Murad III.
Murad III. (* 1546; † 1595) war 1574 bis 1595 Sultan des Osmanischen Reiches.
Murad war der älteste Sohn von Selim II. und folgte seinem Vater auf dem Thron. Seine Machtübernahme markiert den Beginn des Verfalls der osmanischen Macht, die under Selim II. nur durch das Genie des allmächtigen Großwesirs Mehmet Sokollu aufrechterhalten worden war. Denn obwohl Sokollu sein Amt bis zu seiner Ermordnung im Oktober 1578 bekleidete, wurde seine Autorität durch den Einfluß des Harems unterwandert, der während Murads Herrschaft einen Höhepunkt fand. Die wichtigste Rolle kam dabei Safiye zu, der Lieblingsfrau des Sultans, einer schönen Venezianerin aus einer Adelsfamilie, deren Vater Statthalter von Korfu gewesen war, und die als Kind von türkischen Korsaren gefangen und an den Harem verkauft worden war. Diese Frau behielt bis zum Schluss ihren bestimmenden Einfluss auf den Sultan, obwohl er mehrmals versuchte, sie zu ersetzen. Murad hatte keine Führungsqualitäten. Er war gutmütig, konnte aber bei Gelegenheit auch grausam sein. So ließ er zu Beginn seiner Regierungszeit, wie es inzwischen Brauch geworden war, seine fünf Brüder ermorden, um jegliche Konkurrenz auf den Thron auszuschalten. Seine Willenskraft wurde schon früh durch seinen Opiumkonsum und seine fortwährenden Exzesse geschwächt. Er hatte ohnehin keine Neigung zur Politik; seine Zeit verbrachte er in Gesellschaft von Musikern, Dichtern und Possenreißern, und er selbst betätigte sich als als Dichter mit einem Hang zur Mystik.
Sein einziger Reformversuch war das Verbot von Rauschmitteln, mit dem die zunehmende Zügellosigkeit der Janitscharen eingedämmt werden sollte. Er scheiterte am Widerstand der Soldaten. Als erster Sultan war Murad bereicherte sich Murad persönlich an der Korruption, die den Staat unterminierte, insbesondere indem er Ämter gegen hohe Geldzahlungen vergab. Besonders verheerend war diese Korruption für die Armee, deren Basis das Timar-System war. Nun wurden Lehen konfisziert und an Günstlinge des Harems vergeben, und überden gleichen Einfluss gelangten Fremde und Rayas in die Reihen der Janitscharen. Deren Disziplin wurde immer lockerer und ihre Launen immer aufrührerischer. Angesichts dieser allgemeinen Demoralisierung konnte nicht einmal der siegreiche Ausgang der Feldzüge in Georgien, Daghestan, Jemen, Persien und auf der Krim (1578 - 1590) den Verfall der osmanischen Macht aufhalten. Tatsächlich wurde der Prozess dadurch noch beschleunigt, denn durch die Schwächung der islamischen Staaten erleichterten sie Russland den Zugang zum Schwarzen und zum Kaspischen Meer.
Murad hatte den persischen Krieg begrüßt, weil er auf diese Weise zeitweilig die Janitscharen loswurde, die er fürchtete. Als sie aber siegreich wiederkehrten, hatte er wieder Grund zur Sorge. Erzürnt durch die Geldentwertung, durch die sie einen Teil ihres Lohns verloren, fielen sie in den Palast ein und verlangten die Köpfe des defterdar (Finanzminister) und der Beylerbey von Rumelien, einem Günstling des Sultans. Am 3. April 1589 bekamen sie sie. Dies war der erste Mal, dass die Janitscharen in den Palast eindrangen: ein Präzedenzfall, der sich noch oft wiederholen sollte. 1592 brach ein weiterer Krieg in Europa aus, wiederum eine Gelegenheit, die den Sultan von der Anwesenheit der Janitscharen befreite. 1595 starb er und hinterließ seinem Nachfolge als Erbe Krieg und Anarchie.
Unter Murad III. begannen die Beziehungen zwischen England und der Pforte. Verhandlungen mit Königin Elisabeth begannen 1579 mittels britischer Händler; 1580 wurden die ersten Kapitulationen mit England unterschrieben; 1583 kam William Harebone nach Konstantinopel, der erste Botschafter bei der Hohen Pforte; und 1593 wurden geschäftliche Kapitulationen mit England unterzeichnet, die ihm die gleichen Rechte wie den Franzosen zubilligten.
Vorgänger: Selim II. (1566-1574) |
Osmanische Sultane | Nachfolger: Mehmed III. (1595-1603) |