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Jeanne d’Arc

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Jeanne d'Arc (Place du Parvis, Reims)
Datei:Jeanne dArc.jpg
Jeanne d'Arc
Jeanne d'Arc (Basilika Bois-Chenu, Domrémy)

Johanna von Orléans (franz. Jeanne d'Arc), auch Die Jungfrau von Orléans bzw. geschichtlich korrekter Name Jehanne d'Arc, Jehann Tarc, Jehanne la Pucelle, (* 6. Januar 1412 in Domremy, Lorraine; † 30. Mai 1431 in Rouen) ist eine französische Nationalheldin und Heilige der Katholischen Kirche.

Während des Hundertjährigen Krieges führte sie die Franzosen gegen die Engländer. Nach einem Verrat wurde sie von den Burgundern gefangen genommen und an die mit ihnen verbündeten Engländer verkauft. Ein Kirchenprozess sollte sie diskreditieren. Unter dem Vorsitz des Bischofs von Beauvais, Pierre Cauchon, wurde sie wegen einiger Verstoße gegen die Gesetze der Kirche verurteilt und auf dem Marktplatz von Rouen auf einem Scheiterhaufen verbrannt. 1456 wurde die Ehre Jeanne d'Arcs in der selben Stadt durch einen Revisionsprozess wieder hergestellt.

Leben

Unterschrift

Jeanne d'Arc wurde in Domrémy als Tochter einer wohlhabenden Bauernfamilie (Jacques d'Arc und Isabelle Romée) während der zweiten Hälfte des Hundertjährigen Krieges zwischen Frankreich und England geboren. Im Hundertjährigen Krieg versuchte England, die Oberherrschaft über Frankreich zu erringen. König Karl VI. hatte seinen Sohn Karl VII., den „Dauphin“, enterbt und den Thron den Engländern zugesagt. Englische Truppen hatten den Norden des Landes bis zur Loire besetzt. Orléans, ein Schlüssel zur Überquerung des Flusses, war von John von Bedford eingekesselt.

Mit 13 Jahren hatte Jeanne d'Arc laut Gerichtsprotokoll ihre ersten Visionen. Damals soll ihr die heilige Katherina erschienen sein, später kamen der Erzengel Michael und die heilige Margareta hinzu. Von ihnen glaubte sie den Befehl erhalten zu haben, Frankreich von den Engländern zu befreien und den „Dauphin“ zum Thron zu führen. Die Erscheinungen wiederholten sich und 1428 verließ sie ihr Elternhaus.

Nach etlichen Anläufen erhielt sie vom Stadtkommandanten der Festung Valcoleurs, Robert de Baudricourt, am 19. Februar 1429 eine Eskorte, die sie zu Karl VII. nach Chinon begleiten sollte, das sie am 1. März 1429 nach beschwerlicher Reise erreichte. Sie wurde vom Dauphin empfangen. Sie überzeugte ihn, dass sie im Namen des Himmels gekommen sei, um Frankreich aus der misslichen Lage zu retten und sicherte ihm zu, dass er zum König von Frankreich in Reims gekrönt würde. In Poitiers ließ er sie drei Wochen lang von Geistlichen und hochgestellten Persönlichkeiten auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen und natürlich ihre Jungfräulichkeit untersuchen. Der Kronrat beschloss ihr eine Rüstung anfertigen zu lassen und stellte ihr eine kleine militärische Einheit zur Seite. Ihr erster Auftrag war es, einen Proviantzug nach Orléans durchzubringen. Am 29. April kam ihr Zug in die eingeschlossene Stadt. Die Truppen in Orléans wurden von dem Erfolg motiviert und ließen sich überzeugen einen Ausfall zu wagen. Am 7. Mai ritt Jeanne d'Arc vorneweg. Von einem Pfeil getroffen und vom Pferd geworfen blieb sie dennoch auf dem Feld. Das beeindruckte ihre Mitkämpfer und steigerte die Kampfbereitschaft des Heeres. Einen Tag später zogen die Engländer von der aussichtslos gewordenen Stellung ab. Im Juni 1429 waren die letzten Engländer aus den Burgen südlich der Loire unter der Mitwirkung Jeanne d'Arc vertrieben.

Am 17. Juli 1429 konnte der Dauphin wie von Jeanne d'Arc prophezeit in der Kathedrale von Reims als Karl VII. gekrönt werden; Jeanne nahm, mit der Siegesfahne neben dem Altar stehend, an der Feier teil. Der Ruhm Jeanne d'Arcs war nun auf dem Höhepunkt. Ihr Vater erhielt vom König als Zeichen der Dankbarkeit die Steuerfreiheit. Die königlichen Ratgeber unterminierten den Einfluss Jeanne d'Arcs. Immer wieder bat sie den König nach Paris vorstoßen zu dürfen - erst nach etlichen strategischen Fehlentscheidungen gab er im September 1429 ihrem Drängen nach. Der Versuch am 8. September 1429 misslang, Karl VII. wendete sich von ihr ab. Er wollte nun lieber Frieden schließen, entließ Teile der Armee und versagte ihr die Unterstützung in ihrem Bemühen, die Engländer restlos vom Festland zu vertreiben; die von Jeanne d'Arc dennoch betriebene Befreiung von Paris blieb erfolglos, sie selbst wurde verwundet.

Nach einem Verrat nahmen sie Burgundische Soldaten am 23. Mai 1430 gefangen und verkauften sie nach zwei Fluchtversuchen für 10.000 Franken an die Engländer. Diese übergaben Jeanne an die Katholische Gerichtsbarkeit in Rouen, wo sie „wegen ihres Aberglaubens, ihrer Irrlehren und anderer Verbrechen gegen die göttliche Majestät“ von der Inquisition gerichtet wurde. Drei Monate dauerte der Prozess unter dem Vorsitz des Bischofs von Beauvais, Pierre Cauchon, den Jeanne gegen die dialektisch und rhetorisch geschulten Kleriker ohne Beistand führte. (Beispiel: Auf die Fangfrage: „Johanna, seid Ihr gewiß, im Stande der Gnade zu sein?“ antwortet sie „Wenn ich es nicht bin, möge mich Gott dahin bringen, wenn ich es bin, möge mich Gott darin erhalten!“. Hätte sie behauptet im Stande der Gnade zu sein, wäre ihr das als ketzerische Anmaßung ausgelegt worden, hätte sie es geleugnet, so hätte sie ihre Schuld zugegeben.) Trotz ihres erstaunlich gewandten und verständigen Auftretens verstrickte sich die 19-jährige letztlich in Widersprüche; sie wurde zum Eingeständnis ihrer Schuld gebracht - möglicherweise auch aus Enttäuschung, dass die von „ihren Stimmen“ versprochene Rettung nicht erfolgt war, woraufhin sie am 24. Mai 1431 zu lebenslangen Kerker verurteilt wurde.

Möglicherweise nach einer Vergewaltigung legte sie erneut Männerkleidung an. Ihr wurde vier Tage später erneut der Prozess gemacht und das endgültige Urteil gefällt: Verbrennung als „notorisch rückfällige Ketzerin“ auf dem Marktplatz von Rouen auf dem Scheiterhaufen. Am nächsten Morgen, dem 30. Mai 1431 wurde sie verbrannt und ihre Asche im Fluss (Seine) verstreut.

Zitat

„Von der Liebe oder dem Hass, den Gott für die Engländer empfindet, weiß ich nichts, aber ich weiß, dass sie aus Frankreich geworfen werden, außer denjenigen, die hier sterben.“
„Ich schwöre, die Wahrheit zu sagen auf Fragen nach meiner Herkunft und nach allem, was ich tat, seit ich nach Frankreich kam. Was aber meine göttlichen Offenbarungen angeht, so habe ich darüber nie gesprochen, noch sie irgend jemandem außer Karl, meinem König, anvertraut. Und wollt Ihr mir den Kopf abschlagen, so würde ich nicht davon reden können, denn meine Stimmen haben es mir untersagt.“
- Jeanne d'Arc bei ihrem Prozess (15. März 1431)

Nachleben

Datei:Eglise Sainte Jeanne dArc.jpg
Eglise Sainte Jeanne d'Arc von Rouen

Ihre Mutter bemüht sich darum, den Prozess neu aufzurollen. 24 Jahre später, am 7. November 1455 eröffnete Karl VII. vor dem Hintergrund veränderter politischen Verhältnisse in der Kathedrale Notre-Dame in Paris einen Rehabilitationsprozess. Am 7. Juli 1456 wurde das Urteil verkündet: Die vollständige Rehabilitierung - allerdings ohne diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die ihren Tod verursacht hatten. Der Vatikan hielt sich in der Frage um Schuld und Unschuld Jeanne d'Arcs Jahrhunderte lang zurück. Erst 1909 wurde Jeanne d'Arc durch Pius X. selig und am 16. Mai 1920 durch Benedikt XV. heilig gesprochen.

Jeanne wurde zum Stoff von Romanen, Theaterstücken und Gesängen, die teilweise in die Weltliteratur eingingen. Jeanne nannte sich selbst „la Pucelle“ („die Jungfrau“). Ihr Heimatort nennt sich heute danach Domrémy-la-Pucelle. Ihr Geburtshaus ist erhalten, daneben ist ihr ein Museum gewidmet. An ihrer Hinrichtungsstätte in Rouen steht heute ein Denkmal, daneben eine 1979 eingeweihte und nach ihr benannte Kirche.

Literatur

Die Gestalt der Jeanne d'Arc hat Schriftsteller über alle Jahre immer wieder fasziniert. Wichtige Darstellungen, die eine vielfältige Interpretation ihres Lebens darstellen, wurden von William Shakespeare (Heinrich VI.), Schiller (Die Jungfrau von Orleans) und George Bernard Shaw (Die Heilige Johanna) geschrieben. Jean Anouilh (L'Alouette, dt. Jeanne oder Die Lerche) stellt Jeanne als das Mädchen aus dem Volk dar, dessen Begeisterung die Mächtigen zum nationalen Widerstand zwingt.

Ähnlich interpretiert Bertolt Brecht diese Heldin. In (Die heilige Johanna der Schlachthöfe) überträgt er Jeannes Schicksal in seine Gegenwart. Hier erscheint sie als Aktivistin der Heilsarmee, die lernen muss, dass religiös motiviertes Mitleid nicht genügt, das Los der Arbeiter zu wenden. In "Die Gesichte der Simone Machard" versucht ein Mädchen, ihre Umgebung zum Widerstand gegen die deutschen Besatzer zu bewegen, genau wie Jeanne zum Kampf gegen die Engländer aufrief.

Samuel Clemens schrieb eine fiktive Autobiografie von Jeanne d'Arc - The Personal Recollections of Joan of Arc, dt.: Persönliche Erinnerungen an Jeanne d'Arc, 1896 - unter dem Pseudonym Sieur Louis de Conte. Normalerweise schrieb er unter seinem bekannteren Pseudonym Mark Twain. Der Aufklärer und Kirchenfeind Voltaire benutzte den Stoff, um in seinem Komischen Epos Die Jungfrau von 1739 eine Verhöhnung der Kirche vorzunehmen. Kritisch setzt sich auch Felix Mitterer in Johanna oder die Erfindung der Nation, 2002, mit der Person Johannas auseinander.

Musik

Schillers Tragödie Die Jungfrau von Orleans wurde von Giuseppe Verdi als Giovanna d'Arco (1845) vertont. Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Oper Orleanskaja dewa (1881) beruht auf einer sehr freien Bearbeitung von Schillers Tragödie.

Arthur Honegger bearbeitete den Stoff in seinem Oratorium Jeanne d'Arc au bûcher (deutsch Johanna auf dem Scheiterhaufen) von 1938.

Film

Die Geschichte Jeanne d'Arcs wurde oft verfilmt. Allein mit Ingrid Bergman gibt es zwei Versionen. Eine relativ geschichtstreue Version wurde 1999 von Ed Gernon und Christian Duguay (Regie) unter dem Namen "Jeanne D'Arc - Die Frau des Jahrtausends verfilmt. In den Hauptrollen spielen Leelee Sobieski als Jeanne D'Arc, Peter O'Toole als Bischoff Cauchon und Maximilian Schell als Le'Maitre. 1999 inszenierte Luc Besson eine eigenwillige Neuverfilmung. (Milla Jovovich spielte die Hauptrolle, John Malkovich war Karl VII.)

weitere:

Jeanne oder Jean d'Arc?

Heute kursieren wenig wahrscheinliche Gerüchte, nach denen Jeanne d'Arc eigentlich ein Mann mit weiblichem Aussehen war. Dies könnte an einem Defekt an den Geschlechtschromosomen gelegen haben. Dagegen sprechen die Untersuchung der Jungfräulichkeit durch die Mutter Karl VII. sowie die überlieferten Gerichtsprotokolle durch die Inquisition. Außerdem wäre es den Engländern wohl durchaus eine Freude gewesen, Jeanne d'Arc als einen Mann bloßzustellen.

Literatur

  • Colette Beaune: Jeanne d'Arc, Perrin - Paris 2004, 475 S., (franz.) ISBN 2-262-01705-0
  • Herbert Nette: Jeanne d'Arc in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlt : Reinbek bei Hamburg 1982, ISBN 3499502534.
  • Ruth Schirmer-Imhoff (Hrsg.): Der Prozeß Jeanne d'Arc. Akten und Protokolle 1431-1456, 4. Auflage, dtv : München 1987, ISBN 3423029099.
  • Heinz Thomas: Jeanne d'Arc. Jungfrau und Tochter Gottes. Berlin 2000.

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Französischer Link: