Ursula von der Leyen

Ursula Gertrud von der Leyen, geb. Albrecht (* 8. Oktober 1958 in Brüssel, Belgien), ist eine deutsche Politikerin (CDU). Sie ist seit 2005 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und war von 2003 bis 2005 Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des Landes Niedersachsen.
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur studierte Ursula von der Leyen von 1977 bis zu ihrem Studienabbruch 1980 Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Göttingen und Münster. Ein anschließendes Medizinstudium an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) schloss sie 1987 mit dem Staatsexamen und ihrer Approbation als Ärztin ab. Anschließend war sie als Assistenzärztin an der Frauenklinik der MHH tätig. 1991 erfolgte hier auch ihre Promotion zur Dr. med. mit der Arbeit „C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung“. Nach der Geburt ihres dritten Kindes 1992 beendete sie ihre Facharztausbildung ohne Abschluss. Von 1992 bis 1996 lebte sie mit ihrer Familie in den USA. Nach der Rückkehr ihrer Familie nach Deutschland war sie von 1996 bis 2002 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig. 2001 erwarb sie dort den akademischen Grad eines Master of Public Health (MPH).
Familie
Ursula von der Leyen ist die Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Ernst Albrecht (CDU), und seiner Frau Heide Adele. Ursula von der Leyen hat fünf Brüder, darunter der Präsident des Medienkonzerns Modern Times Group Hans-Holger Albrecht.
Sie ist seit 1986 mit dem Medizin-Professor und Unternehmer Heiko von der Leyen verheiratet. Das Paar hat sieben Kinder. Die Familie lebt seit 2007 in Burgdorf-Beinhorn (Region Hannover) auf dem Anwesen ihres demenzkranken Vaters, wo sie an dessen Pflege mitwirken.[1]
Politische Laufbahn

Ursula von der Leyen ist seit 1990 Mitglied der CDU. Von 1996 bis 1997 war sie Mitglied im Landesfachausschuss Sozialpolitik der CDU Niedersachsen, anschließend auch Mitglied im Arbeitskreis Ärzte der CDU Niedersachsen.
Von 2001 bis 2004 gehörte Ursula von der Leyen dem Rat der Stadt Sehnde an und war hier auch Vorsitzende der CDU-Fraktion. Daneben war sie zu dieser Zeit auch Mitglied der Regionsversammlung Hannover und dort Vorsitzende des Ausschusses Gesundheit und Krankenhäuser.
Am 4. März 2003 trat sie ihren Posten als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit in der von Ministerpräsident Christian Wulff geführten niedersächsischen Landesregierung an. In ihrer Amtszeit fiel sie bundesweit hauptsächlich dadurch auf, dass sie gegen starke Proteste von Sozialverbänden und der Bevölkerung das Landesblindengeld abgeschafft hatte.
Von 2003 bis 2005 war sie Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Beim CDU-Bundesparteitag in Düsseldorf im Dezember 2004 wurde sie nach der überraschenden Niederlage von Hermann-Josef Arentz im ersten Wahlgang ins Präsidium der CDU gewählt. Seit Februar 2005 leitet sie auch die CDU-Kommission „Eltern, Kind, Beruf“.
Am 17. August 2005 wurde sie von Angela Merkel in das Kompetenzteam für die Bundestagswahl 2005 der CDU/CSU für die Bereiche Familie und Gesundheit berufen. Am 22. November 2005 wurde Ursula von der Leyen als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführten Bundesregierung, dem Kabinett Merkel, vereidigt.
Politische Positionen
Elterngeld
Unter ihrer Führung als Familienministerin wurde in Deutschland zum 1. Januar 2007 das Elterngeld eingeführt und das Erziehungsgeld abgeschafft. Kritisiert wurde, dass im redaktionellen Bereich veröffentlichte Medienberichte über das Elterngeld nicht von Journalisten, sondern von der Werbefirma Schlenker Public Relations stammten, die dafür aus Steuergeldern bezahlt wurde.[2]
Kontroverse um Krippenplätze
Im Februar 2007 löste von der Leyen aufgrund einiger familienpolitischer Vorstöße, wie etwa der Forderung nach einem massiven Ausbau der Krippenplätze, kontroverse Debatten zum Familienleitbild aus. Sie geriet anfangs innerhalb der eigenen Partei und seitens einiger CSU-Vertreter unter Beschuss, erhielt aber im Laufe der Debatte vom Bundespräsidenten [3] sowie Politikern von Oppositionsparteien, Wirtschafts- und einigen Kirchenvertretern Unterstützung in der Zielsetzung, Krippenplätze auszubauen. Auch erhielt von der Leyen die Rückendeckung des CDU-Präsidiums unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für den Ausbau der Kinderkrippenangebote.[4] SPD[5] sowie Die Linke[6] und Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Pläne von der Leyens ebenfalls. Der thüringische CDU-Generalsekretär Mike Mohring sowie der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer, warfen von der Leyen vor, die Union vom traditionellen Familienleitbild wegzubewegen und bisherigen Wählern zu entfremden.[7] Laut Ursula von der Leyen unterstützen jedoch 65 Prozent der Bevölkerung den Krippenausbau.[8]
Von der Leyens Forderungen stoßen bei mehreren hochrangigen evangelischen und katholischen Kirchenvertretern auf Zustimmung,[9] beim katholischen Bischof Mixa aber auf deutliche Ablehnung.[10] Demgegenüber unterstützte der Erzbischof von Berlin Kardinal Sterzinsky neben Kirchenvertretern der EKD wie Bischöfin Margot Käßmann die Forderungen von Familienministerin von der Leyen.[11] Von der Leyens Pläne zum Ausbau der Krippenplätze wurden am 5. März 2007 durch den Koalitionsausschuss von CDU und SPD vorläufig gestoppt. Man verständigte sich auf die schon im Koalitionsvertrag vorgesehene Anzahl von 230.000 Betreuungsplätzen bis 2010.[12]
Inhaltlich werden drei Modelle diskutiert oder deren Mischformen und deren Vor- und Nachteile:[13]
- Geld für den Ausbau von Krippenplätzen und Förderung dieser,
- Betreuungsgutscheine oder
- Direktzahlungen
Ursula von der Leyen macht sich vor allem für den ersten Punkt stark, will sich jedoch, der Koalitionsvereinbarung gemäß, auch um eine Form des Betreuungsgeldes bemühen - allerdings müsse gewährleistet sein, dass das Geld wirklich in die frühkindliche Erziehung und Betreuung investiert werde und nicht „in neue Flachbildschirme“ der Eltern.[14] Damit ermöglicht sie eine neue Diskussion um Betreuungsgutscheine, wendet sich jedoch gegen ein bedingungsfreies Betreuungsgeld für Hausfrauen und -männer, wie es die CSU fordert.[15]
Auseinandersetzung mit Christa Müller
Beachtung fand 2007 ein Spiegelstreitgespräch von der Leyens mit Christa Müller, Ehefrau Oskar Lafontaines und familienpolitische Sprecherin der Partei Die Linke im Saarland. Müller kritisierte die Fremdbetreuung von Kindern als schädlich für deren Psyche und schloss sich der heftigen Kritik Bischof Mixas gegen von der Leyen an,[16] von der Leyen vertrat ihre entsprechenden Änderungen.
Die Kontroverse sorgte auch in der Linkspartei für erhebliches Aufsehen und heftige Kritik an Müller. Über Parteigrenzen hinweg wurde dabei von der Leyens politische Arbeit zur Neuausrichtung der Familienpolitik wie auch als Anstoß eines bedeutenden Mentalitätswandel innerhalb der Union anerkannt.[17]
Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes
Für neuen Streit sorgte von der Leyen im Oktober 2007 mit ihrer Ankündigung, minderjährige Testkäufer einsetzen zu wollen, um Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz aufzudecken.
Allgemein anerkannt wurde dabei ihr Bemühen, die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes konsequent durchzusetzen (hier: Abgabeverbote für Tabakwaren, Alkoholika und gewaltverherrlichende Computerspiele). Der Einsatz minderjähriger Testkäufer wurde jedoch von verschiedenen Seiten moralisch und juristisch als untaugliches Mittel angesehen: So wird nach Ansicht des Deutschen Kinderschutzbundes die Menschenwürde der Kinder verletzt, weil sie Händler zu Straftaten verleiten sollen.
Vertrag zur Filterung von Kinderpornographie

- Hauptartikel: Sperrung von Webseiten in Deutschland
- Siehe auch: Zugangserschwerungsgesetz
Im Jahr 2009 waren insbesondere von der Leyens umstrittene Vorstöße zur Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt Gegenstand des öffentlichen Diskurses. Auf ihre Initiative verpflichteten sich die großen Internetprovider in öffentlich-rechtlichen Verträgen mit dem Bund, Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt auf Grundlage geheimer Sperrlisten, die vom Bundeskriminalamt erstellt und täglich aktualisiert werden sollen, zu filtern. Erst später erfuhren diese Verträge durch das Zugangserschwerungsgesetz eine positivgesetzliche Legitimation.
Die Initiative von der Leyens stieß auf massive Kritik von Juristen, der IT-Fachpresse, einer großen Zahl von IT-Fachverbänden,[18] von Bürgerrechtlern,[19] Missbrauchsopfern,[20] Opferschutzorganisationen[21][22] und der Opposition und wurde als „Zensursula-Debatte“ bekannt.[23] [24] Kritiker sehen in dem Gesetz eine gegen Kinderpornografie unwirksame Maßnahme, die Tätern eher nützt als schadet, aber gleichzeitig massiv Grundrechte einschränken könnte. Die zur Sperrung errichtete Infrastruktur könne problemlos für weitere Zensur-Maßnahmen[25] verwendet werden,[26] da sie eine Kontrolle unliebsamer Inhalte ermögliche und „Echtzeitüberwachung“[27] umsetze. Eine E-Petition gegen die Einführung einer Sperrinfrastruktur wurde von mehr als 130.000 Bürgern unterzeichnet, mehr als bei jeder anderen E-Petition zuvor.[28] [29]
Wiederholt wurde von der Leyen die Verwendung von „Fantasiezahlen und unsauberen Interpretationen“[30] sowie „Lügen“[31][32][33] vorgeworfen.
In der Diskussion um die Ausweitung der Internetsperren erklärte von der Leyen, ihre Maßnahmen gegen Seiten mit Kinderpornographie beträfen einen klar abgrenzbaren Straftatbestand. Man müsse jedoch „weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann.“[34] [35] [36] [37]
Engagement
Von der Leyen ist Schirmherrin des evangelikalen Jugend-Kongresses Christival[38] sowie des Kinderpatenschafts-Programms der Organisation Ora International. Zudem hat sie die Schirmherrschaft für das 60. Gründungsjahr von AFS Interkulturelle Begegnungen e.V. übernommen.
Gegenpositionen
Wolfgang Lieb kritisiert auf der Internetpräsenz NachDenkSeiten die Nähe Ursula von der Leyens zur Bertelsmann-Stiftung (siehe: Kritik), insbesondere zu Liz Mohn, mit der zusammen sie ein Buch geschrieben hat. Ihre Familienpolitik ordne sich wirtschaftlichen Interessen unter[39].
Literatur
- Ursula von der Leyen, Maria von Welser: Wir müssen unser Land für die Frauen verändern. C. Bertelsmann, München März 2007, ISBN 978-3-570-00959-8
- Ursula von der Leyen, Liz Mohn: Familie gewinnt. Bertelsmann-Stiftung, April 2007, ISBN 978-3-89204-927-2
Einzelnachweise
- ↑ Von der Leyen und die Krankheit ihres Vaters. Ein Artikel über die Sendung auf www.welt.de, 27. Mai 2008.
- ↑ Report Mainz: Die fragwürdigen PR-Kampagnen der Bundesregierung
- ↑ Netzeitung: Köhler ist «Frau von der Leyen dankbar», 28. Februar 2007
- ↑ FTD: Thüringischer Ministerpräsident Althaus stellt sich hinter von der Leyen, 16. Februar 2007
- ↑ SPD: Den Worten Taten folgen lassen, 22. Februar 2007
- ↑ Linksfraktion: Mixa ist familienfeindlich und realitätsfern, 23. Februar 2007
- ↑ n-tv: Küche statt Karriere - CSU kämpft für die Frauen, 15. Februar 2007
- ↑ FAZ.Net: „Kinder sind nicht nur eine Privatangelegenheit“. Ursula von der Leyen im Interview.
- ↑ Evangelischer Pressedienst: Kirchen unterstützen von der Leyen, 20. Februar 2007
- ↑ Bistum Augsburg: „Einseitig und schädlich für die Kinder“, 22. Februar 2007
- ↑ Kirchen unterstützen von der Leyen
- ↑ Die Welt: Koalitionsausschuss: Union stellt Ausbau der Krippenplätze in Frage , 6. März 2007
- ↑ FAZ: Kinderbetreuung: Krippen, Gutschein oder Geld
- ↑ Frankfurter Rundschau: Widerstand gegen Gutscheinmodell. 26. Mai 2007
- ↑ Welt online: Stoiber fordert mehr Geld für Hausmütter, 21. April 2007
- ↑ Der Spiegel 31/2007 vom 30. Juli 2007, Autoren: Merlind Theile und Ulrike Demmer, SPIEGEL-STREITGESPRÄCH "Familie macht glücklich"
- ↑ Leserbrief zum STREITGESPRÄCH „Familie macht glücklich“, 30. Juli 2007 der parlamentarischen Geschäftsführerin der Linken Dr. Dagmar Enkelmann
- ↑ Erklärung von Eltern in IT-Berufen zu Internetsperren
- ↑ Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur
- ↑ MOGIS (MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren)
- ↑ Trotz Allem e.V.
- ↑ CareChild fordert entschlossenes Vorgehen gegen Kinderpornografie
- ↑ c´t, 20. Juli 2009
- ↑ Spiegel Online, 23. Juli 2009
- ↑ Warum es um Zensur geht Netzpolitik vom 25. April 2009
- ↑ Lutz Donnerhacke: Die dreizehn Lügen der Zensursula 19. April 2009
- ↑ heise online: Kinderporno-Sperren: Regierung erwägt Echtzeitüberwachung der Stoppschild-Zugriffe. 25. April 2009
- ↑ http://www.heise.de/newsticker/Bundeskabinett-beschliesst-Gesetzesentwurf-zu-Kinderporno-Sperren--/meldung/136556
- ↑ https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=3860
- ↑ Die Zeit: Von der Leyens unseriöse Argumentation
- ↑ Handelsblatt: Amtlich: Ursula von der Leyen hat gelogen
- ↑ CareChild e. V.: Internetzensur: Die grossen Lügen der Ursula von der Leyen
- ↑ Spiegel: Die Argumente für Kinderporno-Sperren laufen ins Leere - 2. Teil: Wenig Belastbares
- ↑ Jochen Gaugele und Maike Röttger: Kampf gegen Schmutz im Internet wird verschärft, 2. August 2009, unter abendblatt.de
- ↑ dpa: Von der Leyen will gegen rechte Inhalte vorgehen, 2. August 2009, z.B. unter focus.de
- ↑ Familienministerin will Kontrolle von Websites ausweiten - Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet "im richtigen Maß", 2. August 2009, unter derstandard.at
- ↑ Leyen: Internet droht "rechtsfreier Chaosraum zu werden", 2. August 2009, unter golem.de
- ↑ Von der Leyen und die „Heilung“ der Schwulen, Die Welt, 9. Januar 2008
- ↑ vgl. Familienministerin von der Leyen in den Fangarmen der Krake Bertelsmann, unter nachdenkseiten.de
Weblinks
- Vorlage:PND
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Lebenslauf auf der Website der Bundesregierung
- Die Supermutterpowertochter – Portrait der taz vom 3. März 2003
Personendaten | |
---|---|
NAME | Leyen, Ursula von der |
ALTERNATIVNAMEN | Albrecht, Ursula |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (CDU) |
GEBURTSDATUM | 8. Oktober 1958 |
GEBURTSORT | Brüssel |