Böttcherstraße (Bremen)





Die Böttcherstraße ist eine etwa 100 m lange Straße in der Bremer Altstadt, die aufgrund ihrer Architektur zu den Kulturdenkmalen und Touristenattraktionen in Bremen zählt. Die meisten Gebäude sind in der Zeit von 1922 bis 1931 entstanden und hauptsächlich Ludwig Roselius, einem Bremer Kaffeekaufmann, zu verdanken, der Bernhard Hoetger damit beauftragte, die künstlerische Gestaltung zu übernehmen. Die Straße und ihre Gebäude sind ein seltenes Beispiel für die Architektur des Expressionismus. Von den Häusern können mehrere dem Stil des Backsteinexpressionismus zugeordnet werden.
Geschichte
Die Geschichte der Böttcherstraße reicht bis ins Mittelalter zurück. Sie stellte eine wichtige Verbindung zwischen Marktplatz und Weser dar. In ihr waren Böttcher, Kimker, Fass- und Zubermacher ansässig. Als der Hafen Mitte des 19. Jh. verlegt wurde, begann die Böttcherstraße immer weiter an Wichtigkeit zu verlieren.
1902 (andere Quellen 1906) kaufte dann Ludwig Roselius auf Drängen der Besitzer das Haus Nr. 6 in der Böttcherstraße (heute das Museum im Roselius-Haus) und errichtete dort den Verwaltungssitz seiner Firma, aus der später die Kaffee HAG hervorging. Roselius erwarb nach und nach weitere Grundstücke an der Böttcherstraße.
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurden zunächst einige baufällige Gebäude abgerissen.
1921 wurde das heutige Roseliushaus nach Plänen von Eeg & Runge zu einem Museum umgebaut.
Nach Plänen der Architekten Runge und Scotland, die der „Heimatschutzbewegung“ nahestanden, entstanden von 1923 bis 1926 das Kaffee-HAG-Haus, das Haus St. Petrus, das Haus des Glockenspiels sowie andere Bürogebäude. Die Häuser wurden mit den damals typischen Materialien Backstein und Sandstein errichtet.
1926 ließ Roselius nach Plänen von Bernhard Hoetger das Paula-Becker-Modersohn-Haus für das Paula Modersohn-Becker Museum errichten. Dieses Gebäude stand im architektonischen Kontrast zu den vorherigen Bauten. Es besitzt reliefartige Außenwände und organisch geformte Innenräume.
1931 wurde nach Plänen von Hoetger das Haus Atlantis fertiggestellt, das mit seiner Architektur und seinen Materialien (Glas, Stahl und Beton) ebenfalls einen starken Kontrast zu den übrigen Gebäuden darstellt. Ebenfalls 1931 wurde das Robinson-Crusoe-Haus errichtet.
1937 Die Böttcherstraße wurde in der NS-Zeit, am 7. Mai 1937 als ein Beispiel der Verfallskunst der Weimarer Zeit unter Denkmalschutz gestellt. Dies geschah obwohl die Straße für ihre Art der Kultur in Konflikt mit dem nationalsozialistischem Regime geriet. Ab dem Jahr 1935 nahm die NS-Presse die Straße zunehmend ins Visier und forderte sogar den Abriss einiger Teile.
1944 wurden große Teile der Böttcherstraße zerstört. Die Fassaden wurden bis zum Jahr 1954 durch die Kaffee HAG größtenteils in ihrem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt.
1979 verkaufte Ludwig Roselius jun. die Kaffee HAG mitsamt der Böttcherstraße an General Foods.
1981 kaufte er die Böttcherstraße wieder zurück. Die Straße ist nun in privater Hand.
1989 wurden erneut beträchtliche Schäden festgestellt. Die Sparkasse Bremen kaufte bis auf das Haus Atlantis die gesamte Straße inklusive ihrer Gebäude.
1999 konnten alle Restaurierungsmaßnahmen abgeschlossen werden.
2004 ging die Böttcherstraße in die Stiftung Bremer Sparer Dank über. Betrieben wird sie durch die Böttcherstraße GmbH, einer Tochter der Sparkasse Bremen.
Heute
Heute zählt die Böttcherstraße zu den wichtigsten touristischen Attraktionen in Bremen und beherbergt Museen der Kunstsammlungen Böttcherstraße, Kunsthandwerkstätten, Gastronomie sowie Geschäfte, die Bremer Spielbank und ein Hotel. Fast alle Gebäude und Grundstücke der Straße befinden sich im Besitz der Sparkasse Bremen.
Siehe auch: Kunstpreis der Böttcherstraße
Die Architektur und Häuser
Robinson Crusoe Haus: Das Gebäude wurde 1931 als das letzte Haus der Straße errichtet und von Karl Weihe sowie Ludwig Roselius entworfen. Die Figur Robinson Cruseo wählte Roselius aus, da sie exemplarisch für den hanseatischen Tatendrang und Pioniergeist steht. Bis zur Zerstörung des Hauses 1944 dienten die Räumlichkeiten dem Club zu Bremen für seine Treffen. Heute können die Besucher im Treppenhaus die Geschichte des Hauses auf geschnitzen Holztafeln betrachten. Diese entstanden im Zuge des Wiederaufbaus 1954 und wurden von Theodor Schultz-Walbaum entworfen.
Haus St. Petrus: Das Gebäude wurde zwischen 1923 und 1927 durch Eduard Scotland und Alfred Runge errichtet und diente bis zu seiner Zerstörung als Gastronomie. Noch heute befindet sich das Restaurant "Ständige Vertretung im Flett" sowie ein Weinkontor in dem Gebäude. Des Weiteren befinden sich dort auch die Räume des Casino Bremen.
Haus der 7 Faulen: Das Gebäude wurde zwischen 1924 und 1927 ebenfalls durch Eduard Scotland und Alfred Runge errichtet. In dem Haus waren zunächst die Werberäume der Kaffee HAG sowie die Geschäftstelle des Deutschen Werkbundes untergebracht. Die Benennung nach den Bremer Sagengestalten der 7 Faulen erfolgte erst nach dem Wiederaufbau 1954. Heute stützen sie als große Steinfiguren den Giebel des Hauses. In den Räumen des Gebäudes befinden sich zudem verschiedene Geschäfte.
Haus Atlantis: Das zwischen 1930 und 1931 von Andreas Höttger erbaute Haus soll die Utopie des sagenhaften Erdteils Atlantis verkörpern. Der Bau ist geometrisch modern geformt, aus den Materialien Glas, Holz und Stahlbeton errichtet und wurde im Art-Deco-Stil eingerichtet. Genutzt wurden die Räumlichkeiten hauptsächlich als Vortrags- und Lesesaal. Beim Verkauf der Böttcherstraße 1988 wurde das Haus aus dem Verbund des Straße herausgelöst und gehört heute dem schwedischen Hotelkonzern Scandic. Dieser nahm umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vor und integrierte das Gebäude in ein nebenan errichtetes Hotel. Das Treppenhaus sowie der Himmelsall sind bis heute quasi Originalgetreu erhalten und somit wichtige Zeugen der Deutschen Zwischenkriegsarchitektur.
Denkmale
→ Siehe dazu die Liste der Kulturdenkmäler in Bremen-Mitte#Böttcherstraße
Literatur
- Arn Strohmeyer: Der gebaute Mythos: das Haus Atlantis in der Bremer Böttcherstrasse – ein deutsches Missverständnis. Donat, Bremen 1993, ISBN 3-924444-67-6
- Arn Strohmeyer: Parsifal in Bremen. Richard Wagner, Ludwig Roselius und die Böttcherstrasse. VDG, Weimar 2002, ISBN 3-89739-263-1
- Hans Tallasch (Hrsg.): Projekt Böttcherstraße. Aschenbeck & Holstein, Delmenhorst 2002, ISBN 3-932292-29-4
Weblinks
- Homepage der Böttcherstrasse
- 360° Panoramaansicht der Böttcherstraße
- DeutschlandRadio-Bericht zur „Heimlichen Hauptstraße der Hansestadt“
- Radio Bremen: Die akustische Böttcherstraße. Radioproduktion von 1932
- Homepage der Kunstsammlungen Böttcherstraße
Koordinaten: 53° 4′ 30″ N, 8° 48′ 20″ O