Totenkopfschwärmer
Totenkopfschwärmer | ||||||||||||
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![]() Totenkopfschwärmer (Acherontia atropos) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Acherontia atropos | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |



Der Totenkopfschwärmer (Acherontia atropos) ist ein Schmetterling (Nachtfalter) aus der Familie der Schwärmer (Sphingidae).
Merkmale
Falter
Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 90 bis 115 mm (Männchen) bzw. 100 bis 122, maximal 130 mm (Weibchen), wobei in mitteleuropa aufgewachsene Tiere in der Regel etwas größer werden, als jene die aus dem Süden zuwandern. Ihr vollständig nahezu pelzig dicht beschuppter Körper wird bis ca. 60 mm lang und erreicht einen Durchmesser von etwa 20 mm. Damit ist der Totenkopfschwärmer die größte in Europa vorkommende Schwärmerart und zählt hier auch zu den größten vorkommenden Schmetterlingen überhaupt. Männchen erreichen ein Gewicht von zwei bis sechs Gramm, Weibchen von drei bis acht Gramm. Die Fühler der Männchen sind 10 bis 14,5 mm, die der Weibchen 10 bis 13 mm lang. Das Männchen besitzt ein spitz zulaufendes Hinterleibsende und ist vom Weibchen gut zu unterscheiden, bei dem dieses stumpf abgerundet ist.
Der Kopf und die Oberseite des Thorax sind schwarzbraun oder nahezu schwarz gefärbt. Auf dem Thorax kann man die charakteristische totenkopfähnliche Zeichnung erkennen, der die Art ihren deutschen Namen verdankt. Diese gelbe Zeichnung ist variabel und kann gelegentlich auch vollständig fehlen. Die Unterseite des Thorax und des Hinterleibs ist ockerfarben. Jedes Sternit auf der Unterseite des Hinterleibs trägt eine breite dunkle Querbinde, die Terga auf der Rückenseite des Abdomens sind seitlich ocker bis nahezu orangefarben und tragen mittig einen graublauen Längsstreifen. Der Hinterrand der Terga ist schwarz gerandet. Dadurch ergibt sich eine markante Doppelreihe aus ocker-/orangefarbenen Flecken am Hinterleib. Die letzten zwei, seltener drei Hinterleibssegmente sind beim Männchen entweder komplett graublau oder schwaz gefärbt. Beim Weibchen hat nur das letzte Segment eine solche Färbung.
Die Vorderflügel sind schattiert tiefbraun bis dunkelgrau gefärbt und sind mit rotbraunen bis ockerfarbenen oder mitunter weißlichen Flecken marmoriert. In der Flügelmitte befindet sich ein kleiner heller Punkt. Die variabel Musterung der Flügel kann sehr deutlich ausgebildet sein oder nahezu vollständig fehlen, wodurch die Vorderflügel nahezu gleichmäßig braun wirken. Auch der helle Punkt ist variabel ausgebildet. Die Hinterflügel sind auf der Oberseite ockerfarben und haben zwei auffällige dunkle Querbinden. Ihre Färbung ist ebenso sehr variabel. Die Binden können graubraun aufgehellt sein oder so stark ausgeprägt sein, dass sie nahezu miteinander verschmelzen. Die innere Binde kann gleich breit ausgebildet sein, wie die Binde nahe am Flügelaußenrand, man findet jedoch Individuen mit unterschiedlich breit ausgebildeter inneren Binde, bis hin zum völligen Fehlen dieser.
Wie für alle drei Arten der Gattung Acherontia typisch, aber und unter den Schwärmern einzigartig, besitzen die Tiere mit 12 bis 18 mm Länge einen verhältnismäßig kurzen aber sehr breiten und auch stabilen Saugrüssel. Er besteht nicht, wie bei anderen Schmetterlingen aus einer Röhre, sondern ist bandartig konstruiert und füllt auch nur die Hälfte der Rüsselscheide aus. An der Basis hat er eine Breite von 0,75 bis 1,25 mm und verjüngt sich zu einem spitzen Ende, das anders der restliche Rüssel ungezähnt ist. Diese Rüsselspitze ist auch besser beweglich, als bei anderen Schwärmerarten. Die Tiere besitzen weiters innenseitig an den Tibien (Schienen) der Vorderbeine eine Putzschuppe, die aus einem schwammig wirkenden, mit Borsten besetzten Plättchen besteht. Die Fühler werden geputzt indem sie zwischen dem Plättchen und der Tibia hindurchgezogen werden.
Raupe
Die Raupen werden 10 bis 12 Zentimeter lang, wobei sie ausgestreckt bis zu 15 Zentimeter messen. Grundfärbung ist meistens grünlich-gelb, wobei es auch grüne, schwarz-blaue, braune und türkisfarbene Raupen gibt. Sie haben am und um den Rücken regelmäßig angeordnete schwarze Punkte und eine auffällige Winkelzeichnungen die auf jedem Segment vom Rücken schräg auf die Seite vor die Stigmen verläuft. Diese Striche sind an der einen Seite sehr dunkelblau und laufen zur anderen nach hellblau verwaschen aus. Flankiert werden sie neben dem dunklen Rand von einem mehr oder weniger deutlichen weißlichen Strich. Die braun gefärbten Raupen haben kein Strichmuster, sie sind einfach hell- und dunkelbraun gezeichnet. Am Hinterleibsende tragen sie den für Schwärmer typischen Dorn, der bei jungen Raupen dunkel und glatt, bei älteren gelb und mit warzenartigen Pusteln bedeckt ist.
Ähnliche Arten
- Acherontia styx (Westwood, 1847), in Teilen Asiens vorkommend.
- Acherontia lachesis (Fabricius, 1798), in Ostasien vorkommend.
Verbreitung und Lebensraum
Gesamtverbreitung
Der Totenkopfschwärmer ist eine Art der Afrotropis, kommt aber auch in Nordafrika, dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten vor. Seine Verbreitung reicht im Osten von der Türkei bis in den Nordosten des Irans, sowie in die Ukraine, nach Turkmenistan, Kuwait und den Westen von Saudi Arabien.
In Europa kommt die Art an den südlichsten Küsten des Mittelmeers und auf den mediterranen Inseln sowie auf Madeira, den Kanarischen Inseln und den Azoren dauerhaft vor. Sie fliegt jedoch gelegentlich im Sommer als Wanderfalter weiter nördlich ein und kann dabei auch weit nach Nordeuropa und auch nach Island vordringen. Die nördlichste Verbreitung ist aus der russischen Stadt Izvail in der Republik Komi, nachgewiesen. Die Wanderflüge der Art reichen in den afrikansichen Tropen bis Ascension.
Lebensweise
Die Falter ernähren sich von Honig, den sie direkt in Bienenstöcken stehlen. Sie werden beim Eindringen in den Stock von den Bienen nicht erkannt, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass sie einen den Bienen vertrauten Geruch haben. In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass der Duftstoff der Honigbienen und der der Totenkopfschwärmer vier Hauptverbindungen gemein haben. Diese Verbindungen konnten auch bei Schwärmern isoliert werden, die bislang noch keinen Kontakt mit einem Bienenvolk hatten, was ein starkes Indiz dafür ist, dass die Schwärmer die Duftstoffe selbst erzeugen können. Es kann daher als weitgehend gesichert gelten, dass Totenkopfschwärmer die Bienen täuschen, indem sie sich mit einem Duft tarnen, der dem Duft der Honigbienen gleicht.[1]
Die Falter können mit ihren starken Rüssel auch bereits verdeckelte Honigwaben durchstechen und deren Inhalt aussaugen. Wenn sie gereizt werden, können sie einen pfeifenden, schrillenden Ton von sich geben, indem sie aus einer sehr großen Saugblase im Vorderteil des Hinterleibs Luft durch eine Rüsselspalte ausstoßen. Die Raupen können mit ihren großen Mandibeln knisternde Geräusche erzeugen.
Flug- und Raupenzeiten
An bodenständigen Standorten reicht seine Flugzeit im Normalfall von Mai bis September, vereinzelt können Falter aber auch bereits im Februar oder noch im Oktober beobachtet werden. In Mitteleuropa werden sie in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen hauptsächlich von August bis Oktober angetroffen. Die Raupen findet man Juli bis in den August.
Nahrung der Raupen
Die Raupen ernähren sich besonders von Kartoffelpflanzen (Solanum tuberosum) und von anderen Nachtschattengewächsen wie z. B. von Bittersüßem Nachtschatten (Solanum dulcamara), Lycium europaeum, Gemeinem Bocksdorn (Lycium barbarum), Stechäpfeln (Datura), Schwarzer Tollkirsche (Atropa belladonna) und Virginischem Tabak (Nicotiana tabacum), aber auch von Gewöhnlichem Liguster (Ligustrum vulgare), Gemeinem Flieder (Syringa vulgaris), Oleander (Nerium oleander), Gemüsekohl (Brassica oleracea) und anderen Pflanzen.[2]
Entwicklung
Die Weibchen legen ihre Eier hauptsächlich einzeln auf der Unterseite älterer Blätter ab. Sie sind oval, fahlgrün gefärbt und etwa 1,5 x 1,2 Millimeter groß. Die Raupen sind anfangs noch hell, weißlich gefärbt, werden später grün und entwickeln erst nach einiger zeit ihr typisches Muster. Die Verpuppung findet 15 bis 40 Zentimeter tief in der Erde statt. Dazu gräbt sich die Raupe ein und baut eine kleine Kammer. Darin verpuppt sie sich zu einer 75 bis 80 Millimeter langen, mahagonibraunen und glänzenden Puppe.
Die Fortpflanzung in Mitteleuropa ist noch nicht endgültig geklärt.[3]
Parasitismus
Am Totenkopfschwärmer parasitieren verschiedene Arten von Schlupfwespen (Ichneumonidae) und Raupenfliegen (Tachinidae)[2]:
- Ichneumonidae
Trivia
In dem Film „Das Schweigen der Lämmer“ wird eine Puppe des Totenkopfschwärmers im Mund einer Wasserleiche gefunden. Die Puppe wird im Film als Acherontia styx bestimmt, die später gezeigten Imagines sind allerdings Acherontia atropos.
Taxonomie und Systematik
Der Totenkopfschwärmer wurde 1758 von Carl von Linné in der 10. Auflage seines Werks Systema Naturae als Sphinx atropos erstbeschrieben. Jacob Heinrich Laspeyres stellte die Art 1809 in die von ihm neu aufgestellte Gattung Acherontia, der die Art heute noch zugerechnet wird.[4] Der Gattungsname Acherontia ist von Acheron, einem der fünf Flüsse der Unterwelt aus der griechischen Mythologie abgeleitet. Das Artepitheton leitet sich von der Schicksalsgöttin Atropos ab, einer der drei Moiren aus der griechischen Mythologie. Ihre Aufgabe ist es, den Lebensfaden zu zerschneiden. Auch die Namen der zwei weiteren Arten der Gattung haben Bezug zur griechischen Unterwelt.[5]
Die Gattung Acherontia wird gemeinsam mit vier anderen Gattungen in die Tribus Acherontiini gestellt, deren Monophylie gut begründet ist. Die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Gattungen innerhalb der Tribus sind nicht vollends erforscht, sicher scheint jedoch, dass Acherontia am nahesten mit der Gattung Coelonia verwandt ist, die demnach die Schwestergruppe bildet. Die drei Arten der Acherontia sind dabei von Coelonia gut abgegrenzt. Anhand von morphologischen Untersuchungen von Imagines, Raupen, Puppen und Raupennahrungspflanzen konnte gezeigt werden, dass Acherontia atropos mit Acherontia styx nächstverwandt ist, das Schwestertaxon der beiden Arten ist Acherontia lachesis.[5]
Es ergeben sich in der Gattung Acherontia also folgende Verwandtschaftsverhältnisse: Vorlage:Clade
Synonyme
- Atropos solani Oken, 1815, Okens Lehrbuch Naturgesch. 3(1): 762.[2]
- Acherontia sculda Kirby, 1877, Trans. ent. Soc. Lond. 1877: 242.[2]
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ Christopher McGowan: The Raptor and the Lamb – Predators and Prey in the Living World, Penguin Books, London 1998, ISBN 0-14-027264-X, S. 104
- ↑ a b c d Sphingidae of the Western Palaearctic. A.R. Pittaway, abgerufen am 4. September 2009.
- ↑ Günter Ebert: Die Schmetterlinge Baden Württembergs Band 4, Nachtfalter II (Bombycidae, Endromidae, Lemoniidae, Saturniidae, Sphingidae, Drepanidae, Notodontidae, Dilobidae, Lymantriidae, Ctenuchidae, Nolidae), Ulmer Verlag Stuttgart 1994, ISBN 3-800-13474-8
- ↑ Acherontia atropos (Linnaeus 1758). Fauna Europaea, Version 1.3, 19.04.2007, abgerufen am 4. September 2009.
- ↑ a b Ian J. Kitching: Phylogeny of the death´s head hawkmoth, Acherontia [Laspeyres], and related genera (Lepidoptera: Sphingidae, Acherontiini), Systematic Entomology 28 (2003) 71-88
Literatur
- Rolf Reinhardt, Kurt Harz: Wandernde Schwärmerarten. Totenkopf-, Winden-, Oleander- und Linienschwärmer. [Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 596]. Westarp & Spektrum, Magdeburg, Heidelberg, Berlin und Oxford 1996, ISBN 3-89432-859-2
- Michael Chinery: Pareys Buch der Insekten. Ein Feldführer der europäischen Insekten. Verlag Paul Parey, Hamburg u. Berlin 2004, ISBN 3-440-09969-5
Weblinks
- www.lepiforum.de Fotos und Taxonomie
- www.schmetterling-raupe.de
- Moths and Butterflies of Europe and North Africa (englisch)
- Markku Savela: Lepidoptera and some other life forms (englisch)
- Erregungslaute des Falters
- Fauna Europaea Taxonomie (englisch)