Gallorömische Kultur
Als Gallo-römische Kultur wird die von der antiken römischen Zivilisation in Gallien beeinflusste Kultur bezeichnet. Diese entwickelte sich im Laufe der Romanisierung Galliens in der Zeit nach Augustus. Speziell gallo-römisch geprägt waren die Regionen Gallia Narbonensis, welche sich später zu Okzitanien entwickelte, sowie in einem geringeren Maße Aquitanien. Der Norden war jedoch weniger stark römisch beeinflusst und zählt somit nur bedingt dazu.
Römisch geprägt waren Städte wie Arles (ab dem Beginn des 5. Jahrhunderts Sitz der gallischen Prätorianerpräfektur), Autun, Narbonne, Nimes, Lugdunum (Lyon). In der Krisenzeit des Imperiums im 3. Jahrhundert war Gallien Teil des Imperium Galliarum, welches sich von der römischen Zentralgewalt gelöst hatte (259 bis 274), bis es von Kaiser Aurelian wieder eingegliedert werden konnte.
Im Laufe der Spätantike, als germanische Völkerschaften in das Imperium Romanum eindrangen und auch von Gallien Besitz ergriffen, kam es auch zu einer Transformation der gallo-römischen Kultur, auch wenn sich hier die Reste der römischen Zivilisation länger halten konnten als in anderen Teilen des auseinanderbrechenden Westreiches. Noch heute sind mehrere Amphitheater und Aquädukte in Südfrankreich zu besichtigen, die von dem hohen Grad der Romanisierung in diesem Raum Zeugnis ablegen.
Die Kirche übernahm Mitte bis Ende des 5. Jahrhunderts die Rolle des zusammenbrechenden weströmischen Staates als Autorität, wenn auch die Christianisierung zunächst einen Rückschlag erlitt, als die Franken Ende des 5. Jahrhunderts Besitz von dem Großteil Galliens ergriffen. Als Chlodwig I. zum Christentum übertrat, änderte sich dies jedoch, wenn auch eher langsam. Die Merowinger nutzten die gallo-römische Eliten für ihren Verwaltungsapparat, der sich noch teilweise am römischen Vorbild orientierte. Auch die Kirche nahm mehrere Gallorömer auf, die teils hohe Posten bekleideten; bedeutend war auch Caesarius von Arles. Der bedeutendste Gallo-Römer des 5. Jahrhunderts war Sidonius Apollinaris, der noch klassisch gebildet war und durch den die Kirche Teile der antiken Kultur dem Mittelalter bewahren konnte. Seine Briefe geben einen guten Einblick in die Verhältnisse Galliens am Ende der Spätantike.
Literatur
Vergleiche die Bibliographie im Artikel Spätantike. Ansonsten sei auf die Literatur hingewiesen, die im Artikel Gallien des Lexikon des Mittelalters aufgeführt ist (LexMA, Bd. 4, Sp. 1092-94).