Zellularmedizin
Die so genannte Zellular-Medizin nach Dr. Matthias Rath ist eine umstrittene, alternativmedizinische Behandlungsmethode in der Nachfolge der vom Chemiker Linus Pauling empfohlenen Hochdosierung von Vitaminpräparaten. Nach Raths Theorie leiden fast alle Menschen an chronischem Vitaminmangel und nahezu alle Krankheiten beruhen auf einem Mangel an Lysin und Vitamin C - dadurch würde das Gleichgewicht von bindegewebs-abbauenden und -aufbauenden Mechanismen zugunsten des Abbaus verschoben und es Krankheitserregern oder Krebszellen ermöglicht, das sie umgebende Bindegewebe aufzulösen und sich im Körper auszubreiten.
Matthias Rath vertreibt entsprechende, in Deutschland als Nahrungsergänzungsmittel zugelassene (?) Mittel. Diese enthalten Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren, Flavonoide sowie weitere Nahrungsergänzungsstoffe in unterschiedlichen Zusammensetzungen und teilweise extrem hoher Dosierung (bis zum mehrhundertfachen der offiziellen Empfehlungen).
Durch Kombinationen von drei bis sechs der Rathschen Mittel sollen zahlreiche Krankheiten wie Arterienverkalkung, Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Diabetes, Hohes Cholesterin, Krebs und auch Virusinfektionen wie Aids nebenwirkungsfrei und preiswert behandelbar sein.
Rath versucht seit einigen Jahren, Arzeinmittelzuassungen für seine Präparate zu erhalten, die aufgrund fehlender Wirksamkeitsnachweise regelmäßig nicht gewährt werden. In Folge dieser Ablehnungen fährt Rath ebenfalls seit geraumer Zeit regelmäßige Werbekampagnen, in denen er auf Plakaten und in Anzeigen ein "Neues Gesundheitswesen" propagiert und behauptet, die Zellular-Medizin werde durch ein weltweites Kartell der Pharmaindustrie an ihrer Durchsetzung gehindert:
- "Es dient den Interessen der Pharma-Industrie, einer Investment-Industrie, die mit dem Fortbestand von Krankheiten Milliardengewinne erzielt. Vorbeugung und Ausmerzung von Krankheiten sind geschäftsschädigend für die Pharma-Industrie und werden von deren Lobby bekämpft."
Um politische Entscheidungen in seinem Sinn zu beeinflussen, werden Raths Anhänger aufgefordert, seinen "Offenen Brief" per E-Mail an Politiker zu versenden.
Rath vertreibt die von ihm empfohlenen Präparate über seine eigene Firma in den Niederlanden, da ihre Inhaltsstoffe in der darin enthaltenen Dosis in Deutschland nicht zugelassen sind. Die Preise dieser Präparate wurden häufiger kritisiert, da sie erheblich über denen vergleichbarer Konkurrenzprodukte liegen. In den USA hat Rath die Inhaltsstoffkombinationen seiner Mittel zum Patent angemeldet.
Wissenschaftliche Bewertung
Auch wenn Rath zahlreiche Studien und Fallbeschreibungen anführt, gilt die Zellular-Medizin als nicht wissenschaftlich belegt, da diese Studien nicht den gültigen Standards entsprechen. Fallbeschreibung sind nach diesen Standards untauglich für einen Nachweis - sie können allenfalls Hinweise auf mögliche Zusammenhänge liefern.
Die grundsätzliche Bedeutung der Inhaltsstoffe der Rathschen Mittel für die Gesundheit ist unumstritten, doch ein positiver Effekt extrem hoher Dosierung, wie in der Zellular-Medizin, gilt als fragwürdig - zumal ein erheblicher Teil der Inhaltsstoffe bei Hochdosierung nach kurzer Zeit wieder ausgeschieden wird. Sehr hohe Mengen von Vitaminen können auch toxisch wirken und unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen sind möglich.
Die Schweizerische Studiengruppe für komplementäre und alternative Methoden bei Krebs (SKAK) kommt in in der Zusammenfassung einer Untersuchung der Zellular-Medizin als Krebstherapie zu diesem Urteil:
- "Nahrungsergänzungsmittel können pharmakodynamische Effekte haben. Bisher liegen allerdings nur wenig Studien vor, die auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Mikronährstoffen und Krebserkrankungen hinweisen. Eine krebsheilende Wirkung ist bislang für keine Substanz belegt. Ebenso gibt es keinen Beweis dafür, dass die von Matthias Rath verkauften, teilweise hoch dosierten und teuren Präparate der Krebsvorbeugung dienen, geschweige eine Heilung bei Krebs bewirken. Rath bleibt den Beleg für die Richtigkeit seiner Behauptungen schuldig. Der Nachweis einer Wirkung kann medizinisch-naturwissenschaftlich nicht aufgrund von Analogieschlüssen aus In-vitro-, aus Tier- oder Zellexperimenten erbracht werden. Darüber hinaus fehlt der Nachweis der Unbedenklichkeit der verkauften Präparate. Die SKAK rät deshalb von diesen Präparaten ab." (Quelle: Krebsliga Schweiz)
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