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Gödelscher Unvollständigkeitssatz

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Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz besagt, dass jedes Beweissystem für die Menge der wahren arithmetischen Formeln unvollständig ist (sofern man voraussetzt, dass die Arithmetik widerspruchsfrei ist - was, wie Gödel auch zeigt, nicht mit Mitteln der untersuchten Theorie alleine bewiesen werden kann). Das heißt:

In jeder formalen Theorie, welche mindestens so mächtig wie die Theorie der natürlichen Zahlen (Peano-Arithmetik) ist, bleiben wahre (und falsche) arithmetische Formeln übrig, die nicht innerhalb der Theorie beweisbar (widerlegbar) sind.

Damit eine Theorie (in der Prädikatenlogik erster Stufe, PL1) die Voraussetzungen für die Unvollständigkeit erfüllt, muss gelten:

  • Zu jeder durch einen Ausdruck G(x) beschriebenen Menge ist das Komplement beschreibbar.
  • Zu jeder durch einen Ausdruck G(x) beschriebenen Menge M ist die Menge M*={n|d(x)∈M} beschreibbar; Dabei ist d(x) die Diagonalisierung von x.
  • Die Menge der beweisbaren Ausdrücke der Theorie ist durch einen Ausdruck der Form G(x) beschreibbar.

Nach dem Satz von Löwenheim-Skolem findet man zu jeder Theorie in PL1 ein Modell mit der Mächtigkeit der Signatur. Für "normale" Theorien existiert also ein abzählbares Modell, z.B. die natürlichen Zahlen. Die Idee von Gödel war, Formeln der Theorie selbst zum Objekt derselben zu machen. Dazu wurden die Formeln gödelisiert, d.h. eine (umkehrbar eindeutige) Abbildung von Formeln auf natürliche Zahlen gebildet. Das kann man z.B. dadurch erreichen, dass jedem Symbol der Signatur eine Zahl zugeordnet wird, die dann verkettet werden. Ordnet man der 0 die 1 und = die 2 zu, so ist die Gödelnummer der Formel (in dem Spezialfall) 0=0 die 121. Die Verkettungsoperation ist einfach durch Exponentieren zu realisieren. Es lassen sich auch die syntaktisch wohlgeformten, und schließlich die beweisbaren Formeln durch arithmetische Ausdrücke (Addition, Multiplikation, Exponentiation) beschreiben.

Die Diagonalisierung in Gödels Beweis ist nun eine Anwendung eines Ausdrucks P(x) auf die eigene Gödelnummer. Ist die Gödelnummer des Ausdrucks (und damit der Zeichenreihe) P(x) zum Beispiel 12345, so ist die Diagonalisierung der Zahl 12345 die Gödelnummer von P(12345) (selbstverständlich hat eine Zahl, hier 12345, auch eine Gödelnummer, die entsteht, indem man alle vorkommenden Ziffern gödelisiert).

"Besagt" der Ausdruck B(x) also, dass x beweisbar ist, und ist zum Beispiel 12345 die Gödelnummer von B(x), so ist ¬B(12345) eine unbeweisbare Aussage. Diese Aussage besagt dann nämlich: Die Formel mit der Gödelnummer 12345 ist nicht beweisbar. 12345 ist aber die Gödelnummer von B(x). Also sagt ¬B(12345): Ich bin nicht beweisbar. Wenn PA korrekt ist, so ist dieser Satz wahr, aber nicht beweisbar.

Gödels ursprünglicher Beweis ging noch weiter. Er wollte Rückgriffe auf die Semantik, insbesondere die Korrektheit, vermeiden. Deswegen bewies er seinen Unvollständigkeitssatz unter der Voraussetzung der ω-Konsistenz: Eine Theorie ist ω-inkonsistent, wenn ein Ausdruck mit einer einzigen freien Variable x existiert, für den beweisbar ist, zugleich aber für alle beweisbar ist.

Rosser erweiterte das Gödelsche Resultat, indem er einen Unvollständigkeitsbeweis lieferte, für den nicht die Menge der Ausdrücke, deren Diagonalisierung beweisbar ist, beschrieben wird, sondern eine zu dieser Menge disjunkte Obermenge der Ausdrücke, deren Diagonalisierung widerlegbar ist. Dadurch ist auch der Bezug auf die ω-Konsistenz überflüssig.

Durch diesen erstaunlichen Satz ist der Mathematik eine prinzipielle Grenze gesetzt: Nicht jeder wahre mathematische Satz kann aus den wie auch immer gewählten Axiomen eines mathematischen Teilgebietes (z. B. Arithmetik, Geometrie, Algebra etc.) formal abgeleitet werden.

Der gödelsche Unvollständigkeitssatz ist mit dem Halteproblem verwandt.

Literatur

  • Ernest Nagel, James R. Newmann, Der Gödelsche Beweis, Scientia Nova, Oldenburg (ISBN 3-486-45214-2)