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Ortstafelstreit

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Als Ortstafelstreit wird eine jahrzehntelange Kontroverse um zweisprachige (deutsch/slowenisch) Ortstafeln in einem Teil des österreichischen Bundeslandes Kärnten bezeichnet. Die betreffenden Ortstafeln sind der slowenischen Minderheit verfassungsmäßig garantiert, werden aber von Kärntner Heimatdienst und Lokalpolitikern wie dem Landeshauptmann Jörg Haider unter Berufung auf den Mehrheitswillen verhindert.

Der Anspruch der slowenischen und kroatischen Minderheit auf zweisprachige Bezeichnungen und Aufschriften topografischer Natur [...] in den [...]Bezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung sowie Schulunterricht in der Muttersprache ergibt sich völkerrechtlich verbindlich aus Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages.

Als Bundeskanzler Bruno Kreisky 1972 versuchte, durch 205 zweisprachige Ortstafeln den Staatsvertrag zu erfüllen, kam es zum sogenannten Ortstafelsturm, bei dem teilweise vor laufender Kamera mehrere Ortstafeln abmontiert oder zerstört wurden. Kreisky reagierte mit einer umstrittenen Volkszählung, die von vielen Kärntner Slowenen boykottiert wurde und einem neuen Volksgruppengesetz 1976 und der dazu gehörigen Topographierverordnung 1977, in der nur Gemeinden mit über 25% Slowenenanteil eine zweisprachige Ortstafel bekommen sollten. Von den 90 betroffenen Gemeinden hatten im April 2005 nur 70 entsprechende Schilder.

2001 klagte der Slowenen-Vertreter Rudi Vouk vor dem Verfassungsgerichtshof. Er nutzte dabei die Tatsache, dass einsprachige Ortstafeln in gemischtsprachigen Gebieten juristisch nicht als Ortstafeln gelten und überschritt die nach StVO bestehende Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet. Im Erkenntnis wurden Teile des Volksgruppengesetzes 1976 und der Topographieverordnung 1977 als verfassungswidrig erkannt und als neuer Richtwert für das Aufstellen von Ortstafeln 10% slowenischsprachige Bevölkerung angenommen. Da die Regierung keine Neuregelung beschlossen hat, müssten mit dem Auslaufen der Reparaturfrist alle Ortstafeln in den betroffenen Bezirken Kärntens zweisprachig sein.

Am 29. April 2005 verkündete Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein Zwischenergebnis der fünften Konsenskonferenz zur Beilegung des Streites: Die 20 seit 1977 ausständigen Ortstafeln sollen bis zum 26. Oktober 2005 angebracht werden. Der Landeshauptmann Haider weist "zusätzliche Wünsche" nach etwa 150 weiteren Ortstafeln (in Orten mit über 10% Slowenenanteil) mit Hinweis auf die "Interessen der Mehrheit" zurück. Die Kärntner FPÖ bezeichnet bereits Haiders Zustimmung in der Konsenskonferenz als "Verrat an der Kärntner Bevölkerung".

Während Bundespräsident Heinz Fischer die zweisprachigen Ortstafeln als Zeichen sieht, dass hier eine respektierte Minderheit lebt, will Landeshauptmann Jörg Haider diese Ortstafeln nur nach einer geheimen Volkszählung der besonderen Art mit Erhebung der Muttersprache aufstellen.

Am 12. Mai 2005 wurden auf Grund der Gespräche seit langer Zeit wieder drei zweisprachige Ortstafeln in Kärnten aufgestellt, wobei in einem Ort Proteste angesagt wurden, so dass man auf Feierlichkeiten verzichtete. In der darauffolgenden Nacht wurden die eben erst installierten Ortstafeln beschädigt. Gespräche in der Konsenskonferenz für weitere Tafeln sollen folgen.

Nachdem in Gesprächen über weitere Tafeln zwischen den betroffenen Volksgruppen keine Einigung getroffen werden konnte, hat der Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider im Juni 2005 die Entscheidung wieder an die Bundesregierung delegiert.

siehe auch: Geschichte Kärntens