drängten die Nationalsozialisten auf die Entlassung des Direktors Justus Bier, weil er jüdischer Herkunft war. Der Vorstand der Kestnergesellschaft lehnte eine Kollaboration jedoch ab und entschied sich stattdessen 1936 zur Schließung. Justus Bier konnte über die Schweiz in die USA fliehen [3].

Neugründung Warmbüchenstraße 1948

Nachdem die Kestnergesellschaft 1936 ihren Betrieb eingstellt hatte, erfolgte die Neugründung 1948 in der Warmbüchenstraße. Dabei übernahm Alfred Hentzen die Direktion, danach Werner Schmalenbach. Unterstützer waren unter anderem Hermann Bahlsen, Wilhelm Stichweh, Bernhard Sprengel und Günther Beindorff, der Direktor der Pelikan-Werke. Von 1963 bis 1973 war Wieland Schmied der Leiter des Hauses, ab 1974 Carl Haenlein. Unter seiner Direktion bezog die Kestnergesellschaft 1997 das neue Haus in der Goseriede.

Goseriede 1997

1997 bezog die Kestnergesellschaft nach einem Umbau das ehemalige Goseriedebad am Steintor [4]. Das Bad war 1902 – 1905 vom Stadtbaurat und späteren Abgeordneten des Provinziallandtages Carl Wolff als ein im Jugendstil gestaltetes Warmbad erbaut worden. 1990 erwarb die Verlagsgesellschaft Madsack [4] das Gebäude und bot Teile (das ehemalige Damenbad und die Eingangshalle mit sämtlichen Nebenräumen) der Kestnergesellschaft zur Nutzung an. Das Herrenschwimmbad wurde vom Rundfunksender Radio ffn übernommen. Nach einem international besetzten Architektenwettbewerb mit Unterstützung der NORD/LB wurde das Haus von den hannoverschen Architekten Kai-Michael Koch, Anna Panse und Andreas Christian Hühn in Zusammenarbeit mit der Kestnergesellschaft bis 1997 umgebaut und im gleichen Jahr mit dem BDA-Preis ausgezeichnet. Es verfügt mit 5 Hallen auf 2 Ebenen über insgesamt 1500 m² Ausstellungsfläche, eine Bibliothek, eine Buchhandlung und ein Bistro-Restaurant [5]. Im Gegensatz zum Vorgängerhaus genügt es den Anforderungen eines modernen Ausstellungsbetriebes [4]. Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zum Anzeigerhochhaus.

Als Direktor ist seit 2002 Veit Görner bestellt. Er war zuvor als Kurator am Kunstmuseum Wolfsburg tätig und hatte auch als Diplompädagoge sowie Sozialtherapeut gearbeitet [6]. Zum Vorstand und zum Kuratorium gehören namhafte Vertreter der Wirtschaft. Der Kunstverein ist mit 4000 Mitgliedern (2005) einer der größten und renommiertesten in Deutschland. Für besonderes Aufsehen sorgte 2005 das Projekt Haus im Schlamm des spanischen Künstlers Santiago Sierra, bei dem ein begehbarer Raum mit Schlamm an den Bau des Maschsees erinnern sollte.

Die Kestnerchronik

Die erste umfassende Dokumentation zur Arbeit der Kestnergesellschaft aus den 1960er Jahren ist das Werk von Wieland Schmied mit dem Titel "Wegbereiter zur modernen Kunst". Derzeit entsteht mit der Kestnerchronik eine Mischung aus historischer Forschung und Dokumentation in drei Bänden, von denen bisher nur einer veröffentlicht worden ist. Begleitet werden die Chronikbände von den Chronikeditionen einiger Künstler, die hier seit 1966 ausgestellt haben. Den Anfang machten Arbeiten von Anna und Bernhard Blume, Christo, Olav Christopher Jenssen, R.B. Kitaj und Imi Knoebel.

Das Buch 1 beinhaltet die ersten zwei Jahrzehnte von den Anfängen 1916 bis zum offiziellen Ausstellungsverbot durch die Nationalsozialisten 1936 bzw. bis zur Zerstörung des ersten Hauses in der Königstraße. Es erschien im November 2006. Es enthält einen Index aller Ausstellungen, Vorträge, Veranstaltungen und Konzerte und stellt die handelnden Verantwortlichen und Mitwirkenden vor. Enthalten sind dazu zeit- und geistesgeschichtliche Konnotationen, Dokumente und Fotografien. Das Buch 2 soll die Zeit des Neubeginns nach dem Krieg in der Warmbüchenstraße beinhalten. Das Buch 3 soll sich der Zeit in der Goseriede widmen, dem jetzigen Domizil der Kestnergesellschaft.

Die Kestnereditionen

Die Kestnereditionen erscheinen seit 2003 regelmäßig zu jeder Ausstellung. Grafik, Fotografie oder andere Arbeiten werden exklusiv für die Mitglieder der Kestnergesellschaft in geringer Auflage und zu einem günstigen Preis angeboten. Zusätzlich bietet die Kestnerschatzkammer die Möglichkeit, Arbeiten bedeutender zeitgenössischer Künstler zu erwerben.

Ausstellungen (Auszug)

Künstler von 1948 bis 1995



(ab 1997) [7]

Literatur

  • Wieland Schmied: Wegbereiter zur modernen Kunst – 50 Jahre Kestner-Gesellschaft. Hannover 1966.
  • Ines Katenhusen: Kunst und Politik. Hannovers Auseinandersetzungen mit der Moderne in der Weimarer Republik. Hahn, Hannover 1998, ISBN 3-7752-4955-9.
  • Veit Görner: kestnerchronik. Buch 1, Hannover 2006.

Quellen

  1. Alchimie im Damenbad - Im altneuen Haus mit Rebecca Horn: Die Kestner-Gesellschaft in Hannover im dritten Stadium (Elke von Radziewsky in DIE ZEIT, 22/1997)
  2. 1923. Die Mappen der Kestner-Gesellschaft Ausstellung 09. April 2008 – 29. Juni 2008 (auf www.sprengel-museum.de)
  3. Im Palast der Fantasie Die Kestner-Gesellschaft in Hannover begeht ihr 75-jähriges Jubiläum [...] Der Kunstauffassung der Nazis hatte der Verein sich in den Dreißigerjahren verweigert von Harald Fricke (24.08.2002) auf www.taz.de
  4. a b c "Deutschlands schönstes Ausstellungshaus" (Münchener Abendzeitung) - (Geschichte des Goseriedebades auf der Seite der Kestnergesellschaft)
  5. Und wann kommt Leonardo ins Damenbad? www.art-magazin.de Heftarchiv - Ausgabe: 5/1997 S. 36-39
  6. Ende einer Ära - Neuer Direktor für Kestner-Gesellschaft (Joachim Güntner in der Neuen Zürcher Zeitung, 20. Juni 2002)
  7. Archiv der Kestnergesellschaft vergangene Ausstellungen seit August 2004 auf www.kestner.org

Koordinaten: 52° 22′ 39″ N, 9° 43′ 54″ O