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Medizinisch-Psychologische Untersuchung

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MPU ist die Abkürzung für medizinisch-psychologische Untersuchung, umgangssprachlich auch Idiotentest genannt. Ziel der MPU ist es, festzustellen, ob die Kraftfahreignung eines Kandidaten besteht bzw. wiederhergestellt ist.

Grundlagen für die Durchführung

Die Untersuchung wird von der Fahrerlaubnisbehörde (i. d. R. die Führerscheinstelle des zuständigen Landratsamtes) angeordnet, wenn Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges bestehen. Die Hauptuntersuchungsanlässe sind:

  1. Alkohol: Ein Kraftfahrer ist entweder mehrfach mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen oder einmal mit einer Promillezahl von 1,6 Promille oder größer (dieser Wert gilt auch für Trunkenheitsfahrten mit dem Fahrrad).
  2. Drogen: Ein Kraftfahrer ist unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr aufgefallen oder der Fahrerlaubnisbehörde liegen Hinweise darauf vor, dass ein Kraftfahrer Drogenkonsument ist.
  3. Punkte: Mehr als 18 Punkte beim Verkehrszentralregister in Flensburg.
  4. Strafrechtliche Auffälligkeiten: Der Kraftfahrer ist strafrechtlich mehrfach in Erscheinung getreten oder mit Straftaten aufgefallen, die auf eine besonders hohe Aggressivität oder geringe Impulskontrolle schließen lassen.

Andere Untersuchungsanlässe können z. B. die vorzeitige Erteilung einer Fahrerlaubnis oder körperliche/psychische Erkrankungen/Behinderungen sein.

Jedes MPU-Unternehmen unterliegt der regelmäßigen Kontrolle der BASt (Bundesanstalt für Straßenwesen) und ist zur Einhaltung umfangreicher gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet. Das Ergebnis einer MPU stellt keine verbindliche Anordnung, sondern eine Empfehlung dar, die tatsächliche Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt bei der zuständigen Führerscheinstelle.

Bestandteile einer MPU

Eine vollständige MPU besteht aus folgenden Untersuchungen:

  • Im medizinischen Teil wird auf verkehrsrechtlich relevante Erkrankungen sowie Alkohol- oder Drogenmissbrauch bzw. -abhängigkeit geprüft. Dazu führt der Arzt ein Gespräch über die medizinische Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung sowie ggf. labormedizinische Verfahren (z. B. Blutabnahme, Urin-Drogenscreening) durch.
  • Im psychologischen Gespräch geht es um Einsicht in das frühere Fehlverhalten, die persönlichen Ursachen dafür, Konsequenzen für das aktuelle Verhalten und Vorsätze und Verhalten für die Zukunft, die eine erneute Verkehrsauffälligkeit zuverlässig verhindern. Dabei muss das zukünftig geplante Verhalten in der Regel seit mindestens sechs Monaten stabil gelebt werden. Das Gespräch wird meist am Computer mitprotokolliert. Einige Untersuchungsstellen bieten dem Kunden die Möglichkeit, einen Ausdruck durchzulesen, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Bei einem standardisierten Reaktionstest am Computer werden körperliche Leistungen (Reaktionsfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit) getestet.

Bestehensquoten

Die häufig verwendete Angabe, dass im Durchschnitt 60 % aller antretenden Personen bei der MPU durchfallen würden, ist falsch. Dieser Wert gilt als grobe Verallgemeinerung ausschließlich für MPUs wegen Suchtkrankheiten (Drogen und Medikamente) und ist der höchste aller MPU-Fragestellungen.

Die offiziellen Mitteilungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), in denen jährlich alle MPUs aller Träger aufgeschlüsselt werden, weisen z. B. für das Jahr 1997 eine Gesamt-Durchfallquote von 43,0 % aus. Dabei reichten die Nichtbestehenswerte von 7,9 % bei vorzeitiger Führerscheinerteilung bis zu 57,9 % bei Suchtkranken (Drogen und Medikamente). 40,9 % aller MPU-Teilnehmer bestanden die Untersuchung sofort, weitere 16,1 % erhielten ihren Führerschein nach einem zusätzlichen Nachschulungskurs zurück.

Im Jahr 1999 reichten die Durchfallquoten von 8,81 % bei vorzeitiger Führerscheinerteilung bis zu 55,44 % bei Suchtkranken (Drogen und Medikamente).

Leider macht die Statistik keine Aussagen darüber, unter welchen fehlenden Voraussetzungen die 57,9% der "Suchtkranken" die MPU nicht bestanden haben. Allein der Begriff "Suchtkranke" ist in diesem Zusammenhang wohl eher verwirrend als aufklärend. Dahinter verbirgt sich die Fragestellung bei Alkohol- und Drogendelikten.

Die Bestehensquote ist im wesentlichen von der Vorbereitung abhängig. Unabhängig von der Fragestellung haben Personen, die fachliche Hilfe in Anspruch nehmen sehr hohe Chancen die MPU zu bestehen. Die meisten Personen versuchen es aber erst einmal ohne Hilfe, wodurch die Bestehensquote für die Erstbegutachtung meist sehr schlecht ausfällt.

Kritik an der MPU

Manche Leute werfen dem Testverfahren eine gewisse Willkürlichkeit vor. Die gestellten Fragen seien teilweise indiskret und würden das gesamte Privatleben ausleuchten.

Test-Gerüchte

Über den Ablauf einer MPU kursieren zahllose Geschichten und Erzählungen, insbesondere über unlösbare Aufgaben oder absichtliche "Fallen" während der Gespräche. Hier einige der häufigsten Falschmeldungen:

  • "Kugeltest": Angeblich muss der MPU-Kandidat versuchen, zwei Kugeln aufeinander zu stellen (was physikalisch unmöglich wäre), und fällt durch, sobald er die Kugeln auch nur berührt. Einen solchen "Test" gibt es bei der MPU nicht, er ist frei erfunden.
  • Persönlichkeitsfragebogen oder Aggressionsfragebogen: Angeblich muss ein MPU-Kandidat einen dieser Fragebögen ausfüllen, anhand dessen dann die Entscheidung der Untersuchung bereits vorab getroffen wird. Einen "Persönlichkeitsfragebogen" hat es zwar während einer kurzen Erprobungsphase in den 1970er-Jahren tatsächlich gegeben, er wurde jedoch bald wieder abgeschafft und wird für die MPU schon seit ca. 30 Jahren nicht mehr verwendet.

Siehe auch