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Hartz-Konzept

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Das Hartz-Konzept ist eine Bezeichnung für Vorschläge der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, die unter der Leitung von Peter Hartz tagte und im August 2002 ihren Bericht vorlegte. Im Bundestagswahlkampf 2002 versprach Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Vorschläge der Kommission „eins zu eins“ umzusetzen. Später gingen sie in die Agenda 2010 ein und wurden in der Bundesrepublik Deutschland nach und nach umgesetzt.

In den Medien wird das Konzept auch als Hartz-Paket bezeichnet, da es ein Bündel von verschiedenen Maßnahmen enthält. Zur besseren Umsetzung im Gesetzgebungsverfahren wurden die Maßnahmen aufgeteilt in einzelne Gesetze mit den Kurzbezeichnungen Hartz I, Hartz II, Hartz III und Hartz IV, die mittlerweile alle in Kraft gesetzt sind. Zuletzt trat Hartz IV am 1. Januar 2005 in Kraft.

Hartz-Kommission

Zusammensetzung

Am 22. Februar 2002 wurde die Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt gegründet. Zu den Mitgliedern gehören:

  • Dr. Peter Hartz, Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG
  • Isolde Kunkel-Weber, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes
  • Norbert Bensel, Mitglied des Vorstandes der DaimlerChrysler Services AG und der Deutschen Bahn AG
  • Dr. Jobst Fiedler, Roland Berger Strategy Consultants
  • Peter Gasse, Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen
  • Prof. Dr. Werner Jann, Universität Potsdam
  • Dr. Peter Kraljic, Direktor der McKinsey & Company Düsseldorf
  • Klaus Luft, Geschäftsführer der Market Access for Technology Services GmbH
  • Harald Schartau, Minister für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Wilhelm Schickler, Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen
  • Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks
  • Prof. Dr. Günther Schmid, Wissenschaftszentrum für Sozialforschung
  • Wolfgang Tiefensee, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig
  • Eggert Voscherau, Mitglied des Vorstandes der BASF AG
  • Heinz Fischer, Abteilungsleiter Personal Deutsche Bank AG

Auftrag an die Kommission war, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland effizienter gestaltet und die Bundesanstalt für Arbeit reformiert werden kann.

Ergebnisse

Das Hartz-Konzept zur Reform des Arbeitsmarktes umfasst 13 „Innovationsmodule“. Im Zentrum der Arbeitsförderung soll demnach die eigene Integrationsleistung des Arbeitslosen stehen. Vorgeschlagen wurden von der Kommission folgende Elemente:

  • Doppelter Kundenauftrag: Arbeitsuchende und Arbeitgeber — Verbesserter Service für Kunden — JobCenter: Die Arbeitsämter werden zu JobCentern umgestaltet. Neben den bisherigen Dienstleistungen der BA übernehmen die JobCenter auch die arbeitsmarktrelevante Beratung und Betreuung seitens des Sozialamtes, des Jugendamtes, des Wohnungsamtes, der Sucht- und Schuldnerberatung und sind Schnittstelle zur PersonalServiceAgentur (PSA). Anlaufstelle ist der Vermittler oder Fallmanager. Die Arbeitsvermittler werden von Verwaltungs- und Nebenaufgaben befreit und konzentrieren sich auf die Pflege der Kontakte zu den Betrieben und die Akquisition offener Stellen.
  • Familienfreundliche Quick-Vermittlung und Erhöhung der Geschwindigkeit in der Vermittlung: Arbeitnehmer sind zukünftig verpflichtet, das JobCenter nach einer Kündigung unverzüglich über drohende Arbeitslosigkeit zu informieren, damit Vermittlungsbemühungen frühzeitig einsetzen können. Bei verspäteten Meldungen gibt es Abschläge vom Arbeitslosengeld. Die Vermittlung wird durch verschiedene Maßnahmen beschleunigt und familienfreundlich ausgestaltet. Arbeitslose, die Verantwortung für Familien tragen, werden bei der Vermittlung bevorzugt behandelt. Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden zusätzliche Kapazitäten zur Kinderbetreuung aufgebaut.
  • Neue Zumutbarkeit und Freiwilligkeit: Die Zumutbarkeit wird nach geographischen, materiellen, funktionalen und sozialen Kriterien, bei denen auch die familiäre Situation eine Rolle spielt, neu formuliert und in Verbindung mit Freiwilligkeit und Pflichten konsequent umgesetzt. So wird einem jungen, alleinstehenden Arbeitslosen bei der Mobilität mehr zugemutet als einem Arbeitslosen mit Verantwortung für Familienangehörige. Lehnt ein Arbeitsloser eine Beschäftigung ab, muss er nachweisen, dass die abgelehnte Beschäftigung unzumutbar war. Sperrzeiten für die Zahlung von Arbeitslosengeld werden künftig differenzierter nach verschiedenen Tatbeständen eingesetzt.
  • Jugendliche Arbeitslose — AusbildungsZeit-Wertpapier: Die JobCenter übernehmen die Verantwortung für eine aktive beiderseitige Suche nach einer Praktikums- oder Ausbildungsstelle. Es sollen weitere neue Ausbildungsberufe entwickelt werden. Qualifizierungsbausteine aus bestehenden Ausbildungsberufen sollen verstärkt jugendlichen Arbeitslosen angeboten werden. Mit dem AusbildungsZeit-Wertpapier (AZWP) sollen zusätzliche Ausbildungsplätze finanziert werden. Die Umsetzung des AZWP erfolgt über eine gemeinnützige Stiftung.
  • Förderung älterer Arbeitnehmer und „BridgeSystem“: Zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit Älterer werden zwei Wege vorgeschlagen: Zur stärkeren Integration älterer Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt ersetzt die Lohnversicherung, die die bisherige Arbeitslosenversicherung ergänzt, einen Teil des Einkommensverlustes, der bei der Übernahme einer niedriger bezahlten sozialversicherungspflichtigen Arbeit entsteht. Zudem wird der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für Ältere gesenkt, wenn sie eine neue Beschäftigung aufnehmen. Die Möglichkeiten der befristeten Beschäftigung Älterer werden erweitert. Andererseits können durch das „BridgeSystem“ ältere Arbeitslose auf eigenen Wunsch ab 55 Jahren aus dem Bezug des Arbeitslosengeldes und der Betreuung durch das JobCenter ausscheiden. Sie erhalten statt des Arbeitslosengeldes eine kostenneutral errechnete monatliche Leistung und den vollen Schutz der Sozialversicherung.
  • Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe: Zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand und Intransparenz sowie zur Verbesserung der Abstimmung und Verantwortlichkeit wird in Zukunft jeder, der Leistungen bezieht, nur noch von einer Stelle betreut. Es wird drei Arten von Leistungen geben: (1) Das Arbeitslosengeld I ist die beitragsfinanzierte Versicherungsleistung, die in Dauer und Höhe den bisherigen Regeln entspricht. (2) Das Arbeitslosengeld II ist eine steuerfinanzierte Leistung, abhängig von der Bedürftigkeit, zur Sicherung des Lebensunterhalts arbeitsloser Erwerbsfähiger nach dem Bezug von Arbeitslosengeld oder wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erfüllt ist. (3) Das Sozialgeld entspricht der bisherigen Sozialhilfe für nicht Erwerbsfähige.
  • Beschäftigungsbilanz — Bonussystem für Unternehmen: Alle Unternehmen sind aufgefordert, ihrer Verantwortung für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen gerecht zu werden. Die JobCenter und die KompetenzCenter unterstützen die Unternehmen dabei und bieten deshalb Beschäftigungsberatung zu den Bereichen Arbeitsrecht, Gestaltung betrieblicher Arbeitsbedingungen, etc. an. Unternehmen mit einer positiven Beschäftigungsentwicklung erhalten einen Bonus in der Arbeitslosenversicherung.
  • Aufbau von Personal-Service-Agentur (PSA) — Betriebsnahe Weiterbildung — Integration schwer Vermittelbarer: Die PersonalServiceAgentur (PSA) ist ein Instrument zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Ziel ist, Einstellungsbarrieren zu überwinden und Arbeitslose mit einer neuen Form vermittlungsorientierter Arbeitnehmerüberlassung schnell wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die PSA sind eigenständige Organisationseinheiten und arbeiten für und im Auftrag des Arbeitsamtes. Die Verpflichtung des Arbeitslosen zur Aufnahme einer Beschäftigung in der PSA ergibt sich aus den Regelungen der Zumutbarkeit. Ablehnung ist mit Leistungskürzungen verbunden. Während der Probezeit wird ein Nettolohn in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt, anschließend der tariflich vereinbarte PSA-Lohn. Wechselt ein Arbeitnehmer in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis, erhält er den dort üblichen Lohn. Die gesetzlichen Beschränkungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sollen aufgehoben werden.
  • Neue Beschäftigung und Abbau von Schwarzarbeit durch „Ich-AG“ und „Familien-AG“ mit vollwertiger Versicherung — Minijobs mit Pauschalabgabe und Abzugsfähigkeit von privaten Dienstleistungen: Mit den beiden neuen Instrumenten Ich-AG und Mini-Job werden neue Wege zur Bewältigung des Problems Schwarzarbeit aufgezeigt. Die Ich-AG zielt auf weniger Schwarzarbeit Arbeitsloser, die Mini-Jobs auf weniger Schwarzarbeit bei Dienstleistungen in Privathaushalten. Die Verdienstgrenze bei Minijobs für Dienstleistungen in privaten Haushalten soll auf 400 Euro monatlich angehoben werden, der Einzug des Sozialversicherungsbeitrags (Sozialversicherungspauschale von 12 Prozent) wird vereinfacht.
  • Personal – Transparentes Controlling – Effiziente IT-Unterstützung aller Prozesse – Aufbauorganisation – Selbstverwaltung – Arbeitsmarktforschung – Change Management: Die BA wird nach einem neuen Leitbild arbeiten, das in einem neuen Handlungsleitfaden für jeden Mitarbeiter und einem neuen Personalkonzept seinen Ausdruck findet. Innerhalb der BA werden die Beschäftigungsverhältnisse neu gestaltet. Es wird viele Veränderungen geben: Dazu gehören ein neues einheitliches Dienstrecht, die Steuerung der Arbeitsämter über vereinbarte oder vorgegebene Ergebnisse, die Weiterentwicklung des Controllings, die durchgängige Unterstützung aller Geschäftsprozesse durch IT und öffentlicher Zugang zu Informationen und Dienstleistungen über Internet und Selbstinformationseinrichtungen. Die Aufbauorganisation wird künftig zweistufig sein: Zentrale und Arbeitsämter, die über JobCenter den lokalen Kundenbedarf bedienen. In jedem Bundesland wird außerdem ein KompetenzCenter eingerichtet.
  • Umbau der Landesarbeitsämter zu KompetenzCentern für neue Arbeitsplätze und Beschäftigungsentwicklung – Start mit den neuen Bundesländern: Die Landesarbeitsämter werden zu KompetenzCentern umgebaut, deren beschäftigungspolitische Aufgaben steuerfinanziert sind. Die KompetenzCenter vernetzen und koordinieren die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik auch über Verwaltungsgrenzen hinweg. Sie bieten Ländern, Kommunen, Unternehmen und Kammern komplementäre Lösungen und Ressourcen an. Sie fungieren auch als Hauptansprechpartner für große Unternehmen, unterstützen die JobCenter bei der Beratung von Klein- und mittelständischen Unternehmen, sind Verbindungsstelle zu den Landesregierungen, koordinieren überregionale Qualifizierungsprogramme und betreiben Trend- und regionale Arbeitsmarktforschung.
  • Finanzierung der Maßnahmen zum Abbau der Arbeitslosigkeit: Mit dem Konzept des JobFloaters wird die Finanzierung von Arbeitslosigkeit durch die Finanzierung von Arbeit ersetzt. Stellt ein Unternehmen einen Arbeitslosen nach der Probezeit ein und schafft es einen neuen Arbeitsplatz, erhält es die Option auf ein Finanzierungspaket in Form eines Darlehens. Dieses Angebot gilt für kleine und mittlere Unternehmen in den alten und neuen Ländern. Mit einem JobFloater in Höhe von 100.000 Euro (50.000 Euro Förderkredit, 50.000 Euro Nachrangsdarlehen) und einer Vergabe für 100.000 Arbeitnehmer pro Jahr ergäbe sich ein Finanzierungsbedarf von 10 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn in den nächsten drei Jahren die Arbeitslosenzahl um 2 Millionen gesenkt wird, ergäbe sich nach heutigen Maßstäben groben Schätzungen zufolge ein Einspareffekt in Höhe von 19,6 Milliarden Euro bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe — Mittel die für die Förderung von Ich- oder Familien-AGs und in den PSA verwendet werden können.

(* Masterplan – Beitrag der „Profis der Nation“: Die Arbeitslosigkeit ist ein Problem, das alle Menschen in Deutschland angeht. Seine Lösung kann nicht alleine der Politik, den Gewerkschaften, den Unternehmen oder gar den Arbeitslosen überlassen werden. Die Profis der Nation, wie die Hartz-Kommission sie nennt, sind gefordert, eine Koalition für ein flächendeckendes Netz von konkreten Projekten zu bilden: Vollzeitpolitiker in Bund, Land und Gemeinden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Managerinnen und Manager, Funktionsträgerinnen und -träger in Gewerkschaften und Betriebsräten, Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände, Lehrkräfte, Geistliche, Vereine, Journalistinnen und Journalisten, Künstlerinnen und Künstler, Verantwortliche in sozialen Einrichtungen, Arbeitsloseninitiativen und Selbsthilfegruppen. Denn ein Problem, das alle angeht, muss auch von allen gelöst werden.)

Ziel der Kommission war es, die gefassten Beschlüsse in einem möglichst breiten gesellschaftlichen Dialog zu diskutieren, bevor sie umgesetzt werden. Die vom Parlament umgesetzten Vorschläge der Kommission finden sich in den „Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“.

Umsetzung

Die „Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ wurden in vier Phasen (Hartz I bis IV) umgesetzt:

Hartz I

Hartz I: Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, (1. Januar 2003) Ziel: Erleichterung von neuen Formen der Arbeit

Datei:Lohnnebenkosten Minijob-Midijob-reguläre Beschäftigung.png
Lohnnebenkosten im Vergleich

Hartz II

Hartz II:„Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (1. Januar 2003) . - Regelung der Beschäftigungsarten Minijob und Midijob - Ich-AG =Um Schattenwirtschaft zu verhindern - Einrichtung von Job-Centern.

Hartz III

Hartz III: „Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (1. Januar 2004) - Restrukturierung und der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt) in die Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit).

Hartz IV

Hartz IV:„Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (1. Januar 2005) - Regelt die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II auf einem Niveau unterhalb der bisherigen Sozialhilfe.

- Beide Sozialleistungen sollen bei erwerbsfähigen Arbeitslosen direkt bei der Agentur für Arbeit verwaltet werden. Allerdings erhalten 69 Kreise und Gemeinden die Möglichkeit, die Betreuung von Langzeitarbeitslosen eigenverantwortlich zu übernehmen (sogenannte kommunale Option).

Das bisherige Arbeitslosengeld, die Leistung zum Lebensunterhalt aus der Arbeitslosenversicherung, wird auf die Hälfte der bisherigen Laufzeit reduziert (max. 1 Jahr) Arbeitslosengeld I, die Arbeitslosenhilfe (der Bundesagentur für Arbeit) und die Hilfen zum Lebensunterhalt (der Kreise und Kommunen) als steuerfinanzierte Sozialleistungen werden zum Arbeitslosengeld II zusammengeführt. Wer keine Ansprüche (mehr) auf die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I hat, fällt dann in die Kategorie des Arbeitslosengeld II.

Neuerungen

Wichtige Vorschriften für das Arbeitslosengeld II
  • Die Regelungen zum Arbeitslosengeld sind im Sozialgesetzbuch II festgeschrieben.
  • Die Regelleistung des Arbeitslosengeldes II beträgt 345 Euro (West+Berlin) bzw. 331 Euro (Ost) für Alleinstehende oder Alleinerziehende Personen.

Die Kosten für Unterkunft und Heizkosten werden von der Agentur für Arbeit übernommen. Dabei bestimmen die Kommunen: wie viel? In der Regel werden bis zu 45 m² und 5,85 Euro Kaltmiete pro m² zugelassen.

Nicht übernommen werden Stromkosten, diese sind bereits in der Regelleistung enthalten. Paare erhalten zweimal 90 Prozent des Regelsatzes, also 622 Euro im Westen und Berlin und 596 Euro im Osten.

Für 15 bis 18 Jahre alte Kinder erhält man zusätzlich 80 Prozent (West: 276; Ost: 265 Euro), für Kinder bis 14 Jahre bekommt man zusätzlich 60 Prozent (West: 207; Ost: 199 Euro) des Regelsatzes im Monat.

Einmalige Leistungen sind in bestimmten Fällen weiterhin möglich, etwa für die Erstausstattung der Wohnung (bei der Gründung eines Haushaltes), für Bekleidung (nur einmalig bei Geburt des Kindes) oder für mehrtägige Klassenfahrten der Kinder. Hinzu kommen die Beiträge zur Sozialversicherung, die von der Agentur für Arbeit übernommen werden.

  • In der Arbeitsvermittlung sollen Langzeitarbeitslose mit speziellen Eingliederungsverträgen dazu verpflichtet werden, sich auch selbst um Arbeit zu bemühen. Während früher die Betreuungsrelation bei 1:800 lag, wird jetzt ein Fallmanager künftig nicht mehr als 150 Personen (ab Juli 2005: 75 Personen) betreuen.
  • Künftig kann man mehr Geld hinzuverdienen als bisher in der Sozialhilfe. Bei einem 400-Euro-Job dürfen 60 Euro behalten werden. Und bei 900 Euro im Monat sind es ca. 210 Euro. Ab einem Bruttoeinkommen von 1.500 Euro monatlich werden die Einkünfte allerdings voll auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Einkünfte aus den so genannten 1-Euro-Jobs, also gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten, hingegen werden nicht versteuert und nicht angerechnet.
  • Wer jünger als 25 ist, wird sofort in ein Praktikum, eine Ausbildung, eine berufsvorbereitende Qualifizierung vermittelt und hat einen Rechtsanspruch darauf. Bei Nichtannahme der Ausbildung wird sofort die Leistung gesperrt.
  • Langzeitarbeitslose müssen zukünftig jeden legalen Job annehmen, sofern er nicht sittenwidrig ist. Der Lohn darf nicht mehr als 30 Prozent unter dem ortsüblichen Lohn liegen.
  • Für Arbeitslosengeld-II-Empfänger werden Beiträge der Sozialversicherung (Rente, Kranken- und Pflegeversicherung) bezahlt. Damit werden die ca. 1,1 Mio. Sozialhilfeempfänger jetzt erstmals diese Versicherungsleistungen vom Staat bezahlt bekommen.
  • Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld II für drei Monate um 30 Prozent gekürzt. Jede weitere Ablehnung solch einer Arbeit führt zu einer Kürzung um weitere 30 Prozent, durch die Addierung dieser Überschneidungen kann es zu einer Reduzierung von über 100 Prozent kommen, d.h. die Miete wird nicht mehr übernommen und der Betreffende wird obdachlos. Zur offiziellen Regierungsseite — externer Link
  • Bei Personen unter 25 wird das Arbeitslosengeld II schon bei der ersten Ablehnung gestrichen und durch Gutscheinleistungen ersetzt.
  • Die Kommunen erhalten vom Bund 3,2 Milliarden Euro, so dass sie um ca. 2,5 Milliarden Euro entlastet werden.
  • 69 Kommunen dürfen ihre Langzeitarbeitslosen selbst betreuen (Optionsmodell).
  • Für Sozialhilfeempfänger bedeutet die Regelung eine Verschlechterung, Anders als nach dem Sozialhilfegesetz können keine Einmalleistungen mehr beantragt werden. Für größere Anschaffungen wie beispielsweise eine neue Waschmaschine müssen nach der gesetzlichen Neuregelung die finanziellen Mittel angespart werden, wobei die monatliche Grundzahlung etwas höher ist als bisher bei der Sozialhilfe.
Sogenannte „1-Euro-Jobs“

Durch "1-Euro-Jobs" oder Arbeitsgelegenheiten sollen nach Aussagen des Wirtschaftsministers Clement bis zu 700 000 Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden.

Der Bund stellt 2005 für Wiedereingliederungsmaßnahmen von Arbeitslosen insgesamt 6,35 Mrd. Euro zur Verfügung.

Insbesondere Wohlfahrtsverbände schaffen solche Stellen, bei denen die Betroffenen neben den Transferzahlungen eine Mehraufwandsentschädigung von ca. ein bis zwei Euro pro Stunde erhalten, die im Gegensatz zu anderen Zuverdiensten anrechnungsfrei bleiben.

Die so geschaffenen Jobs müssen im öffentlichen Interesse und zusätzlich gemeinnützig sein. Kritiker befürchten jedoch eine Konkurrenz zum Ersten Arbeitsmarkt. Im Januar 2005 wurde von panorama ein Bericht veröffentlich in dem von konkreten Kündigungen berichtet wurde. Die Tätigkeiten die vorher von Beschäftigten des Ersten Arbeitsmarktes ausgeführt wurden, wurden danach von 1-Euro-Jobbern eines anderen Unternehmens ausgeführt. Weitere ähnliche Berichte gelangten in die Medien.

Nach der gesetzlichen Konzeption (§ 16 Abs.3 Sozialgesetzbuch II)sollen mit der Beschäftigung in 1-Euro-Jobs bezogene auf den Einzelnen hauptsächlich zwei Ziele verfolgen:

  1. Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit bzw. Wiedergewöhnung an regelmäßige Arbeit (strukturierter Tagesablauf) für Langzeitarbeitslose
  2. Integration in den regulären Arbeitsmarkt.


Die zeitlich befristet, in der Praxis meist auf sechs (maximal neun) Monate angelegten Beschäftigungen erfolgen kraft Gesetzes ohne Arbeitsvertrag. Der zeitliche Umfang der täglichen oder wöchentlichen Beschäftigung ist gesetzlich nicht präzise vorgegeben. In der einschlägigen Rechtsprechung ist jedoch geklärt, daß keine vollschichtige Tätigkeit zulässig ist. Verbreitet ist eine Arbeitszeit von 4-6 Stunden pro Tag und maximal 30 Stunden pro Woche. Arbeit in Schichten und am Wochenende ist zulässig.

Bei Arbeitslosen unter 25 Jahren ohne Berufsabschluß sollen die 1-Euro-Jobs mit „Bildungsanteilen“ verbunden sein. Diese Bildungsanteile können auch von einschlägigen Bildungsträgern durchgeführt werden.

Die Träger der Ein-Euro-Maßnahme (Beschäftigungsfirmen) erhalten pro Beschäftigungsstelle einen Förderbetrag in Höhe von bis zu 500 Euro je Monat. Davon müssen sie ihre Unkosten im Zusammenhang mit der Verwaltung und Betreuung der Ein-Euro-Jobber und deren Mehraufwandsentschädigung bestreiten.

ALG-II-Empfänger müssen die "Ein-Euro-Jobs" annehmen, wenn sie nicht einen ausreichenden Grund zur Ablehnung wegen Unzumutbarkeit im Sinne des § 10 SGB II haben. Ohne ausreichenden Ablehnungsgrund droht die Kürzung der Bezüge bis hin zur Streichung. Ob und in welchem Umfang solche Sanktíonen bei der Ablehnung von 1-Euro-Jobs verfassungsrechtlich zulässig sind, wird juristisch auch im Blick auf das Verfassungsverbot der Zwangsarbeit (Art. 12 GG ) diskutiert, ist jedoch noch nicht geklärt. Eine neuere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält indes Bemerkungen, die auf eine Unzulässigkeit der völligen Streichung der sozialen Leistungen hindeuten.

Anrechenbares Vermögen

Vor Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes II muss ein Langzeitarbeitsloser von seinem anrechenbaren Vermögen leben. Zum anrechenbaren Vermögen gehören Bankkonten, Wertpapiere, Bausparverträge, Autos, Grundstücke und Eigentumswohnungen.

Es existieren Freibeträge für das Vermögen in Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr mit einem Maximum von 13.000 Euro für Personen, die 1948 und später geboren sind, und 520 Euro/Lebensjahr mit einem Maximum von 33.800 Euro für Personen, die vor 1948 geboren sind. Für Kapitallebensversicherungen, die erst ab dem Renteneintritt auszahlbar sind, gilt ein zusätzlicher Freibetrag in Höhe von 200 Euro/Lebensjahr mit einem Maximum von 13.000 Euro. Nicht angerechnet wird die sogenannte „Riester-Rente“, die seit 1. Januar 2005 eingeführte "Rürup-Rente", Eltern, Vermögen der im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kinder bis je 4.100 Euro, Vermögen der nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern oder Kinder, ein angemessenes Kraftfahrzeug (bisher bei Sozialhilfeempfängern nicht üblich) und eine angemessene selbstbewohnte Eigentumswohnung/Hausgrundstück. Jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft darf jeweils ein Auto im Zeitwert von nicht mehr als ca. 5.000 Euro besitzen. Darüber hinaus bleiben weitere 750 Euro pro Person innerhalb der Bedarfsgemeinschaft anrechenbarfrei. Darüber hinausgehender Wert wird angerechnet.

Sogenannte „Datschen“ sind als Grundstücke wie bisher auch zum anrechenbaren Vermögen zu zählen. Eine gesetzliche Veränderung fand hier nicht statt. Sie wurden bisher von den Behörden insbesondere in Ostdeutschland sehr selten berücksichtigt, da sie sich kaum zu Geld machen lassen. Die neuen Regelungen zum anrechenbaren Vermögen der Arbeitslosengeld-II-Bezieher fallen im Vergleich zu den Regelungen für bisherige Arbeitslosenhilfebezieher und in deutlich höherem Maße für bisherige Sozialhilfeempfänger großzügiger aus.

Berechnungsbeispiel für Schonvermögen
Schonvermögensart Berechtigte Höhe Beispiel I Beispiel II
' ' ' 58-jähriger Mann (geb. 1947) Ehepaar (beide 32) mit 2 Kindern (3 und 5 Jahre
Anschaffungsrücklage jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft 750 Euro 750 Euro 3.000 Euro
Grundfreibetrag Jeder erwerbsfähige Bedürftige und Partner 200 Euro je Lebensjahr; mind. 4.100 max. 13.000 Euro (entspricht 65-Lebensjahren => Rentengrenze) Ausnahme: für vor 1947 geborene 520 Euro je Lebensjahr, maximal 33.800 Euro (entspricht 65 LJ => Rentengrenze) 30.160 Euro 12.800 Euro
Kinderfreibetrag Jedes Kind eines erwerbsfähigen Bedürftigen 4.100 Euro je Kind 0 Euro 8.200 Euro
Altersvorsorgebetrag Jeder erwerbsfähige Bedürftige und Partner 200 Euro je Lebensjahr max. 13.000 Euro, dieses Vermögen muß vertraglich vor der Verwertung vor dem Ruhestand ausgeschlossen sein 11.600 Euro 12.800 Euro
Riester-Rente* Jeder erwerbsfähige Bedürftige und Partner Unbegrenzt unbegrenzt unbegrenzt
Rürup-Rente** Jeder erwerbsfähige Bedürftige und Partner Unbegrenzt unbegrenzt unbegrenzt
Betriebliche Altersversorgung Jeder erwerbsfähige Bedürftige und Partner Unbegrenzt, soweit im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit eingezahlt, sonst wird Verwertung geprüft unbegrenzt unbegrenzt
Immobilie Bedarfsgemeinschaft Wert – soweit angemessen
Auto Jeder in der Bedarfsgemeinschaft lebende Bedürftige Wert – soweit angemessen
Hausrat Jeder in der Bedarfsgemeinschaft lebende Bedürftige Wert – soweit angemessen
Summe 42.510 Euro 36.800 Euro

D.h. dass ein Vermögen von 42.510 Euro bzw. von 36.800 Euro (plus Pkw, Wohneigentum und Altersvorsorge) im Beispiel II bei der Gewährung dieser steuerfinanzierten Sozialleistung ansatzfrei außer Betracht bleibt.

Es ist eindeutig eine Bevorzugung der uneingeschränkten und nicht veränderbaren Alterssicherung in diesem Konzept gegeben, die aber vollständig mit dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" gemäß Sozialgesetztbuch konform geht.

Einschränkend muß angemerkt werden, daß die Alterssicherungen * und ** relativ neu sind und daher bisher meist noch nicht von Belang sind.

Dieses Schonvermögen besteht zu Lebzeiten. Im Todesfall und den folgenden 3 jahren kann vom Erben eine Erstattung der Arbeitslosengeld II-Leistung der letzten 10 Jahre verlangt werden, abzüglich eines Freibetrages (xxxx Euro bzw. xxxxx Euro bei Pflege bis zum Tod).

Angemessener Wohnraum

Entsprechend dem Konzept steht den Betroffenen „angemessener Wohnraum“ zu. Als „Angemessener Wohnraum“ werden derzeit (und bereits vor Hartz IV) 120 m² für eine Eigentumswohnung und 130 m² für ein Haus betrachtet. Diese 120 m² bzw. 130 m² sind unabhängig von der Personenzahl, die auf dieser Fläche wohnen. Im Gegensatz hierzu sind die angemessenen Größen für Mietwohnungen sehr wohl von der Personenzahl im Haushalt abhängig. Für Mietwohnungen sind die angemessenen Größen kleiner und hängen von den örtlichen Gegebenheiten ab. Für Alleinlebende sind ca. 45 m² Wohnungsgröße als angemessen anzunehmen. Für jede weitere Person im Haushalt sind ca. 15 m² zusätzlich zulässig. Berichte über geplante Massenumzüge in unsanierte Plattenbauten hat Bundeswirtschaftsminister Clement dementiert. Da die Kommunen, die für die Bewertung des Wohnraums zuständig sind, oft über eigenen (leerstehenden) Wohnraum verfügen und für die sogenannten „Kosten der Unterkunft“ (KdU) aufkommen müssen, besteht die Befürchtung, dass es zu massenhaften Zwangsumzügen (nicht unbedingt in unsanierte Plattenbauten) und einem Zusammenbruch lokaler Immobilienmärkte kommt. Die Übergangszeit für den Umzug in eine angemessene Wohnung beträgt sechs Monate, die Umzugskosten und Mietkaution werden von der Arbeitsagentur getragen. Eine Veränderung zur vorherigen Regelung für Sozialhilfe- bzw. Arbeitslosenhilfebezieher hat es in diesem Bereich nicht gegeben. In der Praxis werden Betroffene heute nur in Ausnahmefällen zum Verlassen der Wohnung gezwungen. Die Angemessenheit der Wohnkosten für ein selbstbewohntes Eigenheim richtet sich nach dem untersten Mietnieveau in der jeweilligen Wohngegend. Wer sich dafür ein Eigenheim leisten kann, wobei die Tilgungsraten nicht übernommen werden, sondern nur die Kreditzinsen (damit die Banken auch kein Geld verlieren) kann von Hartz IV aber sonst nicht leben. Sollte einer geringere Kreditraten haben, weil er schon lange Jahre abgezahlt hat, kommt er in die Gefahr das das Haus als Vermögen angerechnet wird, welches natürlich erstmal aufgebraucht werden muß, bevor er Hartz IV bekommt.

Vermögen von Verstorbenen

Ist ein Empfänger von Arbeitslosengeld II verstorben und hinterlässt ein Vermögen, das zuvor aufgrund obiger Ausnahmeregelungen nicht angerechnet wurde, hat der Staat 3 Jahre Zeit, seinen Anspruch auf dieses Vermögen geltend zu machen, um einen Ersatz für das in den letzten 10 Jahren vor dem Tod des Leistungsempfängers gezahlte Arbeitslosengeld II zu erlangen. Für diesen Fall existiert für die Erben ein Freibetrag in Höhe von 1.700 Euro, der sich auf 15.500 Euro erhöht, wenn der Erbe ein Verwandter ist, der den Verstorbenen dauerhaft bis zu seinem Tod gepflegt hat, oder es sich um den Lebenspartner handelt.

Durchführung

Weil die Einführung von Hartz IV sehr aufwendig und kompliziert ist, werden in den Agenturen für Arbeit zusätzliche Arbeitskräfte benötigt. Ursprünglich waren dafür fast ausschließlich Beamte aus dem Westen der Bundesrepublik vorgesehen, die in den früheren Staatsbetrieben (insbesondere der Telekom) beschäftigt waren und derzeit ohne Aufgabe bei vollen Bezügen in Auffanggesellschaften „geparkt“ waren. Um einen Anreiz zu schaffen, sollten sie dafür eine Zulage von bis zu 11.000 Euro („Buschzulage“) insgesamt pro Person erhalten. Aus dem Osten seien faktisch keine Mitarbeiter vorgesehen. Die Bundesagentur für Arbeit begründet dies damit, dass für diese Aufgabe nur Beamte in Frage kämen und aus dem Osten nicht genügend Beamte zur Verfügung stünden.

Die Veröffentlichung dieser Pläne sorgte für ein großes Echo in Medien, Politik und Bevölkerung. Vor allem im Osten entstand der Eindruck, dass mit zweierlei Maß gemessen werde: Auf der einen Seite Kürzungen für diejenigen, die keine Arbeit finden, auf der anderen Seite Zusatzzahlungen für Personen, die in Gebiete mit hoher Arbeitslosigkeit „importiert“ würden. Vielfach wurde von einer immer noch nicht vollzogenen Wiedervereinigung gesprochen. Kritisiert wurde auch, dass die Beamten, die nicht bereit waren, in den Osten zu gehen, im Gegensatz zu den zukünftigen Beziehern von Arbeitslosengeld II keine Einbußen hinnehmen müssten.

Unter dem Druck der Öffentlichkeit wies Minister Wolfgang Clement die Bundesagentur für Arbeit an, nunmehr auch Ostdeutsche einzusetzen. Das führte zu Verärgerung bei der Behörde, die bereits Beamte ausbilden ließ. Außerdem ließe sich die bereits vollzogene Entsendung der Beamten nicht so leicht zurücknehmen. Da die bisherige Arbeitslosenhilfe am Ende eines Monats, das Arbeitslosengeld II aber genauso wie bisher die Sozialhilfe am Anfang eines Monats ausgezahlt werden soll, war zunächst vorgesehen, dass die bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger im Januar 2005 keine Auszahlung erhalten. Als Begründung dazu wurde von Minister Wolfgang Clement angeführt, dass dieser Personenkreis wegen der Auszahlung um den 31. Dezember 2004 am 1. Januar 2005 nicht bedürftig sei. Mittlerweile wurde jedoch der 1. Januar 2005 als erster Auszahlungstermin für das Arbeitslosengeld II festgelegt.

In Agenturen für Arbeit finden Ausbildungen zum „Fallmanager“ statt, um Einzelfälle besser bearbeiten zu können. Dabei soll ein Mitarbeiter für die Vermittlung deutlich weniger Arbeitsloser zuständig sein als bisher (1:75). Mit den Arbeitslosen wird ein Vermittlungsvertrag abgeschlossen, in dem konkret Maßnahmen zur schnellstmöglichen Vermittlung festgelegt sind. In einigen Agenturen für Arbeit, wie zum Beispiel in Halle und bald auch in Gera werden angemietete Wachleute eingesetzt, um die Sicherheit zu gewährleisten. Die Software zur Berechnung des ALG2 ist laut Planung erst im Oktober 2004 einsatzfähig, so dass ab 18. Oktober 2004 mit der Abarbeitung der Anträge begonnen werden soll. Jeder Langzeitarbeitslose soll bis zum Jahresende seinen Leistungsbescheid bekommen. Durch den enormen Arbeitseinsatz der BA-Mitarbeiter konnte die erste Auszahlung im Januar 2005 bis auf wenige Ausnahmen erfolgen.

Häufig wird mangelhaftes Aufklärungsbemühen seitens der Bundesregierung kritisiert. Die Dringlichkeit von Reformen sei den Bürgern nicht ausreichend vermittelt worden. Die Pflicht der betroffenen Bürger zur Eigeninformation wird ebenfalls eingefordert. Zurzeit seien nach Medienangaben kaum 30 Prozent ausreichend über die Maßnahmen und Folgen von Hartz IV informiert.

Nach ersten Beobachtungen hat Hartz IV bereits jetzt schon dazu geführt, dass Arbeitslose ihre Bewerbungen sehr viel ernster nehmen und auch Berufe annehmen, die ihnen bisher unattraktiv erschienen. So wird von den Landwirten ein deutlich höheres Interesse an Tätigkeiten als Erntehelfer registriert — eine Arbeit, für die zuvor nur wenige Interessenten zu finden waren und die mehrheitlich von ausländischen Arbeitnehmern z. B. aus Polen gemacht wurde. Auch die Zeitarbeitsfirmen registrieren einen rasanten Anstieg von Bewerbungen.

Kritik

Allgemein

Ziel der Hartz-Kommission waren Vorschläge für eine Reform der Arbeitsmarktpolitik. Im politischen Prozess - das Gutachten wurde während des Bundestagswahlkampfes 2002 vorgelegt - wurden die Ergebnisse aber als Vorschläge zum Abbau der Arbeitslosigkeit um bis zu 2 Millionen verkauft. Schon allein aufgrund des sehr viel beschränkteren Auftrags an die Kommission, muss bezweifelt werden, ob ihre Vorschläge überhaupt geeignet sind, ein derartig ehrgeiziges Ziel anzugehen. Gesamtwirtschaftliche Aspekte der Arbeitslosigkeit, z.B. wie die Nachfrage nach Arbeitskräften oder das Wirtschaftswachstum gesteigert werden kann, hatte die Kommission überhaupt nicht betrachtet. Es war allerdings auch nicht ihr Auftrag gewesen.

gesehen auf der europaweiten Protestkundgebung gegen die EU Dienstleistungsrichtlinie am 19. März 2005 in Brüssel

Dr. Hermann Scherl, Professor für Sozialpolitik an der Universität Erlangen, hatte im August 2003 eine Zwischenbilanz erstellt [1]. Darin prognostizierte er statt der im Hartz-Bericht angekündigten Senkung der Arbeitslosigkeit von 2 Millionen Arbeitslosen nur eine Senkung um höchstens 400.000 Arbeitslose. Außerdem kritisierte er die Missbrauchsmöglichkeiten bei den Ich-AGs, Unattraktivität der Minijobs für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, Aufteilung regulärer Arbeitsplätze in mehrere Minijobs, geringe Nutzung und Mitnahmeeffekte beim Job-Floater, und die nur teilweise Deregulierung der Arbeitnehmerüberlassung. Er lobte die politische Anerkennung der Arbeitnehmerüberlassung, die Verbesserung der Vermittlung durch die Bundesanstalt für Arbeit, und die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.

Hermann Scherl: Die Vorschläge der Hartz-Kommission und deren Umsetzung. Eine Zwischenbilanz. In: List-Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 29 (2003), Heft 3, Nomos-Verlags-Gesellschaft ISSN 0342-2623 ISSN 0937-0862, S. 216-236

Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel äußerte sich in einem Interview mit der Tagesschau vom 2. Juli 2004 noch weniger optimistisch: „Das vorrangige Motiv ist vor allem, Sozialausgaben einzusparen. Wir haben die hohe Arbeitslosigkeit, wir haben hohe Kosten durch die Arbeitslosigkeit. Das vorrangige Ziel ist einfach einzusparen. Der Wirtschaftsminister hat ja selber gesagt, dass die wichtigste Herausforderung für Arbeitsplätze Wirtschaftswachstum ist. Aber von den Hartz-Gesetzen — das wissen wir sicher — gehen keine Wachstumsimpulse aus, eher sogar eine Belastung. (...) Wir haben Berechnungen, dass die Arbeitsmarktreformen am Ende sogar ca. 100.000 Arbeitsplätze kosten können.“

Nach einer Entscheidung des Düsseldorfer Sozialgerichts im Februar 2005 verstößt Hartz IV gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes. Während das Partnereinkommen bei unverheirateten heterosexuellen Paaren voll angerechnet wird, sind unverheiratete homosexuelle Paare nun privilegiert, denn die Anrechnung des Partnereinkommens ist bei homosexuellen Lebensgemeinschaften nicht vorgesehen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat gegen die Gerichtsentscheidung Revision eingelegt.

Kritik an zu starken Kürzungen

Durch den Umbau des sozialen Netzes wurde im Vorfeld der Einführung von Hartz IV Mitte 2004 Kritik geäußert. So wurden Demonstrationen in vielen Städten Deutschlands parallel organisiert, der Begriff Montagsdemonstration wurde in den Medien wieder gebraucht.

Besonders Gewerkschaften kritisierten eine übermäßige Belastung kleiner und mittlerer Einkommen, statt besonders die höheren Einkommensgruppen und Vermögensbesitzer zu belasten. Arbeitslosigkeit sei kein persönliches Verschulden, sondern angesichts Millionen fehlender Stellen ein Massenphänomen, dem nicht mit Bestrafung der Arbeitslosen beizukommen sei.

Arbeitslosigkeit sei zudem vor allem nicht auf Vermittlungsprobleme und Unwillen der Arbeitslosen zu begründen, was sich nach dieser Auffassung auch an der geringen Zahl offener Stellen pro gemeldeter Arbeitsloser zeigt auf die das Hartz-Konzept primär zielt. Es wird auf das verglichen mit der Weltwirtschaft zwar geringe, aber doch positive Wachstum der deutschen Wirtschaft verwiesen. Der bei längerer Arbeitslosigkeit drohende relativ hohe Verlust an Lebensstandard gilt diesen Kritikern als eine besonders zu berücksichtigende Härte.

Kritik an zu geringen Kürzungen

Viele Wirtschaftsexperten äußerten sich dahingehend, dass das Hartz-Konzept noch nicht weit genug gehe, aber den richtigen Weg darstelle. Die Befürworter der Hartz-Konzepte vertreten die Ansicht, dass die Menschen sich über die Jahre daran gewöhnt hätten, dass der Staat sie finanziell auch über Notfälle hinaus versorge. Sozialleistungen seien zur Selbstverständlichkeit geworden. Der plötzliche Sozialabbau erscheine daher vielen als Härte. Viele seien in ökonomisch schwierigen Zeiten nicht bereit, einen Teil ihrer Ansprüche an den Staat zum Wohle der Allgemeinheit aufzugeben, obwohl dadurch dringliche Aufgaben des Staates vernachlässigt würden. Sie fordern insbesondere weitere Liberalisierungen des Arbeitsrechts.

Die Bundesregierung erklärt, dass das Volumen der Unterstützungsleistung nicht verringert, sondern lediglich anders verteilt werde. Außerdem wären die Agenturen für Arbeit dem Arbeitslosen so näher und könnten ihm, ohne Umwege über verschiedene Behörden, schneller Arbeit vermitteln.

Massenhafte Abwanderungen von deutschen Unternehmen ins benachbarte Ausland, etwa nach Tschechien, mit sechsfach geringeren Löhnen bei vergleichbarer Produktivität, waren zudem zu beobachten. Dies verstärkte den Druck auf die Regierung, die Konkurrenzfähigkeit der Volkswirtschaft wieder herzustellen.

Zumutbarkeitskriterien

Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände kritisieren insbesondere die Änderung bei den Zumutbarkeitsbedingungen durch das Hartz-Konzept, die im Kern besagen, dass jede Arbeit (auch untertariflich bezahlte oder geringfügige Beschäftigung) zumutbar ist. Sie befürchten negative Auswirkungen sowohl auf die Beschäftigten wie auf die Konjunktur:

  • Erworbene Qualifikationen werden entwertet, wenn Arbeitsplätze unabhängig von der erworbenen Ausbildung angenommen werden müssen, bzw. dies im Ermessen der jeweiligen Sachbearbeiter bei den Agenturen steht.
  • Es entsteht Druck insb. in den unteren Lohngruppen, weil jeder zu jeder Arbeit gezwungen werden kann. Hier befürchten die Gewerkschaften Lohnsenkungen und damit eine weitere Schwächung der Binnennachfrage. Das gesamte Lohngefüge könnte nach unten ins Rutschen geraten.
  • Der Zwang zur bundesweiten Mobilität kann gewachsene Strukturen (Familien, Freundeskreise) weiter zerstören, sowie in ganzen Regionen (v.a. Ostdeutschlands) zur Abwanderung vor allem der jüngeren und mobileren Bevölkerungsschichten führen.

Insgesamt verstärken sich der Druck und der Warencharakter der Arbeit.

Auch wenn von Seiten der Bundesregierung davon gesprochen wird, dass die sog. „1-Euro-Jobs“ nur in Bereichen entstehen sollen, die ansonsten nicht vom Markt oder öffentlichen Einrichtungen bedient werden, kritisieren insbesondere Gewerkschaften und lokale mittelständische Betriebe und Wirtschaftsverbände diese Regelung.

  • Eine Abgrenzung zwischen Tätigkeiten die ansonsten nicht angeboten werden und möglichen Geschäftsfeldern und öffentlichen Leistungen ist schwer, bzw. vom jeweiligen Stand der öffentlichen Versorgung abhängig.
  • Über de facto subventionierte Arbeitsverhältnisse könnte so bestehenden Einrichtungen und Firmen Konkurrenz gemacht werden sowie der Druck auf entsprechende Löhne verstärkt werden.

Prognostizierte Folgen für Kinder

Der deutsche Kinderschutzbund errechnet, dass als Folge des Hartz-Konzepts ca. 500.000 Kinder zusätzlich in Sozialhilfe gedrängt werden:

„[...] Der Deutsche Kinderschutzbund hat seit über einem Jahr auf die dramatischen Folgen von Hartz IV hingewiesen. Schon heute müssen in Deutschland mehr als eine Million Kinder von Sozialhilfe leben. Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Reformpaket Hartz IV werden es 1,5 Millionen Kinder sein — jedes zehnte Kind. Wir müssen damit rechnen, dass in den Großstädten 30 % aller Kinder auf Sozialhilfeniveau leben werden, in einigen Städten wie Duisburg oder Essen sogar 40 % aller Kinder. [...]“ (PE vom 10. August 2004)


Chronologie

Weitere Daten auf der Zeitleiste:

16. August 2002: Die Kommission präsentiert ihre Ergebnisse (sog. „Hartz-Vorschläge“)
22. August 2002: Beschluss der Bundesregierung zur Umsetzung der Vorschläge; Erarbeitung der vier Schritte zur Umsetzung
30. Dezember 2002: Beschluss des 1. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (nicht zustimmungspflichtig)
20. Februar 2003: Beschluss des 2. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (zustimmungspflichtig)
17. Oktober 2003: Beschluss des 3. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (nicht zustimmungspflichtig), gültig ab 1. Januar 2004
17. Oktober 2003: Beschluss des 4. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (zustimmungspflichtig), Einigung im Vermittlungsausschuss am 17. Dezember 2003
1. Januar 2004: Gültigkeit des 3. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
1. Januar 2005: Gültigkeit des 4. Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

Siehe auch

Literatur

  • Peter Hartz u.a.: Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Vorschläge der Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Berlin 2002
  • Die Folgen der Agenda 2010 — Alte und neue Zwänge des Sozialstaats.Herausgegeben von Holger Kindler / Ada-Charlotte Regelmann / Marco Tullney. Hamburg 2004. ISBN 3899651022
  • Halbierung der Arbeitslosigkeit bis 2005? von Angelika Beier, Joachim Bischoff, Richard Detje. Hamburg 2002. ISBN 3879758948
  • Radikalumbau des Arbeitsmarktes — Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Die Folgen der Hartz-Reform. Herausgegeben von WissenTransfer. Hamburg 2003. ISBN 3899650247
  • Sozialstaat: Wie die Sicherungssysteme funktionieren und wer von den „Reformen“ profitiert. Herausgegeben von Christian Christen / Tobias Michel / Werner Rätz. Hamburg 2003. ISBN 3899650050
  • Horst Marburger (2004) : SGB II, Umsetzung von Hartz IV, Grundsicherung für Arbeitssuchende. Walhalla Fachverlag. ISBN 3-8029-7481-6
  • Hartz IV - eine Abrechnung. Gabriele Gillen. Hamburg 2004. ISBN 3499620448
  • Albrecht Brühl, Albert Hofmann: Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende. Gesetztestext, Erläuterungen und Informationen für Betroffene, Berater und Behörden, Frankfurt/Main 2004 ISBN 3-9809050-1-2

Basisinformationen

Kritik

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