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Stadtkirche Friedberg

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Stadtkirche Unserer Lieben Frau
Die Fassade der Stadtkirche

Die evangelisch-lutherische Stadtkirche Unserer Lieben Frau in Friedberg (Hessen) ist eine gotische Hallenkirche, die in der Zeit zwischen 1260 und 1410 erbaut wurde. Der Innenraum steht dabei in der Nachfolge der Elisabethkirche (Marburg). Als Kostbarkeiten gelten der gotische Lettner, das spätgotische Sakramentshaus und bedeutende Reste an Glasmalerei des 14. und 15. Jahrhunderts.

Geschichte

Seitentür der Stadtkirche

Bereits um 1210 entstand an der Stelle der heutigen Stadtkirche der romanische Vorgängerbau im Stile einer Basilika. Noch heute sind Teile des Lettners des Vorgängerbaus in der Kirche erhalten.

Aufgrund enormer wirtschaftlicher Blüte der Stadt Friedberg in der Mitte des 13. Jahrhunderts, wurde der teilweise noch relativ junge Kirchenbau durch einen größeren ersetzt. Ab 1280 begannen die Arbeiten am neuen Chor. Am 29. Mai 1306, am Sonntag nach Pfingsten, wurde der Hochaltar geweiht. Der damalige römisch-deutsche König Albrecht I. war unter den Ehrengästen. Um 1380 war der gesamte Innenraum fertig gestellt. Wegen Steitigkeiten der Reichsstadt Friedberg mit der Burgmannschaft der unmittelbar benachbarten Reichsburg Friedberg wurde im Jahr 1410 der Ausbau der ursprünglich geplanten Doppelturmfassade gestoppt. Die Burgmannschaft fürchtete, dass die Stadt die Kirchtürme als Wehrtürme gegen die Burg nutzen könnte. Der Nordturm erhielt einen verschieferten Fachwerkaufsatz und erreichte damit eine Gesamthöhe von 62 Metern. Der Südturm blieb bis auf die Erdgeschosshalle unvollendet.

Nach der Reformation wurde die Kirche evangelisch. Kleinere Schäden am Bauwerk im Dreißigjährigen Krieg wurden in den folgenden Jahrzehnten wieder beseitigt. Nach Jahren des wirtschaftlichen Abstiegs wurde die Kirche im 19. Jahrhunders so baufällig, dass zur Rettung der Kirche der Verkauf des Großteils des Friedberger Kirchenschatz nötig wurde. Wegen Einsturzgefahr wurden 1896-1901 Chor und Querhäuser abgetragen und wieder aufgebaut, die übrigen Teile der Kirche restauriert. Zusätzlich erhielt der unvollendete Südturm einen neuen, dem Rest der Kirche angepassten, Außenschmuck. Bereits ab 1886 war man bestrebt, die bedeutenden mittelalterlichen Glasmalereien zu restaurieren und die Farbverglasung der Kirche zu vervollständigen. Zahlreiche Fenster und Ergänzungen entstanden 1900-1918 im Frankfurter Atelier von Alexander Linnemann.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Kirche nur kleinere Schäden und wurde zwischen 1957 und 1964 erneut umfassend saniert. Dies geschah unter der Aufsicht Theo Kellners, der auch die neue Sakristei erbaute. Das Gesamtbild des Innenraumes des Kirchenschiffs wurde durch die Glasmalereien von Charles Crodel (1962-1964), Elfriede Böhmer (1977) Blasius Spreng (1985), Hans-Gottfried von Stockhausen (1986) und Helmut Lander (1994) zu einem Gesamteindruck gebunden. Auch die Glasmalereien der Sakristei und die Bemalung der Kanzel vor dem spätgotischen Lettner sind von Crodel. Im Jahr 2006 feierte die Kirchengemeinde das 700jährige Jubiläum der Kirche mit zahlreichen Veranstaltungen. Es finden regelmäßig kirchenmusikalische Konzerte statt.

Ausstattung

Der Lettner

Der mittlere Teil des Lettners entstand um 1240. Er war bereits Bestandteil des romanischen Vorgängerkirche. Um 1430 erhielt der Lettner seine heutige Gestalt im Stil der Gotik. Zwei spitzbogige Türen verzweigtem Maßwerk wurden ergänzt. Über eine Steintreppe ist die Tribüne des Lettners zu betreten. Unterhalb des Lettners befindet sich der Altar "Zum Heiligen Kreuz". Dieser diente früher der Gemeinde als Altar. Oberhalb befindet sich ein überlebensgroßes Kruzifix, das um das Jahr 1500 geschaffen wurde. Es wurde erst 1934 an seinen jetzigen Standort gebracht und hing urspünglich in einer anderen Kirche.

Auf der linken Lettnerseite befindet sich die Friedberger "Lettnermadonna", eine kostbare gotische Skulptur, die um 1280 entstand. Sie zeigt Maria als gekrönte Königin mit Jesusknaben auf dem Arm.

Der Chor

Der Chor der Kirche enthält ein eichenes Chorgestühl aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Es besteht aus 20 Klappsitzen und ist geschmückt mit größtenteils restaurierten Tafelmalereinen aus dem 15. Jahrhundert. An der Nordwand der Chorraums ist das 14 Meter hohe Sakramentshaus zu finden. Es gilt als besonderes Meisterwerk mittelalterlicher Steinmetzkunst und wurde 1482/84 von dem Frankfurter Bildhauer Hans von Düren geschaffen.

Die Glasmalereinen

Die drei zentralen Glasfenster der Stadtkirche stammen noch aus dem Mittelalter, wurden allerdings im Rahmen der Restaurierungsarbeiten um 1900 überarbeitet. Maria, der die Kirche geweiht wurde, steht im Mittelpunkt des zentralen Chorfensters. Hinzu kommen zahlreiche Heiligendarstellungen. Entworfen wurden die Fenster von dem heute unbekannten Friedberger Maler Henritz Heyl und bis 1481 in den Chor eingebaut. 1890 wurden durch Alexander Linnemann unter anderem drei Wappen in das Fenster ergänzt. Linnemanns neugotische Fenster von 1900/1901 machen bis heute einen Großteil der Fenster aus. Helmut Landers "Ökumene-Fenster" (1994) ist das zuletzt entstandene der Fenster und unterscheidet sich in Farbe, Form und Motivik deutlich von den anderen Fenstern.

Literatur

  • Ernst Götz: Die Stadtkirche unserer Lieben Frau zu Friedberg, Deutscher Kunstverlag: München und Berlin, 2. Aufl. 1974 (Grosse Baudenkmäler Heft 203)
  • Ernst Götz: Die Stadtkirche Unserer Lieben Frau in Friedberg in Hessen. Königstein i. Ts. 2006 (= Die Blauen Bücher). ISBN 3-7845-4490-8
  • Michael Keller (Hg.): Erhalten. Erneuern. Ergänzen. 100 Jahre Renovierung der Stadtkirche Friedberg. Bindernagelsche Buchhandlung; Friedberg 2001. ISBN 3-87076-091-5

Koordinaten: 50° 20′ 12,5″ N, 8° 45′ 19,1″ O