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Benutzer:Stephan Piotrowski (Nawaro)

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Industriepflanzen (nach Meyers Konversations-Lexikon von 1888)

Eine Industriepflanze ist eine Pflanze, die dezidiert als nachwachsender Rohstoff zur stofflichen Nutzung, im Gegensatz zur energetischen Nutzung, angebaut wird.


Definition und Abgrenzung

Im Gegensatz zum Begriff der Energiepflanze ist die Bezeichnung Industriepflanze bereits im 19. Jahrhundert gebräuchlich, wie die Abbildung aus Meyers Konversations-Lexikon zeigt. Zeitweise war auch der Begriff Fabrikpflanze gebräuchlich: „Industriepflanzen, auch Fabrikpflanzen, die Pflanzen, die in der Industrie ausgedehnte Verwendung finden. Da in den meisten Fällen große Mengen der betreffenden Pflanzen gebraucht werden, so sind die I. zum größten Teile wichtige Kulturpflanzen. Zu den wichtigsten I. gehören die Textil- oder Gespinstfaserpflanzen, die Farbepflanzen, die Nahrungspflanzen, die Gewürzpflanzen, die Öle und Fette liefernden Pflanzen und die Pflanzen, aus denen Kautschuk, Gummi, Harze und Balsame gewonnen werden, die Gerbepflanzen, die Korkeiche, Weberkarde, verschiedene Jod liefernde Algen usw. Außerdem sind noch anzuführen diejenigen Bäume und Sträucher, deren Holz zu Bauzwecken, in der Tischlerei in der Maschinenfabrikation usw. oder als Brennholz dient.“[1] Diese Definition entspricht nicht mehr genau dem heutigen Verständnis, da auch industriell verarbeitete Nahrungspflanzen und die energetische Verwendung (Brennholz) zu den Industriepflanzen gerechnet wurden. Eine Definition im heutigen Sinn wäre: „Bei Industriepflanzen werden Inhaltsstoffe (z.B. Öle, Fette, Stärke) oder die Pflanzenfasern einer stofflichen Verwertung zugeführt. Voraussetzung ist eine Verwendung im Non-food-Bereich."[2]

Eingang in den Sprachgebrauch haben u.a. auch die Bezeichung Industriekartoffel für die gentechnisch veränderte Stärkekartoffel Amflora sowie die Bezeichnung Industrierübe für Zuckerrüben, bei denen „der Zucker für die Arzneimittel und pharmazeutische Zubereitung (Human- und Tiermedizin), für chemische und synthetische Stoffe (thermoplastische Kunststoffe), für Zitronen- und Aminosäuren (Futtermittelindustrie) und für Fermentationsprodukte (Hefeproduktion) eingesetzt wird[3], gefunden.


Pflanzengruppen und Nutzung

Aufgrund der Vielzahl an Pflanzen zur stofflichen Nutzung ist eine erschöpfende Darstellung sämtlicher Arten und Verwendungen kaum möglich. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über in Deutschland angebaute in genutzte Industriepflanzen.

Industriepflanzen in Deutschland und ihre Nutzung [4]
Pflanzengruppen
nach Nutzungen
Pflanzenarten Verwendungen
Ölpflanzen Raps, Sonnenblume, Öllein, Mohn,
Leindotter, Krambe
Land- und Forstwirtschaft (Hydraulik-, Getriebe- oder Sägekettenöl)
Bahn (Schmier- und Weichenschmieröl)
Bauindustrie (Linoleum/Fußbodenbelag, Schalöl, Farben, Lacke)
Reinigung (Schaumbremser in Waschmitteln, Seifen und Reinigungssubstanzen)
Spezielle Kunststoffe
Stärke- und Zuckerpflanzen Kartoffel, Weichweizen, Mais, Zuckerrübe,
Topinambur
Papierindustrie (Erhöhung der Reißfestigkeit und der Bedruckbarkeit von Papier und Pappe)
Feinchemikalien (z.B. Aminosäuren)
Bauindustrie (Bindemittel in Gipskarton- und Mineralfaserplatten, Abbindeverzögerer und Einschalungsmittel für Beton)
Kompostierbare Werkstoffe (Verpackungen, Einweggeschirr/-besteck, Folien, Pflanztöpfe)
Polymer-Monomere
Kunststoffe (Polyurethane als Ausgangsstoffe für Synthetikfasern, Schaum- und Hartkunststoffe sowie Lacke)
Klebstoffe (Tapetenkleister und Leim)
Reinigungsmittel (Seifen, Waschpulver, Tenside)
Pharmazie und Kosmetik (Geschmacksstoffe und Konservierungsmittel, Antibiotika, Vitamine, Zahnpasten, Cremes, Puder)
Faserpflanzen Faserlein, Hanf, Fasernessel
Kenaf
Langfasern: Textilien, Seile
Kurzfasern: Baustoffe (Platten, Putz, Dämmstoffe, Vliesstoffe)
Naturfaserverstärke Werkstoffe
Autoindustrie (Formpressteile, Reibbeläge)
Papier (Verpackungsmaterial, Filtermaterial, Banknoten, Zigarettenpapier)
Schäben: Einstreu, energetische Nutzung
Färberpflanzen Färberwau, Krapp, Färberknöterich, Färberwaid, Saflor Textilfarben
Innenanstrichfarben
Kinder-Malfarben und gefärbtes Kinderspielzeug
Färben von Leder, Papier und Lebensmitteln
Arzneipflanzen Wurzeldrogen: Gelber Enzian
Blatt- und Krautdrogen: Johanniskraut
Blütendrogen: Echte Kamille
Frucht- und Samendrogen: Mariendiestel
Salben (z.B. aus Ringelblumenblüten bei Wunden/Sonnenbrand)
Tee (z.B. aus Kamillenblüten bei Entzündungen)
Öl (z.B. aus Nachtkerzensamen bei Bluthochdruck]]
Extrakte (z.B. aus Herbstzeitlosen-Knollen bei Gicht)
Proteinpflanzen Ackerbohne, Lupine, Eiweißerbse Papier- und Verpackungsindustrie (Erhöhung der mechanischen Belastbarkeit, Bedruckbarkeit, Haftung wasserlöslicher Druckfarben
Leim der Kleber (z.B. Etikettierklebstoff, Bindemittel für Sperrholz)
Einkapselung von Pharmazeutika
Biologisch abbaubare Werkstoffe

Bedeutung der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe gegenüber der energetischen Nutzung

Einzelnachweise

  1. Eintrag Industriepflanzen in: Brockhaus' Konversationslexikon, 14. Aufl. 1894-1896, S. 586.
  2. Eintrag Industriepflanzen im Glossar von C.A.R.M.E.N. e.V. [1]
  3. Bundesverband Deutscher Pflanzenzücher e.V.: Zuckerrüben [[2]]
  4. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.: Pflanzen für die Industrie