Hans-Christof von Sponeck
Hans-Christof Graf von Sponeck (* 1939 in Bremen) ist ein deutscher Diplomat und Autor von verschiedenen politischen Büchern. Von 1968 bis 2000 war er an verschiedenen Einsatzorten für die Vereinten Nationen tätig, zuletzt in Bagdad (Irak). Er ist Sohn des von den Nationalsozialisten in der Folge des 20. Juli ermordeten Generalleutnants Hans von Sponeck.
Leben
Der Sohn einer badischen Grafenfamilie mit Offizierstradition über mehrere Generationen verlor als Fünfjähriger in Folge der Gerichtsverfahren um die Ereignisse des 20. Juli 1944 seinen Vater. Im Jahr 1957 war er einer der ersten Kriegsdienstverweigerer der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland.
Karriere als Diplomat
Sponeck studierte in Deutschland und den USA Geschichte, Demographie und Anthropologie. Nach einer von 1966 bis 1968 dauernden Mitarbeit in der Deutschen Stiftung für Internationale Zusammenarbeit begann er 1968 eine Diplomatenkarriere bei den Vereinten Nationen. Im Dienste des UN-Entwicklungsprogramm UNDP waren - neben den Zentralen in New York und Genf - unter anderem Ghana, Pakistan, Türkei, Botswana und Indien seine Einsatzländer. Ab Mitte 1998 trat er in Nachfolge von Denis Halliday als Koordinator für humanitäre Fragen seinen Dienst in der irakischen Hauptstadt Bagdad an. Dort hatte er unter anderem die Verantwortung für das UN-Programm „Oil for food“ („Öl für Nahrungsmittel“).
Im Februar 2000 reichte er aus Protest gegen die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates, die er verantwortlich für das Sterben mehrerer hunderttausender irakischer Kinder sah, seinen Rücktritt ein. Er tat dies gemeinsam mit weiteren UN-Spitzenbeamten in Übereinstimmung seiner fachlich-diplomatischen Einschätzung der Lage vor Ort mit seinem Vorgänger, wie aus einem von ihnen gemeinsam verfassten Artikel in der britischen Zeitung The Guardian hervorgeht[1] . Graf von Sponeck hatte zuletzt den Rang eines Beigeordneten UN-Generalsekretärs.
Kritiker im Ruhestand
Nach seinem Rückzug aus der Diplomatie versuchte er, die Öffentlichkeit über die prekäre humanitäre Lage im Irak, die bereits im Vorfeld des US-geführten zweiten Golfkriegs dort die Notlage der Bevölkerung ausmachte, aufzuklären. Neben Beiträgen in Zeitungen und Büchern verfasste er gemeinsam mit dem Genfer Journalisten Andreas Zumach das Sachbuch „Irak - Chronik eines gewollten Krieges“, das 2003 erschien. Im gleichen Jahr würdigte man ihn seitens der Bremer Stiftung „Die Schwelle“ mit dem „Bremer Friedenspreis“. Neben weiteren Auszeichnungen erhielt er im Jahr 2000 den Coventry Friedenspreis der englischen Kirche.
Im Juni des Jahres 2005 nahm von Sponeck als Fachkundiger an dem in der Tradition der Russell-Tribunale stehenden „Welt-Tribunal über den Irakkrieg“ teil. Das 58-köpfige Gremium aus Juristen und Kriegszeugen, dem er angehörte, sammelte mit Arundhati Roy als Sprecherin der Jury in Fortsetzung der Sitzungen in Brüssel und New York am Tagungsort Istanbul drei Tage lang Aussagen und Analysen zur Zeitgeschichte des letzten Irakkriegs. Sprecher betonten, es gehe nicht darum, Schuldige zu benennen, sondern Aufklärung voranzubringen.
Hans von Sponeck ist Ratsmitglied des von Jakob von Uexküll gegründeten World Future Councils.
Kontroversen
Im Oktober 2005 gab es im Zuge des Untersuchungsberichts der Volcker-Kommission Gerüchte und Verdächtigungen auch gegen Graf von Sponeck, den höchsten verantwortlichen Beamten des „Öl für Nahrungsmittel“-Programs der UNO. Der Abschlussbericht der Untersuchungskommission besagte, dass Sponeck nicht gegen geltende Regeln verstoßen habe. Der Bericht macht jedoch deutlich, dass die Regeln so hätten sein sollen, dass sein Verhalten einen Verstoß dargestellt haben würde. In einem Interview der „taz“ [2] betont von Sponeck, dass es der Firma Bauer um die Lieferung von Milchpulver, also einen ganz legitimen Teil des „Öl-für-Nahrungsmittel“-Programms gegangen sei. Wenn es zum damaligen Zeitpunkt schon verschärfte Regeln gegeben hätte, hätte er zugunsten der notleidenden Familien womöglich bewusst gegen die Sanktionspolitik des Sicherheitsrats verstoßen. Sein Rücktritt 2000 sei eine bewusste Entscheidung für die primäre Verantwortung gegenüber den Menschenrechten gewesen.
Auszeichnungen
- 2000 Coventry Friedenspreis der englischen Kirche,
- 2001 Humanitarian Award des Arab-American Anti-Discrimination Committees in Washington
- 2003 Bremer Friedenspreis der Stiftung „Die Schwelle“
Schriften
- (mit Andreas Zumach): Irak - Chronik eines gewollten Krieges. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2003 ISBN 3462032550, 158 S.
- Rüdiger Göbel (Hrsg.): Bomben auf Bagdad - nicht in unserem Namen. Kai-Homilius-Verlag ISBN 3-89706-888-5, 418S.
- Human Development - Is There an Alternative?, Neu Delhi, 1997,
- Ein Anderer Krieg - Das Sanktionsregime der UNO im Irak, 2005, Hamburger Edition, auch in English (2006), Arabisch (2005) und Spanisch (2007)
Quellen
- ↑ Übersetzung eines Guardian-Artikels von Sponeck und Denis Halliday vom 29. November 2001
- ↑ Interview über Bericht der Volcker-Kommission (taz 29. Oktober 2005)
Weblinks
- Sponeck-Interview (FAZ-Net vom 24. Februar 2001)
- Welt-Tribunal über den Irakkrieg (Telepolis 28. Juni 2005)
- Artikel über die Gefahr des politischen Doppelstandards des Westens (Zeitfragen 18. Dezember 2006)
- „Die Schwelle“: Friedenspreisträger Hans-Christoph von Sponeck
Personendaten | |
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NAME | Sponeck, Hans-Christof von |
ALTERNATIVNAMEN | Hans von Sponeck |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher UN-Diplomat, Jurist und Autor |
GEBURTSDATUM | 1939 |
GEBURTSORT | Bremen |