Arbeit (Sozialwissenschaften)
Dieser Artikel befasst sich mit Arbeit als Tätigkeit. Für den davon abstrahierten physikalischen Begriff der Arbeit als umgesetzter Energie siehe Arbeit (Physik).
Wortgeschichte
Das Wort Arbeit ist gemeingermanischen Ursprungs (*arbējiðiz, got. arbeiPs); die Etymologie ist unsicher; evtl. verwandt mit indoeurop. *orbh- "verwaist", "Waise", "ein zu schwerer körperlicher Tätigkeit verdingtes Kind" (vgl. Erbe); evtl. auch verwandt mit aslaw. robota ("Knechtschaft, Sklaverei", vgl. Roboter).
Im Ahd. und Mhd. überwiegt die Wortbedeutung "Mühsal, Strapaze, Not"; redensartlich noch heute Mühe und Arbeit (vgl. Psalm 90, lateinisch labor et dolor).
Das französische Wort travail hat eine ähnliche, sogar noch extremere Wortgeschichte hinter sich: es leitet sich von einem frühmittelalterlichen Folterinstrument ab.
Das italienische lavoro und das englische labour gehen auf das lateinische labor zurück, das ebenfalls primär "Mühe" bedeutet.
Geschichte der Arbeit
In der Antike galt Arbeit als Zeichen der Unfreiheit. Sklaven und Handwerker (bánasoi) waren der "Notwendigkeit untertan" und konnten nur durch Arbeit ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse befriedigen.
Eine positive Bewertung von Arbeit als "produktive Betätigung zur Befriedigung eigener oder fremder Bedürfnisse" war im Rittertum und in der Mystik angelegt. Durch Reformation und Aufklärung rückte sie in den Vordergrund. Eine neue Sicht der Arbeit als sittlicher Wert und Beruf (= Berufung) des Menschen in der Welt wurde von Martin Luther mit seiner Lehre vom allgemeinen Priestertum ausgeprägt.
In der Frühphase der Aufklärung wurde Arbeit zum Naturrecht des Menschen erklärt (Jean-Jacques Rousseau). Damit wurde das feudalistische Prinzip der Legitimation kritisiert. Eigentum entsteht einzig durch Arbeit, niemand hat ein von Gott gegebenes Anrecht auf Eigentum. Güter, die nicht durch menschliche Arbeit entstanden sind, sind Gemeinbesitz.
Adam Smith spricht von produktiver und unproduktiver Arbeit. Produktive Arbeit nennt er die Arbeit, deren Resultat ein verkäufliches Produkt ist. Dazu wird nicht nur der eigentliche Wertschöpfungsprozess (beim Schmied: der Vorgang des Schmiedens, beim Maurer der Vorgang des Mauerns), sondern auch alle Arbeiten, die indirekt zur Vervollkommenung des Gutes beitragen (beim Schmied: das Erhalten der Glut, das Pflegen der Werkzeuge). Unproduktiv ist hingegen die Arbeit, die nicht in einem verkäuflichen Produkt resultiert. Andere Arbeiten, z.B. die Haushaltstätigkeit sind von diesem Standpunkt aus als reproduktiv zu bezeichnen, da sie notwendig ist, um produktive Arbeit leisten zu können.
Der Frühsozialist C. Fourier proklamierte 1808 ein Recht auf Arbeit.
In der deutschen Philosophie (Hegel, Kant, Herder, Fichte) wird Arbeit zur Existenzbedingung und sittlichen Pflicht erklärt.
In der Phase der Industrialisierung bekommt die Arbeit die neue und traurige Dimension der Lohnarbeit. Deren Folgen: Entfremdung (der Arbeiter hat mit dem eigentlichen Produkt aber auch mit dem Unternehmen, für das er arbeitet nicht mehr viel zutun), Kinderarbeit, Verelendung.
Für Karl Marx, der Werttheorie folgend, ist die "menschliche Arbeitskraft" als alleinige Kraft fähig, das Kapital zu vergrößern (Mehrwert zu akkumulieren).
Arbeit Heute
Arbeit ist der Prozess der bewussten schöpferischen Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur und der menschlichen Gesellschaft.
Die Arbeit dient der individuellen Reproduktion, der Arterhaltung und der kulturellen Weiterentwicklung des einzelnen Menschen und der gegebenen sozialen Verhältnisse. Historisch und sozio-ökonomisch gesehen unterliegt der Begriff Arbeit inhaltlichen Veränderungen bzw. Entwicklungen, die im Wesentlichen vom Entwicklungsstand der Produktionsweise und den vorherrschenden Produktionsverhältnissen abhängen.
Zwei wesentliche Aspekte der Arbeit sind zu unterscheiden:
- Die Subsistenzarbeit, also die Arbeit, die der Mensch verrichtet, um seinen Lebensunterhalt zu produzieren und so sein Überleben zu sichern (Englische Entsprechung: Labour)
- und die Selbstproduktion, jene Arbeit, die dem Menschen die Möglichkeit gibt, sich selbst zu entfalten. (Englische Entsprechung: Work)
Wenn man die Arbeit als wichtigen Wert in der Gesellschaft versteht, dann ist die direkte Besteuerung der Arbeit z.B. mit der Lohn- und Einkommenssteuer sehr kritisch zu betrachten. Bei einer hohen Zahl von Arbeitslosen, wie sie in Deutschland derzeit Realität ist, ist es nicht jedem einsichtig, warum der Faktor Arbeit durch Steuern verteuert werden muß.
In den Wohlhabenden Staaten der Welt (zu denen auch Deutschland zählt), wird die Erwerbsarbeit knapp. Es findet eine zunehmende Flexibilisierung, Virtualisierung und Subjektivierung der Arbeit statt. Inhaltlich verschiebt sich die Arbeit immer mehr in den tertiären Sektor (Dienstleistungen).
In ärmeren Ländern herrschen zum Teil immer noch Verhältnisse wie in der Industrialisierungsphase Europas - Kinderarbeit, Billiglohnarbeit und fehlende soziale Absicherung sind dort leider noch selbstverständliche Bestandteile der Arbeitswelt.
Literatur
- Helmuth Schneider u. a.:Geschichte der Arbeit - Vom Alten Ägypten bis zur Gegenwart, 1980, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3462013823
- Reinhard P. Gruber: Nie wieder Arbeit. Schivkovs Botschaften vom anderen Leben ISBN 3701706069
- Bob Black: Die Abschaffung der Arbeit, 2003, Löhrbach, ISBN 3922708048
Siehe auch: Arbeitslosigkeit, New Work, Hausarbeit