Tuol-Sleng-Genozid-Museum

Das Tuol-Sleng-Genozid-Museum dient der Erinnerung an die Verbrechen im ehemaligen Gefangenenlager, „Sicherheitsgefängnis 21“ (S-21) der Roten Khmer in Phnom Penh, Kambodscha.
Eine ehemalige Schule als Folterzentrum

Es handelt sich dabei um ein ehemaliges Schulgebäude der Stadt, das Gymnasium Tuol Svay Prey in der 103. Straße, das von den Roten Khmer nach der Eroberung Phnom Penhs der systematischen Folterung der Insassen diente. Dazu wurde das Gebäude in unter Strom stehenden Stacheldraht eingefasst und die Klassenräume in Gefängniszellen und Folterkammern umgewandelt. Stacheldraht-Geflecht vor den Außengängen der einzelnen Gebäudeteile sollte verzweifelte Gefangene daran hindern, Selbstmord zu begehen. Zwischen 1975 und 1979 waren zwischen 14.000 und 20.000 Menschen aus allen Teilen Kambodschas dort inhaftiert, unter anderem auch solche Mitglieder der Roten Khmer, die in den Augen der Führung der Roten Khmer als Verräter galten. Ungefähr 1.720 Personen waren für das Folterzentrum tätig.
Foltermethoden und Geschichte
Nach ihrer Ankunft im S-21 wurden die Gefangenen vom Wachpersonal fotografiert und gezwungen, alle Informationen über sich preiszugeben. Anschließend mussten sie sich ausziehen und all ihr Hab und Gut wurde beschlagnahmt. Dann wurden sie zu ihren Zellen gebracht.

Die „Bessergestellten“, das heißt wichtige Mitglieder der Gesellschaft, wurden in Einzelzellen gefangengehalten und an die Wand gekettet. Angehörige der „normalen“ Bevölkerung hingegen wurden in den großen Räumen untergebracht. Dabei kettete man viele Gefangene in Reihen zusammen an Eisenstangen. Jeder Gefangene musste sich strengen Vorschriften unterwerfen, so war lachen, weinen, reden und sonstige Kommunikation verboten. Zuwiderhandlungen wurden mit der Prügelstrafe oder Elektroschocks geahndet, wobei die Opfer nicht schreien durften. Jede Handlung, selbst der Gang zur Toilette, bedurfte der Erlaubnis des Wachpersonals. Die schlechten hygienischen Zustände führten zu Läusebefall und Krankheit.


Als Foltermethoden kamen im Sicherheitsgefängnis 21 Elektroschocks, das Untertauchen in Wasserbottichen, Waterboarding, oder das Aufhängen an einem Galgen bis zum Eintreten der Bewusstlosigkeit, wobei die Hände hinter dem Rücken mit einem Seil zusammengebunden wurden und das Opfer daran aufgehängt wurde, zum Einsatz. Obwohl viele Menschen daran starben, war es verpönt, sie absichtlich zu töten, weil die Roten Khmer die Geständnisse haben wollten. Wer die Folter überlebte, wurde auf den Killing Fields des Ortes Choeung Ek vor den Toren der Stadt mit Schaufeln erschlagen, um Munition zu sparen.
Neben der Folter kam es vereinzelt zu chirurgischen Eingriffen an Insassen, um die anatomischen Kenntnisse des medizinischen Personals zu verbessern. Zudem wurde Insassen Blut entnommen, um Transfusionen für verwundete Rote-Khmer-Kämpfer bereitzustellen. Bei etwa 100 Opfern führte diese Behandlung aufgrund des Blutverlusts zum Tod.[1]
Nur sieben (andere Quellen sprechen auch von bis zu 14[2]) von insgesamt mindestens 14.000 Gefangenen überlebten. Namentlich bekannt und noch am Leben sind der Künstler Vann Nath, die Mechaniker Bou Meng und Chum Mey sowie der Bauer und ehemalige Rote Khmer Nhem Sal. Einige Überlebende waren Maler oder Bildhauer, die Portraits oder Zementbüsten Pol Pots, des „Bruders Nr. 1“, anfertigen sollten.
Der ehemalige Leiter des Folterzentrums, Kaing Guek Eav, bekannt unter dem Pseudonym Duch, wird seit 2007 im Rahmen des so genannten Khmer-Rouge-Tribunals vernommen und hat dabei bereits zahlreiche Verbrechen gestanden.

Tuol Sleng als Museum
Eingerichtet wurde das Museum nach dem Einmarsch der Vietnamesen im Jahre 1979. Duch selbst konnte fliehen, nachdem er die Liquidierung aller Insassen angeordnet hatte. Genügend Zeit, die umfassende Dokumentation der dort begangenen Greueltaten vernichten zu lassen, hatte er allerdings nicht mehr. Die Vietnamesen verließen das Land 1989, Duch wandte sich dem Christentum zu und arbeitete ab 1997 unerkannt für das American Refugee Committee (ARC) unter dem Decknamen Hang Pin, bis er im Jahre 1999 verhaftet wurde.
Das Cambodia Genocide Program der Yale University bezieht seine Unterlagen zu einem großen Teil aus den dort vorgefundenen Fotos, Namenslisten, Verhörprotokollen und Anordnungen der Partei.
Gemälde eines der wenigen Überlebenden, des Malers Vann Nath, sind dort ebenso zu sehen wie Stellwände mit Tausenden von Fotos der Opfer, die vom Personal des Gefängnisses angefertigt wurden. Das Bild einer aus Totenschädeln zusammengesetzten Landkarte von Kambodscha war bis 2002 ausgestellt. Inzwischen ist die Landkarte im Kambodschanischen Königspalast in Phnom Penh zu sehen. Die Schädel sind mittlerweile teils beigesetzt worden bzw. werden immer noch in einer Vitrine ausgestellt.
Mangels finanzieller Mittel verfallen die Gebäude des Museums zusehends.
Ende Juli 2009 wurde das Archiv des Tuol-Sleng-Genozid-Museums – bestehend unter anderem aus 4.186 schriftlichen Geständnissen, 6.226 Biografien und 6.147 Fotografien[3] – von der UNESCO als Memory of the World registriert.[4]
Literatur
- Nic Dunlop: The Lost Executioner – A Story of the Khmer Rouge; London: Bloomsbury, 2005; ISBN 0-7475-6671-2.
- David P. Chandler: Voices from S-21. Terror and History in Pol Pot’s Secret Prison; Berkeley: University of California Press, 1999; ISBN 0-520-22005-6.
- Vann Nath: A Cambodian Prison Diary. One Year in the Khmer Rouge’s S-21; Bangkok: White Lotus, 1998; ISBN 974-8434-48-6.
Film und Kunst
- Roland Joffé: The Killing Fields – Schreiendes Land; 1984.
- Rithy Panh: S21 – Die Todesmaschine der Roten Khmer; 2003.
- Nate Thayer: Todesspiralen Saloth Sar alias Pol Pot; Dokumentation 2000.
- Herbert Müller (* 1953), deutscher Maler, hat einen Bilderzyklus zum Gefängnis Tuol Sleng angefertigt.[5]
Einzelnachweise
- ↑ The Cambodia Daily vom 17. Juni 2009, S. 1 und 29 (engl.)
- ↑ The Cambodia Daily vom 1./2. Febr. 2003 (engl.)
- ↑ Documents at the Toul Sleng Museum Archives.
- ↑ UN News Centre vom 30. Juli 2009.
- ↑ Gerd Stauch (Hrsg.): Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Psalm 8, 5 – Arbeiten von Herbert Müller: KZ Engerhafe und Tuol Sleng–Gefängnis in Phnom Penh, Aurich 2008.
Weblinks
- Tuol Sleng-Museum
- Yale University Cambodia Genocide Program
- Documentation Center of Cambodia
- Hans Christoph Buch: Sorry, very sorry; in: Die Zeit, 1999
- Armin Wertz (www.freitag.de): Fluch der toten Jahre
- Fotos
Koordinaten: 11° 32′ 58″ N, 104° 55′ 4″ O