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50+1-Regel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die sogenannte 50+1-Regel (manchmal auch 50+1-Regelung) ist ein Paragraph in den Statuten der Deutschen Fußball-Liga, nach dem es Kapitalanlegern nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit in von Fußballvereinen gegründeten Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die üblicherweise Profimannschaften ausgegliedert werden. Wie beispielsweise bei der Bundesligamannschaft des Vereines Borussia Dortmund, die in eine börsennotierte Kommanditgesellschaft auf Aktien ausgelagert ist, ist es dennoch möglich, dass die Mehrheit des Kapitals Investoren gehört.

In der österreichischen Bundesliga gilt eine ähnliche Regelung.

Entwicklung und Hintergrund

Zum Schutz des Wettbewerbs in den Profiabteilungen der deutschen Fußballligen[1] legte der DFB in seiner Satzung im § 16c Abs. 2 fest, dass ein Verein nur eine Lizenz erhalten kann, wenn „50 Prozent zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmanteils in der Versammlung der Anteilseigner“ der „Mutterverein“ inne hat.[2] Diese Regelung wurde wörtlich in die Satzung der DFL (§ 8 Abs. 2) übernommen.[3]

Hintergrund dieser Regelung ist, dass verhindert werden soll, dass Großunternehmen oder andere Kapitalgeber die vollständige Kontrolle über die Profimannschaften von traditionsreichen Vereinen übernehmen, wie dies vielfach in England in der Premier League und in der Football League praktiziert wird. So sollen die sportlichen Interessen der Vereine vor den wirtschaftlichen Interessen der Investoren gewahrt werden. Allerdings gibt es viele wettwerbsrechtliche Bedenken gegen die Regelung in Deutschland, und auch in Deutschland ließ der Ligaverband in seiner Satzung Ausnahmen zu:

„Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes.“

Satzung des Ligaverbandes, Seite 8[3]

Kritik

Kritisiert wird vielfach, dass die Regelung gegen EU-Recht verstoße. Ebenso bemägeln einige deutsche Vereinsmanager, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich zu anderen Profiligen in finanziellen Rückstand gerate und sportlich auf internationaler Ebene nicht mithalten könne. Folglich gibt es seit dem Jahr 2007 einige Forderungen aus den Führungsabteilungen von Profifußballmannschaften in Deutschland, diese Regelung abzuschaffen, um das Interesse von weiteren Investoren zu locken.[4] Die Regelung wurde bisher beibehalten, steht aber weiter in der Diskussion.[5] Hannover 96 hat mittlerweile einen Antrag zur Änderung der 50+1-Regel eingebracht, der bei der nächsten Mitgliederversammlung des Ligaverbandes am 10. November 2009 behandelt werden wird.

Andererseits wird die 50+1-Regel als „stumpfes Schwert“ kritisiert, weil durch die Möglichkeit, dass ein Unternehmen die Mehrheit des Kapitals stellen kann, eine „extreme wirtschaftliche Abhängigkeit“ entstehe.[6] Als Beispiel dafür wird die Betreibergesellschaft der TSG 1899 Hoffenheim genannt, deren Kapital zu 96 Prozent von Dietmar Hopp gestellt wird, obwohl sein Stimmrecht auf 49 Prozent beschränkt ist.[7] Auch im Falle von RB Leipzig, wo (ähnlich wie beim FC Red Bull Salzburg) nur 7 Red Bull nahe stehende Gründungsmitglieder ein Stimmrecht im Verein haben, fürchtet DFB-Vizepräsident Rainer Koch, dass die 50+1-Regel „unterlaufen“ wird.[8] Die Ausnahmeregelung für langjährige Förderer steht ebenfalls in der Kritik, weil sie „ungleichen Wettbewerb“ fördere.[6]

Des Weiteren wird dem Präsidenten der DFL Reinhard Rauball Eigeninteresse vorgeworfen, weil er gleichzeitig Präsident vom Bundesligisten Borussia Dortmund ist.[9]

Ausgegliederte Profimannschaften der 1. Bundesliga

Kapitalgesellschaft Kapitalanleger
1. FC Köln GmbH & Co. KGaA 100% 1. FC Köln 01/07 e. V.
Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH 100% Bayer AG[A 1]
Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA 65,83% Streubesitz
14,44% Morgan Stanley
7,50% Bernd Geske
7,24% BVB 09 e. V. Dortmund
4,99% Blue Bay Asset Management
Borussia VfL 1900 Mönchengladbach GmbH 100% Borussia VfL 1900 Mönchengladbach e. V.
Eintracht Frankfurt Fußball AG 100% Eintracht Frankfurt e.V.
FC Bayern München AG 90% FC Bayern München e. V.
10% Adidas AG
Hannover 96 GmbH & Co. KGaA 100% Hannoverscher SV von 1896 e. V.
Hertha BSC GmbH & Co KGaA 100% Hertha BSC e. V.
TSG Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH (Anteilseigner unbekannt)
VfL Wolfsburg-Fußball GmbH 100% Volkswagen AG[A 1]
Werder Bremen GmbH & Co. KGaA 100% SV Werder von 1899 e. V. Bremen

Anmerkungen:

  1. a b Wegen der Ausnahmeregel besitzt ein Unternehmen die Stimmenmehrheit.

Einzelnachweise

  1. 50+1 Regelung soll weiter gehen
  2. Satzung des Deutschen Fußball Bundes
  3. a b Satzung des Ligaverbandes
  4. Zukunft der 50+1-Regel offen
  5. Investoren: Kind setzt DFL unter Druck
  6. a b Christian Witt: Vorsicht, Finanzdoping! In: Focus. Nr. 51, 2008, S. 170 (uni-muenster.de [PDF; abgerufen am 1. Oktober 2009]).
  7. Christian Witt: Das Kapital bin ich. In: Focus. Nr. 51, 2008, S. 168–169 (uni-muenster.de [PDF; abgerufen am 1. Oktober 2009]).
  8. DFB-Vize Koch will Satzung von RB Leipzig prüfen. In: Focus online. 5. September 2009, abgerufen am 1. Oktober 2009.
  9. Befreit die Liga von der Vereinsmeierei!