Geschichte Nordmazedoniens
Die "Makedonische Frage" im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts
Nach den erfolgreichen Unabhängigkeitsbewegungen der Griechen, Serbien und Bulgaren im 19. Jahrhundert verblieb die historische Region Mazedonien zwischen Ägäis und dem Gebirge Sar Planina weiterhin beim Osmanischen Reich. Nach dem Ende des Russisch-Türkischen Krieges (1878) wurde Mazedonien von den Großmächten auf dem im gleichen Jahr stattfindenden Berliner Kongress dem Osmanischen Reich wieder zugesprochen. Fortan erhoben alle Nachbarstaaten der Region Anspruch auf das Gebiet oder Teile davon und unterstützten gegen die Osmanen gerichtete Aufstandsbewegungen, versuchten aber auch die kulturelle Hegemonie über die christliche Bevölkerung zu erlangen. Griechen, Bulgaren und Serben errichteten zahlreiche Schulen, in denen ihre Sprachen unterrichtet wurden.
Die mazedonische Bevölkerung war ethnisch stark gemischt (Mazedonier, Griechen, Albaner, Aroumunen, Türken u.a.) und es hatte sich noch kein Nationalbewusstsein entwickelt. Nur kleine Minderheiten schlossen sich den Nationalbewegungen der Nachbarländer an.
1893 entstand die nationale makedonische Freiheitsbewegung Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation (IMRO, mazedonisch VMRO). In der IMRO wirkten aber auch Angehörige anderer Nationalitäten mit. 1903 kam es am St. Elias-Tag (maz. Ilin-den, daher Ilinden-Aufstand) zum Aufstand gegen die Türken und zur kurzlebigen makedonischen Republik Kruševo.
1912/13 führte der Balkan-Bund (Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro) Krieg gegen das Osmanische Reich um Makedonien und Thrakien (Erster Balkankrieg). Die Türkei musste ihre europäischen Besitzungen zum größten Teil aufgeben. Danachh entzündete sich der Streit um die Aufteilung der eroberten Gebiete. Dies führte noch 1913 zum zweiten Balkankrieg aus dem Bulgarien als Verlierer hervorging. Der größte Teil von Makedonien fiel danach an Griechenland (Ägäis-Makedonien, 34.603 km², 51,57 %) und Serbien (Vardar-Makedonien. Der nordöstliche Teil kam an Bulgarien (Pirin-Makedonien, 6.789 km², 10,11%).
Der an Griechenland gefallenene Teil Makedoniens war von Griechen (20%), Türken, Pomaken (bulgarischsprechenden Muslimen), Bulgaren, Mazedoniern (60%) und Ladino-sprechenden Juden bewohnt.
Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Im Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet heutigen Republik Mazedonien von Bulgarien, das mit Deutschland und Österreich-Ungarngegen Serbien und die Entente verbündet war, besetzt. 1918 wurden die Grenzen von 1913 wiederhergestellt. Der serbische Teil des Gebietes wurde Teil Jugoslawiens.
Im griechischen Teil wurden im Zuge des "Bevölkerungsaustausches" mit der Türkei 1923 350 000 vorwiegend türkische Muslime vertrieben und 565 000 griechische Flüchtlinge aus der heutigen Türkei, angesiedelt. 86 000 Slawen (Mazedonier und Bulgaren) wurden nach Bulgarien umgesiedelt. Infolgedessen ist diese Region heute in überwiegender Mehrheit griechisch bevölkert, wenngleich immer noch eine bedeutende mazedonische Minderheit dort lebt, die der griechische Staat allerdings nicht anerkennt. Viele Mazedonier wurden jedoch getötet oder zwangsassimiliert.
Mit dem Ziel eines sprachlich homogenen Nationalstaates wurde seit dem Ersten Weltkrieg die Hellenisierung durch Assimilation betrieben. Die slawischen Sprache wurde verboten und Orte umbenannt. Slawisch Sprechende waren oft Repressalien seitens der staatlichen Behörden ausgesetzt. Ihre Situation hat sich erst seit dem Beitritt Griechenlands zur EU etwas verbessert.
Im zum SHS-Staat (ab 1929 Jugoslawien) gehörenden Vardar-Mazedonien wurde die Serbisierung der Mazedonier betrieben. Das Gebiet wurde Südserbien genannt, seine slawischen Bewohner wurden offiziell als Serben angesehen. Im Untergrund existierte die IMRO als Terrororganistation weiter. Ihre Aktionen waren nun gegen die Serben gerichtet. Die IMRO war an der Planung des Attentats auif den jugoslawischen Königs Peter I. 1934 in Marseille beteiligt. Ab 1929 bildete das Gebiet des heutigen Mazedonien zusammen mit Teilen des südlichen Serbiens administrativ die Provinz Vardarska banovina.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde 1941 Mazedoniens von dem mit den Achsenmächten verbündeten Bulgarien okkupiert. Es begannen nun Versuche die Mazedonier zu bulgarisieren. Bald bildete sich eine antibulgarische Partisanenbewegung. Die jugoslawischen Kommunisten unter Josip Broz Tito anerkannten während des Krieges die eigenständige mazedonische Nation.
1945-1991
Nach der Befreiung wurde 1944 die Volksrepublik Mazedonien bzw. Sozialistische Republik Mazedonien als Teilstaat Jugoslawiens begründet. Die Existenz der makedonischen Nation ist heute ein Faktum, das nur von einigen Nationalisten in Bulgarien und Griechenland bezweifelt wird.
Seit 1991
Nach der Unabhängigkeitserklärung Mazedoniens (1991, Umsetzung 1992) kam es zu Unstimmigkeiten mit Griechenland über den Namen Mazedonien - im Hinblick auf die gleichnamige griechische Provinz Makedonien - und Symbole wie den Stern von Vergina. Die damalige Flagge Stern von Vergina wurde nicht als Staatssymbol anerkannt. Erst seit 1995 ist die jetzige Fahne als Staatssymbol bei der UNO anerkannt. Siehe auch:
Griechenland sah den Namen Mazedonien als historisch nicht gerechtfertigt an, da die alten Makedoner Dorer und damit im weiteren Sinne Griechen waren, die slawischen Mazedonier hingegen keine direkte Abstammung von diesen aufweisen könnten. Zusätzlich ist Tatsache, dass ein großer Teil des heutigen Staates "Mazedoniens" nie Teil der historischen Region Makedonien war, und die Bezeichnung Mazedonien in diesem Sinne wird als bulgarische und kommunistische Erfindung betrachtet.
Außerdem spielte Furcht vor einem eventuellen territorialen Anspruch auf die griechische Provinz Makedonien eine Rolle. F.Y.R.O.M. argumentiert, dass die Bezeichnung Makedonien mindestens seit dem 19. Jahrhundert für die ganze Region inklusive der heutigen Republik Mazedonien sowohl lokal als auch darüber hinaus üblich sei, und dass sich die slawisch-mazedonischen Bewohner der Region auch mindestens ebensolang als Makedonci bezeichnen.
International ist die Republik deshalb vorläufig als Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (engl. Former Yugoslav Republic of Macedonia) anerkannt und wurde unter dieser Bezeichnung auch 1993 in die UNO aufgenommen. Die meisten Staaten verwenden jedoch auch offiziell den Begriff Republik Mazedonien. Die UNO forderte Griechenland und F.Y.R.O.M. auf, zu einer friedlichen Einigung im Namenskonflikt zu finden. Die Verhandlungen wurden jedoch unterbrochen, da keine der Seiten besonderes Interesse daran zeigte.
Im Zuge dieses Konfliktes belegte Griechenland Mazedonien mit einem 18monatigen Handelsembargo. Das Land, welches sich gerade im Umbruch befand und traditionell wirtschaftlich stark von Serbien und Griechenland abhängig ist, wurde dadurch massiv getroffen. Der Europäische Gerichtshof entschied jedoch, dass diese Aktion Griechenlands nicht den EU-Richtlinien widerspreche.
Um das Jahr 2000 herum kam es in F.Y.R.O.M. Mazedonien erneut zu Spannungen, weil innerhalb der großen albanischen Minderheit Separationstendenzen ausbrachen. Ein Bürgerkrieg konnte durch ausländische Truppenpräsenz (Operation Amber Fox) und das auf internationale Vermittlung 2001 geschlossene Rahmenabkommen von Ohrid verhindert werden.