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Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands

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Vorsitzender
Datei:Stefan-engel sm.jpg
Basisdaten
Gründungsjahr: 1982
Mitglieder: 2.100 (Stand: 2004)
Vorsitzender: Stefan Engel
Bundesge-
schäftsführer:
Wolfgang Göller
Adresse: MLPD Koststraße 8
45899 Gelsenkirchen
Website: www.mlpd.de
Email: info@mlpd.de

Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (Kurzbezeichnung: MLPD) ist eine kommunistische Partei in Deutschland.

Inhaltliches Profil

Die MLPD sieht sich selbst als „Vorhut der Arbeiterklasse“. Sie kämpft für den von ihr so genannten "echten Sozialismus". Nach Ansicht der MLPD wurde in der DDR und in der Sowjetunion 1956 auf dem XX. Parteitag der KPdSU der Sozialismus durch eine neue bürokratische Kapitalistenklasse zerstört. Die Partei zieht daraus den Schluss, dass sich der Sozialismus nur auf Grundlage einer "proletarischen Denkweise" erkämpfen und aufbauen lasse. Die MLPD bezieht sich theoretisch auf Karl Marx, Friedrich Engels, Lenin, Stalin und Mao. Zunächst müsse die "Diktatur des Proletariats" geschaffen werden, bevor sich der Sozialismus entwickeln könne.

Dieses Konzept schließt die Existenz der gegenwärtig in Deutschland existierenden bürgerlich-demokratischen Ordnung aus. Die MLPD will daher das Grundgesetz abschaffen und durch eine andere gesellschaftliche Ordnung ersetzen.

MLPD als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes

Von den Verfassungsschutzbehörden der Bundesländer wird die MLPD regelmäßig wegen des Verdachts auf verfassungsfeindliche Aktionen beobachtet. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutz führt die Partei "... mit kleinen Gruppen politisch-ideologisch überzeugter Mitglieder ein eher sektiererisches Randdasein...".

Allerdings wurde selbst in Kreisen der Staatsschützer die These geäußert, dass eine Beobachtung angesichts der Erfolglosigkeit der MLPD vor allem Geldverschwendung sei. Es besteht dort allerdings auch die Einschätzung, dass die MLPD verstärkt die Hartz IV-Gesetzgebung und die sich dagegen aufbegehrende Bewegung nutzt, um verfassungsfeindliche Ziele zu verbreiten.

Geschichte

Gründung

Die MLPD wurde 1982 gegründet. Sie ging aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) hervor. Der Parteitheoretiker war Willi Dickhut, ein ehemaliger KPD-Funktionär, der zunächst 1968 mit Ernst Aust die KPD/ML gründete und nach Auseinandersetzungen 1972 dann den KABD in Leben rief.

Einfluss

Bisher konnte die MLPD am ehesten in industriebetrieblichem Rahmen in Großbetrieben, ihrem wichtigsten Arbeitsfeld, gelegentlich Einfluss gewinnen. In verschiedenen nichtgewerkschaftlichen Streiks waren Mitglieder der MLPD-Betriebsgruppen maßgeblich beteiligt. Trotz gewerkschaftlicher Unvereinbarkeitsbeschlüsse, zum Beispiel von Seiten der IG Metall, die eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der MLPD und der Gewerkschaft für unzulässig erklären, sind MLPD-Mitglieder häufig Mitglied einer Gewerkschaft und üben dort teilweise auch Funkionen aus. Deswegen kam es bereits zu Ausschlüssen aus Gewerkschaften. So wurde etwa Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD, aus der IG Metall ausgeschlossen. Die hiergegen gerichtete Klage von Engel wurde letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof abgewiesen (AZ: II ZR 255/89). Engel ist seither Mitglied der Gewerkschaft Ver.di.

Wahlen auf Bundes- und Landesebene

Bei Wahlen blieb die MLPD bisher nahezu bedeutungslos. Bei der Bundestagswahl 1998 erreichte sie mit 4713 Stimmen nur 0,0095% der abgegebenen Zweitstimmen. 2002 trat die Partei nicht zur Bundestagswahl an und rief stattdessen die Bevölkerung zum Wahlboykott auf. Bei den Landtagswahlen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt kandidierte sie zwar, erzielte jedoch in keinem der genannten Länder nennenswerte Ergebnisse.

Zur vorgezogenen Neuwahl des Bundestages 2005 unterstützt die MLPD die Bildung eines linken Wahlbündnisses unter Beteiligung der MLPD. Für den Fall des Nichtstandekommens wurde eine flächendendeckende Kandidatur als MLPD/Offene Liste angekündigt.

Die MLPD hat nach der Ankündigung vorgezogener Bundestagswahlen im September 2005 einen Vorschlag an PDS, WASG und Oskar Lafontaine unterbreitet eine gemeinsame linke Oppositionsliste zu bilden unter Wahrung der Identität der beteiligten Parteien und Organisationen. Nachdem darauf keine positive Antwort erfolgte, kandidiert die MLPD nunmehr bundesweit mit Landeslisten und voraussichtlich über 30 Direktkandidaten.

Die Partei plant, 2006 bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt anzutreten und hat dazu begonnen, Wahlinitiativen zu gründen. Bei den nächsten Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus will sie ein Wahlbündnis eingehen.

Kommunalpolitik

Für konkrete Kommunalpolitik hatte sich die MLPD in der Vergangenheit wenig interessiert. Seit der Vorsitzende, Stefan Engel, in einer Grundsatzrede zum „proletarischen Parlamentarismus der MLPD“ aufrief und forderte, dass die „kämpferische Opposition sich schrittweise das Feld der Kommunalpolitik“ erobern solle, wendet sich die MLPD verstärkt der Kommunalpolitik zu. Eine Kampagne „Neue Politiker braucht das Land“ wurde initiiert.

Die MLPD ist an einigen kommunalen Wahlbündnissen beteiligt, so in Darmstadt, Dresden, Eisenach, Esslingen, Gelsenkirchen, Kassel, Neukirchen-Vluyn, Reutlingen, Saarbrücken, Sindelfingen, Stuttgart, Witten und Ulm.

Bündnispolitik

Der Einfluss der MLPD ist auch innerhalb der Linken eher gering und umstritten, auch wenn sie in vielen sozialen Bewegungen wie der Friedensbewegung oder der Bewegung gegen den Sozialabbau (vgl. Neue soziale Bewegungen) auffallende und engagierte Präsenz zeigt. Sie wird von vielen anderen Gruppen als äußerst dogmatisch empfunden. Insbesondere isoliert sich die MLPD durch ihre Verteidigung Stalins und der Relativierung stalinistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Für Misstrauen und Skepsis sorgt auch die Taktik der MLPD, bei Demonstrationen und Kundgebungen der Arbeiterbewegung oder anderer sozialer Bewegungen eher selten unter ihrem Namen aufzutreten. Durch Redebeiträge von verschiedenen MLPD-Mitgliedern bei von einigen durch die MLPD dominierten Aktionen entsteht so oft der Eindruck eines vielseitigen Spektrums, wenn sich die entsprechenden Redner als Vertreter einer Gewerkschaft, der Frauengruppe Courage oder anderer Bündnisse vorstellen. Ohne die Partei zu nennen, werden dabei oft spezifische Positionen und Forderungen der MLPD als vorgegebene Mehrheitsmeinungen der Bevölkerung artikuliert.

Mit dem Aufkommen der Massenproteste gegen die Agenda 2010 und das Hartz-Konzept im Jahr 2004 verstärkte auch die MLPD ihr Engagement. Steigende Mitgliederzahlen, zahlreiche Demonstrationen, die von ihnen oder von ihnen dominierten Gruppen organisiert werden, stehen im Verhältnis zu Auftritten, die von vielen anderen Hartz-IV-Gegnern als bündnisfeindlich und arrogant gegenüber der restlichen außerparlamentarischen Linken empfunden werden.

Parteistruktur

Vorsitzender der Partei ist seit der Parteigründung im Jahr 1982 Stefan Engel. Die formelle Entscheidungsbefugnis liegt beim Zentralkomitee der Partei, das aus Engel, seiner Ehefrau und zwölf weiteren Parteimitgliedern besteht.

Die Partei ist in Betriebszellen, Orts- und Kreisgruppen, Bezirken und vereinzelt Landesverbände gegliedert. Laut eigener Aussage ist die MLPD und ihr Jugendverband "Rebell" in über 450 Orten in Deutschland vertreten. Angesichts der Mitgliederzahl erscheint diese Angabe zweifelhaft. Nach Parteiangaben werden auch Hochschulgruppen aufgebaut.

Regional konzentriert die MLPD ihre Kräfte auf den Parteiaufbau in Sachsen-Anhalt, dem „schwächsten Kettenglied der Herrschenden“. Im Parteiaufbau in Ostdeutschland wird der Motor des gesamten Parteiaufbaus der MLPD gesehen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei ‚Organizer‘, Parteimitglieder, die freiwillig für ein Jahr eine „berufsrevolutionäre Tätigkeit“ zum zielgerichteten Parteiaufbau durchführen.

Mit etwa 2.100 Mitgliedern ist die MLPD nach der DKP die zweitgrößte Kommunistische Partei in Deutschland. Die Mehrzahl der Mitglieder sind Arbeiter und Angestellte, es gibt unter ihnen aber auch Selbständige wie Ärzte und Anwälte.

Das Landesamt für Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen spricht in seinem Verfassungsschutzbericht 2003 von Führerkult in der MLPD. Die Partei wird dort als sektenähnlich strukturiert bezeichnet.

Die MLPD gehört außerdem der International Conference of Marxist-Leninist Parties and Organizations an.

Zentralkommitee

Das Zentralkomitee (ZK) ist das Leitungsgremium der MLPD. Mitglieder sind (Ende 2004):

  • Stefan Engel (Vorsitzender der MLPD)
  • Klaus Arnecke
  • Peter Borgwardt (Mitglied des Sekretariat)
  • Reinhard Funk
  • Monika Gärtner-Engel
  • Dieter Ilius
  • Günter Slave
  • Klaus Wallenstein
  • Peter Weispfenning
  • Anna Bartholomé (Frauenpolitische Sprecherin)
  • Otwin Herzig (verantwortlich für Betrieb und Gewerkschaft)
  • Roland Meister (Internationalismus-Verantwortlicher ZK)
  • Jörg Weidemann (Pressesprecher)
  • Wolfgang Göller

Nebenorganisationen und beeinflusste Organisationen

Die Kinderorganisation "Rotfüchse" soll bereits Kinder an die Ideologie der MLPD heranführen. Die Jugendorganisation der Partei heißt "Rebell". Jährlich organisiert die MLPD gemeinsam mit den von ihr beeinflussten Organisationen ein Internationales Pfingstjugendtreffen in Gelsenkirchen.

Eine Reihe von Organisationen sind von der MLPD beeinflusst, so

  • der Frauenverband Courage
  • "Frauenpolitischer Ratschlag", begründet von Monika Gärtner-Engel
  • die Solidaritätsorganisation Solidarität International
  • die Willi-Dickhut-Stiftung e.V. mit Willi-Dickhut-Museum
  • die Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Studien zur Arbeiterbewegung e.V. (GSA)
  • die Bürgerbewegung für Kryo-Recycling und Kreislaufwirtschaft, begründet von Monika Gärtner-Engel

Außerdem sind Initiativen, wie der branchenbezogene Automobilarbeiter-Ratschlag und Solidaritätskomitees, z.B. bei Opel oder DaimlerChysler MLPD-gesteuert. Mit diesen Initiativen und ‚Solikreisen‘ versucht die MLPD, Einfluss auf betriebliche Geschehnisse und die Gewerkschaftsbasis zu gewinnen.

Verschiedene Kulturgruppen sind MLPD-dominiert, z.B. der "Rote Ruhr-Chor" und die Musikgruppen "Nümmes" in Berlin und "Pepperoni" in Hamburg

Einrichtungen und Parteivermögen

Die MLPD finanziert sich eigenen Angaben zufolge ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden, zum Beispiel im Rahmen von Spendenkampagnen. Nach Angabe der Funktionärszeitschrift "Lernen und Kämpfen" (LuK), Heft 1/2004 soll das „Treuhandvermögen der MLPD vom letzten Parteitag im Dezember 1999 in Höhe von 8,5 Millionen bis 2004 auf 12,1 Millionen Euro“ angewachsen sein. Das Parteivermögen ist überwiegend in Immobilien und Betrieben angelegt:

Einen Immobilienzuwachs erhofft die MLPD nach Verfassungsschutz-Angaben über Schenkungen und Erbschaften zu erhalten.

Die finanzielle Belastung der Mitglieder wird intern innerhalb der Partei teilweise als zu hoch kritisiert.

Das Parteivermögen wird vom "Vermögensverwaltungsverein Koststraße 85 e.V." (VVV) in Gelsenkirchen verwaltet. Vereinsvorsitzender ist der MLPD-Vorsitzende Stefan Engel.

Parteipresse

  • "Rote Fahne" (RF), wöchentliche Auflage ca. 7.500; Redaktionsleiter: Jörg Weidemann
  • "Lernen und Kämpfen" (LuK), Mitglieder- und Funktionärschrift, vierteljährliche Auflage ca. 1.000
  • "Revolutionärer Weg"(RW), theoretisches Organ
  • "Galileo – streitbare Wissenschaft", Zeitung der Hochschulgruppen der MLPD
  • "Rebell", Magazin der Jugendorganisation

Diese Publikationen erscheinen im Parteiverlag "Neuer Weg".

  • etliche Kleinzeitungen (Betriebs- und Stadtteilzeitungen) der MLPD und der von ihr beeinflussten Organisationen.

Das Zentralorgan "Rote Fahne" wurde vom Parteivorsitzenden 2004 wegen eines leserfernen und wenig verständlichen Stils kritisiert.