Schächten
Unter Schächten oder Shechita (hebr. šahat = schlachten) versteht man das rituelle Schlachten von Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam. Bezweckt wird das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres, da der Genuss von Blut z.B. im Judentum verboten ist. Die Tötung erfolgt unbetäubt mittels eines speziellen Messers mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite, in dessen Folge die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre eröffnet werden. Es ist Teil des jüdischen und des moslemischen Ritus.
Hintergrund

Die Torah gibt dem Leben eine hohe Bedeutung: alles Leben ist heilig. Daher soll auch allem Leben mit entsprechendem Respekt begegnet werden. Schlachten heißt aber nun, ein Leben zu nehmen! Aus Achtung vor dem Leben, soll daher dem zu schlachtenden Tier u.a. so wenig Schmerz wie möglich zugefügt werden. Dementsprechend hoch sind die Ansprüche an den Schlachter und sein Werkzeug: Der Schlachter selbst muss eine vollständige und gute Ausbildung genossen haben, die alle (sowohl "praktischen" als auch "geistigen") Aspekte seiner Arbeit umfasst. Das Schlachtmesser muss scharf wie eine gute Rasierklinge sein und darf keinerlei Scharten o.ä. aufweisen. Wer sich schon einmal mit einer Rasierklinge geschnitten hat, weiß sicher: Den Schmerz eines solchen Schnittes merkt man erst, wenn z.B. Seife, Wasser oder Alkohol (Rasierwasser o.ä.) mit dem Schnitt in Berührung kommt. Bei einem weniger scharfen Gegenstand verursacht das Reissen z.B. einer Scharte den Schmerz.
Auch der Schlachtprozess selbst ist festen Regeln unterworfen. Selbstverständlich ist die erste Voraussetzung, dass es sich auch um ein koscheres Tier handelt - andernfalls kann das Fleisch letztendlich auch nicht koscher sein. Mit einem einzigen Schnitt ist nun die Kehle zu durchschneiden, wobei beide Halsschlagadern, beide Halsvenen, die Luftröhre, die Speiseröhre sowie beide Vagus-Nerven durchtrennt werden müssen. Diese Technik führt für gewöhnlich den Tod binnen 3-4 Sekunden herbei (bei anderen Schlachtmethoden dauert es für gewöhnlich mehrere Minuten). Das Tier muss vollständig ausbluten, da der Genuss von Blut gemäß Kashrut verboten ist.
Shechita beschreibt nicht allein den Prozess der Schlachtung selbst, sondern auch die anschließende Kontrolle des Tieres und des Fleisches. So müssen im Judentum z.B. alle Blutrückstände beseitigt werden, was gewöhnlich durch Waschen und Salzen geschieht. Außerdem müssen Fleisch und Organe auf eventuelle Unregelmäßigkeiten (z.B. Krebsgeschwüre) untersucht werden, welche das Fleisch treif, d.h. nicht koscher, machen würden. Im Islam gelten teilweise andere Regeln für die "Nachbearbeitung" des Fleisches.
Ausnahmen
Fisch unterliegt nicht dem Gesetz von Shechita. Der Talmud lehrt dies im Traktat Chullin 27b, und auch der Schulchan Aruch geht auf diesen Sachverhalt im Abschnitt Hilchot Shechita 1 ein. Hier ist nur der Fakt entscheidend, dass es sich um eine von der Torah als koscher genannte Fischart handelt.
Rechtslage
Das Schächten ist vom Standpunkt des Tierschutzes umstritten. Die Seite der Befürworter dieser Methode argumentiert, dass es nur durch den Schächtschnitt ein komplettes Ausbluten des Tieres sichergestellt sei, und da es zu einem schlagartigen Abfall des Blutdrucks und damit der Sauerstoffversorgung des Gehirns komme, sofortige Bewusstlosigkeit ohne nennenswerten Schmerzen eintrete. Die Gegner des Schächtens bezweifeln dies, da die Blutversorgung des Gehirns auch durch nicht durchtrennte Gefäße im Bereich der Wirbelsäule und des tiefen Nackens erfolgen kann. Eine sofortige Bewusstlosigkeit sei daher nicht gegeben. Ein korrekt geschächtetes Tier wird keine äußeren Anzeichen eines Todeskampfes zeigen, es ist aber umstritten, inwieweit daraus auf seine inneren Empfindungen geschlossen werden kann. Das Schächten lässt sich jedenfalls kaum industrialisieren, mit den Abläufen an großtechnischen Schlachthöfen ist es kaum vereinbar.
Schächten ist in Deutschland grundsätzlich nicht gestattet, da das Tierschutzgesetz das Schlachten von Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung untersagt (Generalverbot mit Ausnahmeerlaubnisvorbehalt - §§ 4ff TierSchG). Wer von dieser Vorschrift ohne Aussnahmegenehmigung abweicht, macht sich strafbar oder begeht mindestens eine Ordnungswidrigkeit, was auch zu einem Berufsverbot oder einem Verbot des Umgangs mit Tieren führen kann (§§ 17ff TierSchG). Aus religiösen Gründen können Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Lange Zeit wurden Juden diese Genehmigungen meist erteilt, Muslimen dagegen meist nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 15. Januar 2002, sog. Schächturteil) muss wegen der nach Art. 4 Grundgesetz verfassungsmäßig uneingeschränkt gewährten Religions- und Glaubensfreiheit auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden können, sofern das Fleisch des getöteten Tieres von Personen verzehrt wird, denen zwingende religiöse Vorschriften den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere verbieten. Dies kann die Religionsgemeinschaft jedoch weit gehend selbst definieren, ohne sich etwa einer gutachterlichen Prüfung von Außen aussetzen zu müssen. Das Schächten muss jedoch von einer sachkundigen Person in einem zugelassenen und registrierten Schlachtbetrieb erfolgen und ist vom zuständigen Veterinäramt zu überwachen.
In der Schweiz ist das Schächten verboten. In Dänemark, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Österreich, Spanien, Großbritannien und Irland ist es erlaubt.
Literatur
- Rupert Jentzsch: Das rituelle Schlachten von Haustieren in Deutschland ab 1933. Recht und Rechtsprechung. Dissertation, Hannover 1998
- Richard Potz (Hrsg.): Schächten. Religionsfreiheit und Tierschutz. Plöchl, Freistadt 2001, ISBN 3-901407-22-7
Weblinks
- Parshas Sh'mini 5756 (engl.)
- Shechita FAQ (engl.)