Komplexes System
Komplexe Systeme sind Systeme, welche sich der Vereinfachung verwehren und vielschichtig bleiben. Ihre Analyse ist Sache der Komplexitätstheorie (englisch complexity theory) bzw. Systemtheorie, die aber von der Komplexitätstheorie im informatischen Sinn abzugrenzen ist.
Eigenschaften
Komplexe Systeme zeigen eine Reihe von Eigenschaften (Auswahl):
- Nichtlinearität: Kleine Störungen des Systems oder minimale Unterschiede in den Anfangsbedingungen führen rasch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen (Schmetterlingseffekt, Phasenübergänge). Die Wirkzusammenhänge der Systemkomponenten sind im allgemeinen nichtlinear.
- Emergenz: Im Gegensatz zu lediglich komplizierten Systemen, zeigen komplexe Systeme Emergenz. Entgegen einem verbreiteten Irrglauben, bedeutet Ermergenz in diesem Zusammenhang nicht, daß die Eigenschaften der emergierenden Systemebenen von den darunter liegenden Ebenen unabhängig sind. Emergente Eigenschaften sind solche, die sich auf einer Systemebene durch Wechselwirkungen auf einer anderen Ebene ergeben.
- Feedbackschleifen: Die Reichweite der Wechselwirkung zwischen den Teilen des Systems (Systemkomponenten) ist meist gering (lokal).
- Offenes System: Komplexe Systeme sind üblicherweise offene Systeme. Sie stehen also im Kontakt mit ihrer Umgebung und befinden sich fern vom thermodynamischen Gleichgewicht.
- Selbstorganisation: Dadurch können sie die Fähigkeit zur Selbsorganisation und zur Selbststabilisierung oder Homöostase entwickeln. Sie sind also in der Lage, Informationen zu verarbeiten bzw. zu lernen.
- Pfade: Komplexe Systeme zeigen Pfadabhängigkeit: Ihr zeitliches Verhalten ist nicht nur vom aktuellen Zustand, sondern auch von der Vorgeschichte des Systems abhängig.
- Die meisten komplexen Systeme weisen so genannte Attraktoren auf, d. h. dass das System unabhängig von seinen Anfangsbedingungen bestimmte Zustände oder Zustandsabfolgen anstrebt, wobei diese Zustandsabfolgen auch chaotisch sein können; dies sind die "seltsamen Attraktoren" der Chaostheorie.
Beispiele
Das Gehirn ist das Paradebeispiel eines komplexen Systems, da es aus untereinander vielfach verknüpften, für sich genommen relativ einfachen Bausteinen, den Neuronen aufgebaut ist, die einzeln keine einzige Eigenschaft des Gesamtsystems, wie Informationsverarbeitung, Mustererkennung, Bewusstsein, zeigen. Bewusstsein ist ein emergentes Phänomen.
Forscher
Brian Goodwin, Stuart Kauffman, Christopher Langton, Jürgen Klüver, Fredmund Malik
Literatur
- Malik, Fredmund; Strategie des Managements komplexer Systeme - Ein Beitrag zur Managementkybernetik evolutionärer Systeme; 1. A. Bern 1984, 8. A. Bern 2003
- Roger Lewin, Die Komplexitäts-Theorie, Hoffmann & Campe, 1993
(Allgemeinverständlich geschriebene Geschichte des jungen Wissenschaftszweiges)
- Produktkomplexität managen Strategien - Methoden - Tools, Carl Hanser Verlag, München, August 2001,
274 Seiten, ISBN 3-446-187779-0
- Komplexität und Agilität, Springer-Verlag, 1997, 340 Seiten, ISBN 3-540-63099-6
Siehe auch
Selbstorganisation, Komplexität, Chaostheorie, Komplexe Adaptive Systeme, System, Systemeigenschaften