Mitropapokal (Fußball)
Der Mitropapokal, auch Mitropacup (offizieller Name: La Coupe de l'Europe Centrale), war im Fußball der erste große internationale Wettbewerb der Welt für Vereinsmannschaften und in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg die wichtigste Trophäe im kontinentaleuropäischen Vereinsfußball. Er wird als Vorgänger des Europapokals beziehungsweise der Champions League gesehen. Der Name Mitropa wurde aus Mitteleuropa gebildet.[1]
Geschichte des Mitropapokal 1927 bis 1940
Vorgeschichte und Gründung des Mitropapokals
Ein erster „grenzübergreifender“ Wettbewerb für Fußballvereine wurde im Jahre 1897 geschaffen. Der Challenge-Cup wurde von John Gramlick senior, einem Mitbegründer des Vienna Cricket and Football-Club, ins Leben gerufen. An diesem Pokalwettbewerb konnten alle Vereine Österreich-Ungarns teilnehmen, die ansonsten nicht in Meisterschaftswettbewerben aufeinander trafen. Der Challenge-Cup wurde bis zum Jahre 1911 ausgetragen und wird heute als Vorläufer des Mitropacups angesehen.
Die Idee eines europaweiten Cupwettbewerbes kam nach dem Ersten Weltkrieg auf. Zentrum dieser Idee waren die mitteleuropäischen Länder, die damals im Fußballsport führend waren. Zu Beginn der 1920er führten sie als erste Nationen Kontinentaleuropas professionelle Ligen ein. Den Beginn machte Österreich 1924, gefolgt von Ungarn 1925 und der Tschechoslowakei 1926. Um die Vormachtstellung dieser Länder im europäischen Fußball zu stärken und den professionellen Vereinen in wirtschaftlicher Hinsicht unter die Arme zu greifen, wurde am 17. Juli 1927 im italienischen Venedig die Einführung des Mitropacups beschlossen. Die Initiative ging hierbei vom österreichischen Verbandskapitän Hugo Meisl aus. Zudem einigte man sich auch auf die Austragung eines Europapokals für Nationalmannschaften (Europameisterschaft), wobei in einem Meisterschaftssystem über mehrere Jahre hinweg gespielt werden sollte.
Die ersten Bewerbe und die Blütezeit
Bereits in der ersten Saison des Mitropapokals gab es sowohl bei den Vereinen sowie den Fans einen großen Zuspruch. Die erste Austragung startete am 14. August 1927 mit den besten Teams (zumeist Meister und Cupsieger, etc.) Österreichs, Ungarns, Jugoslawiens und der Tschechoslowakei. Seit dem wurde die Anzahl der teilnehmenden Ländern und Vereine stetig vergrößert. 1929 nahmen erstmals die besten Mannschaften Italiens teil, die ab der darauf folgenden Saison in einer professionellen Liga spielten. 1936 nahmen bereits 20 verschiedene Vereine, darunter erstmals vier Schweizer Teams, am Bewerb teil. Ein Jahr darauf kamen auch die rumänischen Mannschaften hinzu.
Der Mitropacup wurde vor allem durch die österreichischen, ungarischen, tschechoslowakischen und italienischen Teams dominiert, die alle Finals für sich entscheiden konnten. Die Zuschauerzahlen lagen teilweise bei 100.000 Fans, die Duelle waren vor allem durch ihre Härte geprägt. Der Schriftsteller Friedrich Torberg schrieb dazu „Was ein richtiges Mitropacup-Match ist, muss auf der Botschaft zu Ende gespielt werden“. [2] Die Matches waren neben den Länderspielen ein Höhepunkt in der Fußballsaison und wurden oftmals als Länderkampf gesehen. Sie lebten vom Aufeinandertreffen von frühen Fußballstars wie Matthias Sindelar und Giuseppe Meazza (Finale 1933).
Zweiter Weltkrieg und Ende des Mitropapokals
Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus kam das Ende des Mitropacups. Nach der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich 1938 verlor der Wettbewerb sein erstes Gründungsland. 1939 spielten nur noch acht Teams um den Pokal; 1940 musste der Wettbewerb nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges abgebrochen werden, wobei die ausstehenden Finalpartien nicht mehr ausgetragen werden konnten. Es wurden zwar weiterhin Spiele zwischen "ostmärkischen" Teams, Vereinen aus dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie aus dem deutschlandfreundlichen Ungarn ausgetragen, jedoch ohne vergleichbare Resonanz.
Zentropapokal 1951
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gab es insbesondere von italienischer und österreichischer Seite Bestrebungen, den Mitropacup wiederaufleben zu lassen. Seine erste Neuauflage erlebte der Wettbewerb im Jahre 1951 unter dem Titel „Zentropacup“. Anders als der Europapokal der Nationalmannschaften, der bereits 1948 wieder eingeführt wurde, wurde der Mitropacup allerdings erst wieder ab 1955 regelmäßig ausgetragen.
Saison | Austragungsort | Sieger | Finalist | Endergebnis | |
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1951 | Wien | Vorlage:Flagicon Rapid Wien | - | Vorlage:Flagicon SC Wacker Wien | 3:2 |
Der neue Mitropacup und sein Ende (1955 bis 1992)
Im Jahre 1954 kam es zur Gründung der UEFA. Im Rahmen ihres ersten Kongresses in Wien vom 2. bis 3. März 1955 wurde auch die Wiedereinführung des Mitropacups beschlossen. Man einigte sich, dass an diesem Wettbewerb die Meister und Pokalsieger Österreichs, Italiens, Ungarns, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens teilnehmen würden, obgleich mehrere Länder, insbesondere Rumänien, darum baten, ebenfalls teilnehmen zu dürfen. Am 7. Mai 1955 wurde diese Neuauflage des Wettbewerbes von der FIFA anerkannt und die UEFA gebeten, die Austragung zu übernehmen. Im selben Jahr kam es jedoch zur Einführung des Europapokals der Landesmeister, was den Bewerb schlagartig abwertete. Dennoch war der Zuspruch zum Mitropacup in den Teilnehmerländern anfangs noch groß; das Finale von 1956 verzeichnete 110.000 Zuschauer im Entscheidungsspiel in Budapest.
Die Begeisterung währte allerdings nur kurz und die Veranstalter führten immer wieder Neuerungen ein. So wurden teilweise die Ergebnisse der Mannschaften zu einer Länderwertung addiert oder die Bewerbe in einem Tabellenmodus ausgetragen. Am Mitropacup nahmen jedoch bald nur noch mittelklassige Teams teil, die keine Chance auf einen Europapokalstartplatz hatten. Insbesondere italienische Teams, die selbst noch keinen Titel gewinnen konnten, luden in der Endzeit des Turniers zum Mitropacupturnier ein, um so leicht ihre nicht vorhandene Titelsammlung aufzuwerten. 1989 nahmen gar nur noch drei Mannschaften teil. Der letzte Mitropacup fand schließlich 1992 mit vier Mannschaften statt. Nachdem der Gastgeber Foggia Calcio bereits in seinem ersten Spiel ausgeschieden war, musste das Finale vor knapp 900 Zusehern stattfinden.
Saison | Sieger | Saison | Sieger | Saison | Sieger | |||
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1955 1956 |
MTK Budapest Vasas Budapest |
1968 1969 |
Roter Stern Belgrad Inter Bratislava |
1981 1982 |
Tatran Prešov AC Mailand |
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1957 1958 |
Vasas Budapest Roter Stern Belgrad (1) |
1970 1971 |
Vasas Budapest Čelik Zenica |
1983 1984 |
Vasas Budapest SC Eisenstadt |
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1959 1960 |
Honvéd Budapest Ungarn (2) |
1972 1973 |
Čelik Zenica Bányász Tatabánya |
1985 1986 |
Iskra Bugojno SC Pisa |
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1961 1962 |
FC Bologna Vasas Budapest |
1974 1975 |
Bányász Tatabánya SSW Innsbruck |
1987 1988 |
Ascoli Calcio 1898 SC Pisa |
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1963 1964 |
MTK Budapest Sparta Prag |
1976 1977 |
SSW Innsbruck Vojvodina Novi Sad |
1989 1990 |
Baník Ostrava AS Bari |
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1965 1966 |
Vasas Budapest AC Florenz |
1978 1979 |
FK Partizan Belgrad kein Wettbewerb |
1991 1992 |
AC Turin Borac Banja Luka |
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1967 | Spartak Trnava | 1980 | AC Udine |
Die Trophäe
Die Trophäe des historischen Mitropacups ist eine kunstvolle Nachbildung der Hauptfigur des berühmten Donnerbrunnens in Wien. Sie war als Wanderpokal konzipiert und wurde von der Fremdenverkehrskommission für Wien und Niederösterreich gespendet.
Weblinks
Fußnote
- ↑ Guy Oliver: „The Guinnes Record Of World Soccer“, S. 164, London 1992, ISBN 0-85112-954-4
- ↑ Hugo Meisl erfand den Mitropacup in Josef Huber: „75 Jahre WFV“