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Charles Babbage

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Charles Babbage

Charles Babbage (* 26. Dezember 1791 in Walworth, Grafschaft Surrey, England; † 18. Oktober 1871 in London) war ein englischer Mathematiker, Philosoph, Erfinder und Politischer Ökonom.

Leben

Der aus zwei alten Familien aus Devonshire stammende Babbage begann im Jahr 1810 ein Studium am Trinity College in Cambridge; Schwerpunkte waren Mathematik und Chemie. 1812 gründete er zusammen mit John Herschel die Analytical Society, deren Ziel die Reformierung der britischen Mathematik und die Verbreitung fortschrittlicher Methoden vom europäischen Festland (wie etwa des Leibnizschen Differentialkalküls) ist. 1814 machte er seinen Abschluss am Peterhouse-College in Cambridge. Am 2. Juli desselben Jahres heiratete er Georgiana Whitmore.

Porträt-Gravur

Im Jahre 1815 hielt Babbage eine Vorlesungsreihe über Astronomie an der Royal Institution, am 14. März 1816 ernannte man ihn für seine Verdienste auf dem Gebiet der Mathematik zum Mitglied der Royal Society und 1817 erreichte er den Magister der Philosophie. 1820 wurde er auch zum Fellow der Royal Society of Edinburgh. Im gleichen Jahr gründete Babbage zusammen mit John Herschel und George Peacock die Royal Astronomical Society, deren Schriftführer er bis 1824 wurde. Erster Präsident wurde Sir William Herschel.

Bis 1822 hatte Babbage ein funktionierendes Modell einer Rechenmaschine fertiggestellt, mit Unterstützung der britischen Regierung begann 1823 die Arbeit an der difference engine no.1.

1826 veröffentlichte Babbage eine Schrift, in der er das Geschäft mit Lebensversicherungen mit Hilfe von Sterbetabellen auf eine statistische Grundlage stellte.

Nach dem Tod des Vaters Benjamin Babbage (1753-1827) (wodurch Charles Babbage zu einem Erbe kam, welches ihm für den Rest seines Lebens ein sicheres Auskommen garantierte), zweier Söhne und der Ehefrau innerhalb von sieben Monaten trat er 1827 eine einjährige Europareise durch die Niederlande, Deutschland, Österreich und Italien an. Unter anderem bestieg er dabei den Krater des damals aktiven Vesuvs, traf mehrere Mitglieder der Familie Bonaparte, untersuchte den Serapistempel in Pozzuoli und besuchte Alexander von Humboldt in Berlin. Nach seiner Rückkehr war er bis 1834 politisch aktiv und unterstützte mit mäßigem Erfolg mehrere liberale Lokalpolitiker.

Babbage wurde 1828 Professor für Mathematik am Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Cambridge (bis 1839), hielt aber keine Vorlesungen. 1831 gründete er die British Association for the Advancement of Science aus Unzufriedenheit mit dem Zustand der Royal Society.

Sein Buch On the Economy of Machinery and Manufactures erschien 1832. Dieses ist eine Analyse der Technologie und Organisation des Industriekapitalismus seiner Zeit, in der er unter anderem über die Senkung von Lohnkosten durch die Aufspaltung eines Arbeitsprozesses in unterschiedlich anspruchsvolle Teilprozesse schrieb, was heute auch als „Babbage-Prinzip“ bekannt ist. Im selben Jahr wurde ein erstes Modul der difference engine aus etwa 2.000 von insgesamt projektierten 25.000 Teilen durch den Feinmechaniker Joseph Clement fertiggestellt.

Im Jahr 1833 begann er die Arbeit an der analytical engine auf eigene Kosten. 1834 gründete er die Gesellschaft für Statistik in London.

1842 stellte die britische Regierung das Projekt difference engine no.1 endgültig ein, 1846 beendete Babbage die Entwicklung der analytical engine. Ab 1847 arbeitete er an detaillierten Plänen für eine difference engine no.2 (bis etwa 1849), die mit bedeutend weniger Bauteilen als no.1 auskam.

1854 gelang Babbage als Erstem die Entschlüsselung einer Vigenère-Chiffre, indem er beschrieb, wie man den passenden Schlüssel aus dem chiffrierten Text filtert. Er veröffentlichte sein Verfahren jedoch nie, so dass Wissenschaftler auf seine Erkenntnisse erst nach seinem Tod aufmerksam wurden.

1824 wurde er mit der Goldmedaille der Royal Astronomical Society ausgezeichnet. 1830 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt.

Zitate

Eines Abends saß ich in den Räumen der Analytischen Gesellschaft in Cambridge, den Kopf in einer Art Wachtraum auf den Tisch gestützt und eine Logarithmentafel aufgeschlagen vor mir. Ein anderes Mitglied kam in den Raum, sah mich im Halbschlaf, und rief: 'Babbage sag, wovon träumst du?', worauf ich erwiderte: 'Ich denke daran, dass all diese Tafeln (worauf ich auf die Logarithmen deutete) von einer Maschine berechnet werden könnten.'

Wissenschaftliches Werk

Babbage entwickelte mit der difference engine und der analytical engine zwei mechanische Rechenmaschinen, von denen er zu Lebzeiten zwar kein funktionstüchtiges Exemplar fertigstellen konnte, deren letztere aber als Vorläufer des modernen Computers gilt. Seine Interessen und Aktivitäten gehen aber weit über die Pionierleistung auf diesem Gebiet hinaus.

Seine unter dem Titel Economy of machinery and manufactures erschienene Analyse des Fabrikkapitalismus wurde eine wichtige Quelle für Karl Marx, der dieses Buch umfassend rezipierte. Nach Babbage ist das Babbage-Prinzip benannt, das sich mit Lohnkosten befasst.

Er stellte das Lebensversicherungsgeschäft auf eine mathematische Grundlage, beschäftigte sich mit Kryptologie, der Navigation von Unterwasserfahrzeugen und stellte eine Theorie zur Gletscherbildung auf. Zu seinen zahlreichen Erfindungen neben den Rechenmaschinen gehört auch der Augenspiegel (Ophthalmoskop), den er unabhängig von Helmholtz entwickelte, und ein an der Stirnseite von Lokomotiven befestigter Schienenräumer, der so genannte „Kuhfänger“. Ebenso erkannte er, dass die Breite des Jahresringes eines Baumes vom Wetter beeinflusst wird und somit Rückschlüsse auf das Klima vergangener Zeiten zulässt.

Differenzmaschine Nr. 1 von Charles Babbage von 1832 im Science Museum London.

Der Anlass zur Entwicklung von Rechenautomaten war für den Mathematiker Babbage die mangelnde Zuverlässigkeit numerischer Tabellen mathematischer Funktionen, die damals z. B. für die Schiffsnavigation erstellt wurden und bei deren Berechnung häufig Fehler auftraten. Er ging dieses Problem mit den Methoden der Industrialisierung an: Teilung der Arbeit in Einzelschritte (Algorithmisierung) und deren Übertragung auf Maschinen (Automatisierung). Er wusste durch die Verfahren des Franzosen Gaspard de Prony, der nach der Französischen Revolution beauftragt worden war, mathematische Tafeln im neuen Dezimalsystem zu berechnen, dass auch solche geistig-intellektuellen Aufgaben wie manuelle Tätigkeiten durch Arbeitsteilung effektiv organisiert werden können. Babbage nahm sich zum Ziel, auch den zweiten Schritt zu vollziehen und Maschinen zu konstruieren, die die Arbeitsschritte automatisch ausführen.

Die Entwicklung von Babbages Rechenmaschinen ist untrennbar verbunden mit der Leistung seiner engen Mitarbeiterin Ada Lovelace, die die Programmierung der Maschine zumindest theoretisch beschrieb und damit auch die erste Software vorausahnte.

Curiosa

Charles Babbages Difference Engine wurde zu seinen Lebzeiten nie fertig. Erst zwischen 1989 und 1991 wurde im Londoner Science Museum die Difference Engine No. 2 funktionsfähig nachgebaut. Später haben auch Bastler diese Maschine mit modernen, präzisen Spielzeugbausätzen wie Lego und Meccano nachgebaut.[1]

Babbage beschäftigte sich 1830 in „Reflections on the Decline of Science in England“ mit wissenschaftlichem Betrug. Er fasste zusammen, wie Forschungsresultate geschönt werden mittels

  • Trimming: Nivellieren von Unregelmäßigkeiten
  • Cooking: Zitieren von Ergebnissen, die zu einer Theorie passen; Weglassen von Ergebnissen, die der Theorie widersprechen
  • Forging: Erfinden aller Forschungsergebnisse, die in gängige Lehrmeinungen eingepasst oder auf ein erwünschtes Ziel hin dargestellt werden.

Charles Babbage vermachte sein Gehirn der Wissenschaft. Es ist heute in einem Glas neben dem Nachbau seiner Maschinen im Science Museum in London ausgestellt.

Schriften

  • A Comparative View of the Various Institutions for the Assurance of Lives, 1826
  • Reflections on the Decline of Science in England, London 1830, online bei Project Gutenberg (englisch)
  • Economy of machinery and manufactures, London 1832, online bei Project Gutenberg (englisch)
    • deutsche Ausgabe: Die Ökonomie der Maschine. Kulturverlag Kadmos, Berlin 1999 ISBN 3-931659-11-9
  • Passages from live of a Philosopher (Autobiographie), 1864
    • deutsche Ausgabe: Passagen aus einem Philosophenleben. Kulturverlag Kadmos, Berlin 1997 ISBN 3-931659-07-0

Literatur

  • Anthony Hyman: Charles Babbage, 1791-1871. Philosoph, Mathematiker, Computerpionier. Klett-Cotta, Stuttgart 1987 ISBN 3-608-93095-7
  • Joachim Wagner: Das Babbage-Prinzip. In: Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt), 11. Jg., Heft 12 (Dezember 1982), S. 588-590.

Einzelnachweise

  1. Difference Engines
Commons: Charles Babbage – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien