A cappella
Der Begriff a cappella, älter "alla cappella", (oder häufig unrichtig a capella) stammt aus dem Italienischen und bezeichnet ursprünglich Musik "nach Art der Kapelle".Siehe: Cappella Sistina.
Darunter verstand man (mehrstimmigen) Gesang, bei dem die Instrumente dasgleiche spielen, was die Stimmen singen:
Johann Gottfried Walther: Musikalisches Lexikon 1732, S. 4: „A capella (ital.) heisset: wenn Vocal- und Instrumental-Stimmen sich miteinander zugleich, und zwar dergestalt hören lassen, daß diese eben dasjenige, was jene haben, exekutieren.“
F. A. Brockhaus: Allgemeine Deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. 1851 Leipzig. 1. Bd., S. 85: "A capella, alla capella, d. h. im Kapellstile, bedeutet in älteren Kirchenmusiken die Bewegung der Singstimmen ohne Instrumente, oder wenn ja solche den Gesang begleiten, das Fortgehen der Instrumente im Unisono mit den Singstimmen."
Das bedeutet eine Aufführungspraxis von Vokalmusik, die sehr variabel dargestellt werden konnte. Nach Möglichkeit zog der Kapellmeister vorhandenes Instrumentarium bei der Aufführung hinzu. Die Instrumente konnten die Singstimmen verdoppeln oder auch ersetzen. Die unbegleiteten Gesänge der päpstlichen Cappella stellen eher ein Sonderfall dar. Johann Gottfried Walter schreibt im Musikalischen Lexikon zur päpstlichen Kapelle: "Indessen ist die Päbstliche Music darinnen von anderen unterschieden, daß man dabey keiner Orgel oder anderer Instrumenten brauchet, sondern die Stücke nur hersinget" (S. 140).
Im 19. Jahrhundert kam es bei der Wiederentdeckung der alten Chormusik durch Laienchöre zu einem Mißverständnis des Begriffes "A cappella". Heute wird unter "a cappella" im volkstümlichen Sprachgebrauch eine Musik verstanden, die vollständig auf Instrumente verzichtet und allein auf der menschlichen Stimme beruht.
Chöre und Kantoreien unter professionellen Leitung, die die historische Aufführungspraxis pflegen, ziehen zu ihren Aufführungen von alter Chormusik im Cappellstil wieder vermehrt Instrumente hinzu. Dabei lassen sich zwei Ansätze unterscheiden: Aufführungen mit historischen Instrumenten auf professionellem Niveau und eine bunte Musizierpraxis mit Amateuren und zusammengewürfeltem Instrumentarium.
Im 20. Jahrhundert entwickelten sich neue Musikrichtungen. Einerseits wird A-Cappella-Musik früherer Zeiten heute mitunter ohne die Instrumentalbegleitung aufgeführt, die früher üblich war. Andererseits werden neue Stücke mit rein vokaler Besetzung geschrieben. Dies geschieht sowohl in der "ernsten" wie auch in der Unterhaltungsmusik.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand in den USA ein neues Genre von vokalen Kleingruppen (z.B. The Yale Whiffenpoofs 1909). Dabei wurde in barbershop-Manier in "close harmony" gesungen.
1927 entstanden nach dem amerikanischen Vorbild der "Revellers" in Deutschland die Comedian Harmonists, die zwar mit Klavierbegleitung sangen, aber die Popularität dieses Genres sehr förderten und auch heute noch oft nachgeahmt werden. Weitere Einflüsse nahm die Vokalmusik aus dem Doowop.
Moderne Vokalensembles bestehen oft aus vier bis sechs Personen. Neben vielen rein männlichen und gemischten Ensembles gibt es nur wenige rein weibliche Gruppen.
Ein wichtiges "Standbein" populärer Vokalmusik bilden nach wie vor Cover von Liedern aus dem Pop- und Rockbereich, die ohne Instrumente arrangiert werden. Der Anteil selbstgeschriebener Stücke in der selber als " A-cappella" bezeichneten Musik nimmt aber zu.
Wichtige Vertreter dieses stark von Popmusik und Jazz beeinflussten Genres sind z.B. "The Golden Gate Quartet" oder die englischen "King's Singers", die sich 1968 formierten und aus dem Chor des King's College, Cambridge, hervorgingen und die seitdem in vielen musikalischen Stilrichtungen erfolgreich sind. Aber auch "The Flying Pickets", die amerikanischen Gruppen "The Manhattan Transfer", "The Nylons", "Take 6" sind zu erwähnen, sowie das südafrikanische Ensemble "Ladysmith Black Mambazo", das vor allem dadurch bekannt wurde, dass es mit Paul Simon für sein Album Graceland zusammenarbeitete; die "Swingle Singers", die im Frankreich der 1960er um Ward Swingle entstanden, und die vor allem durch Swing-Adaptationen klassischer Musik Aufsehen erregten, oder die schwedische Gruppe "The Real Group", die sich nach dem Realbook benannte, einer Sammlung von Jazz Standards, die sie 1984, zu Beginn ihrer Karriere (als Absolventen der Königlichen Musikakademie Stockholm), als erste Anregungen für ihre Arrangements nahmen.
In Deutschland begründeten die bereits 1983(!) gegründeten 6-Zylinder den später einsetzenden A-cappella-Boom. Anfang der 90er Jahre erreichten Die Prinzen einen hohen Bekanntheitsgrad. Zur Zeit sind neben 6-Zylinder die Wise Guys ein bekanntes Vokalensemble in Deutschland.
Es kursieren viele Schreibvarianten. Für das mittellateinische Wort soll es neben cappella auch die Schreibweise capella gegeben haben. Heute ist "a cappella" die anerkannte Schreibweise. (Als Eselsbrücke kann dienen: "zwei Wörter, zwei P, zwei L"). Das gilt auch in englischsprachigen Gebieten. Auch ist es beliebt, seinen Rechtschreibirrtum nachträglich mit einer lateinischen Schreibweise zu "begründen".