Flamenco
Flamenco ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Liedern und Tänzen aus Andalusien. Die Herkunft des Begriffs und die Entstehung des Flamenco sind stark umstritten. Es werden Einflüsse aus verschiedensten Bevölkerungsgruppen, wie den Vandalen, Phöniziern, Griechen, Arabern, Juden und Iberern angenommen. Seit dem 19. Jahrhundert wurde der Flamenco stark durch die Gitanos (andalusische Zigeuner) geprägt.
Flamenco besteht traditionell aus Cante (Gesang), Toque (das Spiel der Gitarre) und Baile (Tanz). Eine Besonderheit beim Flamenco ist der Rhythmus (Compás), da die meisten Formen nicht im 3/4- oder 4/4-Takt gespielt werden, sondern in einem 12er-Schema mit unterschiedlichen Betonungen. Harmonisch basiert die Musik auf der sog. andalusischen Kadenz, dem dorischen Modus und dem phrygischen Modus, bzw. Zigeunermoll. Der Gesang zeichnet sich durch die starke Verwendung von Melismen aus.
Formen und ihre regionale Herkunft
- die Sevillanas: Sevilla (siehe Feria de Sevilla und die Wallfahrt zu El Rocío): Ein schneller 3/4-Paartanz in Dur- oder Mollmodus, der oft bei Festen getanzt wird. Von vielen Flamencologen als "aflamencado" angesehen. ("Flamencohaft" aber nicht dem Flamenco zugehörend)
- die Bulerías: Jerez de la Frontera, Cádiz: die vielleicht flexibelste und in ihrer Komplexität schwierig zu interpretierende Form des Flamenco. Bulerias werden im alternierenden 6/8,3/4-Takt gezählt. modo dórico und modo mayor y menor. (Dorischer Modus und Dur-und(oder) Mollmodus).
- Soleares: majestätisch im Rhythmus, eine der ältesten Formen des "cante jondo" (tiefen Gesangs) modo dórico. Wichtigste regionale Formen: de Alacalá, de Triana, de Cordoba,
- Soleá por Bulerias: eine Soleá mit Bulerias-Harmonie (modo dórico). 12er Takt (1,2,^3,4,5,^6,7,^8,9,^10,11,^12)^=Akzent. Etwas schneller als Soleares.
- Fandangos naturales: Bimodaler Modus. Die Urform und Ursprung aller Derivate wie Malagueña, Taranta,Granaina,Minera etc. Ohne fixe rhythmische Struktur.
- Fandangos de Huelva: Fandangos acompasados.Alle Fandangos der Provinz Huelva sind rhythmisch determiniert.
- Alegrías: Cádiz
- Malagueñas: Die Familie der M. umfasst 18 exakt unterscheidbare Abarten. Málaga
- Siguiriyas: Der "Blues" unter den Flamencogesängen. Immer dramatisch. Ein Aufschrei. modo dórico. 3/4 + 6/8 Takt alternierend. Am zweiten Taktteil des 3/4 Takts beginnend. Mit der Soleares die älteste und ursprünglichste Form des cante jondo.
- der Taranto und Cante de las Minas: Almería und Jaén
- Tientos: langsamer 4/4-Takt im 6/8 Feeling. Eine der ältesten Formen des cante jondo.
- Tarantos. rhythmischer Tanz. Gehört zu den Cantes de Levante.
- Rumba: oft sehr schnell gespielt. Laut Flamencologen ein "cante de ida y vuelta" kubanisch-afrikanischen Ursprungs.
- Tangos: sehr alte 4/4-Form mit einprägsamen Rhythmus. Nicht zu verwechseln mit dem lateinamerikanischen Tango (tango argentino!))
- Tanguillo: Rhythmisch anspruchsvoll durch triolisch aufgelösten 3/4-Takt mit diversen Tempiwechsel.
- Colombianas: 4/4-Takt, schwungvolle Tänze mit Zitaten aus Mittel- und Südamerika.
- Farruca: sehr zackige Form, oft spektakulär, von Männern gern getanzt.
- Garrotin
- Granaina
- Zambra: arabisch inspirierte Tanzform vor allem in Granada in den Höhlen des Sacro Monte interpretiert.
- Saeta: Gesang der meist an Ostern in der Semana Santa zu Ehren der Virgen (Jungfrau Mutter Gottes) in den Prozessionen gesungen wird. Cante a palo seco ("Gesang am trockenen Stamm"). Alle Gesänge ohne Instrumentalbegleitung werden so bezeichnet.
- Martinete: A palo seco. Modo dórico. Schmiedegesang im Siguiriya-Rhythmus.
- Guajira: Cante de ida y vuelta. "Gesang der gegangen und wieder gekommen ist". Von den spanischen Conquistadoren nach Südamerika und verändert zurückgekommene Gesänge werden so benannt. Dazu gehören außer der G., colombianas, milongas, rumbas.
Cante
Der Cante bildet die Grundlage all dessen was Flamenco darstellt. Zum Cante kamen Rhythmus (Händeklatschen - Palmas), Tanz (Baile) und dann zuletzt die Gitarre hinzu.
Der Gesang ist auf Grund seiner arabischen Melismatik und des dorischen Modus für Mitteleuropäer äußerst schwierig zu verstehen. Darüber hinaus werden die die oft sehr lokalgebunden coplas(Gesangsstrophen)in regionalen Dialekten vortragen. Man unterscheidet generell den cante grande oder cante jondo vom cante chico: das das Äquivalent der E-Musik und der U-Musik des Flamenco. Wer erlebt hat, mit welcher Inbrunst ein sogenannte cante chico wie die Alegrías vorgetragen werden kann, wird diese Begriffe mit Vorbehalt benutzen. Typisch für den cante jondo sind u.a. die Siguiriyas, der Taranto, die Soleá (oder Soleares), die Malageñas. Typische Vertreter des cante chico sind Alegrías, Bulerías, der Tango flamenco, der Fandango, die Rumba und auf jeden Fall auch die bekannten Sevillianas.
Viele Texte sind überliefert und werden wenig verändert. Jedoch findet immer wieder neue Lyrik Eingang in den cante(Gesang). Themen sind oft der Verlust oder die unerreichte Liebe, das Leid und die Ungerechtigkeit. Alle Aspekte des Lebens finden in den Gesangsstrophen ihren Niederschlag.
Toque
Die Gitarre ist wohl das wichtigste Instrument des Flamenco und wird meist nur von Männern gespielt. Flamencogitarren sind anders als normale klassische Gitarren flacher und perkussiver gebaut, und haben einen durchdringenden Klang, da sie sich auch unverstärkt "gegen" Gesang und Fußarbeit des Tanzes durchsetzen müssen. Es gibt noch viele kleinere Handwerksbetriebe in Spanien, wo Flamenco-Gitarren per Hand gebaut werden.
Die Technik der Flamenco-Gitarre weicht in Handhaltung und Spielweise erheblich von klassischer Spielweise ab.
Die wichtigsten Techniken sind:
- Pulgar-Technik - die spezielle Daumentechnik des Flamenco
- Picado - die hart klingende Melodiespielweise
- Alzapua - eine sehr schnelle Daumenbewegung, die dem Spiel mit einem Plektrum gleicht
- Arpeggio - eine schwierige Zupftechnik, die auch in der klassischen Spielweise benutzt wird.
- Tremolo - diese Technik gleicht dem des klassischen Tremolo, wobei diese mit Zeigefinger, Ringfinger, Mittelfinger und Zeigefinger ausgeführt wird und nicht wie im klassischen mit Ringfinger, Mittelfinger und Zeigefinger.
- Rasgueados - verschieden klingende druckvolle Technik, bei der, je nach Art des Rasgueado, 3 oder 4 Finger in schneller Abfolge gespielt werden. Es entsteht ein "rasselnder" Ton
- Golpe - ist die Bezeichnung für das Klopfen mit dem Finger auf die Gitarrendecke. Deshalb haben Flamenco-Gitarren meist einen Hartplastik-Schlagschutz vom Schallloch bis zum Steg.
- Apagado - Dies ist eine spezielle Abdämpftechnik, kann sowohl mit der linken oder rechten Hand während des Spiels benutzt werden.
Der Gitarrist begleitet traditionell den Sänger oder die Tänzerin. Dabei ist der Compás das Wichtigste. Eine Soloeinlage nennt man Falseta und spezielle Teile für den Tanz Escobilla.
Als Schlagwerk dient meist der Cajón (auch Rumbakiste genannt)- eine Holzkiste, die innen mit Drähten und Federn verspannt ist und so ein komplettes Schlagzeug simulieren kann; aber auch Tabla und andere Trommeln werden benutzt.
Traditionell werden auch die Kastanietten verwendet - zwei löffelförmige Hölzer, die mit den Händen zum Klappern gebracht werden. Im modernen Flamenco verlieren sie jedoch immer mehr an Bedeutung.
Sehr wichtig sind auch die Palmas ("Handflächen") - das Klatschen. Es gibt zwei Arten von Palmas: Palmas claras, die lauten peitschenden und Palmas sordas, die leisen, dumpf geklatschten. Gute Palmeros sind rar, da diese oft mehrere Minuten sehr schnell und genau, sowie oft versetzt mit einem zweiten Palmero klatschen müssen.
Zu den Palmas werden bei den Flamencos, also denen, die es wirklich beherrschen, oft auch Kontras eingesetzt. Kontras werden sehr oft mit dem Mund als eine Art Schnalzlaut asynchron zu den Palmas eingebracht.
Baile
Der Tanz ist das Zentrum des Flamencos. Was auch nicht verwunderlich ist, da chronologisch nach dem cante erst der Tanz aufkam, dann der Rhythmus und zuletzt die Gitarre. Die TänzerInnen brauchen höchste Konzentration. Sie sind völlig im Zentrum des Geschehens. Die anderen Musiker, außer dem Sänger, sind dem Tänzer/der Tänzerin untergeordnet und passen sich dem Tanz an.
Männer und Frauen tanzen normalerweise allein, also nicht Paarweise (außer bei Sevillanas, die eigentlich nicht mehr zum Flamenco gezählt werden). Die TänzerInnen tragen traditionell Schuhe mit nägelbeschlagenen Absätzen aus Holz, die dazu dienen den Rhythmus zu schlagen. Dies geschieht allerdings nicht, wenn der Sänger seine Strophen singt. Zwischen Gesang und Tanz herrscht also ein komplexes Wechselspiel, das für den ungeübten Zuschauer kaum zu durchschauen ist, aber sehr strengen Regeln folgt.
Der Flamenco-Tanz ist allerdings nicht völlig zentriert auf die rhythmische Fußtechnik. Wie bei kaum einen anderen Tanz (außer Ballett) ist beim Flamenco jeder Teil des Körpers involviert: Oberkörper, Arme, Hände, Finger, ja selbst die Blickrichtung ist wichtig. Vor allem die langsamen Passagen verlangen von einem Tänzer/einer Tänzerin sehr viel Ausdrucksstärke, um die Spannung aufrecht zu erhalten.
Die vielgestaltige Abwechslung zwischen schnellen Fußtechniken und langsamen Passagen machen den eigentlichen Reiz und die Schönheit des Flamenco-Tanzes aus. Der typische Flamenco-Stil ist ein sehr bodenverhafteter Tanz, bei dem sich viele Impulse nach unten richten, also „erdverbunden“ im Gegensatz etwa zur typischen Ballettfigur, die meist von schwebendener Leichtigkeit durchdrungen ist.
Die Frauen tragen immer Röcke, die einen besonderen Schnitt haben, da sie beim Tanz eingesetzt werden. Die Männer tragen oft auch traditionelle Kleidung. Gegenteilig zu der weit verbreiteten Annahme werden nur in sehr wenigen Tänzen, und auch nur von Frauen, Castagnetten (Castanuelas) verwendet. Der große Unterschied im Tanz der Männer zu dem der Frauen ist, dass bei den Tänzern häufig eckige und zackige Formen eingebaut werden, während die Tänzerinnen mehr runde Bewegungen zeigen. Außerdem sind die Hand- und Armbewegungen im Ausdruck sehr unterschiedlich, lassen sich aber auf dieselbe Grundform zurückführen. Die verschiedenen Formen passen sich seit einiger Zeit jedoch immer mehr aneinander an. So gibt es Tänzer, die z.B. auch mehr Hüftbewegungen einsetzten und die für den Flamenco so typische Handdrehung (floreos) schon weitgehend der weiblichen Form angepasst haben.
Auf Bühnen (meist Kleinbühnen) werde einstudierte Choreographien vorgetanzt. Dabei werden normalerweise traditionelle Elemente und Schritte verwendet, die nur sehr fortgeschrittene TänzerInnen spontan im Wechselspiel mit dem Sänger zusammenstellen können. Wenn Flamenco-TänzerInnen eine klassische Tanzausbildung genossen haben, was bei dem hohen körperlichen sowie künstlerischen Anspruch dieses Tanzes naheliegend ist, werden auch Flamenco-Tänze mit neueren Tanzschritten verbunden (z.B. Joaquin Cortez). Puristen dieser Kunst verabscheuen diese Aufweichung der Tradition, allerdings kann man entgegenhalten, dass der Flamenco-Tanz schon immer im Wandel und nie allzu starr war.
An dieser Stelle wäre noch zu unterscheiden, zwischen dem Flamenco-Tanz der in Tanzschulen gelehrt wird und den Ursprüngen dieser Kunst. Dabei werden zwar dieselben Schritte und ganze Choreographien gelehrt, aber der ursprüngliche Flamenco baut auf einer anderen Tradition. Dazu muß noch einmal die Geschichte dieser Kunstform bemüht werden. Innerhalb der relativ armen und isolierten Bevölkerungsschicht der Gitanos war der Flamenco nicht eine Bühnenkunst, sondern Familienkunst, die man im kleineren Kreis ohne Zuschauer gepflegt hat, und die als Hauptzweck die Entwicklung und Bewahrung einer Identität besaß. In dieser Weise war Flamenco eine spontane und glaubwürdige Darstellung der Gefühle, der (Familien-)Geschichte und des persönlichen Schicksals. Nur in diesem Zusammenhang ist der sog. Duende zu verstehen, der das höchste Verbundensein mit Tanz und Gesang zum Ausdruck bringt. Davon wesentlich verschieden in der Intention ist die Entwicklung des Flamencos für die Bühne. Während viele der ganz großen Flamenco-Künstler auch heute noch aus den Kreisen stammen, in denen die ursprüngliche Form des Flamenco weiterlebt, hat der Flamenco der Tanzschule und der Bühne dennoch wenig gemein mit seinen eigentlichen Wurzeln.
Der Flamenco ist eine echte Volkskunst. In peñas flamencas (eine Art Verein) werden wöchtentlich Künstler eingeladen und gemeinsam angesehen und angehört.
Wichtige Persönlichkeiten
Gitarristen:
Vicente Amigo, Paco Cepero, Paco de Lucía, Carlos Montoya, Ramon Montoya, Gerardo Núñez, Paco Peña, Nino Ricardo, Rafael Riqueni, Manolo Sanlúcar, Tomatito
Tänzerinnen und Tänzer:
Carmen Amaya, Sara Baras, Antonio Canales, Ciro, Joaquín Cortez, Antonio Gades, Cristina Hoyos, Andrés Marín, Joaquín Ruiz, Mercedes Ruiz, Sara Vargas
Sängerinnen und Sänger:
Antonio Chacón, El Chocolate, Fosforito, El Indio Gitano, Camarón de la Isla, El Lebrijano, Antonio Mairena, José Mercé, Enrique Morente, Pansequito, La Perla de Cádiz, Manuel Torre
Weblinks
- ANDA deutschsprachige Flamenco-Zeitschrift
- http://www.andalucia.org/flamenco/index.php?idioma=ger Spanisches Portal für Flamenco-Tourismus (teilweise spanisch)
- http://www.flamenco-seiten.de Adressensammlung (englisch)
- http://www.inspiracion-andaluza.de
- Flamenco Fotos
- http://www.flamencofoto.de
- http://www.xs4all.nl/~davidbos/flamenco Niederländisches Portal (englisch)