Zum Inhalt springen

Corps Saxo-Borussia Heidelberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. September 2009 um 23:19 Uhr durch Mehlauge (Diskussion | Beiträge) (Bekannte Mitglieder). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Wappen und Wahlspruch der Saxo-Borussia

Das Corps Saxo-Borussia Heidelberg ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Die Corpsmitglieder werden „Sachsen-Preußen“ genannt.

Couleur

Saxo-Borussia hat die Farben weiß-grün-schwarz-weiß mit silberner Perkussion. Dazu wird ein weißer Stürmer getragen. Saxo-Borussia hat wie alle Heidelberger Corps kein Fuchsenband, die Füchse tragen nur den Stürmer. Vereinzelt ist es bei Saxo-Borussia üblich, als Kopfbedeckung Tönnchen auch mit Pelzbesatz zu tragen.

Der Wahlspruch lautet „Virtus sola bonorum corona!“

Das Wappen ist geviert und mit einem Mittelschild belegt. Es zeigt (heraldisch) rechts oben das sächsische Landeswappen mit Rautenkranz, links oben den preußischen Adler, rechts unten das Bundeszeichen mit gekreuzten Korbschlägern im Laubkranz und die Anfangsbuchstaben G.U.N des Waffenspruchs „Gladius ultor noster“, links unten im dreifach geteilten Feld die Farben des Corps. Der Mittelschild enthält Schwarz in Weiß den Zirkel.

Auswärtige Beziehungen

Das Corps Saxo-Borussia ist Mitglied im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) und gehört zu den Unterzeichnern des Heidelberger SC-Comments. Der Heidelberger Senioren-Convent besteht heute aus drei Kösener Corps.[1]

Zusammen mit dem Corps Borussia Bonn und dem Corps Saxonia Göttingen bildet das Corps Saxo-Borussia aufgrund der gegenseitigen Kartelle den „Weißen Kreis“ innerhalb des KSCV. Ein Kartell besteht zudem mit dem Corps Starkenburgia Gießen. Das Kartell mit den Silber-Litthauern in Königsberg (Preußen) ging mit der Suspension des Corps 1866 unter.

Geschichte

Mensur eines Vertreters des Corps Saxo-Borussia Heidelberg (links) gegen einen Vertreter des Corps Vandalia Heidelberg (Gemälde von Georg Mühlberg um 1900), links mit weißen Stürmern (Studentenmütze) weitere Mitglieder des Corps Saxo-Borussia

Das Corps Saxo-Borussia wurde am 16. Dezember 1820 von Studenten an der Universität Heidelberg gestiftet.

Deutschlandweites Aufsehen erregte das Corps im Jahre 1935, als Corpsmitglieder in einem öffentlichen Lokal, dem Seppl, die Übertragung einer Hitler-Rede störten und sich einige Tage später während eines Spargelessens in der Öffentlichkeit mehrfach abfällig über Adolf Hitler äußerten. Dies ging als Heidelberger Spargelessen (auch „Heidelberger Mockage“) in die deutsche Universitätsgeschichte ein und beschleunigte den Prozess der vom NS-Regime erzwungenen Auflösung der Studentenverbindungen in Deutschland. Das Corps Saxo-Borussia musste sofort seinen Aktivenbetrieb schließen, der Senior Henning von Quast wurde verhaftet.

Das Corps Saxo-Borussia konnte im Jahre 1952 wiederentstehen und zählt auch heute noch vorwiegend Söhne aus Adelsfamilien zu seinen Mitgliedern.

Bedeutung

Charakteristisch ist der hohe Anteil prominenter Mitglieder, vor allem aus deutschen und internationalen Adelsfamilien. Konstantin I., König von Griechenland, die Prinzen Wilhelm und Oskar von Preußen und der letzte kaiserliche Reichskanzler Prinz Max von Baden waren ebenso Sachsen-Preußen wie der Komponist Robert Schumann. Auch der Chef des Protokolls im Auswärtigen Amt des Dritten Reiches, SS-Oberführer Alexander Freiherr von Dörnberg gehörte dem Corps an. In der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik galt Saxo-Borussia als das „vornehmste Corps der Christenheit“.[2] Es war bekannt dafür, dass seine Mitglieder oft hohe Positionen im Diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches einnahmen.

Mark Twain verbrachte im Sommer 1878 mehrere Monate in Heidelberg und schenkte den dortigen Corps große Aufmerksamkeit. Eine zeitlang verkehrte er bei einer Verbindung, die er white cap corps oder Prussian corps nannte. Das verweist eindeutig auf die Sachsen-Preußen mit ihren weißen „Stürmern“.[3]

Die herausgehobene gesellschaftliche Stellung der Saxo-Borussia führte dazu, dass das Corps in der Literatur oft als Zielscheibe für Spott und Satire diente.

In diesem Sinne verfasste auch der Schriftsteller Wilhelm Meyer-Förster im Jahre 1884 als literarisches Debüt eine Satire mit dem Titel Die Saxo-Saxonen, die in der „Universitätsstadt H.“ spielte.

Der Hochstapler Harry Domela war im Herbst 1926 mehrere Wochen als angeblicher Prinz von Liven Gast des Corps. Seine Erfahrungen mit den Sachsen-Preußen schilderte er sehr negativ er in seiner Biographie, die er im Gefängnis verfasste. Kurt Tucholsky widmete dem Corps das Gedicht Saxo-Borussen, in dem er sich auf Domela bezog.[4]

Salamander

Nach F. A. Lichterfeld [5] hat der Schoppensalamander seine Wurzeln nicht im griechischen oder germanischen Altertum (Theokrit, Viktor von Scheffel), weder beim Bonner Universitätsrichter von Salomon noch in alten Handwerks- oder Freimaurergebräuchen, sondern bei den Sachsen-Preußen, nämlich in der Verkürzung ihres Wunsches „Sauft alle miteinander!“.

Der Wunsch findet sich auch im Allgemeinen Reichskommersbuch vom Jahre 1875:

Das war einst in der Schänke
Zum Faß in Heidelberg;
Es schlürft das Gottgetränke
Der Riese wie ein Zwerg.
Der Präses sprach: „Selbander
Sollt heut ihr trinken nicht,
Sauft alle miteinander!“
Und so geschah´s nach Pflicht.

Auf Heidelberg deutet auch eine Schweizer Quelle.[6]

Bekannte Mitglieder

Saxoborussen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Ausser den Saxen-Preussen hat wohl kein anderes Corps solche Verfolgungen durch das 3. Reich erlebt.“ [7]

1944 wurde Albrecht von Hagen, Syndikus in Berlin und als Leutnant der Reserve bei der Wehrmacht, als Verschwörer des 20. Juli 1944 von den Nationalsozialisten hingerichtet. Er hatte den Sprengstoff für das Hitler-Attentat beschafft.

Nikolaus Christoph von Halem, der 1942 ein Attentat auf Hitler geplant hatte, wurde ebenfalls 1944 hingerichtet.

Spät wurde der von den Nationalsozialisten 1942 in Berlin-Plötzensee hingerichtete Diplomat Rudolf von Scheliha als Widerständler anerkannt. Aufgrund seiner angeblichen Aktivitäten für die Rote Kapelle galt er auch noch im Nachkriegsdeutschland als Landesverräter. Erst im Jahre 1995 wurde er vom Auswärtigen Amt mit einer Gedenktafel geehrt.[8]

Weitere Mitglieder

Siehe auch: Liste Kösener Corps, Kösener Senioren-Convents-Verband

Literatur

  • Heinz-Adolf von Brand, Maxtheodor Reichmann (Hg.): Beiträge zur Geschichte der Saxo-Borussia zu Heidelberg, Band 1: 1820-1935. Heidelberg 1958 (vergriffen)
  • Robert von Lucius (Hg.): Weiß-Grün-Schwarz-Weiß. Beiträge zur Geschichte des Corps Saxo-Borussia zu Heidelberg, Band 2: 1934-2008. Heidelberg 2008

Fußnoten

  1. Der SC besteht aus den Kösener Corps Rhenania, Saxo-Borussia und Suevia.
  2. Eine Anspielung auf das Preußische Infanterie-Regiment 9 („Graf Neun“)
  3. Mark Twain: A Tramp Abroad. Erstausgabe London 1880 (deutsch: Bummel durch Europa)
  4. Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke in zehn Bänden, Band 5. Reinbek 1975, S. 303-304,323-324[1]
  5. Westermann’s illustrirte deutsche Monats-Hefte, Januar 1875 und Juni 1876
  6. Biersalamander bei Saxo-Borussia
  7. Lüdecke Corps Baltia am 23.4.1950 in einem Brief an Schaefer-Rolffs (Corps Silesia, Corps Saxonia Frankfurt), den Leiter des Kösener Archivs, zur Übergabe von Baltias NS-Akten
  8. In den 1950er Jahren kursierte im Auswärtigen Amt ein schönes Bonmot über seine Diplomaten: „Und als man sie dann wiederfand, wo waren sie - im Widerstand.“