Fallschirmspringen
Fallschirmspringen bezeichnet die Gesamtheit von Absprung, anschließendem Fall bzw. Flug und abschließender Landung einer Person aus einer so erhöhten Position (meist aus Luftfahrzeugen), daß ohne den dabei benutzen Fallschirm das Auftreffen am Boden aufgrund der Fallhöhe i.d.R. Verletzung oder Tod zur Folge hätte. Der Fallschirm dient dabei letztlich dem Erreichen einer verträglichen Sinkgeschwindigkeit (i.d.R. bis ca. 5 m/sek) zum Zeitpunkt der Landung. Diese Verringerung der Sinkgeschwindigkeit wird, je nach Fallschirmtyp, alternativ allein durch Vergrößerung des Luftwiderstandes (Rundkappenfallschirme) oder durch Nutzung eines aerodynamisch erzeugten Auftriebes (Flächenfallschirme) erreicht. Die Verzögerungswirkung des Fallschirms kann entweder unmittelbar beim Absprung oder auch erst zu einem späteren Zeitpunkt während des Falles automatisch oder manuell aktiviert werden, erfordert zur sicheren Nutzung jedoch eine gewisse Mindesthöhe respektive Mindestzeit.
Fallschirmspringen findet Anwendung zur Rettung der Besatzung von Luftfahrzeugen in Luftnot, ist militärisch eine der möglichen Einsatzarten der Fallschirmjägertruppe und sonstiger Spezialeinheiten und zivil auch als Luftsportart verbreitet. Für das sportliche Fallschirmspringen hat sich weitgehend auch der englische Begriff Skydiving eingebürgert. Zum Teil ist der Fallschirm dabei nur noch Mittel zum Zweck der verletzungsfreien Landung und der sportliche Schwerpunkt liegt auf dem noch verzögerungslos ausgeführten Fall bzw. Flug vor Öffnung des Fallschirms, der dann (trotz der physikalisch i.e.S. wegen des wirkenden Luftwiderstandes unzutreffenden Bezeichnung) als Freifall (s.a. Freier Fall) bezeichnet wird.
Allgemein

Gesprungen wird meistens aus einem Flugzeug oder einem Hubschrauber, grundsätzlich sind Absprünge aber aus jeder Art von Luftfahrzeug möglich (z. B. auch aus Heißluftballons, Motorseglern, Segelflugzeugen etc.). Je nach zugelassenem Sprungplatz (eng. drop zone) und verwendetem Luftfahrzeug erfolgt ein Fallschirmsprung im Allgemeinen aus ca. 1.000 bis 4.500 Metern über Grund.
Im freien Fall kann die Geschwindigkeit zwischen 150 km/h und weit über 300 km/h betragen (bei der "klassischen" Freifallhaltung in Bauchlage liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei etwa 180 km/h). Sie wird im Wesentlichen durch den Luftwiderstand und die Körperhaltung des Springers bestimmt.
Der Fallschirm wird i. d. R. zwischen 1.200 und 700 Metern über dem Erdboden geöffnet. Gesteuert wird der Flächenfallschirm durch eine rechte und eine linke Steuerleine, die die Kappe jeweils einseitig abbremsen. Durch gleichzeitiges Ziehen an beiden Steuerleinen vermindert sich die Geschwindigkeit, und man wird im Idealfall so stark abgebremst, dass eine stehende Landung möglich ist.
Im Notfall, also bei Öffnungsstörungen etc., kann die Hauptkappe durch ein sog. Trennkissen (bzw. bei Rundkappen durch Kappentrennschlösser) abgetrennt werden und durch Betätigen einer zweiten Öffnungsvorrichtung der Reserveschirm geöffnet werden. Weitere Sicherheit wird durch sogenannte Öffnungsautomaten (z.B. Cypres) erreicht. Diese messen Höhe und Fallgeschwindigkeit des Springers und öffnen automatisch die Reserve wenn in einer definierten Höhe eine definierte Geschwindigkeit überschritten wird.
Zum Erlernen gibt es zwei zugelassene Ausbildungsmethoden: die neuere AFF-Ausbildung und die ältere konventionelle Fallschirmausbildung.
Disziplinen


Das Fallschirmspringen untergliedert sich in verschiedene Disziplinen:
- Zielspringen - Der Springer versucht, bei der Landung einen vorgegebenen Zielpunkt möglichst präzise zu treffen.
- Para-Ski - Eine Wintersportkombination aus Zielspringen und anschließendem Riesentorlauf, die ihren Ursprung in der Bergrettung hat.
- Stilspringen - Der Springer absolviert im freien Fall eine möglichst große Anzahl vorher festgelegter exakter Figuren in möglichst sauberer Ausführung. Diese Disziplin ist inzwischen durch das breiter gefächerte Freestyle-Springen weitgehend verdrängt worden.
- Freifallformation / RW (Relative Work) - Der Springer fällt bäuchlings und bildet mit anderen Springern im freien Fall Figuren, die zwei bis mehrere Hundert Springer groß sein können [1]. Die gängigsten Varianten bei Wettbewerben sind 4er- und 8er-Formationen, die in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele vorher festgelegte Figuren absolvieren müssen.
- Kappenformation / CF (Canopy Formation) / CRW (Canopy Relative Work) - Nach dem Absprung wird sofort der Fallschirm geöffnet, und die Springer bilden Formationen am geöffneten Schirm [2].
- Freeflying - Der Springer fällt im Sitzen (Sitfly) oder auf dem Kopf (Headdown).
- Skysurfing - Fallschirmsprünge mit einem an den Füßen befestigten "Surfbrett", mit dem in begrenztem Umfang sogar Gleitflüge möglich sind. Einer der maßgeblichen Entwickler dieser Disziplin war der französische Extremspringer Patrick de Gayardon (1960-1998) [3].
- BASE-Jumping - BASE steht für "Buildings, Antennas, Spans and Earth" und ist eine Bezeichnung für Sprünge von festem Untergrund, z. B. von Brücken, Hochhäusern, Antennenmasten, Felsen usw. [4]. Aufgrund des extremen Risikos sind BASE-Sprünge nur an wenigen Orten auf der Welt dauerhaft erlaubt, zusätzlich gibt es Einzelgenehmigungen für besondere Veranstaltungen.
- Swoopen - Disziplin, bei der am Schirm kurz vor der Landung hohe Geschwindigkeiten knapp über dem Boden (Wasser) geflogen werden. Ziel ist es, das Steigen des Schirmes, welches sich durch den erhöhten Auftrieb beim Bremsen entwickelt, solange wie möglich in ein Verhalten umzusetzen, daß der Fallschirm weder sinkt noch steigt. Gefährlichste Disziplin, da knapp über Grund noch mit voller Vorwärtsfahrt geflogen wird und, um den Effekt noch zu erhöhen, kurz vor dem eigentlichen Swoop eine sehr hohe Anfangsgeschwindikeit durch z.B. einem Hook Turn aufgebaut wird.
- Wingsuits - Durch einen Flügelanzug, bei dem sich zwischen den Beinen und zwischen Armen und Körper Stoff befindet, wird aus dem vertikalen Fall ein Fliegen, mit einer vertikalen Geschwindigkeit von 80 km/h bei einer Vorwärtsgeschwindigkeit von 120 km/h. Häufig wird auch der Ausdruck Birdman-Anzug, nach dem führenden Hersteller, synonym verwendet.
Abgesehen von den Disziplinen "Zielspringen" und "Kappenformation" liegt der Schwerpunkt beim Skydiving auf dem freien Fall, nicht auf der Fahrt am geöffneten Schirm.
Geschichte

Bereits Anfang des 14. Jahrhunderts benutzten chinesische Zirkusartisten Sonnenschirme, um von hohen Türmen zu springen. Leonardo Da Vincis Pyramidenförmiger Fallschirm aus Leinen und Holz hätte damals auch schon aus ~3km Höhe funktioniert, er fliegt sogar sanfter als moderne Fallschirme, nur sein Gewicht von 90kg ohne Lenkung bereitet Probleme beim Aufsetzen.
Als erster Mensch der Neuzeit sprang der Franzose André-Jaques Garnerin (1769-1823) am 22. Oktober 1797 aus einem ca. 400 m hoch fliegenden, mit Wasserstoff gefüllten Ballon über Paris ab. [5]
Als eine der ersten Fallschirmspringerinnen gilt die deutsche Luftakrobatin Käthe Paulus (1868-1935). Sie war zugleich auch die erste deutsche Berufsluftschifferin und die Erfinderin des zusammenlegbaren Fallschirms.
Urban Legend
Des öfteren hält sich das Gerücht, der Fallschirmspringer würde beim Öffnen des Schirms wieder nach oben gezogen. Das ist aber falsch.
Bei Filmaufnahmen hat man manchmal den Eindruck als würde sich ein Fallschirmspringer beim Öffnen des Fallschirms nach oben bewegen. Diese Aufnahmen entstehen, wenn der Kameramann ebenfalls mit dem Fallschirm abspringt und neben dem Springer nach unten fällt.
Da der Springer, welcher der Kamera gegenüber fliegt, bei der Schirmöffnung extrem abgebremst wird und der Kameramann aber mit gleichbleibender Geschwindigkeit weiter nach unten fällt, sieht es so aus als würde der aufgenommene Fallschirmspringer sich nach oben bewegen
Weblinks
Verbände und Behörden
- Skydive Saulgau - Größtes Fallschirmsprungzentrum in Süddeutschland
- Deutscher Aero Club e.V. (DAeC)
- Deutscher Fallschirmsportverband e.V. (DFV)
- Internationaler Pink Parachute Club (IPPC)
- United States Parachute Association (USPA)
- Österreichischer Aero Club (ÖAeC)
- Schweizerischer Fallschirm-SportVerband (FSV)