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Adorno-Denkmal

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Adorno-Denkmal in Frankfurt am Main, 2003 auf dem Adorno-Platz im Stadtteil Bockenheim errichtet

Das von Vadim Zakharov geschaffene Adorno-Denkmal in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2003 im Stadtteil Bockenheim nahe der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität auf dem Theodor-W.-Adorno-Platz errichtet und am 10. Oktober desselben Jahres anlässlich des 100. Geburtstages des Frankfurter Soziologen, Philosophen, Musikkritikers und Komponisten Theodor W. Adorno eingeweiht. Es ersetzt das an gleicher Stelle stehende Husarendenkmal, für das ein neuer Standort in der Bockenheimer Senckenberganlage gefunden wurde.

Der in Köln lebende russische Künstler Zakharov konnte sich mit seinem Entwurf für das Denkmal gegen fünf weitere Entwürfe durchsetzen. Er entschied sich für eine haptische Inszenierung bzw. eine narrative Installation im Zentrum des neu gestalteten und 1995 nach Adorno benannten Platzes, die den Arbeitsplatz Adornos unter Sicherheitsglas zeigt. Auf diese Weise gelangt quasi Adornos privater kreativer Arbeitsplatz in einen öffentlichen Raum. Das Mobiliar ähnelt jedoch nicht den erhaltenen Originalen.

Jury-Mitglied Udo Kittelmann, Direktor des Frankfurter Museums für Moderne Kunst (MMK), hält das Denkmal

für intelligent und sensibel genug, um neugierig auf Adorno zu machen.[1]

Ein Glaskubus von 2,50 Meter Kantenlänge umfasst einen Parkettboden, einen Schreibtisch und einen Schreibtischstuhl. Die auf dem Tisch platzierte Leuchte ist nachts eingeschaltet und symbolisiert Adornos nächtliches Schaffen. Ein Metronom tickt fortlaufend und steht für seine kompositorische Tätigkeit. Eine aufgeschlagene Ausgabe der Negativen Dialektik beschreibt sein philosophisches Werk, ein handschriftlich verbessertes getipptes Manuskript und ein Notenblatt stehen für seine Arbeitsschwerpunkte. Das Umfeld des Glaskubus ist mit weißen Marmor- und schwarzen Granitplatten gepflastert, in die Zitate aus den Minima Moralia und der Ästhetischen Theorie gemeißelt sind, und zusammen ein Labyrinth darstellen. Die Kosten für das Denkmal beliefen sich auf rund 220.000 Euro.

Mit der Ausführung des Denkmals hatte das städtische Hochbauamt das Frankfurter Büro INDEX Architekten beauftragt. Es galt, eine möglichst atmosphärische Umsetzung des künstlerischen Themas bei Beachtung der sicherheitstechnischen Bestimmungen im öffentlichen Raum und den bautechnischen und physikalischen Ansprüchen zu erreichen. Konstruktiv wird das Denkmal wie ein Gebäude bewertet. Es verfügt über einen Wartungstunnel mit einem Einstieg außerhalb des Objektes als einzigem Zugang zum Glaskubus. Dieser ist komplett abgedichtet, weist in seinem Inneren eine konstante Luftfeuchtigkeit auf und wird weder beheizt noch belüftet. Sämtliche Einbauten wurden auf Dauer angelegt und verformungsresistent konstruiert.



Anlässlich des 100. Geburtstages Adornos gab es jedoch auch Kritik an der Stadt. Sie schulde dem 1934 von den Nazis aus Frankfurt vertriebenen Adorno ein Zentrum mit einer Bibliothek sowie einem Film- und Tonarchiv. Dies sei eine kulturelle Pflicht-Aufgabe der Stadt und des Bundes, so Stefan Müller-Doohm, Autor einer Adorno-Biografie, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.[2] Kritik wurde auch am Denkmal selbst geäußert. Wer Adorno nicht kenne, werde es durch dieses Denkmal auch nicht erfahren, weil das Ensemble nicht authentisch sei, ihn weder zeige noch sein Werk beschreibe.[3][4]

Seit der Einweihung war der Glaskubus bereits mehrmals Vandalismus ausgesetzt und wurde wiederholt beschädigt. Nach dem Abtragen der defekten Glasflächen stand das ausgestellte Ensemble zeitweise durch Bauzäune hinter Gittern. Nach der jeweiligen Wiedererrichtung fanden teilweise Nachtwachen von Künstlern, Schriftstellern und Studierenden statt, die z. B. unter dem Motto A Night With Adorno standen.[5] Die Stadt spendierte dafür ein Zeltdach, Opernarien aus dem Barbier von Sevilla, Darbietungen des Cellisten und Adorno-Schülers Frank Wolff, der Band Pathos Legal sowie des Frankfurter Schriftstellers Matthias Altenburg sorgten für Anspruch und Kurzweil.[6]

Verkehrsanbindung

Das Adorno-Denkmal auf dem Theodor-W.-Adorno-Platz ist mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu erreichen. Die nächstgelegene Haltestelle der RMV-Straßenbahnlinien 16 und 17 heißt Varrentrappstraße. Von ihr liegt das Denkmal etwa 3 Minuten entfernt. Eine weitere Option bildet die Haltestelle Senckenbergmuseum der RMV-Buslinien 32 und 50. Von ihr sind es etwa 5 Minuten Fußweg bis zum Denkmal.

Quellen

  1. Ein Platz, ein Denkmal, ein Zentrum?, Der Spiegel, 11. September 2003
  2. Adorno-Denkmal in Frankfurt eingeweiht, DW, Die Welt, 11. September 2003
  3. Flüchtige Tote, Essay, Wilhelm Genazino, Frankfurter Rundschau, 27. Februar 2009
  4. Gedanken zum Adorno-Denkmal in Frankfurt, Harald Fricke, TAZ, 11. Oktober 2003
  5. Zerstörtes Adorno-Denkmal wird wiedereröffnet, nrc, Hessischer Rundfunk, 5. Juli 2005
  6. Nachtwachen für Adorno, Uwe Wittstock, Die Welt, 14. Juli 2005
Commons: Adornodenkmal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 6′ 59,3″ N, 8° 38′ 55,6″ O