Gammablitz

Gammablitze oder Gammastrahlenblitze (engl. Gamma Ray Burster/Bursts, oft abgekürzt GRB) sind gewaltige Energieausbrüche im Universum von kurzer Dauer (wenige Sekunden bis maximal einige Minuten) mit denen große Mengen an Gammastrahlen einhergehen. Sie setzen in zehn Sekunden mehr Energie frei als die Sonne in Milliarden von Jahren. Für die Dauer seines Leuchtens ist ein Gammablitz heller als alle übrigen Gammastrahlenquellen am Himmel. Gammablitze haben zudem ein "Nachglühen" im Optischen sowie im Röntgenspektrum, welches in der Größenordnung von Tagen und Wochen langsam verblasst. Die Ursache der Gammablitze ist noch nicht abschließend geklärt. Man beobachtete sie erstmals am 2. Juli 1967 mit den amerikanischen Vela-Spionagesatelliten (vom spanischen Verb "velar", beobachten), welche eigentlich zur Überwachung oberirdischer Atombombentests gedacht waren. Die Instrumente registrierten ein kurzes, sehr intensives Aufleuchten von Gammastrahlen. Erst 1973 konnten Wissenschaftler im Los Alamos National Laboratory in New Mexico mit den Daten der Satelliten sicherstellen, dass die Strahlen aus den Tiefen des Weltraums kamen.
Beobachtungen
Die Erdatmosphäre ist für Gammastrahlen undurchlässig, weswegen man Gammablitze nur mit Satellitenteleskopen beobachten kann (aktuell beginnt man zusätzlich auch mit bodengestützten Beobachtungen durch indirekte Beobachtungsmethoden; mehr dazu unter Gammaastronomie). Wegen ihrer kurzen Dauer, des geringen Auflösungsvermögens der Satellitenteleskope im Bereich der Gammaastronomie und ihrer hohen Leuchtkraft konnte man sie lange Zeit weder bekannten (optischen) Quellen zuordnen, noch adäquate Theorien zu ihren Ursachen aufstellen.
Zuerst wurde vermutet, dass die Quellen dieser Blitze innerhalb unserer Milchstraße zu finden seien. Diese Vermutung basierte auf der Annahme, dass ein solches Ereignis bei einem weiter entfernten Objekt aufgrund der gewaltigen Energiemengen nicht erklärbar wäre, ohne dass hierbei grundlegende physikalische Prinzipien verletzt werden würden.
Aufgrund ihrer gleichförmigen Verteilung über den gesamten Himmel konnte man jedoch indirekt schließen, dass sie extragalaktische Strahlungsquellen sind, da sie sich andernfalls in der Ebene der Milchstraße (in der sich die meisten Sterne der Milchstraße befinden) hätten häufen müssen oder, falls sie zum Halo der Milchstraße gehörten, im galaktischen Zentrum.
1996 konnte mit Hilfe des italienisch-niederländischen Röntgen-Satelliten BeppoSAX erstmals das Nachglühen von Gammablitzen im Röntgenbereich beobachtet werden. Aufgrund der wesentlich exakteren Positionsbestimmung in der Röntgenastronomie konnte man dadurch gezielte Nachbeobachtungen im sichtbaren Licht machen und sie bekannten Quellen zuordnen. Infolgedessen fand man an den Stellen der Gammablitze weit entfernte Galaxien und konnte somit erstmals direkt nachweisen, dass Gammablitze tatsächlich extragalaktische Quellen haben. In einigen von ihnen konnte man zeitgleich zum Gammablitz eine Supernova beobachten.
Theorien
Aufgrund der kurzen Dauer des Gammablitzes kann das Gebiet, aus dem er ausgesendet wurde, nicht sehr groß sein (der Durchmesser eines langsamen Objekts (v < 0,1c) ist maximal so groß wie die kürzeste Helligkeitsänderung multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit; aufgrund relativistischer Effekte kann dieser Bereich jedoch etwas größer sein, ist aber immer noch relativ klein). Spezielle Supernovaexplosionen, so genannte Hypernovae, sind daher ein Kandidat für die Quellen der Gammablitze. Ein weiterer Kandidat sind verschmelzende Neutronensterne.
Nimmt man an, dass ein Gammablitz gleichmäßig in alle Richtungen abgestrahlt würde, so hätte beispielsweise der Gammablitz GRB-990123 vom Januar 1999 (siehe obiges Bild) eine gigantische Strahlungsleistung von über Watt haben müssen. Dies ist mal mehr als die Leistung unserer Sonne, selbst die Quasare schaffen "nur" Watt.
Man nimmt daher an, dass ein Gammablitz nur in zwei engen, entgegengesetzten, kegelförmigen Bereichen mit einem Öffnungswinkel von wenigen Grad ausgesandt wird, die Strahlung also wie in einem Leuchtturm fokussiert ist. Dadurch verringert sich die erforderliche Strahlungsleistung um die beobachtete Helligkeit zu erklären drastisch (um ca. 3 Zehnerpotenzen) ist jedoch immer noch exorbitant. Zudem lässt sich durch die Fokussierung die Heftigkeit der Energieausbrüche erklären, ohne dass grundlegende physikalische Prinzipien verletzt würden. Der Gammablitz schließlich entsteht durch Schockwellen in dem sich mit nahezu mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitenden Gas der Supernovaexplosion. Die gesamte freiwerdende Energiemenge ist ungefähr in derselben Größenordnung wie von einer gewöhnlichen Supernova, jedoch strahlt eine Supernova den Großteil ihrer Energie in Form von Neutrinos ab. Modellrechnungen zeigen, dass der beobachtete Helligkeitsverlauf der Gammablitze gut zu den Annahmen passt.
Den Unterschied zu einer normalen Supernova erklärt man sich dadurch, dass eine Hypernova mit anschließendem Gammablitz bei extrem massereichen Sternen von über 20 Sonnenmassen entstehen, deren zentraler Kernbereich zu einem rasch rotierenden Schwarzen Loch kollabiert. Das umgebende Gas läuft in einer Scheibe um das Schwarzen Loch und heizt sich beim Einfall extrem stark auf, Gasjets werden dann senkrecht zur Scheibenebene ausgestoßen, welche dann die beobachteten Gammablitze erzeugen. Die Verschmelzung zweier Neutronensterne führt abgesehen von den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen zu ähnlichen Resultaten.
Auch wenn schon lange ein Zusammenhang mit Supernovae vermutet wurde, war es doch erst 1997 möglich, einen Gammastrahlenausbruch direkt in Verbindung mit eben solch einem Sternentod zu bringen. Dabei beobachtete der Satellit HETE einen Gammastrahlenausbruch, dessen Quelle sich als der Kollaps eines Sterns mit 15-facher Sonnenmasse herausstellte.
Weitere Folgerungen
Man kann jedoch noch nicht alle Arten von Gammablitzen mit den obigen Theorien erklären, weswegen also zukünftige genauere Beobachtungen durchaus noch überraschende Ergebnisse bringen können.
Eventuell war sogar eines der größten Massenaussterben der Erdgeschichte vor 443 Millionen Jahren (Ende des Ordoviziums), bei dem viele nahe der Wasseroberfläche lebende Arten der zu dieser Zeit sehr häufigen Trilobiten ausstarben, durch einen Gammablitz in unserer Milchstraße ausgelöst worden, der direkt auf die Erde gerichtet war. Die Gammastrahlen erreichten zwar nicht den Erdboden, bildeten jedoch in der Atmosphäre giftiges Stickoxid, welches die Ozonschicht zerstörte und somit das Leben nahe der Wasseroberfläche (Landlebewesen gab es noch nicht), durch die nun ungehindert eindringende UV-Strahlung der Sonne abgetötet wurde.
Siehe auch: Gammastrahlen, Astronomie, Weltall, Sterne
Literatur
- Spektrum der Wissenschaft 03/2003, Seite 48, Die stärksten Explosionen im Universum
- Astronomie Heute 01-02/2004, Seite 13, Tödliche Sternexplosion