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I Ging

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Das I Ging (vereinfacht: 易经, traditionell: 易經, Pinyin: yí jīng; auch I Jing, Yi Ching, Yi King), das "Buch der Wandlungen" oder genauer "Klassiker der Wandlungen" ist der älteste der klassischen chinesischen Texte.

Es beschreibt die Kosmologie und Philosophie des alten China. Grundideen sind eine Ausgewogenheit der Gegenteile und ein Akzeptieren der Veränderung. In den westlichen Kulturen wird es vor allem als Weisheits- und Weissagungsbuch verstanden.

Das Buch ist auch als Zhou Yi (周易 zhōu yí) oder Chou I bekannt, was soviel wie "Wandlungen von Zhou" bedeutet. Hieraus kann man schließen, dass die Tradition einen Ursprung in der Zhou-Dynastie sah.

"Das I-Ging ist das älteste philosophische Buch der Menschheit, Es entstand dadurch, dass ein uraltes Orakelbuch ethisch erläutert wurde, Aus primitiven Strichzeichen machte man seelische Bewegungen: es galt, die Keime des Geschehens zu erfassen, Kennt man die Keime, ist alles Weitere beeinflussbar. Man baute eine ganze Psychologie hinein in diese Zeilen mit dem ursprünglich einfachen Gegensatze von fest und weich." (Rudolf von Delius: Das ewige China)

Aufbau

Der Symbolismus des I Ging wird durch 64 verschiedene Linienzusammenstellungen, Hexagramme (卦 guà) genannt, dargestellt. Ein Hexagramm besteht aus sechs waagerechten Linien (爻 yáo); jede Linie ist entweder ungebrochen (hart, durchgehend) oder gebrochen (weich, in der Mitte unterbrochen). Aus diesen sechs Linien lassen sich 26, d. h. vierundsechzig Hexagrammkombinationen bilden.


Teile der Hexagramme

Historisch ist das I Ging viel älter als die Yin-Yang-Lehre, folgende Zuordnungen sind jedoch mit der Zeit üblich geworden:

Die durchgezogene Line steht für das yáng: Ausdehnung, maskuliner Aspekt, Licht, Leben, ungerade Zahlen, Durchdringung, Berge; in Indien der Lingam. Symbol ist der Drache.

Die unterbrochene Line steht für das yīn: Zusammenziehung, femininer Aspekt, Dunkelheit, Nacht, Tod, gerade Zahlen, Widerstand, Wasserläufe; in Indien Yoni. Symbol ist der Tiger.

Man findet beide auch im Symbol tàijítú ☯ dargestellt (traditionell: 太極圖, im Westen auch Yin-Yang-Symbol (vereinfacht: 阴阳, traditionell: 陰陽) genannt); dahinter verbirgt sich ein zyklisches Weltbild mit einem komplementären Kräfteverhältnis.

Um die Darstellung der Hexagramme zu vereinfachen, werden im Folgenden durchgezogene Linien als '|' und unterbrochene als ':' dargestellt. Normalerweise werden sie von unten nach oben dargestellt; hier sind sie von links nach rechts angeordnet. Durch eine Drehung der hier gewählten Darstellung um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn erreicht man die übliche Darstellung.

Die 4 Xia

Aus zwei Linien lassen sich 4 verschiedene "Bilder" (Xia) zusammensetzen:

  • || altes Yang
  • :| junges Yang
  • :: altes Yin
  • |: junges Yin

Die 8 Gua

Durch Hinzufügen jeweils eines Yang oder Yin entstehen aus den vier Xia Acht Trigramme (Gua).

Diese geben allerdings nur ein statisches Bild. Erst die Erweiterung zu den 64 Hexagrammen erlaubt es, ein dynamisches Geschehen darzustellen, da hier die Trigramme in Wechselwirkung zueinander stehen.

Die Acht Trigramme

Die Hexagramme werden also jeweils aus zwei Trigrammen (卦 gua4) zusammengesetzt aufgefasst. Die acht Trigramme (八卦 bā guà) sind:

  1. ||| Kraft (☰ 乾 qián) = Himmel (天)
  2. ::: Feld (☷ 坤 kūn) = Erde (地)
  3. |:: Erschütterung (☳ 震 zhèn) = Donner (雷)
  4. :|: Schlucht (☵ 坎 kăn) = Wasser (水)
  5. ::| Bund (☶ 艮 gèn) = Berg (山)
  6. :|| Boden (☴ 巽 xùn) = Wind (風)
  7. |:| Strahlung (☲ 離 ) = Feuer (火)
  8. ||: Offen (☱ 兌 duí) = Sumpf (澤)

Das erste oder untere Trigramm wird als der innere Aspekt der ablaufenden Veränderung angesehen; das zweite oder obere Trigramm heißt der äußere Aspekt. Der beschriebene Wechsel verbindet somit den inneren Aspekt (Person) mit der äußeren Situation. Gelesen werden die Hexagramme von unten nach oben, wobei jeweils die sog. Ränge 1-4, 2-5, 3-6 der beiden Trigramme in Verbindung gesehen werden müssen.

Die 64 Hexagramme

Der Text des I Ging beschreibt jedes der vierundsechzig Hexagramme (64 Gua). Später wurden Kommentare und Interpretationen angefügt. All diese zusammengenommen bilden das I Ging.

  • 01. ||| ||| Kraft (乾 qian2)
  • 02. ::: ::: Feld (坤 kun1)
  • 03. |:: :|: Sprossen (屯 chun2)
  • 04. :|: ::| Umfassen (蒙 meng2)
  • 05. ||| :|: Dienen (需 xu1)
  • 06. :|: ||| Streiten (訟 song4)
  • 07. :|: ::: Führen (師 shi1)
  • 08. ::: :|: Gruppieren (比 bi3)
  • 09. ||| :|| Des Kleinen Zähmungskraft (小畜 xiao3 chu4)
  • 10. ||: ||| Auftreten (履 lu3)
  • 11. ||| ::: Friede (泰 tai4)
  • 12. ::: ||| Stockung (否 pi3)
  • 13. |:| ||| Gemeinschaft mit Menschen (同人 tong2 ren2)
  • 14. ||| |:| Viel besitzen (大有 da4 you3)
  • 15. ::| ::: Erniedrigen (謙 qian1)
  • 16. ::: |:: Fürsorgen (豫 yu4)
  • 17. |:: ||: Folgen (隨 sui2)
  • 18. :|| ::| Korrumpieren (蠱 gu3)
  • 19. ||: ::: Nahen (臨 lin2)
  • 20. ::: :|| Schauen (觀 guan1)
  • 21. |:: |:| Durchbeißen (噬嗑 shi4 ke4)
  • 22. |:| ::| Anmut (賁 bi4)
  • 23. ::: ::| Zersplitterung (剝 bo1)
  • 24. |:: ::: Zurückkehren (復 fu4)
  • 25. |:: ||| Unschuld (無妄 wu2 wang4)
  • 26. ||| ::| Des Großen Zähmungskraft (大畜 da4 chu4)
  • 27. |:: ::| Verschlucken (頤 yi2)
  • 28. :|| ||: Des Großen Übergewicht (大過 da4 guo4)
  • 29. :|: :|: Schlucht (坎 kan3)
  • 30. |:| |:| Strahlung (離 li2)
  • 31. ::| ||: Einwirkung (咸 xian2)
  • 32. :|| |:: Dauer (恆 heng2)
  • 33. ::| ||| Zur Ruhe setzen (遯 dun4)
  • 34. ||| |:: Des Großen Macht (大壯 da4 zhuang4)
  • 35. ::: |:| Fortschritt (晉 jin4)
  • 36. |:| ::: Verfinsterung (明夷 ming2 yi2)
  • 37. |:| :|| Sippe (家人 jia1 ren2)
  • 38. ||: |:| Polarisierend (睽 kui2)
  • 39. ::| :|: Hinken (蹇 jian3)
  • 40. :|: |:: Befreiung (解 xie4)
  • 41. ||: ::| Verringern (損 sun3)
  • 42. |:: :|| Hinzufügen (益 yi4)
  • 43. ||| ||: Trennen (夬 guai4)
  • 44. :|| ||| Entgegenkommen (姤 gou4)
  • 45. ::: ||: Sammlung (萃 cui4)
  • 46. :|| ::: Aufsteigen (升 sheng1)
  • 47. :|: ||: Einschließen (困 kun4)
  • 48. :|| :|: Brunnen (井 jing3)
  • 49. |:| ||: Umwälzung (革 ge2)
  • 50. :|| |:| Halten (鼎 ding3)
  • 51. |:: |:: Schütteln (震 zhen4)
  • 52. ::| ::| Bund (艮 gen4)
  • 53. ::| :|| Entwicklung (漸 jian4)
  • 54. ||: |:: Das heiratende Mädchen (歸妹 gui1 mei4)
  • 55. |:| |:: Fülle (豐 feng1)
  • 56. ::| |:| Wanderer (旅 lu3)
  • 57. :|| :|| Boden (巽 xun4)
  • 58. ||: ||: Offen (兌 dui4)
  • 59. :|: :|| Auflösung (渙 huan4)
  • 60. ||: :|: Ausdrücken (節 jie2)
  • 61. ||: :|| Innere Wahrheit (中孚 zhong1 fu2)
  • 62. ::| |:: Das kleine Übergewicht (小過 xiao3 guo4)
  • 63. |:| :|: Nach der Vollendung (既濟 ji4 ji4)
  • 64. :|: |:| Vor der Vollendung (未濟 wei4 ji4)

Die Hexagramme stellen Merkregeln der in ihnen enthaltenen Konzepte dar, die auf einer Philosophie der Ausgewogenheit der Gegenteile und Akzeptieren der Veränderung basieren.

Philosophie

Taoistische Vorstellungen sind zentral zum I Ging, und der dialektische Dualismus des Taoismus wird durch die beiden Teile der Hexagramme ausgezeichnet dargestellt.

Eine alternative Sichtweise versteht das I Ging als ein rein konfuzianisches Werk. Diese Auffassung wird folgendermaßen begründet:

  • Die Anfänge werden Konfuzius zugeschrieben.
  • Im alten China war das I Ging ein vorgeschriebener Studientext, und nur konfuzianische Texte waren verbindlich.
  • Es ist eines der konfuzianistischen Klassiker.
  • Es ist in keiner der alten Manuskripte des Tao Te King enthalten.
  • Die wichtigsten Kommentare wurden von Konfuzianern geschrieben.

Geschichte

Es wird angenommen, dass das Prinzip der I Ging auf einen der ersten legendären Herrscher, Fu Xi (伏羲 Fu2 Xi1, nicht historisch 2852 v. Chr.-2738 v. Chr.) zurückgehe; dieser habe die Trigramme entdeckt. Vor der Zhou Dynastie gab es andere Literatur zum Thema 'Wechsel', z. B. Lian Shan Yi (『連山易』 Lian2 Shan1 Yi4) und Gui Cang Yi (『歸藏易』 Gui1 Cang2 Yi4), deren Philosophie die Zhou Dynastie prägte. Ein Verfeinerungsprozess habe dann das I Ging in der Han Dynastie (ca. 200 v. Chr., etwa zur Zeit Han Wu Dis (漢武帝 Han4 Wu3 Di4) produziert.

Eine moderne Sichtweise, die etwa 1950 begann, versucht, traditionelle und legendäre Überlieferungen von sicheren Aussagen zu trennen. Darstellungen dieser Art finden sich in S. J. Marshalls "The Mandate of Heaven: Hidden History in the I Ching" oder Richard Rutts "Zhouyi: The Book of Changes".

Weissagungen

Das I Ging wurde und wird auch als Orakel befragt. Allerdings ist dies nur eine der 7 traditionellen taoistischen Interpretationen des I Ging (andere wären zum Beispiel philosophische, magische...). Zu diesem Zweck wird jeweils eines der 64 Hexagramme ausgewählt, und der mit dem Hexagramm assoziierte Text gelesen und interpretiert, insgesamt bilden 8 Hexagramme eine komplette Vorhersage.

Das Auswählen des Hexagrammes erfolgte ursprünglich unter Verwendung von 50 getrockneten Stängeln der Schafgarbe, heute werden dazu dünne Stäbchen aus Holz, Metall oder Elfenbein verwendet. Vereinfacht ausgedrückt werden nach einer rituellen Reinigung des Raumes die 50 Stäbchen in die linke Hand genommen und eines weggelegt, danach werden die 49 verbliebenen in 4 beliebige Bündel geteilt, ein Vorgang der bei jedem der 8 Hexagramme wiederholt werden muss-so man eine komplette Vorhersage möchte. Diese Methode erfordert offensichtlich Erfahrung und Können im Umgang mit dieser Orakeltechnik und setzt intensive Beschäftigung voraus. Später entwickelte sich deshalb eine Methode um einfachere Fragestellungen zu beantworten in Form eines Münzorakels.

Diese Art des Orakels wurde in China wahrscheinlich seit der Epoche der streitenden Reiche (403 ? 221 v. Cr.) angewandt. Der Legende nach wurde das Münzorakel des I Ging durch den taoistischen Eremiten und Philosophen Gui Guo Zi entwickelt. Die Münzmethode fand in der chinesischen Gesellschaft bald eine weite Verbreitung. Die Anzahl der jeweils verwendeten Münzen war jedoch unterschiedlich. In Verbindung mit dem I Ging setzte sich schließlich die Methode der 3 Münzen weitestgehend durch. Die Befragung des Orakels sollte unmittelbar nach oder während der Meditation erfolgen.

Der Vorderseite einer Münze ist die Zahl 3 zugeordnet, der Rückseite die Zahl 2. Für jeden Münzwurf gibt es 8 mögliche Kombinationen mit den Summen 6,7,8 und 9. Die 6 und 8 entsprechen einem Yin (gebrochene Linie). Die 7 und 9 entsprechen Yang (ungebrochene Linie. Die Linien wiederum ergeben, von unten nach oben, ein Hexagramm, welches im I Ging erläutert wird. 6 und 9 sind starke Zeichen und kehren sich darum um. Sie werden als "wandelnde Linien" besonders gekennzeichnet und einzeln interpretiert.

Daher gibt es mit allen denkbaren Möglichkeiten wandelnder Linien eine Wahrscheinlichkeit, genau dieselbe Weissagung zu erlangen, von 4096 zu eins.

Literatur

I Ging, in der Übersetzung von Richard Wilhelm, ISBN 3-424-00061-2
Chu-San D. Bölter: Yi Jing, Das Buch der Wandlung, ISBN 3896200925

Nehme von den 50 Stengeln einen weg und lege ihn ab. Dieses nimmt an weiteren Operationen zur Befragung nicht mehr teil. Verbliebene 49 Stengel teile in zwei Haufen. Den linken Haufen nehme in die linke Hand, aus demm rechten Haufen nehme 1 Stengel und stecke ihn zwischen den kleinen und den Ringfinger der linken Hand. Den rechten Haufen lege in Reichweite ab. Von den Stengeln in der linken Hand nimm jeweils 4 Stengel weg, bis zum Schluss 1, 2, 3 oder 4 Stengel übrig bleiben, den zwischen dem kleinen und Ringfinger nicht mitgerechnet. Diesen Rest klemmst Du zwischen den Mittel- und Ringfinger der linken Hand. Darauf nimmst Du den zunächst abgelegten rechten Haufen in die linke Hand und wiederholst den Vorgang, bis wiederum ein Rest von 1, 2, 3 oder 4 Stengeln übrig bleibt. Nun wirst Du 5 oder 9 Sengel in der hand halten. Diese lege zur Seite, und mit den verbliebenen Stengeln wiederholst Du den Vorgang: Teilen, einen aus dem rechten Haufen zwischen kleinen und Ringfinger stecken, je 4 abnehmen usw. Bei folgenden 2 Wiederholungen wirst Du zum Schluss 4 oder 8 Stengel in der linken Hand übrig haben. Diesen Rest legst Du zu den ersten 5 oder 9 ausgezählten dazu. Nach 3 Auszählungen wirst Du 13, 17, 21 oder 25 Stengel haben, die als Reste übrig geblieben sind. Damit hast Du den Wert der 1., untersten Linie Deines Hexagrams ermittelt. Um alle Linien des Hexagrams zu erhalten, musst Du den Vorgang noch 5 x wiederholen. 13 ist ein sich wandelndes Jang, 17 ist Jin, 21 ist Jang, 25 ist ein sich wandelndes Jin.

Siehe auch