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Molotowcocktail

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Molotowcocktail (auch Brandflasche, von Teilen der außerparlamentarischen Opposition der 1970er-Jahre auch verharmlosend Molly genannt) ist eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl einfacher Wurfbrandsätze, wie sie bei Aufständen, Krawallen, Straßenschlachten oder in Guerillakriegen zur Verübung von Brandanschlägen verwendet werden.

Geschichte

Ein Molotowcocktail geht bei einer Demonstration in Rostock gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm in der Nähe von Polizisten nieder

Die Einfachheit der Waffe legt die Vermutung nahe, dass sie schon sehr früh in Konflikten eingesetzt wurde. Das Griechische Feuer, Feuertöpfe und Brandkugeln sind frühere Formen eines Wurfbrandsatzes.

Erstmals mit eindeutigem Beleg eingesetzt wurde die Waffe in den Bürger- und Interventionskriegen in Russland (1918–1922) und später im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939), jedoch noch nicht unter dem Namen „Molotowcocktail“.

Molotowcocktail aus finnischer Fertigung mit Sturmstreichhölzern als Zünder

Der Name wurde 1939/40 von finnischen Soldaten und Zivilisten in Anlehnung an Wjatscheslaw Molotow, den damaligen sowjetischen Regierungschef und Außenminister Stalins, benutzt, welcher für die sowjetische Invasion in Finnland beziehungsweise deren Verharmlosung und den folgenden „Winterkrieg“ verantwortlich gemacht wurde.

Molotows Brotkorb, eine frühe Streubombe russischer Produktion, die nach dem Abwurf 60 kleine Brandbomben über dem Zielgebiet verteilte


Molotow erklärte wiederholt zu den Bombardierungen im Radio, dass die sowjetischen Flugzeuge lediglich Nahrungsmittel und Brot für die hungernde Bevölkerung abwerfen würden. Die Realität sah anders aus. Die Finnen nannten daraufhin die Bomben Molotows Brotkörbe und erfanden ein „Getränk passend zum Essen“.

Die Finnen setzten Molotowcocktails erfolgreich gegen russische Panzer ein. Auf Turm oder Motor der damaligen Panzer geworfen setzten sie diese häufig in Brand. Finnland ging dazu über, die Cocktails industriell von der staatseigenen Firma Oy Alkoholiliike Ab (heute Alko) herstellen zu lassen und mit den benötigten Streichhölzern paketweise an die Front zu schicken. Insgesamt wurden 450.000 Stück produziert.

Diese Idee übernahm die deutsche Wehrmacht und ließ Molotowcocktails unter dem Namen „Brandflasche“ herstellen bzw. gab verschiedene Anleitungen zur selbstständigen Produktion heraus. Hierbei wurde oft eine Füllung aus Benzin und Flammöl verwendet, als Zünder wurden meist am Flaschenhals befestigte Sturmstreichhölzer benutzt.[1]

Eine besondere Form des Molotowcocktails im Zweiten Weltkrieg waren Flaschen, in die Benzin und Schwefelsäure abgefüllt wurden. Danach wurden sie dicht verschlossen und in Papier gewickelt, das mit Kaliumchloratlösung durchtränkt und getrocknet worden war. Beim Zerschlagen der Flasche gerieten der Flascheninhalt und das Kaliumchlorat in Kontakt und entzündeten sich.

Massenhaft zum Einsatz kamen Molotowcocktails auch beim Aufstand im Warschauer Ghetto und während des sowjetischen Einmarschs, der den Ungarnaufstand beendete. Auch die rote Armee setzte im Zweiten Weltkrieg Molotowcocktails ein.

Während des Nomonhan-Zwischenfalls 1939 setzten japanische Soldaten, da sie nicht ausreichend mit Panzerabwehrwaffen ausgerüstet waren, benzingefüllte Flaschen gegen sowjetische Panzer ein.

Für die englische Home Guard wurde 1940 ein Northover Projector genannter Werfer entwickelt, der Brandflaschen mit Phosphorzündung rund 180 m weit verschießen konnte. Allerdings war diese Waffe für den Schützen nicht ganz ungefährlich, da die Glasflaschen schon im oder kurz nach Verlassen des Rohres zerbrechen konnten.[2]

Neben der Zündung durch einfache pyrotechnische Mittel kamen, speziell bei militärischer Produktion und Verwendung, auch chemische Zünder oder am Gefäß angebrachte Handgranaten zur Anwendung. Während der Einsatz gegen Panzer seit dem Weltkrieg nicht mehr allgemein üblich ist, sind andere Brandmittel, wie Flammenwerfer, Napalm und Phosphor, zum Teil als geächtete Kampfmittel, weiterhin im militärischen Bestand.

Molotowcocktails finden sich bis heute als, meist improvisiertes, Kampfmittel in Konflikten aller Art.

Rechtslage

  • In Deutschland wird der Molotowcocktail in der Waffenliste als verbotene Waffe aufgeführt (§ 2 Abs. 3 WaffG in Verbindung mit ). Somit sind gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 WaffG der Erwerb, der Besitz, das Überlassen, das Führen, das Verbringen, das Mitnehmen, das Herstellen, das Instandsetzen sowie der Handel damit verboten. Ebenso ist es nicht erlaubt, zum Herstellen von Molotowcocktails anzuleiten oder aufzufordern (§ 52 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 40 Abs. 1 WaffG). Verstöße gegen das Verbot werden mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Das Werfen von Molotowcocktails auf Personen (z. B. auf Polizisten bei Straßenschlachten) wird in der Rechtsprechung häufig als (versuchtes) Tötungsdelikt (Mord oder Totschlag) bewertet, weil die möglicherweise tödliche Folge eines Treffers dabei vom Werfer zumindest billigend in Kauf genommen wird.
  • In den USA sind Molotowcocktails durch das „Arson Law”[3] verboten. Sie sind zudem als “destructive device” klassifiziert (“A destructive device is a firearm or explosive device that, in the United States, is regulated by the National Firearms Act of 1934”) und daher verboten. [4]

Literatur

  • Wolfgang Fleischer Waffen-Arsenal Band 174: Deutsche Handgranaten 1914 - 1945, Podzun-Pallas-Verlag, Wölfersheim-Berstadt, 1998, ISBN 3-7909-0631-X
  • Karl H. Schnell; Sven Korweslühr Taschenbuch Wehrausbildung, Walhalla U. Praetoria, Regensburg, 2005, ISBN 3-8029-6205-2
Commons: Molotowcocktail – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellenangaben

  1. Waffen-Arsenal Band 174 Seite 37
  2. http://www.home-guard.org.uk/hg/northover.html Northover Projector auf home-guard.org.uk
  3. New York Times Justices Sidestep Constitutionality in Rulings in Federal Arson and False Claims Cases zur Verurteilung wegen Molotowcocktails
  4. The National Firearms Act. Title 26 United States Code, Chapter 53, Internal Revenue Code.