Hans-Herman Rief
Hans-Herman Rief (* 11. März 1909 in Hennstedt (Dithmarschen); † August 2009) war ein deutscher Kunsthistoriker, Kurator und Fachautor sowie Archivar und Sammler. Er galt als das „Gedächtnis“ des niedersächsischen Künstlerortes Worpswede.[1]
Leben und Wirken
Hans-Herman Rief wurde als ältester Sohn auf einem Bauernhof in Dithmarschen geboren. Bereits als Schüler sammelte er Bilder und Bücher; von einem belgischen Kriegsgefangenen auf dem Hof lernte er etwas Französisch. Nach seinem Schulabschluß in Heide (Holstein) studierte er Kunstgeschichte an der Universität in Kiel und arbeitete danach als Kunsthistoriker im Kieler Thaulow-Museum. Bei einem Besuch der Hamburger Kunsthalle begeisterte er sich für die Bilder von Paula Modersohn-Becker und fuhr 1936 mit dem Fahrrad von Kiel nach Worpswede, wo er Clara Rilke kennenlernte. Bis Kriegsende besuchte er häufiger den Künstlerort in der Nähe von Bremen. Er kam stets als Pensionsgast im Haus im Schluh unter und freundete sich mit der Besitzerin Martha Vogeler an, der ersten Frau des Jugendstilkünstlers Heinrich Vogeler, die dort nach der Trennung von ihrem Mann seit Anfang der 1920er-Jahre mit ihren drei Töchtern und ihrem Freund Ludwig Bäumer wohnte.
1945/1946 übersiedelte Rief nach Worpswede, wo er bis zu seinem Tod im Haus im Schluh lebte. Martha Vogeler hatte ihn gebeten, ihre Sammlung zur Kunstgeschichte des Ortes systematisch als „Worpsweder Archiv“ zu ordnen und weiter auszubauen. Neben diesem Archiv richtete Rief auch die „Heinrich-Vogeler-Sammlung“ und das Schluh-Archiv im Haus im Schluh ein.[1][2]
Darüber hinaus erarbeitete das von ihm erstmals 1974 veröffentlichte umfangreiche grafische Werkverzeichnis von Heinrich Vogeler, publizierte mehrere Bücher sowie Ausstellungskataloge über die Künstler Worpswedes und war an zahlreichen ähnlichen Büchern beteiligt. Dabei betätigte er sich auch als Übersetzer. Bei seiner ersten Frankreichreise machte er 1950 Bekanntschaft mit Jean Cocteau und schloss Freundschaft mit Bram van Velde und Max Ernst. Ab 1953 unternahm er regelmäßige Paris-Besuche und aus seinen dortigen Freundschaften entstanden schon in den 1950er-Jahren Kunstausstellungen. So fand zum Beispiel in der Worpsweder Kunsthalle von Friedrich Netzel die erste Max-Ernst-Ausstellung in Deutschland nach 1945 statt.[1]
Rief unterstützte Netzel, mit dem er gemeinsame Reisen nach Frankreich und Prag unternahm, viele Jahre als Kurator bei Ausstellungen in dessen Kunsthalle. Er legte eine umfangreiche Privatsammlung von Parfümflaschen an, die 1999 in Netzels Kunsthalle ausgestellt wurde.[3]
1981 brachte er das von Martha Vogeler gegründete und von ihm aufgebaute Worpsweder Archiv in die Barkenhoff-Stiftung Worpswede ein.[4] Zu seinen Ehren fand Anfang 2009 im Haus im Schluh die Ausstellung „Hans-Herman Rief – Ein langes Leben für die Kunst“ statt.[5]
Hans-Herman Rief arbeitete noch bis kurz vor seinem hundersten Geburtstag im März 2009 täglich im Museum Haus im Schluh, wo er u. a. die Besucher mit Informationen über die Worpsweder Kunstgeschichte und die ehemalige Künstlerkolonie Worpswede versorgte.[1]
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Heinrich Vogeler. Das graphische Werk. Worpsweder Verlag, Worpswede 1993, ISBN 3-922516-34-3. (Neubearbeitung)
- Heinrich Vogeler. Das graphische Werk. Neuausg., Worpsweder Verlag, Worpswede 1983, ISBN 3-922516-34-3.
- Heinrich Vogeler. Das graphische Werk. 2., erg. Aufl., Schmalfeldt, Bremen 1975, o. ISBN.
- Heinrich Vogeler. Das graphische Werk. Schmalfeldt, Bremen 1974, o. ISBN.
- Heinrich Vogeler. Bilder und Graphik nach 1920. Worpsweder Kunsthalle, 7. April bis 13. Mai 1973. Schmalfeldt, Bremen 1973, o. ISBN. (Ausstellungskatalog; Worpsweder Kunsthalle Friedrich Netzel)
- Bram van Velde. T. 1. Worpsweder Kunsthalle, Worpswede 1972, o. ISBN,
- Bram van Velde. T. 2. Worpsweder Kunsthalle, Worpswede 1972, o. ISBN,
- Heinrich Vogeler, 1872–1942. Gedenkausstellung 1972, Worpsweder Kunsthalle und Haus im Schluh, 27. 5. bis 17. 9. 1972. Worpsweder Kunsthalle, Worpswede 1972, o. ISBN. (Ausstellungskatalog; Worpsweder Kunsthalle Friedrich Netzel)
- Handzeichnungen Worpsweder Künstler aus achtzig Jahren. Schmalfeldt, Bremen 1969, o. ISBN. (Mit: H. W. Petzet)
- Max Ernst. Graphik 1919–1967. Ausstellung Worpsweder Kunsthalle, 27.5.–9.7.1967. Worpsweder Kunsthalle, Worpswede 1967, o. ISBN. (Ausstellungskatalog; Worpsweder Kunsthalle Friedrich Netzel)
Weblinks
- Homepage – Haus im Schluh Worpswede
- Kunstausstellungen in der Worpsweder Kunsthalle. Kunststiftung Friedrich Netzel
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Ein Leben für die Kunst. Hans-Herman Rief mit 100 gestorben, Artikel im Bremer Weser-Kurier vom 22. August 2009, S. 23.
- ↑ Hans Georg Schwark (Hrsg.): Hans Bender, Rainer Brambach, Briefe 1955–1983. Verlag v. Hase & Koehler, Mainz 1997 (= Mainzer Reihe; 83), S. 196.
- ↑ Peter Groth (Verf.), Birgit Nachtwey (Hrsg.): Parfum-Flacons. Eine Worpsweder Privatsammlung. Ausstellung in der Worpsweder Kunsthalle, 5. Juni bis 4. Juli 1999. Worpsweder Verlag, Bremen 1999, ISBN 3-89299-189-8.
- ↑ Das Worpsweder Archiv der Barkenhoff-Stiftung Worpswede auf www.barkenhoff-stiftung.de (aufgerufen am 22. August 2009).
- ↑ Newsletter Worpswede >>Sonderausstellungen, Informationsblatt der Gemeinde Worpswede für die Zeit vom 15. Februar 2009 bis 31. März 2009, S. 5 (PDF-Datei; aufgerufen am 22. August 2009).
Personendaten | |
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NAME | Rief, Hans-Herman |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher |
GEBURTSDATUM | 11. März 1909 |
GEBURTSORT | Hennstedt (Dithmarschen) |
STERBEDATUM | August 2009 |