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Hebräische Sprache

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Dieser Artikel behandelt nicht explizit die Amtssprache Israels, diese siehe Neuhebräisch (Ivrith)


Hebräisch gehört zum nordwestlichen Zweig der semitischen Sprachen und damit zur afro-asiatischen Sprachfamilie. Die heilige Schrift der Juden, die Torah, wurde vor Tausenden von Jahren in dieser Sprache kodifiziert und den folgenden Generationen weitergegeben. Nach der ersten Zerstörung des Tempels zu Jerusalem durch Nebukadnezar II. im Jahre 586 v. Chr. und dem darauffolgenden babylonischen Exil kam die dortige Amtssprache Aramäisch unter den Juden in Umlauf; späte Teile der Bibel enthalten deshalb aramäische Teile. Auch die Muttersprache von Jesus von Nazareth war Aramäisch. Nach der zweiten Zerstörung des Tempels zu Jerusalem im Jahre 70 verließen die meisten Juden Palästina und ließen sich an verschiedenen Orten des römischen Reiches nieder. Etwa ab dem Jahre 200 hörte Hebräisch auf, eine gesprochene Sprache zu sein. Es blieb indessen eine Sakralsprache, wurde jedoch nie ausschließlich zu liturgischen Zwecken benutzt, sondern stets auch zur Abfassung von philosophischen, medizinischen, juristischen und poetischen Texten, so dass sich das Vokabular im Laufe der Jahrhunderte erweitern konnte. Die Erneuerung des Hebräischen als gesprochene Sprache begann im späten 19. Jahrhundert. Trotz der jahrtausendelangen Entwicklung sind die Unterschiede zwischen Althebräisch und Neuhebräisch viel weniger bedeutend als zum Beispiel zwischen Altgriechisch und Neugriechisch (siehe griechische Sprache). In Israel wird gar nicht zwischen Alt- und Neuhebräisch unterschieden, in beiden Fällen ist von "Ivrith" die Rede. Von David Ben Gurion, dem ersten Ministerpräsidenten des neuzeitlichen Staates Israel, ist der Ausspruch überliefert: "Wenn Moses heute zurückkäme und um ein Stück Brot bitten würde, würde man ihn verstehen."

Geschichte

Man unterscheidet drei Entwicklungsstufen: Alt-, Mittel- und Neuhebräisch.

Frühgeschichte

Der Gezer-Kalender stammt aus dem Jahre 925 v. Chr., das heißt aus der Amtszeit des Königs Salomo, und gilt als die bisher älteste bekannte hebräische Inschrift. Es handelt sich um einen landwirtschaftlichen Kalender aus sieben horizontal geschriebenen Zeilen und einer achten vertikalen Zeile, in denen das phönizische Alphabet verwendet wird.

Das berühmteste Werk in hebräischer Sprache ist die jüdische Bibel (im christlichen Sprachgebrauch Altes Testament genannt). Die genauen Daten ihrer Abfassung sind umstritten (siehe dazu Bibelkritik). Die ältesten Exemplare von biblischen Texten wurden 1947 in Qumran gefunden und stammen aus der Zeit zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem späten 1. Jahrhundert n. Chr.

Spätere Geschichte

Die Juden im Perserreich benutzten Aramäisch, das für die folgenden 700 Jahre zur Umgangssprache wurde und vor allem in der Bibelübersetzung Targum und in Teilen des Talmuds literarisch verwendet wurde. Aramäisch gehört ebenfalls zum nordwestlichen Zweig der semitischen Sprachen und ist somit dem Hebräischen sehr nahe verwandt. In der mittelhebräischen Phase wurden zahlreiche aramäische Ausdrücke und Redewendungen ins Hebräische übernommen, vor allem aber das aramäische Alphabet, das als Quadratschrift bis heute in Gebrauch ist. Während etwa zwei Jahrtausenden war Hebräisch keine gesprochene Sprache. In der traditionellen jüdischen Ausbildung, beginnend im Cheder und fortgesetzt in den Talmud-Hoschschulen, wurde jedoch viel Zeit darauf verwendet, um Thora, Mischna, Gemara und rabbinische Kommentare im Original lesen zu können. Der wichtigste Beitrag an die Erhaltung des traditionellen Hebräisch stammt von den Masoreten, die vom 7. bis zum 10. nachchristlichen Jahrhundert zum ursprünglich rein konsonantischen Text Vokale, Akzente und so genannte Teamim hinzufügten, das heißt Angaben zum liturgischen Gesang im Gottesdienst. In der Biblia Hebraica Stuttgartensia ist der masoretische Text abgedruckt.

Hebräische Schrift

Siehe dazu den Artikel Hebräisches Alphabet sowie die Einträge unter den einzelnen Buchstaben, beginnend mit Aleph.

Grammatik

Siehe dazu den Artikel Hebräische Grammatik.

In der hebräischen Grammatik werden zur Unterscheidung von Subjekt und Objekt keine Fälle verwendet, sondern Präpositionen. Flexion spielt jedoch eine wichtige Rolle bei der Bildung und Ableitung von Verben, Substantiven, der Genitivkonstruktion Status constructus, die auf Hebräisch Smichut ("Stützung") genannt wird, und dem Besitzverhältnis.

Beispiele für Smichut:

báit = Haus; lechem = Brot; béit lechem = Haus des Brotes (Bethlehem).

In der Smichut steht der Artikel, im Gegensatz zu den Indogermanischen Sprachen, vor dem Objekt:

aliyá = Einwanderung; nóar = Jugend; aliyát hanóar = die Einwanderung von Jugendlichen.

Das Besitzverhältnis ist ein in den Indogermanischen Sprachen unbekannter Begriff, und ist so etwas wie die "Konjugation" von Substantiven nach der Person ihres Besitzers. Zum Beispiel:

ben = Sohn; bni = mein Sohn; binchá = Dein Sohn; bno = sein Sohn.

Es ist jedoch ebenfalls möglich, das Besitzverhältnis mit Hilfe von Posessivpronomina auszudrücken:

ben schelí" = mein Sohn; ben schelchá" = Dein Sohn; ben scheló = sein Sohn.

Dass die Hebräische Schrift eine Konsonantenschrift ist, kommt nicht von ungefähr: in der hebräischen Sprache besteht ein Wortstamm nur aus Konsonanten. Die verschiedenen abgeleiteten Formen entstehen durch Hinzufügung unterschiedlicher Vokale sowie mit Hilfe von Vor- und Nachsilben. Zum Beispiel: der Wortstamm G-N-W bezeichnet die Idee des Stehlens. Daraus werden unter anderem folgende Wörter abgeleitet:

ganáw = Dieb; daraus abgeleitet das deutsche Wort "Ganove"

(aní) gonév = (ich) stehle

gnivá = Diebstahl

Zum Thema Wortstamm siehe außerdem den Abschnitt "Grammar" im englischen Artikel über die semitischen Sprachen, en:Semitic languages.

Die hebräische Sprache kennt zwei grammatikalische Geschlechter bzw. Genera: männlich und weiblich. Weibliche Substantive und Namen enden meistens mit a oder th, das entspricht jeweils den hebräischen Buchstaben "He" bzw. "Taw". Beispiel: Judith, ivrith. Es gibt jedoch auch einige Ausnahmen, beispielsweise endet das Wort "lajla" (Nacht) mit dem Buchstaben "He" und ist trotzdem männlich.

Betont wird meistens die letzte Silbe, in einigen Fällen auch die vorletzte Silbe.

Hebräische Substantive und Adjektive können mit dem bestimmten Artikel "ha" definiert werden. Unbestimmte Substantive bzw. Adjektive tragen gar keinen Artikel. Der bestimmte Artikel wird zusammen mit dem zugehörigen Wort geschrieben. Beispiel: noar = Jugend, hanoar = die Jugend.

Hebräische Verben verfügen ursprünglich nur über zwei Zeitformen (Perfekt und Imperfekt), die als Vergangenheit und Zukunft, sowie über Partizipialformen mit vier Varianten, die heute als Gegenwart verwendet werden. Beispiel:

(aní, atá, hu) kotéw (ich, du, er) schreibe, schreibst, schreibt
(aní, at, hi) kotéwet (ich, du, sie) schreibe, schreibst, schreibt
(anáchnu, atém, hem) kotwím (wir, ihr, sie) [m.] schreiben, schreibt, schreiben
(anáchnu, atén, hen) kotwót (wir, ihr, sie) [f.] schreiben, schreibt, schreiben

Die Grundform zur Ableitung sämtlicher Konjugationsformen ist im Hebräischen die 3. Person Singular maskulin der Vergangenheit, Beispiel katáw: er schrieb. Des weiteren verfügen die meisten Verben, mit Ausnahme von einigen Passivformen und Modalverben, über Infinitiv- sowie Imperativfomren.

Sprachen mit starken hebräischen Einflüssen

In den Jahrhunderten der Diaspora verwendeten die Juden zahlreiche Sprachen wie Jiddisch, Ladino bzw. Judezmo, Karaimisch, Judäo-Arabisch und andere, die zwar nicht direkt vom Hebräischen abstammen, jedoch zahlreiche hebräische Lehnwörter aufweisen und fast stets mit dem hebräischen Alphabet notiert wurden.

Einflüsse des Hebräischen auf das Deutsche und umgekehrt

Durch die Bibelübersetzung von Martin Luther sind zahlreiche Ausdrücke und Redewendungen mit biblischem Hintergrund in die deutsche Sprache aufgenommen worden. Beispiele: sicher wie in Abrahams Schoss, Jubeljahr, Kainsmal.

Vornamen hebräischen Ursprungs sind so weit verbreitet, wie das Christentum: Jakob, Joseph, Joachim, Joel, Johanna, Jonas, Jonathan, Maria, Miriam, Johann, Rebekka, Samuel, Achim und viele andere.

Einige hebräische Worte sind über das Jiddische in die deutsche Sprache gelangt, z.B. Tachles aus hebr. tachlit = Zweck, Sinnvolles, malochen aus melacha = Arbeit, koscher aus kascher = rein, tauglich, dufte aus tov = gut, betucht aus batuach = sicher, Stuss aus schtut = Unsinn (aus: [alt])

Aus historischen Gründen befinden sich viele Begriffe des Geschäftslebens darunter. Da den Juden im christlichen Europa Jahrhunderte lang kaum andere Erwerbsquellen erlaubt wurden, waren viele von ihnen im Handel oder im Bankwesen tätig. Hierher gehören die Ausdrücke Kies im Sinne von (Taschen)geld aus kis = Tasche; Pleite aus peleta = Flucht, Entkommen; Reibach aus rewach = Gewinn. In die Kriminalität abgedrängte Juden steuerten einige Worte und Redewendungen der Gaunersprache bei, z.B. Ganoven (von hebräisch ganav = Dieb). Siehe dazu auch Hebraismus.

Bei der Schaffung von Ivrith zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden aus den meisten europäischen Kultursprachen verschiedene Ausdrücke übernommen. Die modernen Monatsnamen in Israel entsprechen den deutschen Bezeichnungen: Januar, Februar, März usw. Die einzige Abwandlung ergibt sich beim Monat August, der Ogust ausgesprochen wird, da die Vokalverbindung au im Hebräischen ungewöhnlich ist. Die neuhebräische Bezeichnung für Zeitung: iton lässt den deutschen Einfluss nicht auf den ersten Blick erkennen. Das Wort ist jedoch eine Ableitung von et = Zeit, genau wie im Deutschen.

Siehe auch

Literatur

  • Metzler Lexikon Sprache, 1993
  • Wilhelm Gesenius, Geschichte der hebräischen Sprache und Schrift, Olms 1973
  • Umberto Eco, Die Suche nach der vollkommenen Sprache, dtv 1993 (befasst sich nur nebenbei mit der hebräischen Sprache, ist aber trotz des häufigen Gebrauchs von Fremdwörtern sehr lesenswert)
  • [alt] Hans Peter Althaus, Kleines Lexikon deutscher Wörter jiddischer Herkunft, C.H.Beck 2003

Grammatiken und Wörterbücher:

  • Hans Peter Stähli, Hebräische Kurzgrammatik (pädagogisch gut gemacht, sehr plausibel)
  • Wilhelm Gesenius, Hebräische Grammatik, 10. Aufl. 1831 (immer noch unschlagbar tiefschürfend)
  • Gesenius/Kautsch/Bergsträsser, Hebräische Grammatik, Olms 1995 (die beste und teuerste)
  • Jutta Körner, Hebräische Studiengrammatik, Langenscheid 1996 (ausführlich)
  • Ernst Jenni, Lehrbuch der hebräischen Sprache des alten Testamentes, 1981 (Schulbuch für Gymnasien konzipiert)
  • Thomas O. Lambdin, Lehrbuch Bibel-Hebräisch 1999 (aus dem Amerikanischen)
  • Rudolf Meyer: Hebräische Grammatik, Berlin 1992
  • Wilhelm Gesenius: Hebräisches Handwörterbuch, Berlin 1962
  • Georg Fohrer, Hebräisches und aramäisches Wörterbuch zum Alten Testament, Berlin | New York 1997
  • Frank Matheus, Einführung in das Biblische Hebräisch I, Studiengrammatik, Münster 1997
  • Frank Matheus, Einführung in das Biblische Hebräisch II, Studienbuch für das Gruppen- und Selbststudium, Münster 1997

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