Heinrich Ratjen

Dora Ratjen (* 20. November 1918 in Bremen; † 22. April 2008[1]; eigentlich Horst Ratjen; weitere Namen: Heinrich, Heinz, Hugo, Herrmann) war ein deutscher Leichtathlet, der 1936 an den Olympischen Spielen in Berlin am Hochsprungwettbewerb der Damen teilnahm. Dort wurde er mit der Höhe von 1,58 Meter hinter der Ungarin Ibolya Csák, der Britin Dorothy Odam und seiner Mannschaftskollegin Elfriede Kaun Vierter. Dora Ratjen ersetzte nicht wie oft behauptet Gretel Bergmann, sondern qualifizierte sich auf Grund sportlicher Leistungen für Olympia.
Leben
Angaben über Ratjens Biographie sind spärlich und zum Teil widersprüchlich, lediglich in Berichten der Sektion für Sexualmedizin des Universitätsklinikums Kiel liegen Aussagen aus den Jahren 1938 und 1939 vor. Am 22. September 1938 gab Vater Heinrich Ratjen der Polizei zu Protokoll, dass seit der Geburt die äußeren Geschlechtsorgane einem Geschlecht nicht eindeutig zuordbar waren.
Da die Eltern jedoch den Angaben der Hebamme trauten, dass das Geschlecht weiblich sei, trug Ratjen fortan Mädchenkleidung, las Mädchenbücher und verrichtete Mädchenarbeit. Im Jahre 1934 trat Ratjen beim Sportverein Komet Bremen ein und arbeitete nach der Schule in einer Tabakfabrik. Ratjen gehörte bald zu den Besten in der Disziplin Hochsprung und gehörte 1934 als niedersächsische „Gaumeisterin“ zu den leistungsstärksten deutschen Kandidaten für die Olympischen Spiele.
Erst zwei Jahre nach den Olympischen Spielen wurde Ratjen bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Wien, bei denen erstmals Frauen zugelassen waren, mit der neuen Weltrekordhöhe von 1,70 Meter Europameisterin. Auf der Rückreise stellte ein Magdeburger Polizeiarzt fest, dass Ratjen männliche Genitalien hatte, aber durch einen Narbenstrang seit der Geburt eine anatomische Abweichung besaß. Ratjen wurde der Rekord aberkannt, neue Europameisterin wurde die Olympiasiegerin Csák. Das Reichsfachamt Leichtathletik (Vorläufer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes) entzog Ratjen das Startrecht bei internationalen Wettbewerben. Die Begründung lautete offiziell „Verstoß gegen das Amateurstatut“. Am 10. März 1939 wurde das Ermittlungsverfahren gegen Ratjen von der Staatsanwaltschaft Magdeburg eingestellt: „Der Tatbestand des Betruges entfällt, weil die Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht festgestellt werden kann“.
Literatur und Filme
- Berno Bahro/Jutta Braun: Berlin '36: Die unglaubliche Geschichtze einer jüdischen Sportlerin im "Dritten Reich", Berlin 2009, ISBN 978-3866500372
- Berlin '36 - Die wahre Geschichte einer Siegerin (Deutschland 2009), Regie Kaspar Heidelbach, Darsteller der Dora Ratjen ist Sebastian Urzendowsky
Einzelnachweise
- ↑ Gunnar Meinhardt: „Die unglaubliche Geschichte der Gretel Bergmann“, in: Die Welt, 20. August 2009
Siehe auch
Weblinks
- Skandal um Dora: Bericht in der Rubrik einestages bei Spiegel Online
Personendaten | |
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NAME | Ratjen, Dora |
ALTERNATIVNAMEN | Ratjen, Horst (eigentlicher Name); Ratjen, Heinrich; Ratjen, Hugo |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Leichtathlet |
GEBURTSDATUM | 20. November 1918 |
GEBURTSORT | Bremen |
STERBEDATUM | 22. April 2008 |