Zum Inhalt springen

William Adams (Weltreisender)

Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. September 2009 um 21:04 Uhr durch 84.163.192.70 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
William Adams

William Adams (* 24. September 1564 in Gillingham, Kent; † 20. Mai 1620 in Hirado, Nagasaki) reiste als erster Engländer nach Japan, lebte dort bis zu seinem Tod und ist vermutlich der erste Europäer, der den Titel eines Samurai erhielt. Seine Anwesenheit fällt in die kurze Periode der Öffnung Japans nach außen, die als Epoche des Nanban-Handels bekannt wurde.

Leben

Frühe Jahre

Adams wurde in Gillingham (nahe Chatham) geboren. Als er zwölf Jahre alt war, verstarb sein Vater. Er wurde daraufhin Lehrling bei Nicholas Diggins, dem Besitzer einer Werft in Limehouse. Während der nächsten zwölf Jahre erlernte er dort Schiffbau, Astronomie und Navigation, später trat er in die Royal Navy ein. Nachdem er unter Sir Francis Drake gedient hatte, wurde er Navigator. In dieser Rolle nahm er an einer zweijährigen Expedition in die Arktis teil, während der die Nordost-Passage von Europa entlang der Küste Sibiriens in den Fernen Osten erkundet werden sollte.

Die Reise nach Japan

Blijde Boodschap, Trouwe, 't Gelooue, Liefde und Hoope (v.l.n.r.; Druck aus dem 17. Jahrhundert)

Im Auftrag einer Gesellschaft Rotterdamer Kaufleute fuhr der damals 34-jährige Adams im Jahr 1598 als Hauptnavigator einer aus fünf Schiffen bestehenden Flotte von Texel aus in den Fernen Osten. Am 24. Juni 1598 stach er an Bord der Hoop in See, begleitet von den Schiffen Liefde, Geloof, Trouw und Blijde Boodschap.

Die Schiffe mit einer Tonnage von 75 bis 250 Tonnen segelten zuerst in Richtung der Kapverdischen Inseln, wo der Versuch scheiterte, sich neu mit Proviant zu versorgen. Daraufhin steuerten sie die Küste Guineas in Westafrika an, wo die Abenteurer die Insel Annobón überfielen und den Proviant zusammenraubten. Danach überquerten sie den Atlantik und folgten der Küste Brasiliens und Argentiniens, um die Magellanstraße zu erreichen. Im schlechten Wetter des nächsten Frühlings verloren die Schiffe den Kontakt untereinander. Sowohl die Liefde (mit Adams an Bord) als auch die Hoop erreichten die Küste Chiles, wo die Kapitäne beider Schiffe bei Zusammenstößen mit den Einheimischen ums Leben kamen.

Adams wartete auf der Insel Santa Maria auf die anderen Schiffe, doch nur die Hoop traf am vereinbarten Ziel ein. Im späten November 1599 segelten die beiden verbliebenen Schiffe auf westlichem Kurs in Richtung Japan.

Aus Furcht vor den Spaniern hatten sich die Mannschaften darauf geeinigt, nicht weiter der Küste Südamerikas zu folgen, sondern auf den offenen Pazifik hinaus zu segeln. Dabei ging die Hoop im späten Februar des Jahres 1600 in einem Taifun unter.

Ankunft in Japan

Karte: Japan
marker
Usuki

Im April 1600 erreichte die Liefde mit einer dezimierten Besatzung kranker und sterbender Männer endlich die Insel Kyūshū in Japan und ankerte in Usuki, Provinz Bungo (heute Präfektur Ōita). Gerade einmal neun der verbliebenen 24 Mann Besatzung konnten zu diesem Zeitpunkt noch stehen.

Portugiesische Priester beschuldigten Adams und seine Mannschaft der Piraterie. Ein Mitglied des Regentschaftsrates, Tokugawa Ieyasu, ließ daraufhin das Schiff beschlagnahmen und die Besatzung in der Burg von Ōsaka inhaftieren.

Ieyasu war Vormund des jungen Sohns des Regenten Toyotomi Hideyoshi, der zwei Jahre zuvor verstorben war. Hideyoshi war nicht in den Samuraistand geboren worden, sodass ihm der Titel eines Shōguns verwehrt war. Sein Sohn Hideyori hätte jedoch Shōgun werden können, da seine Mutter aus einer Samuraifamilie stammte.

Adams wurde persönlich von Ieyasu verhört. Dabei beeindruckte Adams mit seinem Wissen über Schiffe und Schiffbau und mit seinen Kenntnissen in Nautik und Mathematik. Er informierte Ieyasu außerdem über den Vertrag von Tordesillas aus dem Jahr 1494, in dem Papst Alexander VI. den Portugiesen die halbe Welt (einschließlich Japan) übereignet hatte. Die in Japan missionierenden Jesuiten hatten die Japaner über diese und andere Tatsachen europäischer Politik und Zustände nie informiert. Das holte Adams umfassend nach (Reformation, Befreiungskampf der Niederlande gegen Spanien). Die Möglichkeit einer Annexion durch Portugal/Spanien (bis 1640 in Personalunion verbunden) traf den nationalstolzen Tokugawa schwer und bestimmte seine spätere Abwehrpolitik und die seiner Söhne gegenüber den (katholischen) Christen entscheidend. Adams wurde ein enger, wahrscheinlich sogar „freundschaftlich“ verbundener Ratgeber Tokugawas.

Adams Schiffsgenosse, der zweite Maat Jan Joosten, genoss anfangs ebenfalls die Gunst des Shōgun, trat später jedoch nur noch als Händler in Erscheinung.

Auszeichnung als Samurai

Von Pieter van der Aa 1707 gedruckte Karte Japans
Detailbild der Karte: William Adams trifft Tokugawa Ieyasu

Rivalitäten innerhalb des Regentschaftsrates ließen diesen in zwei Parteien zerfallen. Tokugawa stand gegen die Partei der Witwe und des Sohnes von Toyotomi. Am 21. Oktober 1600 kam es zur Entscheidungsschlacht bei Sekigahara, aus der Ieyasu siegreich hervorging. Der Tennō ernannte ihn daraufhin zum Shōgun.

Im Jahr 1604 erhielt Adams von Ieyasu den Befehl, in Itō, an der östlichen Küste der Izu-Halbinsel, ein Schiff in westlicher Bauweise zu konstruieren. Adams entwarf und baute innerhalb eines Jahres ein 80-Tonnen-Schiff. Darauf befahl ihm der Shōgun den Bau eines größeren Schiffes. Nur ein Jahr später war ein 120-Tonnen-Schiff fertig. Durch seine Arbeit und sein Misstrauen den Portugiesen und allgemein der Katholischen Kirche gegenüber erwarb Adams die Sympathie des Shōguns, der ihn letztlich sogar zu seinem Berater für Diplomatie und Handel mit den Europäern machte.

Adams hatte Frau und Kinder in England, doch Ieyasu verbot dem Engländer, Japan wieder zu verlassen. Adams wurde statt dessen in den Samuraistand erhoben und erhielt ein Lehen in Hemi (逸見, heute Yokosuka) sowie das Daishō, die zwei Schwerter, die einen Samurai ausweisen. Adams erhielt den Titel Hatamoto – eine Bezeichnung für direkte Vasallen des Shōguns. Der Shōgun entschied, dass der Navigator William Adams nunmehr tot und dass Miura Anjin (der Navigator von Miura) geboren sei. Dadurch wurde Adams’ Frau de jure zur Witwe. Adams nahm Oyuki, die Tochter von Magome Kageyu, Samurai und Verwalter der Burg Edo (heute Tokyo), zur Frau. Anjin und Oyuki hatten einen Sohn namens Joseph und eine Tochter namens Susanna.

Dennoch fand er es hart, an einem Ort festzusitzen, und blieb weiter abenteuerlustig. So versuchte er vergeblich, eine neue Expedition zur Entdeckung der Nordost-Passage, diesmal von Japan aus, zu organisieren.

Die englische Handelsniederlassung

Im Jahre 1611 erreichte Adams die Nachricht von einer englischen Niederlassung in Bantam und er schrieb dahin in der Hoffnung auf Hilfe, Japan wieder verlassen zu können. Im Jahre 1613 erreichte Kapitän John Saris mit seinem Schiff Clove Hirado. Er hatte den Auftrag, einen Handelsposten für die Ostindische Kompanie zu gründen. Nachdem Adams die dafür notwendigen Genehmigungen vom Shōgun erhalten hatte, schob er seine Reisepläne auf (für die Rückreise nach England hatte er nun doch die Erlaubnis des Shōguns bekommen), um unter der Leitung Richard Cocks' einen Posten in der neuen englischen Niederlassung anzunehmen. Aus der Zeit des Aufbaus der Niederlassung stammte ein weiteres Kind mit einer Frau aus Hirado, über das Adams jedoch nie Einzelheiten berichtete.

Den Rest seines Lebens arbeitete Adams im Auftrag der Ostindischen Kompanie, für die er, wie sein ehemaliger Schiffsgenosse Jan Joosten, noch einige Expeditionen auf Rotsiegel-Schiffen durchführte, so 1616 nach Siam und 1617 und 1618 nach Cochinchina.

Tod

„Grab von William Adams“ (三浦按針之墓, Miura Anjin no haka) in Hirado

Adams starb am 16. Mai 1620 in Hirado, nördlich von Nagasaki, im Alter von fast 56 Jahren an den Folgen einer nicht näher bezeichneten tropischen Krankheit (möglicherweise Malaria). Er wurde in Nagasaki-ken begraben wo heute noch sein Grabstein steht, neben der Gedenkmal von Francisco de Xavier. In seinem Testament verteilte er seinen Besitz an seine erste britische Frau und ihre Tochter, seine japanische Frau und ihre beiden Kinder sowie einige Mitglieder der englischen Niederlassung.

Denkmal in seinem Haus in Anjin-chō, Tokio

Zum Gedenken an Adams erhielt ein Stadtviertel in Edo (heute Tokio) den Namen Anjin-chō (Navigatorviertel), und jedes Jahr fand am 15. Juni eine Feier zu seinen Ehren statt.

Adams’ japanischer Sohn Joseph erhielt vom Shōgun alle Rechte seines Vaters übertragen, insbesondere den Status als Samurai und als Berater bei Hofe. Es ist unbekannt, ob sich Adams’ Stammbaum in Japan weiter fortgesetzt hat.

Nachwirkung

Bereits 1614 ließ Ieyasu das Christentum in Japan verbieten. Alle getauften Japaner mussten sich öffentlich von ihrer Religion distanzieren und in die Listen buddhistischer Tempel eintragen lassen, ansonsten wurden sie hingerichtet. Nach dem Tod Adams schloss Japan die Tore zur Welt für 250 Jahre weitgehend. Die Ratschläge von Adams an den Shōgun bewogen diesen, den Europäern in einem solchen Ausmaß zu misstrauen, dass er und seine Nachfolger Japan in der Edo-Periode isolierten.

Literarische Umsetzung

Adams war Vorbild für die Figur John Blackthorne im 1975 erschienenen Roman Shogun des britisch-amerikanischen Schriftstellers James Clavell. Die Verfilmung des Buches als gleichnamige Fernsehserie mit Richard Chamberlain als Blackthorne und Toshirō Mifune als Shōgun Toranaga aus dem Jahr 1980 erlangte Weltruhm.

Im Buch und in der Fernsehserie hieß das Schiff, das an der japanischen Küste strandete, Erasmus. Dies war der ursprüngliche Name des Schiffes Liefde gewesen, mit dem Adams Japan erreichte.

Siehe auch

Literatur

  • J. Harris: Navigantium atque Itinerantium Bibliotheca. 1764, i. 856
  • R. Hildreth's Japan. 1855
  • Asiatic Society of Japan Transactions..xxvi. (sec. 1898) pp. I and 194 (mit vier bis dahin unveröffentlichten Briefen von Adams)
  • Diary of Richard Cocks mit Vorwort von N. Murakami. 1899 (Nachdruck der Hakluyt-Society-Ausgabe von 1883)
  • Sir Ernest M. Satow (Hrsg.): Voyage of John Saris. Hakluyt Society, 1900
  • N. Murakami (Hrsg.): Letters written by the English Residents in Japan. 1900 (enthält Adams Briefe aus T. Rundall: Memorials of the Empire of Japan. Hakluyt Society, 1850)
  • VV. Hillary: England’s Earliest Intercourse with Japan. 1905
  • Anthony Farrington, Derek Massarella: William Adams and Early English Enterprise in Japan. [1]
  • William Corr: Adams the Pilot: The Life and Times of Captain William Adams: 1564–1620. Curzon Press, 1995, ISBN 1-873410-44-1
  • Giles Milton: Samurai William: The Adventurer Who Unlocked Japan. 2002, ISBN 0-340-79468-2
  • Bernd Liebner: Gefangen im Reich des Shogun; in: Hans-Christian Huf (Hrsg.): Sphinx – Geheimnisse der Geschichte. Von Vercingetorix bis zum Märchenkönig Ludwig II.. 2004, ISBN 3-453-60007-X
  • Giles Milton: Samurai William. Ein englischer Navigator im Dienste des Shogun. Wunderkammer Verlag, 2009, ISBN: 978-3-939062-08-0