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Nostradamus

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Nostradamus (* 14. Dezember 1503 in Saint-Rémy-de-Provence, Provence; † 2. Juli 1566 zu Salon-de-Provence), eigentlich Michel de Notredame, war Arzt von Beruf, wurde aber bereits zu Lebzeiten für seine Prophezeiungen berühmt.

Leben

Familie

Seine Eltern waren Jacques de Notredame, königlicher Notar in Saint-Rémy seit mindestens 1501, und Renée de Saint-Rémy. Michel war das älteste von 17 Kindern des Paares. Nachgewiesene Geschwister sind Bertrand, Jean, Hector und Antoine.

Seine Großväter Jean de Saint-Rémy († 1518) und Pierre de Notredame († vor 1503) waren Leibärzte des Königs René von Neapel, Sizilien und Jerusalem, Herzog von Lothringen und Graf von Provence (*1409 †1480, der in die provenzalischen Volkslegenden als "le bon roi René" eingegangen ist) bzw. seines ältesten Sohnes Johann, Herzog von Lothringen und Kalabrien (*1425 † 1470).

Beide Familien stammen aus dem regionalen Judentum. Die Familie väterlicherseits war offenbar mit dem Großvater Pierre zum Katholischen Glauben konvertiert. Dieser nahm bei der Taufe den Namen Notredame - wohl nach der Kirche, in der er getauft wurde - an.

Kindheit und Ausbildung

Seine Kindheit verbringt er mit seinem Großvater Jean de Saint-Rémy, der ihm Latein, Griechisch, Hebräisch, Mathematik und Astrologie beigebracht haben soll. 1518, nach dem Tod des Großvaters, wurde Michel nach Avignon zum Schulbesuch gegeben (er lebte bei seiner Tante Margarete, die mit einem Kunstmaler verheiratet war), wo er zwei Jahre später, 1520, seinen Abschluss machte, der mit dem heutigen Abitur vergleichbar ist: Das Trivium (Grammatik, Rhetorik und Logik) und später das Quadrivium ( Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie - zusammen die sieben freien Künste), und durfte sich nach der Prüfung Maître des Beaux Arts nennen.

Ein Jahr später, 1521, nahm er in Montpellier das Studium der Medizin auf, das er 1525 mit dem Baccalaureat, dem untersten akademischen Grad der Zeit, und der Lizenz, als praktischer Arzt zu arbeiten, abschloss. Diesen Beruf übte er in den nächsten vier Jahren aus, wobei er sich auf die Bekämpfung der Pest spezialisierte. Seine Tätigkeit ist für Montpellier, Carcassonne, Toulouse, Narbonne, Bordeaux und Avignon belegt. 1529 kehrt er an die Universität Montpellier zurück, um weiter zu studieren: theoretische Medizin, Philosophie, Botanik und Pharmakologie, um sie aber nach erfolgreicher Prüfung 1530 (er ist jetzt Doktor der Medizin) und kurzer Lehrtätigkeit als Assistenzarzt 1532 wieder zu verlassen und sein Wanderleben wieder aufzunehmen. Während seiner Promotion hat er Kontakt zu François Rabelais, der in Montpellier ebenfalls lehrt.

Wanderjahre und Sesshaftigkeit

1533 lebte Nostradamus in Agen, wo er den bekannten Humanisten Julius Caesar Scaliger kennen gelernt hat. Er heiratet hier eine junge Adlige, deren Namen heute mit Henriette d'Encausse angegeben wird, 14 Jahre alt, mit der er nach kurzer Zeit einen Sohn und eine Tochter hatte. Nostradamus verlor seine Familie 1535 durch eine nicht genau bekannte Infektionskrankheit (Pest oder die erstmals auftretende Diphtherie).

Dieser familiäre Verlust, mit dem wegen seines Versagens als Pestarzt ein Ansehensverlust einherging, verbunden mit Streitigkeiten mit den Eltern seiner Frau um die Rückgabe der Mitgift, Streit mit Scaliger und eine Einladung der Inquisition nach Toulouse waren für ihn wohl Anlass genug, erneut auf Reisen zu gehen. In den nächsten fünf Jahren war er im Elsass, in Lothringen, in Deutschland und in Italien, ab 1541 wieder in der Provence, 1544 arbeitet er als Pestarzt in Marseille, ab Ende Mai 1546 in Aix, Salon und 1547 kurz auch in Lyon.

Im gleichen Jahr 1547 stirbt sein Vater, und sein Bruder Bertrand, der Stadthauptmann in Salon ist, macht ihn dann endlich sesshaft, indem er die Ehe mit der Witwe Anne Ponce Gemelle (Pontia Gemella laut Grabinschrift) heibeiführte, die am 26. November 1547 geschlossen wird. Aus dieser Ehe gingen 3 Söhne und 3 Töchter hervor: Madeleine, * 1551; César, * 1553; Charles, * 1556; André, * 1557; Anne, *1558; Diane, *1561.

Die Prophezeiungen

Drei Jahre später, im Jahr 1550, begann Nostradamus mit der Veröffentlichung von jährlichen Almanachen für die Landwirtschaft (die aber eher für den Adel und das Bürgertum gedacht waren, da die bäuerliche Bevölkerung zu der Zeit kaum lesen konnte), in denen die ersten Prophezeiungen für das jeweilige Jahr abgedruckt wurden, die schon in Vierzeilern gehalten sind. Nostradamus hielt an der Veröffentlichung dieser Almanache bis zu seinem Todesjahr fest.

Ab 1554 werden von ihm Broschüren mit Prophezeiungen in Prosa und auf Französisch statt des bisher üblichen Latein veröffentlicht. Aber erst ein Jahr später 1555 geht er mit dem an die Öffentlichkeit, was ihn letztendlich berühmt gemacht hat. Er gibt in Lyon Les Propheties de M. Michel Nostradamus mit vier Centurien heraus, bestehend aus drei Mal hundert und einmal 53 Quatrains genannten Strophen zu jeweils viersilbigen Versen.

Typische Merkmale seiner Prophezeiungen sind das fast vollständige Fehlen von konkreten Zeitangaben und Namen und eine sehr metaphorische Sprache, die die Prophezeiungen bis in unsere Zeit rätselhaft hält und auch dann noch immer neue Deutungen zulässt, wenn sie längst eingetroffen sein sollen. In viele Verse sind Hinweise auf astrologische Konstellationen eingebaut. Etwas klarer spricht er im Vorwort an seinen Sohn César zu seinen Prophezeiungen und erklärt, diese reichten bis ins Jahr 3797, ohne aber auf ihren Inhalt einzugehen. Bis zu seinem Tod veröffentlichte er sieben Centurien - von drei weiteren wird ohne Beleg angegeben, sie seien bereits zu seinen Lebzeiten erschienen. Des weiteren sollen sich in seinem Nachlass weitere Texte gefunden haben, die zum Teil in Prosa verfasst sind, zum Teil als Sechszeiler. Die Prosatexte sind verloren gegangen, die Sechszeiler werden als 11. und 12. Centurie gehandelt, obwohl sie bei weitem nicht aus 200 Strophen bestehen. Eine auch für Nostradamus unerfreuliche Tatsache ist es jedoch, dass bereits kurz nach dem Erscheinen seiner Prophezeiungen nicht nur Schmähschriften gegen ihn, sondern auch Fälschungen kursierten, mit denen von seinem Erfolg profitiert werden sollte.

Seinen Prophezeiungen verdankte er ein Treffen mit dem französischen König Heinrich II. und seiner Ehefrau Katharina von Medici am 16. August 1556. Während der König nicht an Prophezeiungen zu glauben scheint, ist die Königin sehr interessiert: Zwei Wochen später wird Nostradamus von ihr gebeten, Horoskope für ihre Kinder zu erstellen.

Berühmt machte ihn spätestens 1559 die Strophe 35 seiner ersten Centurie von 1555, in der er nach dem Verständnis der Leser den Tod des Königs vorhergesagt hatte:

"Le lyon ieune le vieux surmontera,
En champ bellique par singulier duelle:
Dans cage d'or les yeux luy creuera,
Deux classes vne, puis mourir, mort cruelle."
"Der junge Löwe wird den alten besiegen,
Auf dem Schlachtfeld in einem einzigen Duell:
Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen ausstechen,
Von zwei Herren wird einer einen grausamen Tod sterben."


Am 10. Juli 1559, bei der Hochzeit seiner Tochter Elisabeth mit König Philipp II. von Spanien, bestreitet Heinrich II. einen Turnierzweikampf mit stumpfen Waffen mit dem Grafen Montgomery; eine Lanze bricht, ein Splitter dringt durch das goldene Visier des Helms ins rechte Auge des Königs. Heinrich II. stirbt am gleichen Tag. Allerdings war der König jünger als sein Turniergegner, weshalb die Metapher vom alten und jungen Löwen nicht zutrifft.

Im Jahr 1564 wurde Nostradamus anlässlich eines Besuch des neuen Königs Karl IX. und seiner Mutter Katharina in Salon zum Leibarzt des Königs ernannt. In der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 1566 starb Nostradamus mit 63 Jahren in Folge der Wassersucht als einer der reichsten Männer Frankreichs. Er wurde in der Minoritenkirche Saint-François-de-Salon begraben, nach den Exzessen der Französischen Revolution in die Dominikanerkirche Saint-Laurent-de-Salon umgebettet.

Seine Frau Anne überlebte ihn um 18 Jahre, sie starb 1584. Dem Sohn César gelang es, eine Stelle am königlichen Hof zu erhalten. Die Spur der Familie verliert sich dann im 17. Jahrhundert.

Werke

1545, Interprétation des Hiéroglyphes de Horopollo, Handschrift, 1968 veröffentlicht
1550-1566, jährliche Almanache für die Landwirtschaft, erhalten sind die Ausgaben von
1553, gedruckt bei Bertot in Lyon
1563, gedruckt von Pierre Roux, Avignon; sie befindet sich in der Bibliothèque Arbaud, Aix-en-Provence
1555, Des Fardements et des Senteurs, deutsch 1572
1555, Opuscule, Lyon
1555, Les Propheties de M. Michel Nostradamus, Lyon, bei Macé Bonhomme, mit der Vorrede an den Sohn César (datiert vom 1. März 1555), den Centurien 1-3 und den Quatrains 1-53 der 4. Centurie (d.h. 353 Quatrains); von dieser Ausgabe sind zwei Exemplare sind erhalten: 1. in der Bibliothèque Municipale d’Albi, fonds Rochegude (Faksimile-Ausgabe 1984), 2. in der Nationalbibliothek Wien (kritische Ausgabe 1996). Beide Ausgaben unterscheiden sich voneinander, obwohl beide am 4. Mai 1555 gedruckt wurden.
1557, Broschüre Die großen Vorhersagen geschaffen durch Michel de Nostradamus Arzt in Salon de Crau en Provence, gedruckt bei Jacques Kerver, Paris, erhalten in der Bibliothèque Arbaud, Aix-en-Provence.
1557: Les Propheties de M. Michel Nostradamus, Lyon, bei Antoine du Rosne; hiervon sind ebenfalls zwei Exemplare erhalten: 1. in der Bibliothek in Utrecht (gedruckt 6. September 1557) mit der Vorrede an den Sohn César und den Centurien 1-5, 99 Quatrains der 6. Zenturie, eine nicht nummerierte in Latein, 42 Quatrains der 7. Zenturie (d.h. 642 Quatrains), abgeschlossen mit dem Wort FIN; 2. in Nationalbiliothek Budapest (gedruckt 3. November 1557) ohne den Quatrain in Latein und die Quatrains 41 und 42 der 7. Zenturie (d.h. 639 Quatrains); ein 3. Exemplar befand sich in München, bis es 1942 auf Befehl Hitlers entfernt wurde; seitdem ist es verschollen.
1557 Traitée sur le remède contre la peste et toutes les fièvres, Übersetzung von Galenus, ebenfalls bei Antoine du Rosne, Lyon.
1558, angebliche Veröffentlichung weiterer Prophezeiungen: die Vorrede an König Heinrich II. (datiert 27. Juni 1558) und der Zenturien 8-10. Von dieser Ausgabe ist kein Exemplar bekannt; es wird lediglich bei späteren Drucklegungen darauf Bezug genommen: Rouen 1649, Leiden 1650, Amsterdam 1667 und 1668, Paris 1668. Die Ausgabe muss somit (als letzte Ausgabe zu Nostradamus Lebzeiten) als hypothetisch angenommen werden, wenn nicht gar als Fiktion. Der Brief an den König und Zenturien 8 bis 10 stehen damit im Verdacht, eine Fälschung zu sein. Eine Reihe von Ausgaben mit der gedruckten Jahreszahl 1566 sind als Fälschungen bekannt, stammen allerdings zumeist aus dem 18. Jahrhundert.
1559, Les signification de l'eclipse qui sera 16 septembre, Paris
1561, Le remède très utile contre le peste (teilweise), Paris
1568, Les Propheties de M. Michel Nostradamus - dont il y en a trois cens qui n'ont encores iamais esté imprimées, bei Benoist Rogaud in Lyon; erste (erhaltene) Veröffentlichung der Zenturien 8-10: Vorrede an den Sohn César, Centurie 1-6, Quatrains 1-42 der 7. Zenturie, gefolgt von dem Wort FIN, Brief an den König Heinrich II., Centurie 8-10 (mit dem Anspruch, dass diese nie zuvor gedruckt wurden!) (d.h. 942 Quatrains).

Wirkung

Auch heute noch gibt es Menschen, denen die Prophezeiungen des Nostradamus als Offenbarung der Zukunft gelten. Infolge der vielfachen Interpretationsmöglichkeiten der Aussagen lassen sich auch immer wieder Übereinstimmungen zwischen Voraussage und geschichtlichem Ereignis finden.

Interpretationen von Prophezeiungen, also auch von Nostradamus' Versen, sind in Zeiten von Krieg oder wirtschaftlicher Instabilität besonders gefragt. Seine Verse kommen mit einem pessimistischen Ton daher, werden folglich häufig auch so ausgelegt, mit einem düsteren Blick in die Zukunft. Doch Nostradamus wollte mit seinem Werk dem Menschen, wie er es selbst sagte, helfen und ihn nicht erschrecken. Er wollte, dass der Mensch eines Tages die Zukunft aus seinen Versen lesen kann und damit den Verlauf der Geschichte im positiven Sinne verändern könnte.

Quellen zu Nostradamus

  • Michel Nostradamus, Les Prophéties, Lyon 1555; Faksimile der Ausgabe von 1555 aus der Bibliothèque Municipale d'Albi, Hg. Michel Chomarat.
  • Michel Nostradamus, Les Prophéties, Lyon 1555; kritische Ausgabe des Wiener Exemplars von 1555, Hg. Pierre Brind d'Amour.
  • Michel Nostradamus, Les Prophéties, Lyon 1568; Faksimile der Ausgabe von 1568, Editions Michel Chomarat, Lyon.
  • Michel Dufresne, Dictionnaire des Centuries de Nostradamus, Chicoutimi (Québec, Kanada) 1989; ein neutrales Wörterbuch zur Etymologie der in den 10 Centurien benutzten Begriffen.

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