Glasfaserkabel

Glasfaserkabel (oder auch Lichtwellenleiter, LWL) sind flexible Leitungen aus Quarzglas(SiO2), in denen Licht kontrolliert geleitet werden kann. Physikalisch gesehen handelt es sich dabei um Hohlleiter. Glasfaserkabel kommen heute vor allem als Übertragungsmedium für leitungsgebundene Telekommunikationsverfahren, zur Übertragung von Energie (z.B. Laserlicht oder UV-Licht) sowie in der Messtechnik (z. B. bei Infrarotthermometern) zum Einsatz.
Aufbau und Funktionsweise
Glasfaserkabel bestehen aus hochtransparenten Glasfasern aus reinstem Quarz, die mit einem Glas niedrigerer Brechung ummantelt sind. Lichtstrahlen, die an einem Ende der Faser eingespeist werden, werden durch Totalreflexion an der Grenze der beiden Gläser innerhalb der einzelnen Fasern weitergeleitet. Dabei ist unter Licht nicht nur das sichtbare Licht, sondern auch langwelligeres Infrarot- und kurzwelligeres Ultraviolettlicht zu verstehen, das je nach Material auch durch die Glasfasern übertragen werden kann. Eine untere Grenze der Wellenlänge ist bei etwa 250 nm; Ultraviolettstrahlung kürzerer Wellenlänge verursacht Defekte im Glas (Solarisation), die es auf Dauer undurchsichtig machen.
Die Faser besteht aus einem Kern (Core), einem Mantel (Cladding) und einer Beschichtung (Coating oder Buffer). Der lichtführende Kern dient zum Übertragen des Signals. Der Mantel ist auch lichtführend, hat jedoch eine niedrige Brechzahl. Der Mantel bewirkt dadurch eine Totalreflexion an der Grenzschicht und somit eine Führung der Strahlung im LWL-Kern. Die Beschichtung ist ein Schutz vor mechanischen Beschädigungen und normalerweise eine zwischen 150 und 500 µm dicke Lackierung aus speziellen Kunststoff (meist Polyimid), die die Faser vor feuchter Atmosphäre schützt. Ohne die Beschichtung würden die auf der Faseroberfläche vorhandenen Mikrorisse zu einer erheblichen Verringerung der mechanischen Belastbarkeit führen.
Arten
Bei Gradientenindexfasern nimmt die Brechzahl in radialer Richtung nach außen hin kontinuierlich ab. Im Gegensatz dazu steht die Stufenindexfaser, bei welcher sich die Brechzahl vom Kern- zum Mantelglas hin abrupt ändert. Erzeugt wird die Brechzahländerung beispielsweise durch gezielte Ablagerung von Germanium-Schichten auf der Preform, aus der die Glasfaser gezogen wird.

Die Unterscheidung zwischen Gradientenindexfasern und Stufenindexfasern findet man nur bei so genannten Multimode-Fasern. Deren Gegenpart, die Singlemode-Faser gibt es nur als Stufenindexfaser.
Multimode
Hier sind viele einzelne Lichtwellen (Moden) an der Signalübertragung beteiligt. Multimode-Fasern haben einen inneren Core-Durchmesser von 62,5 µm bzw. die feineren Ausführungen von nur 50 µm. Der äußere Durchmesser der Faser beträgt bei beiden Ausführungen jedoch fast immer 125 µm. Die Singlemode-Faser, die teilweise auch als Monomode-Faser bezeichnet wird, hat meistens einen Core-Durchmesser von typischerweise 5 bis 9 µm, der äußere Durchmesser beträgt jedoch auch hier 125 µm. Die eigentliche Übertragung der Information erfolgt im Kern ("Core") der Faser.
Monomode oder Singlemode
Die Signalübertragung erfolgt über eine (mono, single) Lichtwelle (Mode). Weil der Einsatz von Multimode-Fasern wegen der Dispersion und der relativ hohen Dämpfung sehr beschränkt ist, sind heute gerade bei langen Distanzen nur noch Standard-Singlemode-Fasern (SSMF) in Verwendung. Die gebräuchlichsten Singlemode-Fasern sind für den Einsatz bei λ=1310 nm oder λ=1550 nm bestimmt, da bei dieser Wellenlänge die EDFAs betrieben werden und, was jedoch weniger wichtig ist, das Dämpfungsminimum liegt. Zwar ist die Dispersion bei dieser Wellenlänge ungleich Null, dies ist aber nicht weiter schädlich, da es dispersionskompensierende Fasern gibt. Es ist sogar von Vorteil, dass die Dispersion ungleich Null ist, da sonst nichtlineare Effekte, wie z.B. die Vier-Wellen-Mischung, das Signal erheblich stören würden. Die Standard-Einmodenfaser hat ein Stufenprofil, bei dem der Kern etwas höher dotiert ist als der Mantel mit einem Brechzahlhub Δ von ca. 0,003.
Einmoden-Fasern für Weitverkehrsnetze (zum Beispiel deutschlandweite Netze, Ozeanverbindungen) weden im WDM-Verfahren angesteuert, was eine enorme Steigerung der Übertragungskapazität zur Folge hat. Dabei werden über mehrere Laser auf verschiedenen Wellenlängen Signale eingekoppelt und gleichzeitig auf einer Faser übertragen. Man hat somit verschiedene Kanäle auf einer Faser, ähnlich wie beim Radio. Mit Hilfe der breitbandig verstärkenden EDFAs ist ein Bandbreite-mal-Länge-Produkt von mehr als 10000 (Tbit/s)*km möglich. Diese Systeme der vierten Generation wurden verstärkt Mitte der 1990er Jahre verbaut und sind bis heute Stand der Technik.
Aufbau einer LWL-Übertragungsstrecke
Die Übertragungsstrecke besteht aus:
- optischer Sender
- Glasfaserkabel
- optischer Empfänger
Diese Elemente müssen folgende Forderungen erfüllen:
- Der optische Sender braucht eine Sendeleistung von -24 dBm bis -1 dBm.
- Das Glasfaserkabel muss eine kleine Dämpfung / Dispersion besitzen.
- Monomode-Fasern, die keine Dispersion besitzen, werden im Fernnetzbereich eingesetzt.
- Multimode-Fasern mit entsprechend großer Dispersion dagegen im Ortsbereich oder kleinen Netzen.
- Der optische Empfänger muss eine große Empfindlichkeit besitzen, -52 dBm
Eingesetzte Bauelemente:
- optische Sender wie LEDs oder Laserdioden (häufig VCSEL)
- optische Empfänger wie PIN-Dioden oder Avalanche-Dioden (APD)
Zur Verbesserung der Übertragungsstrecke werden optische Verstärker eingesetzt.
Anwendung
Glasfaserkabel werden in der Nachrichtentechnik zur Informationsübertragung über weite Strecken mit hoher Bandbreite verwendet. Mit Singlemode-Fasern können Strecken bis ungefähr 15.000 km ohne Regeneration (aber mit Erbium-Faser-Pumplasern (EDFAs)) überbrückt werden. In der Datenverarbeitung kommen Glasfaserkabel heute fast bei jedem Netzwerk-Standard zum Einsatz. Ein Standard für lokale Computernetze, der auf Glasfaserkabeln aufbaut, ist zum Beispiel das Fiber Distributed Data Interface (FDDI). Im Weitverkehrsbereich sind Glasfaserkabel insbesondere in der Verwendung als interkontinentale Seekabel ein enormer Fortschritt. Die Steuerung des Datenverkehrs über Glasfaserkabel ist in den HFC-Standards definiert. Glasfaserkabel werden auch bei Anlagen der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung eingesetzt, um Steuersignale zu den auf Hochspannungspotential befindlichen Thyristoren zu übertragen. Es ist sogar möglich, die Stromrichterthyristoren direkt über die in der Glasfaser übertragenen Lichtpulse zu zünden.
Eine weitere Anwendung ist die Messtechnik, bei der die auszuwertende Strahlung zwischen einem Messkopf und der Auswertelektronik mit einem LWL übertragen wird. Man kann dadurch unter Extrembedingungen messen, die die Elektronik nicht aushalten würde, wenn sie ohne die räumliche Trennung durch den LWL mit dem Messobjekt in Berührung käme. Die bekannteste Anwendung solcher Anordnungen sind Temperaturmesser und -regler in Stahl- und Glaswerken.
Um Erdarbeiten bei Störungen oder Erweiterungen möglichst zu umgehen, sind in den Kabeln redundante Fasern enthalten. Nicht genutzte Glasfaserkapazitäten bezeichnet man auch als Dark Fibre, da bei unbenutzten Glasfasern keine Lichtsignale übertragen werden. Die Faser (Fibre) ist dann dunkel (dark). Bei Bedarf werden weitere Fasern in Betrieb genommen.
Einzelne Fasern werden auch an andere vermietet:
- an Unternehmen und Organisationen, die ein WAN oder ein GAN aufbauen wollen.
- an andere Telekommunikationsunternehmen, die damit Teilnehmer anschließen können, zu deren Räumlichkeiten sie kein eigenes Kabel liegen haben (Erschließung der letzten Meile).
In den letzten Jahren wird vor allem in Japan, USA, Italien und in Skandinavien der Ausbau von Glasfasernetzen im Anschlußbereich voran getrieben. So werden dort Häuser direkt mit Glasfasern angeschlossen. Diese Vorgehensweise wird unter dem Begriff "Fiber-To-The-Home" (FTTH)zusammengefasst. Bei diesem Ausbau werden pro Gebäude ein bis zwei Fasern verlegt. Werden zwei Fasern verlegt, so ist eine Faser für den Download, die andere für den Upload. Wird nur eine Faser verlegt, so läuft der Download über die Wellenlänge 1310 nm, während der Upload über 1550 nm realisiert wird.
Vor- und Nachteile
Vorteile
- hohe Übertragungsraten (Gigabit- bis Terabit-Bereich)
- sehr große Reichweiten durch geringe Dämpfung (bis mehrere hundert Kilometer)
- geringe Kosten pro übertragenes Bit
- kein Nebensprechen (ungewollte Signaleinstreuung auf benachbarte Adern)
- keine Beeinflussung durch äußere elektrische oder elektromagnetische Störfelder
- keine Erdung nötig
- Verlegbarkeit in explosionsgefährdetem Umfeld (keine Funkenbildung)
- im Primär- bzw. Sekundärbereich meist kostengünstiger durch nicht notwendige Erdung, Potentialausgleich, Abschirmung und Überspannungsschutz
- Möglichkeit zur Signalübermittlung an auf Hochspannungspotential liegenden Komponenten, zum Beispiel bei Anlagen der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
Nachteile
- hoher Konfektionsaufwand (Installation über Spezialfirma)
- Schwachstelle Steckertechnologie
- relativ empfindlich gegenüber mechanischer Belastung
- teure Gerätetechnik
- aufwendige und komplexe Messtechnik
mögliche Störungen
- Dämpfung durch
- Spleiße dämpfen um 0,2 bis 0,5 dB
- Einschlüsse
- Deformierung des Kernes dämpft um 2 bis 5 dB/km
Kompensation der Dämpfung durch Optische Verstärker möglich.
- Dispersion
- Monomode-Faser: Dispersion kann durch dispersionskompensierende Fasern entfernt werden. Sehr großes Bandbreitenlängenprodukt.
- Multimode-Faser: Dispersion ist entsprechend groß, daher ist das Bandbreitenlängenprodukt klein.
Abhörmethoden
- Splice-Methode - Mittels eines Lichtbogen- Spleißgerätes werden beiden Faserachsen genau zueinander justiert und thermisch verschmolzen. Der Dämpfungswert liegt bei 0,3dB, gute Spleiße liegen sogar unter 0,02dB.
- Coupler-Methode - Wird eine Glasfaser gebogen, folgt das durchströmende Licht größtenteils der Biegung (bending). Ein Teil des Lichtes strahlt aus der Faser heraus, schon 2 % des Lichtsignals enthalten alle übertragenen Informationen. Aufgrund der unvermeidlichen Dämpfung grundsätzlich nachweisbar.
- Non-touching-Methode - Empfindliche Photodetektoren fangen die minimalen Lichtmengen auf, die auf natürliche Weise seitlich aus dem Kabel strahlen (sog. Rayleigh-Streuung). Das Signal wird dann bis zu einer brauchbaren Amplitude verstärkt. Weder die Leitung noch das Signal wird dabei gedämpft. Die Deutsche Telekom hat sich eine ähnliche Methode patentieren lassen, mit der sich Signale aus einer Glasfaser ohne messbare Beeinflussung und insbesondere ohne Dämpfung der Glasfaser auffangen lassen (Patent EP0915356 (A1)).
Normen
Die Lichtwellenleiter sind nach DIN 47002, VDE 0888-2 und IEC 61793 genormt.
Literatur
- Dieter Eberlein: Lichtwellenleiter-Technik. expert verlag, Dresden 2003 ISBN 3-8169-2264-3