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Esperanto

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Esperanto

Gesprochen in

weltweit
Sprecher 100.000 bis 3 Millionen (je nach Niveau)
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in keinem Staat
Sprachcodes
ISO 639-1

eo

ISO 639-2 (B) epo (T)
Esperantoflagge Jubiläumssymbol
Esperanto-Flagge Esperanto-Ei

Esperanto ist die weltweit bedeutendste Plansprache (Kunstsprache, Welthilfssprache). Ihr Name leitet sich von "Doktoro Esperanto" (dt.: Doktor Hoffnung) ab, unter dem Ludwik Lejzer Zamenhof 1887 die Sprache veröffentlicht hat. Seine Absicht war es, eine leicht erlernbare, neutrale Sprache für die internationale Kommunikation zu entwickeln, die aber die existierenden Sprachen nicht abschaffen sollte. Heute geht man von 100.000 bis drei Millionen Sprechern aus, die Esperanto regelmäßig anwenden. Die Sprache wird von der internationalen Esperantogemeinde für viele Zwecke benutzt: Vor allem Reisen, Brieffreundschaften, kultureller Austausch, internationale Treffen, Literatur und Sprachunterricht.

Herkunft

Datei:Zamenhofhead.jpg
Ludwik Lejzer Zamenhof

Der Sprachgründer Ludwik Lejzer Zamenhof wuchs als jiddischer Muttersprachler in der mehrsprachigen, damals zum Russischen Zarenreich, heute zu Polen gehörenden Stadt Bialystok auf und erlebte Konflikte zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen.

Da er auch die Verschiedenheit der Sprachen als möglichen Grund für Konflikte ansah, wünschte er sich eine neue Sprache, die neutraler und leichter erlernbar wäre als bisherige Sprachen. Diese sollte als Zweitsprache für alle annehmbar sein. Sie sollte zusätzlich zu den nationalen Sprachen gelernt werden. Im Jahre 1887 schließlich veröffentlichte Zamenhof die erste Broschüre über ein Sprachprojekt, das er Lingvo internacia (internationale Sprache) nannte. Nach seinem Pseudonym Doktoro Esperanto (Doktoro = Doktor, Esperanto = ein Hoffender) wurde bald darauf die Sprache selbst als "Esperanto" bezeichnet.

Sprachgemeinschaft

Geschichte

Datei:1887unualibro.jpg
Erstes Buch über Esperanto, Warschau 1887 russ. Ausgabe

Zamenhof gab 1887 seine erste Broschüre über Esperanto (Internationale Sprache) als erstes auf Russisch heraus, dann auf Polnisch, Deutsch, Französisch und Englisch. 1888 folgte ein Dua libro (zweites Buch), demzufolge die erste Broschüre heutzutage Unua libro (erstes Buch) genannt wird.

Zunächst benötigte Esperanto eine gewisse Anlaufzeit. Die ersten Anhänger wurden vor allem durch die Zeitschrift La Esperantisto verbunden, die von 1889 bis 1895 in Nürnberg herausgegeben wurde. Nachdem die russische Zensur 1895 durch ein Einfuhrverbot die Fortführung der Zeitschrift unmöglich gemacht hatte, übernahm Lingvo Internacia aus Uppsala (Schweden) deren Rolle.

Ab 1900 machte Esperanto große Fortschritte in Westeuropa, vor allem in Frankreich. Dort war bereits 1898 von Louis de Beaufront der erste überregionale Esperanto-Verband errichtet worden. 1903 gründete sich der schweizerische Landesverband und im gleichen Jahr die Esperanto-Gruppe Berlin. 1906 gründete sich der Deutsche Esperanto-Bund.

Bis zum Ersten Weltkrieg erreichte Esperanto die meisten europäischen und auch schon einige außereuropäische Länder wie die USA, Japan, China und Südafrika. Die erste schwarzafrikanische Esperanto-Vereinigung (in Kongo-Kinshasa) datiert von 1963. Heute hat der Esperanto-Weltbund UEA über fünfzig Landesverbände und Mitglieder in über hundert Ländern.

Rückschläge erlitt die Esperanto-Bewegung unter Adolf Hitler und Josef Stalin. Im Dritten Reich wurden alle Verbände aufgelöst, die sich für Kunstsprachen einsetzten, darunter auch Esperanto - weiterhin wurde beispielsweise der Esperanto-Unterricht an deutschen Schulen am 17. Mai 1935 untersagt. Esperanto selbst war entgegen manchen Behauptungen nie direkt verboten. Von 1949 bis 1965 war die Bildung von Esperanto-Vereinigungen in der DDR untersagt.

Bereits durch den Völkerbund erhielt Esperanto eine gewisse Anerkennung, als 1922 der stellv. Generalsekretär Inazo Nitobe seinen offiziellen Bericht zum Esperanto vorlegte. Später unterstützte die UNESCO das Esperanto durch eine Resolution (1954, wiederholt 1986), in der sie die Mitgliedstaaten dazu aufrief, die Möglichkeit eines Gebrauchs der Sprache zu untersuchen.

Anwendung und Verbreitung

Bislang wurde Esperanto nur selten von Staaten als Kommunikationsmittel eingesetzt. Meist handelt es sich dabei um touristische Informationen oder Landesbeschreibungen (in der Bundesrepublik beispielsweise: Faktoj pri Germanujo); diverse Regime haben auch politische Propaganda auf Esperanto herausgegeben, so wurden durch den Deutschen Esperanto-Bund beispielsweise Reden Hitlers auf Esperanto herausgegeben.

Eine gewisse Bedeutung hatte Esperanto in der internationalen Arbeiterbewegung. Nach dem Abklingen des Stalinismus (um 1953/56) kam es auch in den Ostblockstaaten wieder zu Ansehen und wurde teilweise aus politischen Gründen gefördert (Ablehnung des Englischen als "Sprache der Kapitalisten"; in Polen, weil man Zamenhof als "großen Polen" ansah - obwohl Zamenhof selbst schrieb: "Nennt mich keinen Polen!").

Ferner wurde die Sprache zuweilen in der Kunst eingesetzt. Einige Beispiele: In Charlie Chaplins The Great Dictator sind die Ladenaufschriften im jüdischen Ghetto auf Esperanto, und in Idiot's Delight mit Clark Gable wird in einer unbenannten europäischen Diktatur Esperanto gesprochen - man wollte nicht ein bestimmtes Land beschreiben und wich daher auf die neutrale Sprache aus. Ähnlich war es bei Street Fighter (1994) und Blade: Trinity (2005). Wegen des internationalen und exotischen Anklangs verwendete Michael Jackson Esperanto-Sätze auf seinem Album HiStory, und die deutsche Hip-Hop-Gruppe "Freundeskreis" spielte ein Album mit dem Titel und zum Thema Esperanto ein.

Normalerweise wird Esperanto von den ständigen Anhängern der Esperanto-Sprachgemeinschaft verwendet. Viele Esperanto-Freunde treffen sich auf Kongressen, Seminaren, Kulturveranstaltungen, Festen sowie in Internet-Foren oder in Esperanto-Chaträumen. Der jüngste Welt-Kongress, die jährlich größte Veranstaltung, fand 2004 in der chinesischen Hauptstadt Peking statt, 2005 ist Wilna in Litauen an der Reihe.

Ein internationaler Gastgeberdienst namens Pasporta Servo informiert über Esperantisten, die bereit sind, andere Esperanto-Sprecher kostenlos für ein paar Tage bei sich übernachten zu lassen. Ein weiteres Adressenverzeichnis von Esperanto-Sprechern ist das Amikeca Reto.

Schwierig ist es, die Anzahl der Esperanto-Sprecher anzugeben; Schätzungen gehen weit auseinander. Der Esperantist und Sprachwissenschaftler Detlev Blanke spricht von einer halben Million Menschen, andere von bis zu mehreren Millionen. Die Ungewissheit ergibt sich daraus, dass die Menschen, die diese Sprache sprechen, über die ganze Erde verteilt leben und nur teilweise in Vereinen organisiert sind. Auch einige Muttersprachler gibt es inzwischen: Gelegentlich vermitteln Eltern – besonders binationale Paare, die untereinander Esperanto sprechen – ihren Kindern Esperanto als zweite oder dritte Muttersprache neben ihrer Landessprache (bzw. ihren Landessprachen).

Esperanto hat unter den über tausend Plansprachenprojekten eine klare Vorrangstellung erreicht. Weitere Plansprachen, wie z. B. Volapük, Ido, Occidental und Interlingua, welche kurzzeitig einige Verbreitung fanden, werden heute so gut wie nicht mehr gelernt und genutzt.

In Deutschland gibt es den Deutschen Esperanto-Bund und die Deutsche Esperanto-Jugend, die weltweite Dachorganisation heißt Universala Esperanto-Asocio (UEA) und hat ihren Sitz in Rotterdam.

Prominente Esperanto-Sprecher

Manchmal werden Prominente irreführend als Esperanto-Sprecher präsentiert, die sich allenfalls sehr positiv über Esperanto geäußert haben oder die sich näher mit Esperanto befasst haben. Dazu zählen u. a. Leo Tolstoj, Albert Einstein, Umberto Eco, Richard von Weizsäcker, Isabel Allende, J. R. R. Tolkien und mehrere Päpste, darunter Johannes Paul II., der das Esperanto auch in seinem vielsprachigen Urbi et Orbi-Segen in den letzten Jahren mitberücksichtigte. Der Autor Jules Verne und der Weltraum-Pionier Konstantin Ziolkowski waren Ehrenmitglieder von Esperanto-Klubs.

Sprache

Aufbau

Esperanto ist eine agglutinierende Sprache, in der die einzelnen Morpheme (Wortelemente) im Prinzip ohne Veränderung aneinandergefügt werden. Beispielsweise fügt man zur Wurzel kant- die Endung -o an, die die Substantive (Hauptwörter) kennzeichnet. So erhält man kanto, das Lied. Die Endung -i steht für Verben (Zeitwörter) und so erhält man kanti, singen. Ferner heißt etwa mi kantas ich singe, mi kantis ich sang und mi kantos ich werde singen. Die Endung für die Gegenwartsform ist also ein angefügtes -as, für die Vergangenheit -is und für die Zukunft -os. Das Deutsche hingegen verändert flektierend in diesem Fall den Stammvokal in singen von i zu a (sang). Siehe: Ablaut.

Esperanto benötigt neben dem Nominativ nur den Akkusativ, um Objekte im Satz besser von Subjekten unterscheiden zu können. Grammatische Geschlechter (etwa: der Baum, die Nacht, das Haus) gibt es im Esperanto nicht. Generell bemüht sich die Sprache um größtmögliche Regelmäßigkeit und Einfachheit, was ihr aber nicht immer gelingt.

Das Vokabular entstammt verschiedenen europäischen Sprachen, vornehmlich den romanischen Sprachen, der deutschen, englischen und mit einigen Wörtern den slawischen Sprachen und der griechischen. Die Schreibweise ist phonematisch, das heißt, dass jedem Buchstaben nur ein Phonem (Grundlaut) zugeordnet ist.

Es hat sich gezeigt, dass Esperanto einfacher zu erlernen ist als viele andere Sprachen. In den über hundert Jahren seiner Existenz hat sich Esperanto in einigen Bereichen wie eine natürlich entstandene Sprache weiterentwickelt – neue Wörter erscheinen durch Gebrauch in der Alltagssprache und werden in der Folge durch Wörterbücher erfasst und somit akzeptiert. So sind Texte aus den frühen Jahren des Esperanto auch heute noch lesbar, jedoch kann man an einzelnen Stellen einen leichten Sprachwandel erkennen.

Die eigentliche wissenschaftliche Beschäftigung mit Esperanto nennt man Esperantologie, die ein Teilbereich der Interlinguistik ist.

Gebärdensprache

Auf der Basis von Esperanto und der Plangebärdensprache Gestuno wurde Signuno, welches als Lautsprachbegleitendes Gebärden auf der Basis von Esperanto eingesetzt wird, entwickelt. Das Signuno beinhaltet auch ein entsprechendes Fingeralphabet, mit der alle Sonderzeichen des Esperanto dargestellt werden können.

Esperantosprachige Literatur

Antoni Grabowski

Bei der esperantosprachigen Literatur unterscheidet man meist zwischen Übersetzungen und original auf Esperanto verfassten Werken.

Die ersten längeren Texte im Esperanto waren Übersetzungen von Werken der Weltliteratur, mit denen die frühen Literaten (neben Zamenhof u.a. Grabowski u. Kabe) die Tauglichkeit der jungen Sprache erproben wollten. In seiner ersten Broschüre von 1887 veröffentlichte Zamenhof zwei Gedichte von Heinrich Heine und den Beginn des 1. Buch Mose (Genesis). Nach mehreren Novellen und Theaterstücken vor allem von bekannten deutschen und russischen Autoren erschien 1894 die Übersetzung des Hamlet von Shakespeare. Als Meilenstein und geradezu "Taufe" der Sprache wurde 1926 die Veröffentlichung der gesamten Bibel gesehen, wobei Zamenhof als Jude nur das Alte Testament selbst übersetzt hatte, während das Neue Testament von englischen Esperantisten stammte.

Heutzutage liefert der Esperanto-Buchmarkt nicht nur die so genannte Weltliteratur, sondern auch Übersetzungen von international weniger bekannter Literatur, gerade auch aus "kleinen" Sprachen. Da Übersetzungen moderner Literatur ins Esperanto meist von Muttersprachlern der Ausgangssprache angefertigt werden, und nicht, wie sonst bei Übersetzungen üblich, von Muttersprachlern der Zielsprache, tragen Übersetzungen ins Esperanto oft die Stilmerkmale der Originalsprache deutlicher als Übersetzungen in andere Sprachen.

Der erste original in Esperanto verfasste Roman erschien 1907, wird aber gemeinhin als literarisch nicht sehr wertvoll angesehen. Er wurde von einem Franzosen verfasst und enthält auch viele typische grammatische Fehler eines Franzosen. Erst in den 1920er Jahren kam es zu einem Aufschwung der Originalliteratur, unter anderem mit den Ungarn Kálmán Kalocsay und Julio Baghy. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte die so genannte Schottische Schule Furore, unter anderem mit William Auld. Heutige "Stars" in der Esperanto-Literaturszene sind beispielsweise der Satiriker Jorge Camacho aus Spanien, die Kroatin Spomenka Stime'c und der Ungar István Ertl. Als die Grande Dame der Esperanto-Literatur gilt die Engländerin Marjorie Boulton.

In der Sparte der Sachbücher ist naturgemäß vor allem das Thema Sprachwissenschaft entwickelt. Exemplarisch genannt seien hier der britische Phonetikprofessor John Wells (u. a. Lingvistikaj aspektoj de Esperanto) und der eher essayistisch schreibende schweizer Sprachmittler und Psychologe Claude Piron (La bona lingvo). Auch der französische Linguist und Religionshistoriker Gaston Waringhien ist mit zahlreichen Aufsätzen und Essays in diesem Themenbereich hervorgetreten (er war ferner Mitautor des umfassenden grammatischen Werkes Plena Analiza Gramatiko), die jedoch teilweise deutlich kritikwürdig sind. Im Bereich Geschichte gehören der Schweizer Edmond Privat, der Deutsche Ulrich Lins (Die gefährliche Sprache) und der Japaner Ito Kanzi zu den wichtigsten Autoren. Der inzwischen in Südkorea lebende Schwede Bertil Wennergren verfasste eine populäre Internet-Grammatik, die eine besonders leicht fassliche Darstellung bietet.

Teil der Esperanto-Literatur sind auch die Zeitschriften der Sprachgemeinschaft; hier kann nur eine kleine Auswahl präsentiert werden. Eine besondere Stellung hat die monatlich erscheinende Esperanto, nicht nur als Organ des Welt-Esperantobundes UEA, sondern auch wegen ihres Alters: sie erscheint seit 1905, mit nur kurzen Unterbrechungen während der beiden Weltkriege. Die UEA gibt ferner für Jugendliche die kulturelle Zeitschrift Kontakto heraus (und weitere Periodika und Schriftenreihen). Wichtig sind auch die in Antwerpen erscheinende Monato, die sich den deutschen Spiegel zum Vorbild genommen hat, und das Literaturmagazin Fonto aus Brasilien. Historisch bedeutsam sind Heroldo de Esperanto, 1920 von dem Rheinländer Teo Jung gegründet, und die Budapester Literaturzeitschrift Literatura Mondo. Nur im Internet gibt es Libera Folio (seit 2003), die sich kritisch mit den aktuellen Vorgängen der Esperanto-Welt auseinandersetzt. Darüber hinaus haben die meisten Esperanto-Landesverbände (in Deutschland: Esperanto aktuell des Deutschen Esperanto-Bundes) ihr eigenes Organ, ebenso die Fachverbände.

Zu den wichtigsten Esperanto-Verlagen gehören derzeit der Welt-Esperanto-Bund UEA, der Flämische Esperanto-Bund FEL, das Internationale Esperanto-Museum in Wien und KAVA-PECH in Prag.

Regelmäßige Radiosendungen auf Esperanto kommen unter anderem aus Peking, Warschau und der Vatikanstadt.

Im Jahre 1993 wurde übrigens eine Esperanto-Abteilung im Internationalen PEN-Club aufgenommen.

Sprachregulierung

Die Akademio de Esperanto beobachtet die Sprachentwicklung und gibt von Zeit zu Zeit Empfehlungen ab.

Kritik

Oft wird Esperanto als "leichter" oder "schneller erlernbar als alle Nationalsprachen" dargestellt. Unerwähnt bleibt dabei häufig, dass es eine recht große Zahl von Menschen gibt, die teilweise schon vor Jahren begonnen haben, Esperanto zu lernen, und seitdem in der Esperanto-Bewegung aktiv sind, die aber bis auf "Guten Tag" und "Auf Wiedersehen" keinen Satz in Esperanto zusammenbringen. Diese "eternaj komencantoj" ("ewige Anfänger") hat schon der Esperantoschriftsteller Julio BAGHY in einem satirischen Gedicht Estas mi Esperantisto aufs Korn genommen: «Bonan tagon! Ĝis revido!» Ĝi sufiĉas por ekzisto. Daneben gibt es die große Gruppe derjenigen Esperantisten, die sich zwar einigermaßen verständlich machen können, die aber kaum einen Satz ohne grammatische Fehler produzieren können. Diese Gruppe stellt den größten Anteil der Esperantosprecher. Die Zahl derjenigen, die Esperanto einigermaßen fehlerfrei beherrschen, dürfte also deutlich unter der normalerweise angegebenen Sprecherzahl liegen.

Dieses Problem wird manchmal auch in internen Esperantoforen thematisiert. So schrieb das Mitglied der [Akademio de Esperanto] Bertil WENNERGREN am 16. Juni 2005 in der Newsgroup soc.culture.esperanto:

Nach meinem Eindruck vom Zustand der Esperanto-Wikipedie, ist es notwendig, sich viel, viel weniger um die Materialmenge zu kümmern, und sehr viel mehr damit zu beginnen, für Qualität zu sorgen, besonders für sprachliche Qualität. Sie ist zur Zeit erschreckend gering.
Ich habe schon aufgehört, dort mitzuarbeiten, weil ich nicht mehr die Kräfte habe, gegen die Lawine schlechter Sprache und schlechten Inhalts zu arbeiten. Es war, als ob man allein einen Boden sauber macht, während gleichzeitig zwanzig andere den selben Boden mit Feuereifer mit Scheiße bespritzen...

Wennergren weist auch auf ähnliche Bedenken des Nutzers "Kunar" hin (vormals Vorsitzender der Deutschen Esperanto-Jugend e. V.), der folgendes vorschlägt:

http://www.livejournal.com/users/kunar/2005/03/16/

Und da kam mir die rettende Idee: Wenn man einen Artikel in der (Esperanto-)Wikipedie schreiben will, erscheint zuerst eine Seite mit einem Esperantotext, in dem einige Endungen und Präpositionen fehlen. Statt ihrer erscheinen Eingabekästchen. Der Schreiber muss sie ausfüllen -- oder auch nicht, weil manchmal einfach nichts fehlt. Wenn nun alles richtig beantwortet ist, darf man mit dem Redigieren fortfahren. Wenn nicht, erscheint ein Verweis zu verschiedenen Sprachkursen für Anfänger und Fortgeschrittene. Durch dieses Vorgehen zeigt man nicht nur jeder Person eine passende Aufgabe, je nach Sprachniveau, sondern zeigt vielleicht auch einigen langjährigen Aktiven, dass ihre Sprachkenntnisse verbessert werden könnten...

Noch am selben Tag nahm auch der angesehene finnische Esperantist Jouko LINDSTEDT in soc.culture.esperanto zu dem Problem Stellung:

Die Erfahrungen sowohl in der Wikipädie als auch bei Gxangalo bewiesen, dass, wenn man schließlich beginnt, ein etwas komplexeres Projekt mit etwas höheren Anforderungen in Esperanto zu realisieren, uns die Arbeitskraft mit genügendem Sprachniveau fehlt. Beide Websites frustrieren, sie betrüben mich.
Von Zeit zu Zeit beginne ich an der tatsächlichen Bedeutung der gelobten Einfachheit des Esperanto zu zweifeln. Im Netz gibt es viel schlechtes Englisch, aber das derzeitige schlechte Esperanto ist keine wirkliche Alternative dazu. Wahrscheinlich stimmt es, dass ein Nicht-Muttersprachler gute Sprachkenntnisse einfacher in Esperanto erreicht als im Englischen, aber für die große Mehrheit scheint weder das Eine noch das Andere bedeutend.
Die Gründe für schlechtes Esperanto sind hauptsächlich zweierlei: 1. Es gelingt einem nicht, sich vom Einfluss der Muttersprache zu befreien (und oft auch des Englischen). 2. Obgleich Esperanto relativ einfach ist, vergeudet man diesen Vorteil, indem man genau so viel weniger Mühe ins Erlernen investiert.

Auch einzelne Eigenschaften des Esperanto sind in der Vergangenheit kritisiert worden:

  • Während man früher vor allem nichtromanische Wortstämme beanstandete (z. B. aus dem Deutschen oder Russischen), bemängelt man heute gerade einen Eurozentrismus.
  • Die Sprache sei androzentrisch (männerzentriert), da Verwandtschaftsbezeichnungen ohne weibliche Endung als männlich anzusehen seien. Berufsbezeichnungen, Tiere etc. sind geschlechtsneutral.
  • Da die Personalpronomen sich ähneln (mi, vi, li usw.), können akustische Missverständnisse entstehen. Das gleiche Problem betrifft die so genannten "Tabellwörter", zu denen die meisten sonstigen Pronomen gehören. Die Verwechslungsmöglichkeit von ses (6) mit sep (7) wird im Funk- und Radioverkehr durch die Ersatzwörter sis (6) (aus dem Ido) und sepen (7) gelöst.
  • Vielfach kritisiert wurden die "Sonderzeichen", eine kleine Gruppe von Buchstaben mit Zirkumflex (^): ĉ, ĝ, ĥ, ĵ, ŝ, ŭ. Zur Zeit des Bleisatzes waren diese noch kein großes Problem, doch im Computerzeitalter fehlen sie bis heute in den meisten Zeichensätzen. Doch gibt es Ersatzschreibweisen (wie ch, cx oder c: usw.).
  • Einen wichtigen Punkt sprach der bekannte russische Phonologe Nikolai Sergejewitsch Trubezkoi an. Er wies auf diejenigen Phoneme (Laute) im Esperanto hin, die von Sprechern einiger Sprachen leicht verwechselt werden können: b und p, d und t, tsch und dsch usw. Dagegen wird so argumentiert: Würde man allerdings aus dem Esperanto alle Laute entfernen, die in irgendeiner Sprache der Welt leicht verwechselbar sind, bliebe nicht viel Lautmaterial für eine Sprache übrig.
  • Die Namen von Monaten und Wochentagen sind unnötig. Es reicht, diese zu nummerieren, wie das im Chinesischen der Fall ist.
  • Die an europäischen Sprachen orientierte Grammatik bereitet außereuropäischen Anfängern Schwierigkeiten. Selbst Menschen mit englischer Muttersprache haben schon Schwierigkeiten, z.B. den Akkusativ zu verstehen. Das gilt um so mehr für außereuropäsische Völker.
  • Die Konsonantenhäufung des Esperanto, die oft aus der deutschen oder den slawischen Sprachen entnommen ist, bereitet Völkern wie den Japanern, die hauptsächlich die Form Konsonant-Vokal kennnen, ungemeine Schwierigkeiten bei der Aussprache.
  • Manche Kritik bleibt unverständlich. So wendete sich der Brasilianer Pablo Ronai gegen das Wortbildungssystem des Esperanto, weil dadurch zu ähnliche Wörter entstünden. Dies untermauert er jedoch mit Wörtern (politico und politica), die es im Esperanto gar nicht gibt.

Die meisten Kritikpunkte gelten für viele anderen Plansprachen und auch natürlichen Sprachen. Sie sollten manche allzu begeisterte Esperanto-Anhänger aber davon abhalten, ihre Sprache leichtfertig als "perfekt" zu bezeichnen. Vom Gesichtspunkt der Praxis aus sagte der französische Sprachwissenschaftler Antoine Meillet wiederum, dass alle theoretische Diskussion überflüssig sei - Esperanto habe bewiesen, dass es funktioniert. Das trifft allerdings auch auch viele andere Plansprachen zu.

Metaphorischer Gebrauch von "Esperanto"

Metaphorisch gebraucht man das Wort Esperanto manchmal auch, um etwas Internationales, Vermittelndes oder Gemischtes anzudeuten - beispielsweise: Java, das "Esperanto" der Computersprachen.

Dies kann häufig auch irreführend sein. Ein Beispiel stellt der Ausdruck Esperanto-Währung für den Euro dar: Der Euro wurde geschaffen, um andere Währungen abzuschaffen; den meisten Esperantisten hingegen lag nichts daran, die bestehenden Nationalsprachen anzutasten.

Literatur

  • Detlev Blanke: Internationale Plansprachen. Eine Einführung, Berlin: Akademie-Verlag 1985
  • Pierre Janton: Einführung in die Esperantologie, Hildesheim: Olms, 2. Auflage 1993
  • Erich-Dieter Krause: Wörterbuch Deutsch-Esperanto, Enzyklopädie, Leipzig, 1983
  • Erich-Dieter Krause: Kompaktwörterbuch Esperanto (Deutsch-Esperanto, Esperanto-Deutsch), 2., erw. Auflage 1995, Langenscheidt, ISBN 3-324-00607-4
  • Erich-Dieter Krause: Großes Wörterbuch Esperanto-Deutsch, Hamburg: Buske, 1999 - ISBN 3-87548-193-3
  • Ulrich Lins: Die Gefährliche Sprache – Die Verfolgung der Esperantisten unter Hitler und Stalin, Bleicher Verlag, Gerlingen-Stuttgart 1988 ISBN 3-88350-023-2#
  • Herbert Mayer: Grundwortschatz Esperanto, Wien: Pro Esperanto, 1992
  • Benoît Philippe: Sprachwandel bei einer Plansprache am Beispiel des Esperanto, Konstanz: Hartung-Gorre, 1991
  • Klaus Dahmann, Thomas Pusch: Esperanto Wort für Wort, Kauderwelsch Band 56, 1998, ISBN 3-89416-246-5 (Sprachführer mit Grammatik und Wortliste)

Siehe auch

Kategorie:EsperantoAkademio de Esperanto - Esperanto (Grundlagen)Esperanto-AlphabetEsperanto-Hymne - Esperanto-RechtschreibungEsperanto-KulturEsperantujoEuropanto - Europe - Démocratie - EspérantoHomaranismo - Kurso de Esperanto - Vortaro

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