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Altona-Altstadt ist ein Stadtteil von Hamburg im Bezirk Altona. Die Stadtteilgrenzen umfassen den Kernbereich der bis 1938 selbständigen holsteinischen Stadt Altona (Elbe) und damit des Hamburger Bezirks Altona.
Geografie
Der Stadtteil liegt westlich des Zentrums von Hamburg zwischen der Max-Brauer-Allee im Westen und Norden, den Straßen Schulterblatt, Bernstorffstraße und Nobistor im Osten und der Elbe im Süden.
Die frühere Grenze zum damals benachbarten Hamburg verlief weiter östlich über die vollständige Länge der Straße Schulterblatt und östlich der Großen Freiheit) bis zum berühmten Altonaer Fischmarkt, wurde aber 1938 zugunsten des Hamburger Stadtteils St. Pauli nach Westen verschoben.
Um 1535 wurde Altona als Fischersiedlung in der Grafschaft Pinneberg in Holstein gegründet. Der Legende zufolge soll die Keimzelle und Anlaß für den Namen eine Rotbierkneipe des Fischers Joachim v. Lohe gewesen sein, um die herum sich Handwerker und Fischer ansiedelten - jedoch nach Ansicht des Hamburger Rates all to nah ("allzu nah") an der Stadtgrenze. Als genaue Stelle wird der Geesthang zwischen dem späteren Nobistor und dem Altonaer Fischmarkt im Bereich der heutigen Straße Pepermölenbek vermutet.
Die Stadt Altona gehörte zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und darin zum Herzogtum Holstein. Dessen Herzog sowie auch der des benachbarten Schleswig war in dieser Zeit in Personalunion der dänische König. Daher war Altona bis 1864 zwar holsteinisch und deutsch, stand aber unter dänischer Verwaltung mit allen sich daraus ergebenden Angleichungen z.B. des Rechts und der Währung. Am 23. August1664 erhielt Altona durch den Herzog von Holstein und dänischenKönigFriedrich III. das Stadtrecht. In dieser Zeit war Altona gewissermaßen die zweitgrößte dänische Stadt.
Im Zuge des Nordischen Krieges erfolgte im Januar 1713 eine Brandlegung durch schwedische Truppen. Im Osten beginnend wurde planmäßig Haus für Haus von den schwedische Soldaten des Generals Stenbock in Brand gesetzt. Aus dieser totalen Zerstörung erklärt sich, daß außer der Straßenanlage der Palmaille so gut wie nichts mehr an das Altona vor dem Schwedenbrand erinnert.
In Altona entstand der erste FreihafenNordeuropas. Seine Blütezeit hatte es unter dem Bürgermeister Carl Heinrich Behn, † 1853. Von 1864 bis 1867 befand sich Altona unter deutscher und österreichischer Herrschaft, danach war es bis 1871 preußisch und wurde mit der Gründung des Deutschen Reiches deutsch und preußisch.
Die Altstadt heute
Im Juli 1943 zerstörten alliierte Bomber große Teile der Altstadt und verwandelten insbesondere das extrem dicht besiedelte (in Teilbereichen mit bis zu 80.000 Ew./km²!) Grenzgebiet zu Sankt Pauli zwischen Nobistor und Allee, Holsten- und Große Elbstraße in ein großflächiges Ruinenfeld. Der Bereich, den die Obrigkeit in der Weimarer Zeit wegen seiner politisch wie sozial kaum kontrollierbaren Bevölkerungsmischung (Arbeiter, Unterstützungsempfänger und sozial Deklassierte) schon mal als "Abruzzenviertel" bezeichnete, wurde nach Kriegsende ebenso wie Altonas "ansehnlicherer" Kern um das alte Rathaus und den Münzmarkt auch nicht wieder aufgebaut. Lediglich Altonas Hauptkirche St. Trinitatis wurde restauriert und - wie der gegenüberliegende jüdische Friedhof an der Königstraße - erhalten. Weiter westlich, in Richtung Rathaus und Bahnhof, blieb insbesondere die Straßenanlage der Palmaille mit ihren großbürgerlichen Bauten aus dem 19. Jahrhundert weitgehend intakt; neben dem Eingang zum S-Bahnhof Königstraße (Ecke Behn-/Struenseestraße) sind Reste des Heilig-Geist-Kirchhofes in eine dortige Grünanlage integriert worden.
Im zerstörten Teil der Altstadt entstand aufgrund der Neu-Altona-Planung Geschosswohnungsbau in aufgelockerter Bauweise, durchsetzt mit einzelnen Hochhäusern, nördlich des Fischmarktes, am Hexenberg, auch wieder in hoher Verdichtung. Dieses "Neu-Altona" zieht sich als Grünzug (in den 1980ern nach einem der Blutsonntagsopfer Walter-Möller-Park benannt) längs der Holstenstraße nach Nordwesten.
Lediglich zwischen Thedestraße und Max-Brauer-Allee, also im Gebiet der Behn'schen Stadterweiterung, war der Altbaubestand nach 1945 noch geschlossen vorhanden, und hier gelang es aktiven Bewohnern des Viertels ab Anfang der 1980er Jahre weitgehend, dessen Erhalt gegen das damals noch favorisierte Konzept der Flächensanierung durchzusetzen.
Virchowstraße mit typischer Kellerkneipe
Die instandgesetzten Häuser bieten heute in mehreren Straßenzügen einen außerordentlich sehenswerten Blick auf das Stadtbild der Altstadt in den Weimarer Jahren - allerdings ohne die damaligen Probleme, die die Bevölkerungsdichte in Deutschlands damals am dichtesten besiedelter Großstadt mit sich brachte: die Blockinnenbereiche wurden überwiegend entkernt, die Wohnungen heutigen Standards angepasst und wo es möglich war, auch etwas Grün in den Straßenraum gebracht. Dafür leidet auch dieses Gebiet heutzutage, trotz Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, unter den Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs.
Auf einem Rundgang durch dieses unmittelbar nördlich des Einkaufszentrums Große Bergstraße gelegene Viertel findet man noch "Altonaer Stadtgeschichte pur":
In der Billrothstraße 55 steht eines der ältesten (erbaut ca. 1860) erhaltenen Gebäude aus der Zeit der Behn'schen Stadterweiterung, das um 1990 vor dem Abriss gerettet werden konnte.
In der Billrothstraße 77 liegt die ehemalige Volksküche der "Speiseanstalt für Dürftige und Arme" (1880), daneben die "Altonaer Stadtmission" (1889).Volksküche (rechts) und Stadtmission (links)
Zwischen Chemnitzstraße und Max-Brauer-Allee liegt der ebenfalls nach einem Blutsonntagsopfer benannte August-Lütgens-Park mit altem Baumbestand: dies ist das Gelände des ehemaligen städtischen Krankenhauses (bis in die 1970er Jahre), dessen Hauptgebäude (1869) vom ehemaligen Stadtbaumeister Heinrich Oskar Winkler stammt und heute die Fachschule für Sozialpädagogik beherbergt, während die rückwärtigen Pavillonbauten (Haus 2, 3 und 7, erbaut ab 1880) heute von Vereinen, einer Kindertagesstätte und einem Stadtteilzentrum genutzt werden. Neben dem Hauptgebäude liegt das 1927 von Gustav Oelsner im Stil des "Neuen Bauens" geplante ehemalige Schwesternhaus (Max-Brauer-Allee 136), dahinter - im Park - das "Jenckelhaus" von 1912, in dem sich seit den 1980er Jahren Eigentumswohnungen befinden und das, wie die gesamte Anlage, vor dem beabsichtigten Abriss bewahrt werden konnte.
Hier badet niemand mehrAm nördlichen Ende der Thedestraße findet sich ein denkmalgeschütztes Backsteinensemble, bestehend aus einem halbrundem Hallenbad (das Thedebad, 1882 erbaut , wird allerdings seit 15 Jahren als Atelier und durch Gewerbetreibende genutzt) und der gegenüberliegenden Schule, dessen Mittelteil (1867) der älteste erhaltene öffentliche Schulbau im Hamburger Raum ist; die seitlichen Flügel wurden 1892 angebaut.
Niedergang der alten City der Stadt Altona
Seit mindestens 25 Jahren erleidet das Hauptgeschäftszentrum, das sich noch in den 1960er Jahren zwischen dem Altonaer Hauptbahnhof und dem Nobistor erstreckte und heute auf den Straßenzug Neue Große Bergstraße/Große Bergstraße beschränkt ist, einen schleichenden Bedeutungsverlust. Das Einzelhandelsangebot ist sukzessive zurückgegangen und hat sich dabei qualitativ verschlechtert: Buchhandel, Haushaltselektrik, Sportartikel oder Glas-/Porzellanwaren sucht man hier inzwischen vergebens. Selbst für den Wochenendeinkauf muss man das Zentrum heutzutage verlassen und jenseits der Max-Brauer-Allee einen der dortigen Lebensmitteldiscounter aufsuchen.
Reste der alten Einkaufsstraße...
Es bestehen auch nur noch wenige alteingesessene, spezialisierte Familienbetriebe (z.B. Claus Krögers Süßwaren- und Teeladen, Foto Lammers, Eissalon Filippi, Uhrmacher Andresen) und kaum noch Angebote für den gehobenen periodischen Bedarf, aber dafür eine große Zahl an "51-Cent-Läden", Spielhallen, Massentextiliengeschäften, Telefonshops, Gemüsehändlern, Drogerie- und Backwarenketten. Dazu kommt ein erheblicher, teilweise langjähriger Leerstand (etwa in der "Altona-Passage" und im ehemaligen "Frappant" am Goetheplatz). Die Schließung (Karstadt, HEW-Kundenzentrum) oder Verkleinerung (Hauptpostamt) der letzten größeren Kundenmagneten nach 2000 haben diesen Prozess augenfällig beschleunigt - und alleine der lebendige Wochenmarkt (mittwochs und sonnabends) hält den Niedergang des historischen Geschäftszentrums auch nicht auf. Dieser Veränderung entspricht auch, dass dieses Einkaufszentrum um 1990 im Hamburger Zentrenkonzept von einem A2/B1- zu einem reinen B-Zentrum herabgestuft wurde.
...und die gegenüberliegende Ruine
Die Gründe für diese Abwertung sind vielschichtig und seit 1975 in vier Gutachten (Auftraggeber/Ersteller: Universität HH/Stadtgeographie, Handelskammer, beauftragtes Planungsbüro, Bezirksamt Altona) sowie dem Diskussionsprozess während des Bürgerbegehrens gegen die Wiederöffnung der Straße für den motorisierten Individualverkehr (2003) nahezu einmütig herausgestellt worden:
die bauliche Neugestaltung Anfang der 1970er Jahre, insbesondere auf der Südseite der Fußgängerzone, weist den Charme sozialistischer Stadtplanung auf, ist in ihrer fehlenden Maßstäblichkeit auch alles andere als einladend;
die wachsende Attraktivität auf der Ottenser Seite des Bahnhofs zieht noch mehr Kunden aus Altona-Altstadt ab;
Grundstückseigentümer verweigern häufig selbst kleine, die "Flanierqualität" erhöhende Maßnahmen an ihren Gebäuden;
manchen Kunden ist das Einkaufszentrum (das in den 60er Jahren Deutschlands erste großstädtische Fußgängerzone wurde) zu langgestreckt, anderen zu wenig autofreundlich;
die Aufenthaltsqualität ist vergleichsweise gering, es gibt auch kaum nichtkommerzielle Serviceangebote und nachts ist der Straßenzug nahezu tot
verändertes Einkaufsverhalten und allgemeiner Strukturwandel im Einzelhandel haben natürlich auch vor Altonas Einkaufszentrum nicht halt gemacht;
all diese Prozesse verstärken sich auch noch gegenseitig.
Die bisherigen Versuche von Politik und Verwaltung, diesen Negativtrend zu stoppen, gingen aber oft über Lippenbekenntnisse nicht hinaus oder – wie die jüngst abgeschlossene und schon wieder zum erneuten Umbau freigegebene Straßenraumgestaltung – waren eher einem gewissen "Rechtfertigungs-Aktivismus" geschuldet. Auch eine vorübergehend rührige Anwohnerinitiative scheint vor der Dimension der Probleme inzwischen kapituliert zu haben.
Nun soll das Gebiet mit Städtebauförderungsmitteln saniert werden.
Schellfischtunnel, inzwischen stillgelegter, vormals längster Eisenbahntunnel Norddeutschlads vom Altonaer Bahnhof durch den Elbhang hinab zur Altonaer Hafenbahn bei Neumühlen.
Sonntäglicher Fischmarkt, wird zum großen Teil von Touristen besucht, aber auch von Einheimischen nach einer durchzechten Nacht auf dem Kiez.
Altonaer Balkon am Elbhang, ein Aussichtspunkt mit weitem Blick über den Hamburger Hafen.