Berlin Hauptbahnhof
Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem heutigen Hauptbahnhof Berlins. Für den ehemaligen Hauptbahnhof von Ost-Berlin, siehe Berlin Ostbahnhof.

Der Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof ist ein Fernbahnhof in Berlin und gilt als das bedeutendste europäische Bahnhofsneubauprojekt. Bei der geplanten Neueröffnung im Jahre 2006 wird er der größte Kreuzungsbahnhof Europas sein.
Der Lehrter Bahnhof in Berlin wurde 1871 als Endpunkt der Strecke nach Lehrte bei Hannover eröffnet. Seine Lage war sehr zentral am Humboldthafen und der Spree im Berliner Bezirk Mitte, in Sichtweite des Reichstags. Mit Eröffnung der Berliner Stadtbahn als Verbindungsbahn und für den Vorortverkehr 1882 entstand direkt nördlich des Lehrter Bahnhofs ein eigener Vorortbahnhof. Zur besseren Unterscheidung wurde der Fernbahnhof oft als Lehrter Hauptbahnhof bezeichnet, der Vorortbahnhof später als Lehrter Stadtbahnhof.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1951 der Zugverkehr am Lehrter Bahnhof eingestellt, ab 1957 begann man mit dem Abriss. Erst nach der Wiedervereinigung war Lehrter Bahnhof der Planungsname für einen neuen Kreuzungsbahnhof an historischer Stelle. 1995 begannen die ersten Bauarbeiten, die voraussichtlich 2006 vollständig abgeschlossen sein sollen, 2003 wurde der Bahnhof offiziell in Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof umbenannt.
Lehrter Bahnhof

Von 1868 bis 1871 baute die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Actiengesellschaft die 239 km lange Strecke von Lehrte bei Hannover nach Berlin. Als Endpunkt der Strecke wurde ein neuer Kopfbahnhof gebaut, in direkter Nähe zum schon bestehenden Hamburger Bahnhof. Er entstand nach Entwürfen der Architekten Alfred Lent, Bertold Scholz und Gottlieb Henri Lapierre am Friedrich-Carl-Ufer der Spree, direkt am Humboldthafen.
Im Gegensatz zu den bisherigen Fernbahnhöfen, die Ziegelfassaden aufwiesen, sollte der der französischen Neorenaissance verpflichtete Bahnhof einen repräsentativen Charakter erhalten. Aus Kostengründen wurde aber auf den ursprünglich vorgesehenen Werkstein verzichtet und das Gebäude aus verputzten Ziegelformstücken ausgeführt. Wegen seiner prunkvollen Architektur galt er als das Schloss unter den Bahnhöfen.
Die Bahnhofshalle hatte eine Länge von 188 m und eine Breite von 38 m. Sie war einschiffig ausgeführt und mit einem Stahlbindern aufgesetztem Tonnengewölbe überdeckt. Westlich und östlich schlossen sich jeweils ein langgezogener Seitenflügel an. Wie damals üblich, war der Bahnhof funktionell in einen Ankunftsbereich im Westen und einen Abfahrtsbereich im Osten geteilt. Ursprünglich gab es fünf Gleise, vier davon endeten an den Seiten- und dem Mittelbahnsteig, das fünfte Gleis war ohne Bahnsteig und diente dem Rücklauf der Lokomotiven. Um die Jahrhundertwende wurde ein Gleis entfernt, um den Mittelbahnsteig verbreitern zu können.
Die reich geschmückte Front des Gebäudes mit dem Hauptportal blieb ohne verkehrliche Bedeutung, da am östlichen Seitenflügel, wo die Züge abfuhren, die Vorfahrt für Droschken lag und ein Eingang bestand.
1882 wurde die Stadtbahn eröffnet und der Fernverkehr ab 1884 komplett über die Bahnhöfe der Stadtbahn abgewickelt. So waren Kapazitäten frei, die es ermöglichten, dass nach der Schließung des 300 Meter entfernten, an der Invalidenstraße gelegenen Hamburger Bahnhof ab 15. Oktober 1884 von dort die Verkehre Richtung Hamburg, Nordostdeutschland und Skandinavien zum Lehrter Bahnhof verlagert werden konnten.
1886 wurde die Berlin-Lehrter-Bahn und mit ihr der Lehrter Bahnhof verstaatlicht und ging in den Besitz der preußischen Eisenbahnverwaltung über.
Schon in den Anfangsjahren war der Lehrter Bahnhof auch wegen der schnellen Züge bekannt, die dort hielten. Bereits 1872 fuhren Expresszüge auf der Lehrter Bahn mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h. Ab dem 19. Dezember 1932 verkehrte erstmals der bekannte Fliegende Hamburger, ein Diesel-Schnelltriebwagen mit bis zu 160 km/h, vom Lehrter Bahnhof aus nach Hamburg.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof schwer beschädigt. Nach dem Krieg wurde die ausgebrannte Ruine mangels anderer Alternativen soweit Instand gesetzt, dass ein notdürftiger Verkehr wieder aufgenommen werden konnte. Aber schon am 28. August 1951 fuhr der letzte Zug aus der offenen Halle nach Wustermark und Nauen. Am 9. Juli 1957 begannen die Arbeiten zur Abtragung der Ruine, am 22. April 1958 wurde das Hauptportal gesprengt und abgetragen und diente der Herstellung von Ziegelsplitt für den Wiederaufbau. Größte Schwierigkeit beim Abbau war, dass der direkt an die Bahnhofshalle anschließende Lehrter Stadtbahnhof und das Stadtbahnviadukt unbeschädigt erhalten bleiben mussten. Die Abrissarbeiten wurden deshalb erst im Sommer 1959 abgeschlossen.
Lehrter Stadtbahnhof
Am 15. Mai 1882 wurde die Stadtbahn eröffnet, die als viergleisige Verbindungsbahn für den Vorort- und den Güterverkehr die Stadt in Ost-West-Richtung durchquerte. Sie sollte Charlottenburg, den Lehrter- und den Schlesischen Kopfbahnhof sowie die Innenstadt erschließen. Direkt am nördlichen Ende der Halle des Lehrter Bahnhofs entstand im rechten Winkel zu dessen Gleisen und aufgeständert auf einem Viadukt der Lehrter Stadtbahnhof als Station der Stadtbahn.
Da der Verkehr zum Lehrter Bahnhof immer mehr zunahm und der Lehrter Stadtbahnhof quasi direkt hinter der Einfahrt zur Bahnhofshalle auf einer Brücke gebaut war, musste mit einer Änderung der Gleisanlagen sowohl 1912 als auch 1929 die Brückenkostruktion unter dem Stadtbahnhof aufwändig umgebaut werden.
Ab 1. Dezember 1930 hießen die nun elektrifizierten Vorortzüge offiziell S-Bahn, der Lehrter Stadtbahnhof war nun S-Bahnhof. Auch nach dem Krieg blieb der S-Bahnhof erhalten, verlor aber im Vergleich zur Vorkriegssituation stark an Bedeutung, da die Umstiege zum Lehrter Bahnhof wegfielen. Auf der Stadtbahn war er der letzte Bahnhof im Westteil Berlins; der nächste Bahnhof (Berlin Friedrichstraße) lag bereits im sowjetischen Sektor. Nach dem Mauerbau 1961 lag er in unmittelbarer Nähe der Mauer und wurde damit verkehrlich fast unbedeutend.
Erst zum 750-jährigen Stadtjubiläum Berlins 1987 wurden die jahrelang vernachlässigten S-Bahnanlagen teilweise wieder hergerichtet. Weil er weitgehend im Ursprungszustand erhalten war, war der Lehrter Stadtbahnhof unter Denkmalschutz gestellt worden und wurde für rund 10 Millionen DM aufwändig saniert.
Im Sommer 2002 wurde der denkmalgeschützte Lehrter Stadtbahnhof abgerissen. Die S-Bahn hält jetzt im noch nicht fertiggestellten (neuen) Hauptbahnhof / Lehrter Bahnhof.
Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof
Schon bald nach der Wende 1989 begannen die Planer des Berliner Senats mit einer Verkehrskonzeption für die gesamte Stadt. Dabei entstand das Pilzkonzept, das an der Stelle des Lehrter Stadtbahnhofs einen neuen, modernen Kreuzungsbahnhof vorsieht.
Im Juni 1992 beschloss die Bundesregierung die Errichtung des neuen Kreuzungsbahnhofes am Ort des alten Lehrter Stadtbahnhofs, 1993 wurde ein Wettbewerb für das Projekt Lehrter Bahnhof ausgelobt, den das Hamburger Büro von Gerkan, Marg und Partner (gmp) gewann.
Die Planung sah vor, den Verkehr auf fünf Ebenen zu führen: Die Hauptebenen sollten zwei auf Brücken verlaufende Bahnsteige der Stadtbahn in einer Höhe von 10 m über dem Straßenniveau sein, sowie vier Bahnsteige in einer Tiefe von 15 m. Die bis zum Potsdamer Platz reichenden Gleise werden im so genannten Tiergartentunnel unter dem Reichstag und der Spree hindurchgeführt und nördlich des Bahnhofs mit dem Nordring verbunden. Bahnhöfe für den Transrapid und die geplante U-Bahnlinie 5 (Kanzler-U-Bahn) wurden mit vorgesehen.
Der Bau erfolgt in mehreren Stufen. 1995 wurde mit dem Bau des Tiergartentunnels begonnen, der 2005 mit der Fertigstellung des letzten Teilabschnitts unter dem Lehrter Bahnhof abgeschlossen sein wird. Der Tunnel weist vier Röhren für die Fern- und Regionalzüge aus, zwei Röhren für die U-Bahn, außerdem einen Straßentunnel, der über einen 2004 fertiggestellten, 60 m hohen Turm belüftet wird. Beim Bau des Tunnels musste das Bett der Spree von 1996 bis 1998 verlegt werden. Wegen Wassereinbrüchen in den Tunneln kam es zu über einjährigen Verzögerungen beim Bau.

2001 begann man mit dem Bau der Brücken für die neue Stadtbahntrasse. Diese sollten nicht nur den gesamten Bahnhofsbereich, sondern auch den anschließenden Humboldthafen überspannen und weisen deshalb eine Länge von 450 m auf. Entsprechend der Linienführung der Stadtbahn sind sie gekrümmt und weiten sich in der Mitte bis zu 70 m auf, um die Bahnsteige aufnehmen zu können. Derartige Brücken wurden bislang noch nicht gebaut und stellten eine besondere Herausforderung für die Ingenieure dar.
Die eigentliche Bahnhofshalle überspannt ein ebenfalls gekrümmtes, schlauchartiges Glasdach mit einer Grundfläche von etwa 85×120 m, das im Jahr 2002 entstanden ist. In die Glasfläche wurde eine Fotovoltaikanlage integriert. Die Umsetzung der Stahl-Glas-Konstruktion war ebenfalls eine besonders schwierige Aufgabe für das ausführende Ingenieurbüro, zumal nach einer Änderung der Bauausführung, die die Glasdächer um rund 100m verkürzte.
Den eigentlichen Bahnhof überspannen zwei Bügelbauten, die rund 44.000 m² Büroflächen bieten werden. Der Baubeginn fand 2005 statt.
Im Jahr 2003 waren die Brücken und die Haupthalle soweit fertiggestellt, dass der Verkehr auf die neue Trasse verschwenkt werden konnte. Dadurch konnte der alte Lehrter Stadtbahnhof abgerissen werden, der direkt auf der Baustelle stehend dem Neubau des Lehrter Bahnhofs im Weg stand. Es ist vorgesehen, den Fernbahnhof zur Fußballweltmeisterschaft 2006 der Nutzung zu übergeben.
Auf Betreiben des Berliner Senators für Stadtentwicklung und Verkehr Peter Strieder und des Bahnchefs Hartmut Mehdorn wurde im Sommer 2003 eine Befragung der Berliner Bevölkerung durchgeführt um einen neuen Namen für den Bahnhof zu finden. Unter drei Möglichkeiten entschied sich der weitaus größte Teil für die Beibehaltung des Namens Lehrter Bahnhof, trotzdem wurde der Bahnhof in Berlin Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof umbenannt, eine Möglichkeit, die bei der Befragung gar nicht zur Wahl stand.
Siehe auch: Liste Berliner Bahnhöfe
Weblinks
- Berlin Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof Informationsseite der Deutschen Bahn