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Herbizid

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Herbizide (lat.: herba = Kraut, Gras) oder Unkrautbekämpfungsmittel sind Substanzen, die störende Pflanzen abtöten sollen.

Kulturpflanzen stehen im Wettbewerb mit Unkräutern um Wasser, Nährstoffe und Licht. Dichter Unkrautbewuchs kann die Ernte sehr erschweren und deutlich vermindern. Unkräuter können manuell, mit Maschinen oder mit Herbiziden dezimiert werden. Effektiv ist nur der chemische Einsatz mit Herbiziden.

Man unterscheidet dabei zwischen selektiven Herbiziden, die gegen bestimmte Pflanzen wirken und Breitbandherbiziden, die gegen sehr viele Pflanzen wirken. Während des Vietnamkrieges wurden Herbizide (insb. Agent Orange) auch zu militärischen Zwecken als Entlaubungsmittel verwendet.

Geschichte

Um 1851 verwendete man Eisensulfat, ab 1896 Kupfersulfat und Schwefelsäure zur Bekämpfung von Unkräutern. Später wurde Natriumchlorat (1926) und Dinitro-orthokresol verwendet.

Im Jahr 1942 wurde die 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure (2,4-D) als erstes hochwirksames Herbizid entwickelt.

Zwischen 1945 - 1960 folgten Carbamate, Harnstoffderivate. Zwischen 1960 - 1980 wurden Triazin-(z.B. Atrazin), Diazin-, Diphenylether-, Cyclohexadion-, Pyridat-, Amidderivate als Herbizide verwendet. Zwischen 1980 - 1990 folgten Sulfonylharnstoffe, Aminosäurederivate (z.B. Glyphosat, Glufosinat), Imidazoline.

Anwendung von Herbiziden

Die Aufbringung auf das Feld erfolgt in wässrigen Suspensionen Hersteller bieten Wirkstoffsuspensionen in Emulgaten und Pulvern an, die mit Wasser verdünnt werden. Setzt man die Herbizide vor oder während der Saat ein, so nennt man sie Vorlauf-Herbizide. Nachlauf-Herbizide verwendet man nach der Bildung von ersten Keimblättern.

Mitunter hat das Herbizid auch ein leichten Einfluss auf das Wachstum einer Kulturpflanze. Daher verwendet man Herbizide meist vor dem Aufbringen der Saat. Kulturpflanzen können die Herbizide schneller biologisch abbauen als Unkräuter, so dass die Herbizide hauptsächlich für Unkräuter schädlich sind. Vielfach sind besondere Chemikalien, sogenannte Safener, in der Wirkstofflösung enthalten. Die Safener bewirken in der Kulturpflanze eine noch schnellere biologische Stoffumwandlung der Herbizide, in Unkräutern bleibt hingegen die Schadwirkung erhalten.

In den USA und Argentinien ist die Verwendung von gentechnologisch veränderten Saatmaterial (z. B. Soja) mit hoher Herbizidresistenz besonders beliebt. Die Kulturpflanze ist unempfindlich gegen hohe Herbizidkonzentrationen, das Wachstum der Kulturpflanze bleibt gut.

Einteilung der Herbizide

Eine mögliche Einteilung erfolgt nach der Art der Wirkung:

Ätzende Herbizide
wirken durch Verätzung der Pflanzen und sind relativ unspezifisch, schädigen somit Schad- und Nutzpflanzen gleichermaßen. Eine Anwendung ist somit nur möglich, wenn zwischen Unkräutern und Nutzpflanzen ein ausreichender Abstand besteht. Beispiele sind gebrannter Kalk oder Chlorate.
Wachstumshormone
wirken als Wuchsstoffe und beruhen auf dem Prinzip, dass die Pflanze schneller wächst als sie sich mit Nährstoffen versorgen kann, was zum Absterben führt.
Chloroplastensynthesehemmer
hemmen die Bildung von Chloroplasten, die für die Photosynthese und damit für die Ernährung der Pflanze zuständig sind.
Photosynthesehemmer
Kontaktherbizid gegen zweikeimblättrige Unkräuter, das die Photosynthese der Pflanzen (z.B. Bentazon) hemmt.
Breitbandherbizide
oder „nicht selektive Herbizide“ (umgangssprachlich aber nicht korrekt auch Totalherbizide genannt) wirken auf sehr viele Pflanzen und töten sie ab. Bekannte Breitbandherbizide sind das unter dem Handelsnamen Roundup vertriebene Glyphosat und das nicht mehr zugelassene UnkrautEx auf Basis von Natriumchlorat. Seit einigen Jahren werden mit gentechnischen Methoden Pflanzen gezüchtet, die gegen Breitbandherbizide resistent sind. Diese sogenannte Grüne Gentechnik ist beispielsweise zugunsten der Breitbandherbizide Roundup und Basta (Wirkstoff: Glufosinat) angewendet worden.

Einteilung der Herbizide nach Angriffspunkten im Stoffwechsel der Pflanzen:

Mitosehemmer oder Keimhemmer
hemmen die Zellteilung.
Wuchsstoff-Herbizide
führen dazu, dass sich die Pflanzen „zu Tode wachsen“.
Aminosäure-Antagonisten
hemmen die Bildung wichtiger Aminosäuren (Beispiel: Glufosinat).

Einteilung der Herbizide nach chemischer Struktur des Wirkstoffes:

Organische Verbindungen
haben humantoxische Nebenwirkungen.
Anorganische Verbindungen
wirken wenig spezifisch.

Resistenzen

Durch den mehrfachen Einsatz einer einzigen Wirkstoffgruppe über mehrere Jahre hinweg können besonders in Monokulturen resistente Unkräuter selektiert werden. Dieses Phänomen wurde bei fast allen Wirkstoffgruppen beobachtet. Besonders häufig werden dabei Pflanzen mit einer hohen Reproduktionsrate resistent. Ein aktuelles Beispiel stellt der Acker-Fuchsschwanz in Deutschland dar. [1]

Ökologische Wirkungen bei großflächiger Anwendung

Roundup-Einsatz auf einem Acker nördlich von Dresden

Bei der großflächigen und dauerhaften Anwendung von Herbiziden kann sich das Pflanzenartenspektrum in der Agrarlandschaft stark verringern.[2] Da von jeder Pflanzenart mehr oder weniger viele Insektenarten abhängig sind[3] und von diesen wiederum andere Tiere (Nahrungsketten), besteht die Gefahr der generellen Artenverarmung in der Feldlandschaft. Der massive Artenrückgang (Verlust der Biodiversität) in den Agrarlandschaften Europas ist vor allem eine Folge dieser Zusammenhänge. Allerdings ist der Anteil des Herbizid- und Insektizideinsatzes in der Landwirtschaft an den Ursachen des Artenrückgangs nicht klar bestimmbar.

Es gibt aktuelle Hinweise darauf, dass sich die flächendeckende Anwendung von Breitbandherbiziden in einigen Regionen Deutschlands (z.B. in Sachsen) in den letzten Jahren weiter verstärkt hat. Die verstärkte Anwendung erfolgt insbesondere im Zuge des sog. Mulchsaatverfahrens. Dabei wird auf eine mechanische Unkrautbekämpfung (Pflügen) verzichtet und stattdessen Breitbandherbizide (z.B. Roundup) verwendet. Der Verzicht auf das Pflügen des Bodens ist eine Abkehr von der umweltschonenden Kombination mechanischer und chemischer Unkraut- und Schädlingsbekämpfung. Ein ähnliches Verfahren erfolgt bei der Umwandlung von blüten- und artenreichen Mähwiesen in ertragreiches, aber artenarmes Intensivgrünland (Abtöten des vorherigen Pflanzenbestandes - umbruchlose Neuaussaat schnell wachsender, eiweißreicher Gräser).[4] Zwar handelt es sich dabei um bodenschonende Verfahren, welche in erosionsgefährdeten Hanglagen durchaus sinnvoll sind, allerdings sind die Folgen bei nahezu flächendeckender Anwendung in der Landwirtschaft auf die Biodiversität noch nicht absehbar.

Einzelnachweise

  1. Seite des Herbicide Resistance Action Committee
  2. Institut für Unkrautforschung Braunschweig
  3. Probst, Wilfried: Pflanze und Insekt. In: UB 236/Juli 1998
  4. Aktuelle Entwicklungen von Landwirtschaft und Naturschutz im Landschaftsschutzgebiet „Moritzburger Kleinkuppenlandschaft“ (Sachsen, Landkreis Meißen). Denkschrift der NABU-Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf. Februar 2008

Literatur

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